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1. Stellt eine Gewerkschaft keinen eigenen Antrag gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG, ist sie an einem auf den Antrag der Arbeitgeberin eingeleiteten Beschlussverfahren nach dieser Vorschrift nicht beteiligt. 2. Ist in einer Organisationseinheit - hier deutsche Basis einer ausländischen Fluggesellschaft - weder ein Wahlvorstand noch ein Betriebsrat gewählt, bliebt ein Antrag der Arbeitgeberin gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG einseitig. 3. In einer solchen Konstellation ist ein Antrag der Arbeitgeberin gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG unzulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt, weil das Verfahren einseitig bleibt und gegenüber niemanden außer der Antragstellerin Bindungswirkung erzeugen könnte. Mit einer stattgebenden Entscheidung stünde gegenüber niemanden fest, dass die Basis in Deutschland keine betriebsratsfähige Einheit i.S.d. BetrVG ist. An der allein abstrakten und ohne rechtliche Wirkungen bleibenden Feststellung besteht für die Arbeitgeberein kein rechtliches Interesse.
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wesel vom 24.03.2023 - 1 BV 5/23 - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G R Ü N D E:
2A.Die Antragstellerin begehrt die Feststellung des Fehlens von betriebsratsfähigen Einheiten gemäß § 18 Abs. 2 BetrAVG.
3Die Antragstellerin ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Malta und führt unter maltesischer Fluglizenz Flüge von und zu Flughäfen in diversen europäischen Staaten, unter anderem Deutschland, durch. Sie unterhält an verschiedenen Flughäfen in Italien, Frankreich, Malta, Österreich, Dänemark, Schweden, Rumänien und Deutschland sog. "Basen" (englisch "bases").
4Die Antragstellerin hat vorgetragen, sie unterhalte in Deutschland insgesamt an sieben Flughäfen Basen mit identischen Strukturen. Dies seien die Flughäfen Niederrhein/Weeze, Berlin-Brandenburg, Nürnberg, Hahn, Karlsruhe/Baden-Baden, Köln/Bonn und Memmingen. Sie beschäftige Flugbegleiter und Piloten. Am Standort Niederrhein/Weeze seien es ca. 150 Beschäftigte im fliegenden Dienst und zwar ca. 50 Piloten und 100 Personen des Kabinenpersonals. Bodenpersonal beschäftige sie an deutschen Flughäfen nicht. Eine übergreifende Struktur gebe es in Deutschland nicht. Der gesamte Leitungsapparat sowie sämtliche Verwaltungseinheiten wie die Personalabteilung seien auf Malta angesiedelt. Die Einsatzplanung erfolge ausschließlich in der Konzernzentrale in Irland. Dort sowie in Malta werde auch über Urlaubsanträge der in Deutschland stationierten Piloten und Flugbegleiter entschieden. Entscheidungen über Einstellungen sowie Entlassungen würden in Malta, zum Teil in Abstimmung mit der Zentrale in Irland, vorgenommen. Disziplinarische Angelegenheiten würden in Malta erledigt. Trainings- und Fortbildungsmaßnahmen plane und steuere die Trainingsabteilung in Dublin. Nur selten - ca. zweimal jährlich - und in unregelmäßigen Abständen besuchten Vertreter der zentralen Abteilung die einzelnen Basen. Es bestünden keine festen Besatzungsteams (etwa pro Flugzeug oder pro Route), sondern die Zusammensetzung der jeweils eingesetzten Besatzung differiere stets aufgrund der jeweiligen Schicht- und Besetzungspläne.
5Sie verfüge an den einzelnen Basen auch nicht über Räumlichkeiten, die für die Begründung eines Betriebs im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes in räumlicher Hinsicht ausreichten. Die Basen seien den Piloten und Flugbegleitern der Antragstellerin aufgrund flugrechtlicher Vorgaben als "Heimatbasis" zugewiesen. Die Arbeit werde direkt im/am Flugzeug aufgenommen und beendet. Seit der Corona-Pandemie seien die früheren "Crew-Räume" aufgegeben, es gebe nur noch einen Raum (sog. "Flughafenbüro"/"Airport Office") für Piloten und Kabinenpersonal, der aufgrund gesetzlicher Vorschriften an jedem Flughafen, an dem die Antragstellerin eine Basis unterhalte, zur Verfügung stehen müsse. Darin befinde sich ein schwarzes Brett, das aktuelle Informationen zu technischen, betrieblichen und sicherheitsrelevanten Themen enthalte, die aber leichter zugänglich über die online- Plattformen der Antragstellerin zur Verfügung stünden. Vor allem Base Captain/Base Supervisor führten hier teilweise in der Woche administrative, insbesondere flugaufsichtsrechtliche Aufgaben durch. Auch diese Personen seien aber hauptsächlich im aktiven Flugdienst tätig. Ein festes Besatzungsteam bestehe nicht. Bei dem Base Captain handele es sich um einen Flugkapitän, dessen Aufgabe vorrangig darin liege, Flüge entsprechend den ihm von der Einsatzzentrale in Malta bzw. Irland zugeteilten Einsatzplänen auszuführen, der jedoch daneben zusätzlich als lokaler Ansprechpartner für die Flugaufsichtsbehörden und Flughafenbetreiber diene und insoweit als Verbindungsperson zu dem in Malta ansässigen, für den Flugbetrieb verantwortlichen Chefpiloten fungiere und Maßnahmen zur Sicherstellung der Flugsicherheit ergreifen könne. Zu diesem Zweck sei ihm neben den üblichen Flugdiensten in der Regel jeweils ein "Bodenarbeitstag" je Woche zugewiesen, den er von dem "Flughafenbüro"/"Airport Office" wahrnehme. Er habe ebenso wenig wie der Base Supervisor Entscheidungsbefugnisse in personellen, sozialen oder wirtschaftlichen Angelegenheiten. Die Flugzeuge seien nicht fest einer Basis zugewiesen. Am 17.01.2023 habe die Antragstellerin mit zwei Memos gerichtet an das fliegende Personal noch einmal klargestellt, dass sämtliche Arbeitsleistung sowie die Vorbereitung im Zusammenhang mit dem Flugdienst ausschließlich an Bord des Flugzeugs erfolgten. Zugleich wurde in diesen Memos darauf hingewiesen, dass jegliche Personal- oder Management-Angelegenheiten, insb. bezüglich Gehaltsabrechnungen, vertraglichen Fragen, Fragen zu Dienstplänen und vertraulichen individuellen Fragen, ausschließlich über Zendek Query an die zuständigen Abteilungen zu leiten seien.
