Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1.Die Anwendung der Regelung des § 10 Ziffer 1 Satz 2 des Tarifvertrages über Altersteilzeit in der Eisen- und Stahlindustrie NRW vom 20.06.2000 in der Fassung vom 06.03.2013 in der Weise, dass der Abfindungsanspruch des über die Inanspruchnahme von Altersteilzeit vor dem Zeitpunkt des Anspruchs auf ungeminderte Altersrente ausscheidenden Arbeitnehmers deshalb geringer ausfällt, weil er 24 Monate früher als ein vergleichbarer nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer nach § 236a SGB VI (ungeminderte) Altersrente für schwerbehinderte Menschen beanspruchen kann, begründet eine ungerechtfertigte mittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung. 2.Rechtsfolge dieser mittelbaren Benachteiligung ist eine Anpassung nach oben in der Weise, dass die Tarifregelung so anzuwenden ist, wie sie für einen vergleichbaren nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer gelten würde.
I.Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 25.06.2020 - Az.: 1 Ca 250/20 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 11.757,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2019 zu zahlen.
II.Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III.Die Revision wird nicht zugelassen.
T A T B E S T A N D:
2Die Parteien streiten über eine Abfindungszahlung aus dem von ihnen vereinbarten Altersteilzeitvertrag in Verbindung mit dem Tarifvertrag über Altersteilzeit in der nordrhein-westfälischen Stahlindustrie und in diesem Zusammenhang über eine mittelbare Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung.
3Der am 11.11.1956 geborene, schwerbehinderte Kläger war bis 30.11.2019 bei der Beklagten, die ein Stahlunternehmen betreibt, in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt, auf das kraft vertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge der Stahlindustrie in Nordrhein-Westfalen und damit insbesondere auch der Tarifvertrag über Altersteilzeit in der Eisen- und Stahlindustrie NRW vom 20.06.2000 in der Fassung vom 06.03.2013 (im folgenden TV ATZ genannt) Anwendung fanden. Der TV ATZ enthält unter anderem folgende Regelung:
4"§ 10
5Abfindung
61.Endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis vor dem Zeitpunkt, ab dem ein Anspruch auf eine ungeminderte Altersrente besteht, erhält dieser für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung. Die Abfindung errechnet sich aus einem Betrag, der mit der Zahl der vollen Kalendermonate - höchstens jedoch 48 Kalendermonaten - multipliziert wird, die zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitnehmer Anspruch auf ungeminderte Altersrente gehabt hätte, liegen.
72.[...]
83.Die Abfindung beträgt für Beschäftigte, deren Altersteilzeitarbeitsvertrag ab dem 06.03.2013 geschlossen wurde, und
9-die innerhalb der letzten fünf Jahre vor Antragstellung gem. § 4 mindestens 1080 Tage nach Schichtplan in kontinuierlicher Wechselschicht gem. § 4 Ziff. 1 MTV eingesetzt waren, 435,-- EUR,
10-die im genannten Zeitraum nach Schichtplan in Wechselschicht, die regelmäßig auch Nachtschichten einschloss, eingesetzt waren, 320,-- EUR.
11Für alle anderen Vollzeitbeschäftigten beträgt die Abfindung 260,-- EUR.
124.[...]
135.[...]
146.Die in Ziff. 3 genannten Abfindungsbeträge werden ab dem 01.01.2014 um 2 Prozent erhöht.
157.Die Abfindung wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig."
16Auf der Grundlage eines Sozialplans vom 04.05.2012 vereinbarten die Parteien am 15.05.2013 einen Altersteilzeitarbeitsvertrag (Anlage K1, Blatt 13 ff. der Akte). Dieser sah eine Laufzeit vom 01.12.2013 bis zum 30.11.2019 vor. In § 11 des Altersteilzeitarbeitsvertrages war zudem geregelt, dass der Kläger "bei Ausscheiden eine Abfindung entsprechend den tariflichen und betrieblichen Bestimmungen" erhält. Zusätzlich erhielt er eine Turboprämie gemäß Sozialplan in Höhe von 10.000,- € brutto.
17In den letzten fünf Jahren vor Beantragung der Altersteilzeit war der Kläger mindestens 1080 Tage nach Schichtplan in kontinuierlicher Wechselschicht gemäß § 4 Ziffer 1 MTV Eisen- und Stahlindustrie NRW eingesetzt worden.