6In der Vergangenheit habe Streit bestanden, ob ein Betrieb der Antragstellerin in Deutschland vorliege. Die Betriebsfrage sei bislang bei der Frage des Bezugs von Kurzarbeitergeld, aber auch beim Kündigungsschutz diskutiert worden. Diese Fragen seien bislang nicht abschließend geklärt.
7Ein Betriebsrat sei bislang an keinem ihrer Stationierungsorte in Deutschland gebildet. An der Basis Berlin-Brandenburg sei im März 2023 in einer Wahlversammlung ein Wahlvorstand gebildet worden. Dieser habe die Betriebsratswahl noch nicht eingeleitet. Es solle zunächst der Ausgang des Verfahrens gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG betreffend die Basis Berlin-Brandenburg bei dem Arbeitsgericht Cottbus zum Az. 1 BV 6/23 abgewartet werden. Mit Einladungsschreiben vom 12.10.2023 hätten die Gewerkschaften ver.di und Vereinigung Cockpit für den 16.11.2023 zur Wahlversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes und zur Einleitung eines Betriebsratswahlverfahrens am Stationierungsort am Flughafen Köln/Bonn eingeladen. Weitere Wahlvorstände seien derzeit nicht gebildet.
8Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, andere Beteiligungsbefugte existierten nicht. Da das Beschlussverfahren ein gegnerloses Verfahren sei, sei dies auch nicht nötig. Gegnerlose Verfahren seien dem deutschen Zivilprozessrecht nicht fremd. Insbesondere sei das Verfahren nach § 98 AktG zu nennen. Darin werde zwischen "Streitigkeit" und "Ungewissheit" unterschieden. Gleichermaßen sei "Zweifelhaftigkeit" über die Betriebsratsfähigkeit nicht dasselbe wie "Streit" um dieselbe. Die gegenüber "Streit" abgesenkte Anforderung des als Spezialvorschrift vorrangigen § 18 Abs. 2 BetrVG könne nicht dadurch negiert werden, dass aus vermeintlich prozessualen Gründen ein Gegnererfordernis entwickelt werde. Der Gesetzgeber habe mit dem Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG gerade die Möglichkeit der einseitigen Durchführung des Verfahrens vorgesehen. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei bei einem Antrag nach § 18 Abs. 2 BetrVG nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stets als gegeben anzusehen, da mit dem Verfahren die für zahlreiche betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen bedeutsame Vorfrage geklärt werden könne, welche Organisationseinheit als Betrieb anzusehen sei, in dem ein Betriebsrat zu wählen sei und in dem er seine Beteiligungsrechte wahrnehmen könne. Die Anwendung des Betriebsbegriffs auf Basen und Fluggesellschaften sei in den letzten Jahren zunehmend Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen gewesen, ohne dass eine höchstrichterliche Entscheidung vorliege. Es liege daher auf der Hand, dass Betriebsratswahlen an den in Deutschland gelegenen Basen der Antragstellerin unter Zugrundelegung der Auffassung, es handele sich um betriebsratsfähige Einheiten, initiiert werden könnten.
9Die Anträge seien begründet, weil in Deutschland kein Betrieb und auch kein eigenständiger Betriebsteil im Sinne des BetrVG existiere. So habe das Bundesarbeitsgericht bereits die Frage verneint, ob eine Basis einen Betriebsteil im Sinne des § 613a BGB darstelle. Auch ein qualifizierter Betriebsteil im Sinne des § 4 Abs. 1 BetrVG liege bei der am Flughafen Niederrhein/Weeze unterhaltenen Basis nicht vor. Es fehle schon am im Inland gelegenen Hauptbetrieb als Bezugspunkt. Es fehle aber auch an der für einen Betriebsteil notwendigen hinreichenden Leitungsmacht und Organisationsstruktur im Inland. Weder die Kapitäne noch die Base Captains noch die Base Supervisors hätten ausreichende Weisungsbefugnisse.
10Betreffend den Antrag zu 2) habe sie ihr Wahlrecht im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit ausgeübt und diesen alleine bei dem Arbeitsgericht Wesel anhängig gemacht.
11Die Antragstellerin hat beantragt,
121. festzustellen, dass ihr Stationierungsort (Basis) am Flughafen Niederrhein/Weeze keine betriebsratsfähige Organisationseinheit im Sinne des BetrVG darstellt,
132. festzustellen, dass auch im Übrigen in Deutschland keine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt, insb. die Gesamtheit der in Deutschland befindlichen Stationierungsorte bzw. ihrer dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine betriebsratsfähige Organisationseinheit im Sinne des BetrVG darstellt.
14Mit Beschluss vom 24.03.2023 hat das Arbeitsgericht Wesel die Anträge als unzulässig zurückgewiesen. Gegen den ihr am 29.03.2023 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 30.03.2023 Beschwerde eingelegt und diese - nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 30.06.2023 - am 30.06.2023 begründet.
15Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe ihre Anträge zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen. Eines weiteren Beteiligten bedürfe es nicht. 18 Abs. 2 BetrVG stelle eine Spezialvorschrift dar, die es ihr ermögliche, auch einseitig und ohne Antragsgegner eine gerichtliche Klärung zu beantragen. Dies werde dadurch bestätigt, dass die Vorschrift die Klärung der Frage der Betriebsratsfähigkeit einer Einheit unabhängig von einer Betriebsratswahl ermöglichen solle. Diese Entscheidungen des Gesetzgebers zur Ausformung von § 18 Abs. 2 BetrVG binde die Arbeitsgerichte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG. Die Rechtsprechung dürfe sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes entziehen, sondern habe diesen zur Geltung zu bringen. Auf die vom Arbeitsgericht angesprochene Frage der Rechtshängigkeit komme es nicht an, weil es sich um ein gegnerloses Verfahren handele, bei dem die Anhängigkeit ausreiche. Dass einseitige Verfahren möglich seien, zeigten die §§ 98 ff. AktG. Und schließlich sei die Betriebsratsfähigkeit einer Organisationseinheit ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Darauf, ob die Gewerkschaft ver.di am Stationierungsort Niederrhein/Weeze bereits konkret die Gründung eines Betriebsrats betreibe, komme es nicht an.
16Die Durchführung des Verfahrens gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG sei zudem aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG geboten, weil die Untersagung einer Betriebsratswahl im einstweiligen Rechtsschutz nur möglich sei, wenn die vom Wahlvorstand durchgeführte Wahl nichtig sei. Dies sei nur dann der Fall, wenn offensichtlich und auf den ersten Blick erkennbar sei, dass keine betriebsratsfähige Einheit vorliege. Dies solle nach der Ansicht des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg nicht der Fall sein, wenn eine Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht geklärt sei, und der Wahlvorstand sich auf einen vertretbaren Standpunkt zum Betriebsbegriff stelle. Bei Nichtgewährung des Schutzes über § 18 Abs. 2 BetrVG habe es eine Gewerkschaft in der Hand durch Nichtbetreiben des Verfahrens gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG zunächst eine Betriebsratswahl zu initiieren mit der Folge, dass sie ggfs. für Jahre einen Betriebsrat zu akzeptieren habe, obwohl keine betriebsratsfähige Einheit vorliege. Dies alles führe bei Verneinung der Zulässigkeit eines einseitigen Antrags nach § 18 Abs. 2 BetrVG zu massiven Rechtsschutzlücken.
17Das erforderliche Feststellungsinteresse an der Feststellung gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG bestehe ausdrücklich auch außerhalb und ohne Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl. Dabei würden weder "Streitigkeiten" oder "Konflikte" gefordert. Es genügten "Zweifel". Diese Anforderung sei erfüllt. Sie ergebe sich hier daraus, dass zwischen ihr und der Gewerkschaft ver.di im Hinblick auf den Stationierungsort am Flughafen Berlin-Brandenburg, der identische Strukturen wie der Stationierungsort am Flughafen Niederrhein/Weeze aufweise, konkret streitig sei, ob dieser eine betriebsratsfähige Organisationseinheit darstelle. Dort sei seitens ver.di bereits eine Betriebsratswahl initiiert worden und ver.di habe bereits angekündigt hat, auch an anderen Stationierungsorten Betriebsratswahlen zu initiieren, so dass sie jederzeit damit rechnen müsse, dass ver.di auch am Standort Niederrhein/Weeze Betriebsratswahlen initiieren werde. Betreffend die Einberufung einer Wahlversammlung durch ver.di an der Basis Berlin-Brandenburg habe der Prozessvertreter der Gewerkschaft ver.di in Anhörungen vor dem Arbeitsgericht Cottbus sowie dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ausdrücklich erklärt, dass - nach Durchführung der Wahl eines Betriebsrats an der Basis Berlin-Brandenburg - eine zweite Wahlversammlung an einem anderen Stationierungsort durchgeführt werden könnte und daraufhin ein Gesamtbetriebsrat zu bilden wäre, der dann Betriebsratswahlen an sämtlichen verbleibenden Stationie-rungsorten einleiten könne. In einem Newsletter vom 31.01.2023 speziell zu "Rechten bei Y." rechtfertige ver.di ihr Vorgehen bezüglich der Betriebsratsbildung am Flughafen Berlin-Brandenburg und bietet den Beschäftigten Unterstützung bei der Bildung von Betriebsräten an anderen Basen an. Und schließlich sei ihr in anderen Verfahren vorgehalten worden, dass sie noch kein Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG eingeleitet habe. Schließlich sei die Frage der betriebsratsfähigen Einheit seit dem "side letter" vom 14.03.2019 zwischen ver.di und Y., der auch für sie gelte, klärungsbedürftig. Ihr angekündigtes Vorhaben habe die Gewerkschaft ver.di auch umgesetzt, wie die Initiierung einer Betriebsratswahl am Standort Köln/Bonn zeige. Es bestehe die nicht nur abstrakte, gegenwärtige Gefahr, dass dies auch am Stationierungsort Niederrhein/Weeze geschehe.
18§ 18 Abs. 2 BetrVG benenne schließlich Arbeitgeber, Betriebsrat, Wahlvorstand und eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft als gleichberechtigte Antragsberechtigte. Es sei nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die Gewerkschaft das Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG jederzeit einleiten könne, weil sie als Arbeitgeberin beteiligt sei, sie alleine außerhalb einer Betriebsratswahl und ohne bereits gebildeten Wahlvorstand mangels anderem Beteiligten nicht.
19Sie begehre auch keine nur "gutachterliche Bescheinigung", weil ein rechtskräftiger Beschluss im Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer binde. Rechtskräftige Beschlüsse könnten dabei auch Dritte binden.
20Schließlich verweist die Antragstellerin auf Änderungen in ihrem Betriebshandbuch, welche die Rolle des Base Captains betreffen. Auf Seiten 4 ff. des Schriftsatzes vom 23.10.2023 nebst Anlagen wird Bezug genommen.
21Die Antragstellerin geht davon aus, dass die Gewerkschaften ver.di und VC Cockpit am Standort Niederrhein/Weeze vertreten seien. Dies folge indiziell daraus, dass dort die mit diesen Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge zur Anwendung gebracht wurden. Ein Kapitän und ein First Officer, die auch Mitglieder der Tarifkommission bei VC Cockpit seien, würden am Standort in Weeze beschäftigt.