18Am 30.08.2016 legte der Kläger einen Schwerbehindertenausweis bei der Beklagten vor. Für die Zeit ab dem 01.12.2019 beantragte der Kläger eine vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Rheinland vom 11.12.2019 bewilligt wurde. Als schwerbehinderter Mensch hatte der Kläger bereits ab 01.10.2020 Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente, während er eine solche ohne die Behinderung erst ab 01.10.2022 hätte beanspruchen können.
19Die Beklagte zahlte an den Kläger mit der letzten Gehaltsabrechnung für November 2019 die Turboprämie in Höhe von 10.000,- € brutto. Außerdem zahlte sie eine Abfindung in Höhe von 4.898,80 € brutto (Berechnung: 10 Monate vom 01.12.2019 bis 30.09.2020 x 489,88 €). Eine weitere Abfindungszahlung erfolgte nicht.
20Nach vergeblicher außergerichtlicher Aufforderung hat der Kläger mit der am 14.02.2020 bei dem Arbeitsgericht Krefeld eingegangenen und der Beklagten am 21.02.2020 zugestellten Klageschrift die Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten und der ihm nach seiner Ansicht zustehenden Abfindung gerichtlich geltend gemacht. Er hat die Ansicht vertreten, durch die Abfindungsberechnung der Beklagten werde er als schwerbehinderter Mensch diskriminiert. Denn indem die Beklagte für die Berechnung nach § 10 Ziffer 1 TV ATZ lediglich den Zeitraum bis zur ungeminderten Altersrente als schwerbehinderter Mensch (01.10.2020) von 10 Monaten zugrunde gelegt habe, habe sie ihn wegen seiner Behinderung benachteiligt. Die Benachteiligung sei nur dadurch zu korrigieren, dass bei ihm der Zeitpunkt der frühestmöglichen Inanspruchnahme einer ungeminderten Altersrente wie bei einem nicht behinderten Arbeitnehmer zugrunde gelegt werde (01.10.2022). Damit ergebe sich ein - in der Berechnung unstreitiger - zusätzlicher Abfindungsanspruch für weitere 24 Monate x 489,88 € und damit der Klagebetrag. Darüber hinaus, so der Kläger, sei er im Rahmen des Personalgesprächs nicht darüber aufgeklärt worden, dass im Falle eines Rentenbezugs aufgrund einer Schwerbehinderung der Abfindungsbetrag geringer ausfallen würde als bei Rentenbezug wegen Erreichens der Regelaltersgrenze für nicht schwerbehinderte Menschen.
21Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
22die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.757,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2019 zu zahlen.
23Die Beklagte hat beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie hat die Ansicht vertreten, es liege schon deshalb keine Benachteiligung wegen der Behinderung vor, da der Kläger keine Nachteile erleide. Die Abfindungsregelung greife nicht in einen vom Kläger schon erworbenen Besitzstand ein.
26Mit Urteil vom 25.06.2020, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Krefeld die Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger über seine Prozessbevollmächtigten am 02.07.2020 zugestellt worden. Er hat mit am gleichen Tage bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch Beschluss vom 01.09. bis zum 02.10.2020 - mit am 02.10.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz begründet.
27Der Kläger verfolgt den Zahlungsanspruch unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe eine mittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung im Falle des Klägers unter Außerachtlassung der Grundsätze der hierzu in den letzten Jahren ergangenen Rechtsprechung des EuGH und des Bundesarbeitsgerichts verneint. Die Kürzung der Abfindung durch die Beklagte allein wegen aufgrund der Schwerbehinderung des Klägers früher möglichen Beziehens einer ungeminderten Altersrente konterkariere das gesetzgeberische Ziel, die Nachteile schwerbehinderter Menschen bei der Bezugsdauer von Renten durch einen früheren Rentenbezug zu kompensieren. Die Kompensationsleistungen der gesetzlichen Rente würden vielmehr durch die Beklagte mittels der vorgenommenen Abfindungskürzung wieder abgeschöpft. Es gebe jedoch keinen sachlichen Grund dafür, dass die Beklagte einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Schwerbehinderung des Klägers erwirtschafte. Darüber hinaus ist der Kläger der Ansicht, dass die Abfindungsregelung im Altersteilzeitarbeitsvertrag intransparent sei und insoweit nicht zu seinen Lasten ausgelegt und zur Anwendung gebracht werden dürfe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 02.10.2020 Bezug genommen.
28Der Kläger beantragt,
29das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 25.06.2020 - 1 Ca 250/20 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.757,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2019 zu zahlen.
30Die Beklagte beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Unverändert ist sie der Ansicht, dass eine mittelbare Diskriminierung des Klägers nicht vorliege und den Zahlungsanspruch daher nicht begründen könne. Es fehle zunächst schon an der Vergleichbarkeit im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation von nicht schwerbehinderten Menschen, die erst Jahre später als der Kläger die Möglichkeit einer ungekürzten Altersrente hätten. Zutreffend habe das Arbeitsgericht auch darauf hingewiesen, dass schwerbehinderte Menschen möglicherweise, aber nicht prinzipiell einen höheren Finanzbedarf hätten. Im Kern trage die Option eines frühzeitigen Rentenbezugs dem Umstand Rechnung, dass schwerbehinderte Menschen regelmäßig tendenziell leistungsgeminderter seien als gleichaltrige nicht behinderte Menschen. Das rechtfertige die gesetzgeberische Entscheidung, den Schwerbehinderten einen früheren Rentenbezug ohne Abschläge zu ermöglichen. Darin liege zunächst einmal ein Vorteil und kein Nachteil gegenüber nicht behinderten Menschen. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber das vorliegend gewählte Konstrukt ausdrücklich in § 10 Satz 3 Ziffer 6 2. Alt. AGG rechtfertige und auch im Falle des Klägers Ausgangspunkt für die tarifvertragliche Inanspruchnahme der Altersteilzeit ein Sozialplan gewesen sei. Schließlich sei die in Rede stehende Abfindungsregelung entgegen der Ansicht des Klägers nicht intransparent, so dass der Berufung auch mit dieser Argumentation kein Erfolg beschieden sei.
33Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen in erster und zweiter Instanz sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
34E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
35I.
36Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) ArbGG, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt über der gesetzlichen Schwelle von 600,- €. Ferner ist die Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
37II.
38Die Berufung ist auch begründet. Entgegen der Ansicht der Beklagten und des Arbeitsgerichts hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf eine weitere Abfindungszahlung in Höhe von 11.757,12 € brutto aus § 11 seines Altersteilzeitarbeitsvertrages in Verbindung mit § 10 Ziffer 1, 3 und 6 TV ATZ. Da eine Auslegung und Anwendung der Tarifregelung zur Abfindungsberechnung bei Ausscheiden aus dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis in der Weise, dass als "Zeitpunkt, an dem der Arbeitnehmer Anspruch auf ungeminderte Altersrente gehabt hätte" im Sinne von § 10 Ziffer 1 Satz 2 TV ATZ der bei dem schwerbehinderten Kläger um 24 Monate gegenüber einem vergleichbaren nicht behinderten Arbeitnehmer frühere Zeitpunkt gewählt wird, wegen mittelbarer Benachteiligung nach § 7 Abs. 1, 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 AGG unzulässig ist, ist bei der Berechnung diskriminierungsfrei auf den Zeitpunkt des Anspruchs auf ungeminderte Altersrente ohne Berücksichtigung des Merkmals Behinderung abzustellen. Damit steht dem Kläger über den bereits gezahlten Betrag eine weitere Abfindung in Höhe von zusätzlichen 24 Monaten x 489,88 € brutto = 11.757,12 € brutto zu.
39Im Einzelnen:
401. Der Abfindungsanspruch des Klägers folgt aus § 10 Ziffern 1, 3 und 6 TV ATZ, der aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme sowie über § 11 des Altersteilzeitarbeitsvertrages Anwendung findet.
41Nach § 10 Ziffer 1 TV ATZ erhält der aus dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis ausscheidende Arbeitnehmer eine Abfindung, falls das Altersteilzeitarbeitsverhältnis vor dem Zeitpunkt endet, ab dem ein Anspruch auf ungeminderte Altersrente besteht.