22Die Antragstellerin beantragt zuletzt,
23den Beschluss des Arbeitsgerichts Wesel vom 24.3.2023 (Az. 1 BV 5/23) abzuändern und
241. festzustellen, dass ihr Stationierungsort (Basis) am Flughafen Niederrhein/Weeze keine betriebsratsfähige Organisationseinheit im Sinne des BetrVG darstellt;
252. für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) festzustellen, dass auch die Gesamtheit der in Deutschland befindlichen Stationierungsorte sowie die Gesamtheit ihrer dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine betriebsratsfähige Organisationseinheit im Sinne des BetrVG darstellen.
26Für den Fall, dass das Gericht den Antrag zu 1) für unzulässig erachtet, hat die Antragstellerin angeregt, dieses Verfahren nicht zu entscheiden, sondern zunächst terminlos zu stellen, bis die Rechtsfrage, ob ein solches Verfahren ohne weitere Beteiligte durchgeführt werden kann, vom Bundesarbeitsgericht entschieden ist.
27Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen in beiden Instanzen Bezug genommen.
28B.Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet, weil ihr Hauptantrag ohne Erfolg bleibt. Dieser Antrag ist unzulässig. An dem Verfahren sind neben der Antragstellerin keine weiteren betriebsverfassungsrechtlichen Stellen beteiligt. Dies führt hier zum Fehlen des Rechtsschutzinteresses, weil eine Sachentscheidung ein unverbindliches Rechtsgutachten darstellen würde, dem keinerlei Bindungswirkung zukäme. Letztlich besteht zur Überzeugung der Kammer derzeit keinerlei Regelungsbedarf. An einer lediglich unverbindlichen Entscheidung besteht kein rechtliches Interesse. Der Hilfsantrag ist der Kammer nicht zur Entscheidung angefallen.
29I.An dem Verfahren betreffend den Hauptantrag sind neben der Antragstellerin keine weiteren Stellen gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG beteiligt.
301.§ 83 Abs. 3 ArbGG regelt nicht selbst wer Beteiligter eines Beschlussverfahrens ist. Die Vorschrift ordnet lediglich an, dass die genannten Personen und Stellen zu hören sind. Maßgeblich ist, welche Personen oder Stellen durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen, personalvertretungsrechtlichen oder mitbestimmungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen werden. Für das Verfahrensrechtsverhältnis ist entscheidend, wer materiell-rechtlich berechtigt oder verpflichtet ist. Wer Beteiligter eines Beschlussverfahrens ist, ist vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen (BAG 09.02.2023 - 7 ABR 6/22, juris Rn. 18).
312.Hier sind keine weiteren Stellen in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen.
32a)Es besteht an der Basis Niederrhein/Weeze - ebenso wie an den anderen Basen der Antragstellerin - kein Betriebsrat. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte hiervon auszugehen.
33b)Es besteht an der Basis Niederrhein/Weeze kein Wahlvorstand, der durch eine Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG, so wie sie hier beantragt ist, in seinen betriebsverfassungsrechtlichen Rechten betroffen wäre (vgl. Fitting et al., 31. Aufl. 2022, § 18 Rn. 67). Die Kammer geht davon aus, dass es an der Basis Niederrhein/Weeze keinen Wahlvorstand gibt. Hierfür bestehen keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte. Die Antragstellerin hat offen zu diesen Fragen vorgetragen und benannt, dass es für die Basis Berlin-Brandenburg bereits einen Wahlvorstand gibt und ein solcher für die Basis Köln/Bonn am Tag nach der Anhörung der Beteiligten, d.h. am 16.11.2023 gewählt werden sollte. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Antragstellerin, die ein erhebliches Interesse an einer Sachentscheidung hat, einen Wahlvorstand an der Basis Niederrhein/Weeze verschweigen sollte, weil dessen Existenz ohne Weiteres ein Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG ermöglichen würde. Der Hauptantrag, der sich auf die Basis Niederrhein/Weeze bezieht, betrifft nicht die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des Wahlvorstands für die Basis Berlin-Brandenburg. Gleiches gilt für einen etwaigen Wahlvorstand an der Basis Köln/Bonn. Unabhängig davon existierte ein solcher Wahlvorstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung noch nicht.
34c)An dem Verfahren sind weder die Gewerkschaft ver.di noch die Vereinigung Cockpit beteiligt. Richtig ist, dass das Antragsrecht für ein Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG auch einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft zusteht. Hier bestehen durchaus Anhaltspunkte dafür, dass die Gewerkschaften ver.di und Vereinigung Cockpit an der Basis Niederrhein/Weeze vertreten sind. Einer diesbezüglichen abschließenden Sachaufklärung bedurfte es nicht. Beide Gewerkschaften haben nicht von einem Antragsrecht gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG Gebrauch gemacht. In einem solchen Fall sind sie nicht an dem Verfahren gemäß §18 Abs. 2 BetrVG beteiligt, wenn ein anderer Antragsberechtigter gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG - wie hier die Antragstellerin - von ihrem Antragsrecht Gebrauch macht.
35aa)Das Bundesarbeitsgericht geht im Anschluss an die entsprechende Rechtsprechung zu § 19 Abs. 2 BetrVG (BAG 19.09.1985 - 6 ABR 4/85, juris Rn. 22 ff.) davon aus, dass Entsprechendes für § 18 Abs. 2 BetrVG gilt. Die Gewerkschaften haben zwar ein Interesse daran zu wissen, ob in einem Betrieb, in dem sie vertreten sind, ein Betriebsrat oder mehrere Betriebsräte zu wählen sind. Deshalb ist ihnen vom Gesetz ein Antragsrecht eingeräumt worden. Aus der nicht wahrgenommenen Antragsbefugnis folgt aber nicht notwendigerweise die Beteiligung in allen nach § 18 Abs. 2 BetrVG von anderen Antragsberechtigten eingeleiteten Beschlussverfahren. Vielmehr muss auch in diesem Fall eine betriebsverfassungsrechtliche Betroffenheit gegeben sein. Das ist nur dann der Fall, wenn gewerkschaftliche Interessen aufgrund der konkreten, den Sachverhalt regelnden Norm geschützt werden sollen und gewerkschaftliche Rechte durch die Entscheidung geregelt werden. Das ist im Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG ebenso wenig wie in einem Anfechtungsverfahren nach § 19 Abs. 1 BetrVG der Fall (BAG 25.09.1986 - 6 ABR 68/84, juris Rn. 23; ebenso GK-BetrVG/Kreutz, 12. Aufl. 2022, § 18 Rn. 64; Fitting et al., 31. Aufl. 2022, § 18 Rn. 67).