42Diese Grundvoraussetzung lag bei dem Kläger im Zeitpunkt der Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30.11.2019 vor. Dabei kommt es hier noch nicht entscheidend darauf an, ob der im Tarifvertrag genannte Zeitpunkt des Anspruchs auf ungeminderte Altersrente auch den Zeitpunkt des Anspruchs auf ungeminderte Altersrente als schwerbehinderter Mensch gemäß § 236a SGB VI umfasst oder nur die nicht an eine Behinderung anknüpfenden Altersrentenzeitpunkte. Denn sowohl der Zeitpunkt der ungeminderten Altersrente des Klägers nach § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI (01.10.2020) als auch der Zeitpunkt der ungeminderten Altersrente ohne Berücksichtigung der Behinderteneigenschaft nach § 236 Abs. 2 Satz 2 SGB VI (01.10.2022) war im Falle des Klägers am 01.12.2019 noch nicht erreicht.
43Dementsprechend hatte - was zwischen den Parteien ohnehin außer Streit steht - eine Berechnung des Abfindungsanspruchs nach § 10 Ziffer 1 Satz 2 TV ATZ stattzufinden. Hierzu war einerseits zugrunde zu legen der Abfindungsgrundbetrag. Dieser betrug nach § 10 Ziffer 3 ursprünglich in der Fallkategorie des Klägers, der in den letzten fünf Jahren vor Beantragung der Altersteilzeit unstreitig mindestens 1080 Tage nach Schichtplan in kontinuierlicher Wechselschicht gemäß § 4 Ziffer 1 MTV eingesetzt worden war, 435,- €. Dieser Abfindungsbetrag ist nach § 10 Ziffer 6 TV ATZ seit 01.01.2014 jeweils jährlich um 2% erhöht worden und betrug damit zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers am 01.12.2019 (Fälligkeitszeitpunkt nach § 10 Ziffer 7 TV ATZ) - unstreitig - bereits 489,88 €.
44Allein streitig zwischen den Parteien ist nun die Bemessung des Zeitraums im Sinne von § 10 Ziffer 1 Satz 2 TV ATZ zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Ablauf des 30.11.2019) und "dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitnehmer Anspruch auf ungeminderte Altersrente gehabt hätte". Während die Beklagte insoweit auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme der ungeminderten Altersrente als schwerbehinderter Mensch nach § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI (01.10.2020) abstellt und dementsprechend den Abfindungsanspruch des Klägers mit 10 Monaten x 489,88 € = 4.898,80 € brutto berechnet und erfüllt hat, sieht der Kläger hierin zu Recht eine mittelbare Benachteiligung wegen seiner Behinderung. Zutreffend ist mithin auf den Zeitpunkt der ungeminderten Altersrente des Klägers ohne Berücksichtigung des Merkmals der Behinderung abzustellen und damit auf den sich aus einer (hypothetischen) Anwendung von § 236 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ergebenden Zeitpunkt des 01.10.2022. Damit ist der Abfindungsanspruch insgesamt mit 34 Monaten x 489,88 € zu berechnen, unter Berücksichtigung der von der Beklagten bereits geleisteten Teilerfüllung mithin noch mit 24 Monaten x 489,88 € = 11.757,12 € brutto.
45a. Dem Arbeitsgericht ist noch darin zu folgen, dass § 10 Ziffer 1 Satz 2 TV ATZ in der Auslegung, dass mit dem "Zeitpunkt, an dem der Arbeitnehmer Anspruch auf ungeminderte Altersrente gehabt hätte" auch der Zeitpunkt der Inanspruchnahme der ungeminderten Altersrente als schwerbehinderter Mensch nach § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI gemeint sein kann, keine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung nach § 3 Abs. 1 AGG beinhaltet. Denn die Tarifnorm knüpft nicht unmittelbar an das Merkmal der Behinderung an, sondern stellt eine dem äußeren Anschein nach neutrale, nämlich auf den jeweils gesetzlich einschlägigen Zeitpunkt der Inanspruchnahme ungeminderter Altersrente abstellende Vorschrift zur Berechnung der Abfindungshöhe dar (vgl. insoweit auch BAG vom 05.09.2019 - 6 AZR 533/18, juris, Rz. 18).