36bb)Dieser Rechtsprechung folgt die erkennende Kammer. Zunächst handelt es sich auch bei dem Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG um ein objektives Verfahren, mit dem die Betriebsratsfähigkeit einer Organisation festgestellt werden soll. Die Ausübung der Antragsbefugnis für dieses Verfahren gibt dafür nur den Anstoß. Die bloße, d.h. nicht wahrgenommene Antragsbefugnis stellt mithin keine Rechtsposition dar, die durch eine Entscheidung in dem Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG, welches ein anderer Antragsberechtigter initiiert hat, unmittelbar berührt werden könnte (vgl. BVerwG 08.07.1977 - VII P 28.75, juris Rn. 20). Sicherlich haben die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ein rechtliches Interesse an der Wahl des Betriebsrats und damit auch an der Frage, welches die zutreffende betriebsratsfähige Einheit ist. Die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften sind gleichwohl nicht generell die Hüter einer ordnungsgemäßen Betriebsratswahl mit der Folge, dass sie auch in Beschlussverfahren beteiligt werden müssen, in denen sie sich - aus welchen Gründen auch immer - nicht beteiligen (vgl. BAG 19.09.1985 - 6 ABR 4/85, juris Rn. 24). Richtig ist, dass eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft gemäß § 17 Abs. 3 BetrVG ebenso wie drei wahlberechtigte Arbeitnehmer zu einer Betriebsversammlung für die Wahl eines Wahlvorstandes einladen und Vorschläge für dessen Zusammensetzung machen kann, wenn in dem Betrieb noch kein Betriebsrat besteht und nachfolgend die Rechte aus § 17 Abs. 4 BetrVG hat. Diese Rechte begründen keine betriebsverfassungsrechtlichen Rechte, die zu einer Beteiligung der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft in einem von einem anderen Antragsberechtigten eingeleiteten Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG führt. Dazu bedürfte es einer gesetzlichen Regelung, denn andernfalls müssten alle wahlberechtigten Arbeitnehmer - ohne eigene Antragsbefugnis - an dem Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG beteiligt sein, weil jeweils einer Gruppierung zu dritt ebenfalls das Recht zusteht, die Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands einzuberufen (vgl. BVerwG 08.07.1977 - VII P 28.75, juris Rn. 22; LAG Baden-Württemberg 16.08.2023 - 10 TaBV 2/23, juris Rn. 21). Es handelt sich bei dem Recht aus § 17 Abs. 3 BetrVG zwar um ein eigenes Recht der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft (GK-BetrVG/Kreutz, 12. Auf. 2022, § 17 Rn. 24). Dieses hat aber nur zum Ziel, die Wahl eines Betriebsrats zu fördern. Das Recht beschränkt sich vor allem auf die Einladung zu der Betriebsversammlung und zur Abgabe von Vorschlägen zur Zusammensetzung des Wahlvorstands. Dies genügt nicht für die Annahme einer Stellung als Beteiligte im Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG (vgl. a. BVerwG 08.07.1977 - VII P 28.75, juris, Rn. 22). Und auch das Recht der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft aus § 16 Abs. 1 Satz 6 BetrVG, ein nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand zu entsenden, dient lediglich dazu, dass Streitfragen unter Beratung erfahrener Gewerkschaftsbeauftragter geklärt werden können, führt aber nicht zur Beteiligung im Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG (vgl. BVerwG 08.07.1977 - VII P 28.75, juris, Rn. 22).
37II.Der Hauptantrag ist unzulässig, weil der Antragstellerin das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt.
381.Zutreffend ist, dass es nicht an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis fehlt. Die gesetzliche Regelung in § 18 Abs. 2 BetrVG stellt dabei klar, dass die Betriebsratsfähigkeit einer Organisationseinheit als Rechtsverhältnis i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO anzusehen ist. Das Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG klärt die für zahlreiche betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen bedeutsame Vorfrage, welche Organisationseinheit als der Betrieb anzusehen ist, in dem ein Betriebsrat zu wählen ist und in dem er seine Beteiligungsrechte wahrnehmen kann (BAG 24.04.2013 - 7 ABR 71/11, juris Rn. 22). Ein solches feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist hier bezogen auf die Basis Niederrhein/Weeze gegeben.
392.An dieser begehrten Feststellung hat die Antragstellerin indes kein rechtliches Interesse. Dies führt zur Unzulässigkeit des Hauptantrags.
40a)Das Erfordernis des Feststellungsinteresses stellt sicher, dass die Gerichte das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses tatsächlich klären können und nicht über bloße Meinungsverschiedenheiten der Betroffenen befinden. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Gerichte, eine von einem konkreten Streit losgelöste Klärung von Rechts- oder Tatsachenfragen vorzunehmen oder Rechtsgutachten über Fragen zu erstellen (BAG 19.11.2019 - 1 ABR 2/18, juris Rn. 14). Durch eine stattgebende Entscheidung müsste endgültig geklärt werden, ob einem Beteiligten eine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition tatsächlich zusteht. Die abstrakte Beantwortung von Fragen liefe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus. Das ist grundsätzlich nicht die Aufgabe der Gerichte (BAG 01.07.2009 - 4 ABR 8/08, juris Rn. 12; s.a. LAG Baden-Württemberg 16.08.2023 - 10 TaBV 2/23, juris Rn. 35; Spinner in Germelmann et al., 10. Aufl. 2022, § 81 Rn. 23).
41b)Das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt vorliegend, weil das Verfahren einseitig bleibt und gegenüber niemanden außer der Antragstellerin Bindungswirkung erzeugen könnte. Mit einer stattgebenden Entscheidung in dem Sinne des Hauptantrags stünde gegenüber niemanden fest, dass die Basis Niederrhein/Weeze keine betriebsratsfähige Einheit i.S.d. BetrVG ist. An der allein abstrakten und ohne rechtliche Wirkungen bleibenden Feststellung besteht für die Antragstellerin kein rechtliches Interesse (a.A. LAG Baden-Württemberg 16.08.2023 - 10 TaBV 2/23, juris Rn. 36 ff.).
42aa)Das Gericht verkennt nicht, dass bei Zweifelsfragen das Rechtsschutzinteresse grundsätzlich aus der Vorschrift des § 18 Abs. 2 BetrVG folgt, die jederzeit begehrt werden kann und nicht nur im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl, sondern unabhängig davon (BT-Drs. 14/5741 S. 38). Die Kammer sieht auch, dass die Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG Elemente eines Rechtsgutachtens enthält und der Gesetzgeber diese Art der Entscheidung den Gerichten für Arbeitssachen ausdrücklich aufgegeben hat (BAG 29.01.1987 - 6 ABR 23/85, juris Rn. 15).
43bb)Vorliegend geht es indes nicht mehr um eine Entscheidung, die Elemente eines Rechtsgutachtens enthält, sondern die sich im Falle der Stattgabe des Hauptantrags auf ein reines abstraktes Rechtsgutachten ohne jegliche Bindungswirkung darstellte. Daran besteht kein rechtliches Interesse. Richtig ist, dass § 18 Abs. 2 BetrVG die Möglichkeit eröffnet, die Betriebsratsfähigkeit einer Organisationseinheit unabhängig von einer konkreten Betriebsratswahl gerichtlich mit Bindungswirkung klären zu lassen (so z.B. BAG 24.04.2013 - 7 ABR 71/11, juris Rn. 22). Zutreffend ist weiter, dass sich die Rechtskraft einer Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG im Sinne einer präjudiziellen Bindungswirkung jedenfalls, soweit deren Rechtsverhältnis durch betriebsverfassungsrechtliche Normen bestimmt wird, auch auf die Arbeitnehmer des Arbeitgebers erstreckt, obwohl diese nicht an dem Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG beteiligt sind (BAG 09.04.1991 - 1 AZR 488/90, juris Rn. 19 ff., 28). Diese präjudizielle Wirkung steht aber nicht abstrakt im Raum, sondern ist Folge einer rechtskräftigen Entscheidung. So formuliert der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 09.04.1991 (- 1 AZR 488/90, juris Rn. 28, Hervorhebung im Zitat durch die erkennende Kammer) u.a.: "Steht zwischen den Betriebspartnern rechtskräftig fest, dass ein Betriebsteil selbständig ist, wird aber für diesen Betriebsteil kein Betriebsrat gewählt, so kann ein in diesem Betriebsteil gekündigter Arbeitnehmer nicht geltend machen, seine Kündigung sei mangels Anhörung des Betriebsrats des Hauptbetriebes unwirksam, weil der Betriebsteil kein selbständiger Betrieb sei und daher der im Hauptbetrieb gewählte Betriebsrat hätte angehört werden müssen." Die Folge der präjudiziellen Wirkung für Dritte wird mithin an eine Entscheidung zwischen den Betriebspartnern geknüpft, die ihrerseits für diese in Rechtskraft erwachsen ist. Nichts Anderes ergibt sich aus der Entscheidung des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 29.01.1987 (- 6 ABR 23/85, juris Rn. 15, Hervorhebung im Zitat durch die erkennende Kammer), in der es u.a. heißt: "Mit der Entscheidung nach § 18 Abs. 2 BetrVG tritt zwar keine unmittelbare Wirkung ein. Sie ist allerdings für die am Verfahren Beteiligten bindend unter den Voraussetzungen, unter denen sie ergangen ist. Insofern entfaltet die Entscheidung Rechtskraftwirkung." Auch hier wird klar, dass an die Rechtskraft der Entscheidung zwischen mehreren Beteiligten angeknüpft wird, d.h. hier konkret der Betriebsparteien, und daraus die präjudizielle Bindungswirkung für Dritte abgeleitet wird. Dies ist zutreffend und zur Überzeugung der Kammer auch notwendig, weil es andernfalls an der notwendigen sachlichen Legitimation der präjudiziellen Wirkung fehlte. Die Arbeitnehmer selbst sind nämlich an dem Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG nicht beteiligt. Ihnen wird kein rechtliches Gehör gewährt. Leipold (Anm. zu BAG 10.11.1987 - 1 AZR 360/86 in AP Nr. 15 zu § 113 BetrVG) hat die präjudizielle Wirkung nach Ansicht der Kammer zutreffend mit einer kollektiv-rechtlichen Repräsentation der Arbeitnehmer analog § 9 TVG begründet. Dies zeigt zur Überzeugung der Kammer, dass eine Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG ohne jede Beteiligung der Arbeitnehmerseite - sei es durch Betriebsrat oder Wahlvorstand - keine präjudizielle Wirkung für die betroffenen Arbeitnehmer haben kann. Nichts Anderes gilt gegenüber einer nicht am Verfahren beteiligten und im Betrieb vertretenen Gewerkschaft. Die Frage, ob ein Verfahren, an dem alleine die Arbeitgeberin und die Gewerkschaft beteiligt ist, im Hinblick auf die negative Koalitionsfreiheit präjudizielle Bindungswirkung entfalten kann, bedurfte keiner Entscheidung. Bei einem Verfahren, an der alleine die Arbeitgeberin als Antragstellerin beteiligt ist, scheidet jede Rechtskraftwirkung und zugleich jede präjudizielle Bindungswirkung für Dritte von vornherein aus.