46b. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts liegt hierin allerdings eine unzulässige mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG. In Anwendung dieser Norm liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
47(1)Der sachliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet, da in § 10 Ziffer 1 Satz 2 TV ATZ ein Abfindungsanspruch und damit eine kollektivvertragliche Entlassungsbedingung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG geregelt wird. Entlassungsbedingungen beziehen sich auf das "Ob" und das "Wie" der Beendigung von Arbeitsverhältnissen (BAG vom 17.03.2016 - 8 AZR 677/14, juris, Rz. 26) und umfassen daher auch die zur Ausgestaltung und damit zum "Wie" der Vertragsbeendigung zählenden Abfindungsregelungen (HWK/Rupp, 9. Auflage, § 2 AGG Rn. 6). Der sachliche Anwendungsbereich des AGG erfasst diese nicht nur, soweit sie individualvertraglich geregelt sind, sondern erstreckt sich explizit auch auf kollektivvertragliche und somit unter anderem tarifvertragliche Regelungen (HWK/Rupp, 9. Auflage, § 2 AGG Rn. 6).
48(2)Eine dem Anschein nach neutrale Regelung wie § 10 Ziffer 1 Satz 2 TV ATZ, die bei der Abfindungsberechnung auf den Zeitraum vom Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bis zum erstmals möglichen Bezug ungeminderter Altersrente abstellt mit der Folge, dass bis zur - hier nicht relevanten - Kappungsgrenze von 48 Kalendermonaten der Abfindungsanspruch umso höher ausfällt, je größer der genannte Zeitraum ist und mithin je später der Zeitpunkt des erstmals möglichen Bezugs ungeminderter Altersrente liegt, beinhaltet eine mittelbar auf dem in § 1 AGG genannten Kriterium der Behinderung beruhende Ungleichbehandlung. Denn schwerbehinderte Menschen wie der Kläger können gemäß § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI 24 Monate früher ungeminderte Altersrente in Anspruch nehmen als nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer gleichen Alters und mit gleichem Umfang erfüllter Wartezeit.
49Wie das Arbeitsgericht zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausführt, setzt das Verbot der mittelbaren Benachteiligung als besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes voraus, dass die benachteiligten und die begünstigten Personen miteinander vergleichbar sind (BAG vom 05.09.2019 - 6 AZR 533/18, juris, Rz. 20; BAG vom 12.05.2016 - 6 AZR 365/15, juris, Rz. 39; BAG vom 27.01.2011 - 6 AZR 526/09, juris, Rz. 33). Soweit das Arbeitsgericht dann aber annimmt, an dieser Vergleichbarkeit fehle es hier, da der Kläger deutlich, nämlich eben um jene 24 Monate, um die bei ihm der Faktor zur Abfindungsbemessung gekürzt wird, früher ungemindert Altersrente in Anspruch nehmen könne als ein gleichaltriger nicht behinderter Arbeitnehmer, folgt die Berufungskammer dem nicht.
50Die in § 10 Ziffer 1 Satz 2 TV ATZ an den jeweils gesetzlich möglichen Bezug ungeminderter Altersrente anknüpfende Regelung zur Abfindungsberechnung führt dazu, dass ein schwerbehinderter Arbeitnehmer im Alter und mit der Wartezeit des Klägers wegen der um 24 Monate früheren Möglichkeit der Inanspruchnahme ungeminderter Altersrente eine um 24 Monatsbeträge (im Sinne von § 10 Ziffer 3, 6 TV ATZ) geringere Abfindung bei Ausscheiden aus dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis erhält als ein Arbeitnehmer gleichen Alters und mit gleicher Wartezeit, der nicht behindert ist. Die Benachteiligung liegt in eben dieser deutlich niedrigeren Bemessung des Abfindungsanspruchs wegen der gesetzlich an das Kriterium der Behinderung und damit an ein Diskriminierungsmerkmal anknüpfenden Möglichkeit der gegenüber nicht behinderten Arbeitnehmern früheren Inanspruchnahme ungeminderter Altersrente. Die Vergleichsgruppen sind auch ohne Weiteres vergleichbar. Es handelt sich zum einen um die Gruppe der aus dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis ausscheidenden, schwerbehinderten Arbeitnehmer, zu der der Kläger gehört, zum anderen um die Gruppe der ebenfalls in gleichem Alter und mit gleicher Wartezeit ausscheidenden nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer. Der Kläger selbst wurde nach der ursprünglichen Berechnung im Jahr 2013 (Anlage K3) noch zur zweiten Gruppe gezählt, da seinerzeit noch keine Schwerbehinderung bekannt war. Zwischenzeitlich bis zu seinem Ausscheiden aus dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis hat sich allein dieses Kriterium geändert, sonst nichts. Dass Bestimmungen in Abfindungsregelungen, wonach die Abfindungshöhe in Abhängigkeit von dem Zeitraum bis zum frühestmöglichen Wechsel in die - hier abschlagsfreie - gesetzliche Rente bemessen wird, wegen der Anknüpfung an § 236a SGB VI eine mittelbar auf dem Kriterium der Behinderung beruhende Ungleichbehandlung darstellen, ist demgemäß in der höchstrichterlichen Rechtsprechung inzwischen durchweg anerkannt (vgl. EuGH vom 06.12.2012 - C-152/11 [Odar], juris, Rz. 57 ff.; BAG vom 28.07.2020 - 1 AZR 590/18, juris, Rz. 19; BAG vom 16.07.2019 - 1 AZR 842/16, juris, Rz. 12).
51Die Vergleichbarkeit der Gruppen, die sich gerade daraus ergibt, dass schwerbehinderte wie nicht schwerbehinderte Altersteilzeitarbeitnehmer im Übrigen aus demselben Grund und unter denselben Voraussetzungen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, und die damit einhergehende Feststellung der mittelbar an die Behinderung anknüpfenden Ungleichbehandlung fällt nicht deshalb weg, weil die Gruppe des Klägers mit dem um 24 Monate früher vorgesehenen ungeminderten Altersrentenanspruch eine entsprechende sozialversicherungsrechtliche Vergünstigung erfährt. Diese Ansicht des Arbeitsgerichts widerspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wie auch des Bundesarbeitsgerichts, wonach der schwerbehinderten Arbeitnehmern gewährte Vorteil, der darin besteht, dass sie ab Erreichen eines Alters, das niedriger ist als bei nicht behinderten Arbeitnehmern, eine Altersrente in Anspruch nehmen können, sie gegenüber diesen Arbeitnehmern nicht in eine besondere Situation bringt (EuGH vom 19.09.2018 - C-312/17 [Bedi], juris, Rz. 56; EuGH vom 06.12.2012 - C-152/11 [Odar], juris, Rz. 62; BAG vom 28.07.2020 - 1 AZR 590/18, juris, Rz. 20 f.; BAG vom 21.11.2017 - 9 AZR 141/17, juris, Rz. 29).
52(3)Die Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.
53(a)Das mit der Regelung des § 10 TV ATZ verfolgte legitime Ziel besteht, insoweit ist dem Arbeitsgericht zuzustimmen, in der pauschalierten finanziellen Abmilderung des Einkommensverlustes durch die mit Abschlägen verbundene vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente. Das zeigt sich an der Verknüpfung des ersten Faktors der Abfindungsformel mit dem Zeitraum zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (und damit vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente unter Inkaufnahme von Abschlägen) und dem Zeitpunkt der ungeminderten Altersrente.
54Darin erschöpft sich der Zweck der tariflichen Abfindungsregelung allerdings nicht. Denn § 10 Ziffer 3 TV ATZ bemisst den zweiten Faktor nicht etwa einfach am bisherigen Verdienst des Altersteilzeitarbeitnehmers oder einem für alle Mitarbeiter gleichen Betrag, sondern an Art und Umfang der in einem repräsentativen Zeitraum vor der Altersteilzeit geleisteten Wechselschichtarbeit, wobei diejenigen Arbeitnehmer, die wie der Kläger im Referenzzeitraum mindestens 1080 Tage in kontinuierlicher Wechselschicht eingesetzt worden sind, den höchsten Faktorbetrag erhalten, diejenigen der beiden anderen Gruppen hingegen spürbar weniger. Mit der Bemessung des zweiten Faktors haben die Tarifvertragsparteien erkennbar auch einen Kompensationszweck verfolgt. Besondere Erschwernisse von Wechselschichtarbeit, wenn sie zuletzt kennzeichnend für die Tätigkeit war, sollen sich abfindungssteigernd auswirken. Mit diesem Teil der Abfindung sollen die finanziellen Einbußen durch Inanspruchnahme von vorgezogener Altersrente (mit Abschlägen) umso mehr abgemildert werden, je höher die Arbeitsbelastung des Mitarbeiters vor Inanspruchnahme der Altersteilzeit im Zusammenhang mit Wechselschichtarbeit war. Es geht den Tarifvertragsparteien also nicht allein um die finanzielle Abmilderung als solche und rein nach Bemessungszeitraum, sondern zusätzlich unter Berücksichtigung einer Kompensation für besonders belastende Arbeitsbedingungen. Beides ist als solches rechtmäßig und legitim.