44cc)Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, dass das Beschlussverfahren keinen Antragsgegner kennt, ist dies zwar richtig (BAG 20.07.1982 - 1 ABR 19/81, juris Rn. 30), ändert an dem hier gefundenen Ergebnis aber nichts. Der zitierten Entscheidung lässt sich nur entnehmen, dass es im Beschlussverfahren neben dem Antragsteller nur andere Beteiligte und keinen Antragsgegner gibt, weil sich ohnehin nicht verlässlich erkennen lasse, ob die anderen Beteiligten die Abweisung des Antrags erstreben oder den Antragsteller unterstützen. Eine Aussage dazu, dass ein Beschlussverfahren nur mit dem Antragsteller ohne jede Beteiligung andere betriebsverfassungsrechtlicher Stellen geführt werden kann, folgt daraus bereits nicht. Richtig ist, dass im Recht, worauf die Antragstellerin hingewiesen hat, durchaus einseitige Verfahren bekannt sind, wie z.B. § 98 AktG. Hier gibt es aber besondere Verfahrenssicherungen. So hat das Landgericht gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 AktG den Antrag in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen. Die Öffentlichkeit wird so über die Streitigkeit informiert und die Antragsberechtigten und Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme (BeckOGKAktG/Spindler, Stand 01.10.2023, § 99 Rn. 10). Dies ist ein erster Schritt zur Gewährung rechtlichen Gehörs. Es folgt die Anhörung der gemäß § 98 Abs. 2 AktG Antragsberechtigten gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 AktG. Entsprechende Sicherungen gibt es auch für das Rechtsmittelverfahren. So steht die Beschwerde sämtlichen gemäß § 98 Abs. 2 AktG Antragsberechtigten zu und die Beschwerdefrist beginnt mit der Bekanntmachung der Entscheidung im Bundesanzeiger, für den Antragsteller und die Gesellschaft jedoch nicht vor der Zustellung der Entscheidung (§ 99 Abs. 4 Sätze 3, 4 AktG). Die Entscheidung hat dann mit Rechtskraft Wirkung für und gegen alle (§ 99 Abs. 5 Sätze 1,2 AktG).
45All diese Sicherungen fehlen bei § 18 Abs. 2 BetrVG. Ließe man ein einseitiges Verfahren auf Antrag der Arbeitgeberin ohne jede Beteiligte zu, wäre dies zur Überzeugung mit grundlegenden Verfahrensrechten, wie der Gewährung rechtlichen Gehörs unvereinbar, wollte man an eine solche Entscheidung irgendeine Rechtskraft oder Bindungswirkung knüpfen. Dies stimmt damit überein, dass das Bundesarbeitsgericht im Zusammenhang mit der Bejahung der präjudiziellen Wirkung das Beschlussverfahren als das geeignete Verfahren angesehen hat und dies nicht alleine mit dem Amtsermittlungsgrundsatz begründet hat. Zur Aufklärung könnten Unternehmer und Betriebsrat erheblich mehr beitragen als ein einzelner Arbeitnehmer. Es sei dadurch sichergestellt, dass es zu einer sachlich richtigen Entscheidung kommt. Der Betriebsrat vertrete in diesem Verfahren die Interessen aller Arbeitnehmer. Deshalb stehe der präjudiziellen Wirkung nicht entgegen, dass der einzelne Arbeitnehmer an diesem Beschlussverfahren nicht beteiligt wird (BAG 10.11.1987 - 1 AZR 369/86, juris Rn. 24). Dies macht sehr deutlich, dass ein alleine von der Arbeitgeberin im Beschlussverfahren erzielter Beschluss ohne Beteiligung anderer Stellen keinerlei Rechtswirkungen haben kann, wenn es keine besonderen - hier nicht gegebene - verfahrensrechtliche Sicherungen gibt. Was die Arbeitgeberin so alleine erreichen kann, ist ein abstraktes und unverbindliches Rechtsgutachten ohne jegliche Bindungswirkung. Daran besteht kein rechtlich geschütztes Interesse.
46dd)Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die Kammer an einer solchen Entscheidung nicht durch Art. 20 Abs. 3 GG aufgrund der Bindung der Rechtsprechung an Recht und Gesetz gehindert. Die Vorschrift des § 18 Abs. 2 BetrVG ist unter Beachtung verfassungsrechtlicher Maßstäbe auszulegen. So hat das Gericht den Grundsatz des rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG zu beachten. Eine Entscheidung darüber zu treffen, ob eine Organisationseinheit betriebsratsfähig ist, ohne dass irgendeine Stelle der Arbeitnehmerseite beteiligt ist, verbietet sich vor diesem Hintergrund. Dieses Ergebnis hat auch den erforderlichen Anklang in dem Sinn und Zweck von § 18 Abs. 2 BetrVG gefunden, wie er sich aus der Gesetzesbegründung ergibt. So zeigen die Materialien, dass ein Streit erforderlich ist, der nicht isoliert in einer Person ausgefochten werden kann (so LAG Baden-Württemberg vom 16.08.2023 - 10 TaBV 2/23, juris Rn. 54 ff. mit dem Ergebnis der Unbegründetheit des Antrags). Wenn dem so ist und zugleich den gesetzlichen Wertungen zu entnehmen ist, dass an dem Verfahren keine andere Stelle beteiligt ist, besteht kein Streit. Ein rechtliches Interesse, diesen alleine mit sich selbst und - dies ist für die Kammer entscheidend -, ohne Wirkung für andere zu klären, besteht nicht. Es mag sein, dass die Gewerkschaften die Bildung von Betriebsräten an allen Basen anstreben. Wenn sie aber nicht an dem Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG beteiligt sind, liegt mit ihnen auch kein Streit im Sinne dieser Vorschrift vor.
47ee)Entgegen der Ansicht der Antragstellerin verletzt die hier vorgenommene Auslegung nicht den aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleiteten Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes. Die Antragstellerin folgert dies daraus, dass sie im Wege einer einstweiligen Verfügung die Bildung eines Betriebsrats an ihren Basen nur im Falle der Nichtigkeit verhindern könne und andernfalls zunächst bis zu einer Klärung nach Bildung eines Wahlvorstands mit einem Betriebsrat leben müsse und dessen Kosten zu tragen habe. Genau dies entspricht jedoch der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes. Würde nämlich schon im Fall der voraussichtlich sicheren Anfechtbarkeit der bevorstehenden Wahl ein Abbruch zugelassen, würde verhindert, dass zumindest vorläufig ein Betriebsrat zustande kommt, wie es das Betriebsverfassungsgesetz vorsieht. Damit würde ein betriebsratsloser Zustand aufrechterhalten, der nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes lediglich bei einer nichtigen Wahl eintreten darf. Das Betriebsverfassungsgesetz will betriebsratslose Zustände möglichst vermeiden. § 1 BetrVG lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, dass möglichst in jedem betriebsratsfähigen Betrieb ein Betriebsrat besteht (BAG 27.07.2011 - 7 ABR 61/10, juris Rn. 33). Richtig ist, dass es hier um die Frage geht, ob überhaupt eine betriebsratsfähige Einheit besteht. Gerade diese Frage kann gleichwohl nicht immer einfach beantwortet werden. Ist aber diese Frage unsicher und nicht im Sinne der Nichtigkeit der Wahl offenkundig und einfach zu beantworten, lässt sich aus der oben zitierten Rechtsprechung ableiten, dass bei einem Zweifel zunächst ein Betriebsrat zu bilden ist. Die Antragstellerin ist auch nicht etwa rechtsschutzlos gestellt. Ist ein Wahlvorstand gebildet, kann sie ohne weiteres - wie sie es betreffend die Basis Berlin-Brandenburg ja auch getan hat - das Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG einleiten.
48ff)Es verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die im Betrieb vertretene Gewerkschaft letztlich immer einen Antrag gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG stellen kann, weil die Arbeitgeberin als Beteiligte zur Verfügung steht, dies umgekehrt aber nicht der Fall ist. Nach der oben ausgeführten Konzeption des Betriebsverfassungsrecht ist es ausreichend, wenn die Arbeitgeberin den Antrag stellen kann, sobald ein Wahlvorstand bestellt ist. Erst dann hat sich die Bildung eines Betriebsrats hinreichend konkretisiert, um ein Verfahren gemäß § 18 BetrVG zu gebieten, dass nicht nur einen Streit mit sich selbst darstellt. Die Arbeitgeberin befindet sich zudem in einer anderen Situation als die im Betrieb vertretene Gewerkschaft, die letztlich (nur) die Aufgabe hat, die Betriebsversammlung zur Bildung eines Wahlvorstandes zu initiieren, ohne eine abschließende eigene Entscheidungsbefugnis zu dessen Bildung. Diese verfahrensrechtliche Differenzierung ist vor dem Hintergrund, dass es die Konzeption des Betriebsverfassungsrechts ist, die Bildung von Betriebsräten zu fördern, sachlich gerechtfertigt. Es ist folglich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber nicht geregelt hat, dass die im Betrieb vertretene Gewerkschaft an einem Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG nicht nur antragsberechtigt, sondern in jedem Fall beteiligt ist (vgl. zum Erfordernis einer solchen gesetzlichen Regelung im Wahlanfechtungsverfahren BVerwG 08.07.1977 - VII P 28.75, juris Rn. 22). Im Übrigen steht der Arbeitgeberin das Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG ebenfalls nicht zur Verfügung, wenn nicht eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft, sondern drei Wahlberechtigte nicht organisierte Arbeitnehmer zu der Betriebsversammlung gemäß § 17 Abs. 3 BetrVG einladen, mithin der Ansicht sind, dass ein betriebsratsfähiger Betrieb existiert. Mangels deren Stellung als Beteiligte scheidet ein Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG ebenfalls aus, ohne dass diese drei Arbeitnehmer ein eigenes Antragsrecht für ein Verfahren gemäß §18 Abs. 2 BetrVG haben. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber in diesem Verfahrensstadium eine Klärung gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG noch nicht für sachlich geboten erachtet, sondern erst dann, wenn ein Wahlvorstand bestellt ist. Dies stimmt - wie ausgeführt - mit der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes überein und ist als solches sachlich gerechtfertigt.
49III. Der Hilfsantrag ist der Kammer nicht zur Entscheidung angefallen, weil die innerprozessuale Bedingung, unter welcher er gestellt ist, nicht eingetreten ist. Die Antragstellerin hat mit dem Hauptantrag nicht obsiegt.
50IV.Es bestand keine Veranlassung, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts über die Rechtsbeschwerde in dem Verfahren Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2023 - 10 TaBV 2/23 (anhängig zu 7 ABR 30/23) auszusetzen. Der Umstand, dass bei dem Bundesarbeitsgericht in einem anderen Verfahren bereits ein Rechtsbeschwerdeverfahren anhängig ist, genügt für eine Aussetzung nicht (vgl. BGH 28.02.2012 - VIII ZB 54/11, juris Rn. 6 f.). Richtig ist, dass die Rechtsprechung es in sog. Masseverfahren inzwischen für sachgerecht erachtet, "Musterverfahren" auszuwählen, um so Rechtsfragen übergreifend in besonders prozessökonomischer Art verfahrensübergreifend zu klären (BGH 09.03.2023 - III ZR 80/22, juris Rn. 24). Hier fehlt es schon an dem Tatbestand eines Massenverfahrens. Es existieren in Deutschland lediglich sieben Basen der Antragstellerin. Die Sachverhalte können sich hier außerdem unterschiedlich entwickeln, was die Bildung von Betriebsräten betrifft. Die Anregung der Antragstellerin, das Verfahren vorsorglich im Hinblick auf die mögliche Bestellung eines Wahlvorstands auch an der Basis Niederrhein/Weeze in der Tatsacheninstanz zu belassen, findet im Verfahrensrecht keine Stütze.
51C.Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG zugelassen.
52RECHTSMITTELBELEHRUNG
53Gegen diesen Beschluss kann von der Beschwerdeführerin
54RECHTSBESCHWERDE
55eingelegt werden.
56Die Rechtsbeschwerde muss
57innerhalb einer Notfrist* von einem Monat
58nach der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses schriftlich oder in elektronischer Form beim
59Bundesarbeitsgericht
60Hugo-Preuß-Platz 1
6199084 Erfurt
62Fax: 0361 2636-2000
63eingelegt werden.
64Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
65Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
661.Rechtsanwälte,
672.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
683.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
69In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Rechtsbeschwerdeschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
70Beteiligte, die als Bevollmächtigte zugelassen sind, können sich selbst vertreten.
71Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
72* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
73Dr. Gotthardt Bisdorf Scharf