55(b)Die Regelung in § 10 Ziffer 1 Satz 2 TV ATZ geht, indem sie als Zeitpunkt des Anspruchs auf ungeminderte Altersrente auch den Zeitpunkt nach § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI erfasst, über das zur Erreichung des vorstehend beschriebenen legitimen Ziels Erforderliche und Angemessene hinaus.
56Nach der Rechtsprechung von Europäischem Gerichtshof und Bundesarbeitsgericht, der die Berufungskammer folgt, liegt eine unzulässige Benachteiligung wegen der Behinderung schon dann vor, wenn die streitige Maßnahme nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit der Behinderung zu tun haben (EuGH vom 06.12.2012 - C-152/11 [Odar], juris, Rz. 67; BAG vom 28.07.2020 - 1 AZR 590/18, juris, Rz. 25; BAG vom 16.07.2019 - 1 AZR 842/16, juris, Rz. 18). Eben das ist hier der Fall. Die tarifliche Regelung zur Abfindungsberechnung in § 10 TV ATZ knüpft mit dem Zeitpunkt des Anspruchs auf ungeminderte Altersrente an objektive Faktoren an, zu denen, da die ungeminderte Altersrente nach § 236a SGB VI erfasst wird, die Schwerbehinderung und damit ein Diskriminierungsmerkmal gehört. Allein aufgrund der Schwerbehinderung des Klägers wird seine Abfindung in Anwendung des § 10 Ziffer 1 Satz 2 TV ATZ um 24 Monatsbeträge gemäß § 10 Ziffern 3, 6 TV ATZ geringer bemessen als die eines ansonsten vergleichbaren, nicht schwerbehinderten Arbeitnehmers.
57Hinzu kommt, dass es sich bei der gesetzlichen Regelung zur früheren Inanspruchnahme von ungeminderter Altersrente für Schwerbehinderte um eine sogenannte positive Maßnahme im Sinne von § 5 AGG handelt. Denn mit dieser Regelung soll es älteren Versicherten, bei denen aufgrund der mit einer Schwerbehinderung regelmäßig verbundenen erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen die Vermutung nur noch eingeschränkten Leistungsvermögens auf dem Arbeitsmarkt naheliegt, ermöglicht werden, frühzeitig aus dem Arbeitsleben auszuscheiden (Fichte in: Hauck/Noftz, SGB, Stand 08/20, § 37 SGB VI Rn. 4; vgl. auch BGH vom 18.05.2010 - VI ZR 142/09, juris, Rz. 21). Ließe man dann über § 10 Ziffer 1 Satz 2 TV ATZ zu, dass dieser sozialversicherungsrechtliche Vorteil zur Reduzierung des Abfindungsanspruchs führt, würde damit die praktische Wirksamkeit der rentenversicherungsrechtlichen positiven Maßnahme, die gerade eine Reaktion auf eine behinderungsbedingt im Regelfall relativ stärker eingeschränkte Leistungsfähigkeit darstellt, beeinträchtigt (vgl. hierzu EuGH vom 19.09.2018 - C-312/17 [Bedi], juris, Rz. 75; EuGH vom 06.12.2012 - C-152/11 [Odar], juris, Rz. 67; BAG vom 28.07.2020 - 1 AZR 590/18, juris, Rz. 25, 27; BAG vom 16.07.2019 - 1 AZR 842/16, juris, Rz. 18).
58Es ist zur Erreichung der tarifvertraglichen Ziele einer pauschalierten finanziellen Abmilderung von Einkommenseinbußen durch die mit Abschlägen verbundene vorgezogene Altersrente und der Kompensationsleistung für erschwerte Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit (kontinuierlicher) Wechselschichtarbeit weder erforderlich noch angemessen, bei der Abfindungsberechnung den Bemessungszeitraum durch Anknüpfung an den besonderen sozialversicherungsrechtlichen Vorteil aus § 236a SGB VI, der Schwerbehinderten 24 Monate früher als nicht behinderten Arbeitnehmern eine ungeminderte Altersrente ermöglicht, dessen positive Wirkungen durch eine entsprechende Kürzung der tariflichen Abfindungsleistung wieder zu konterkarieren. Denn soweit Schwerbehinderte aufgrund der gesetzlichen Grundannahme einer regelmäßig früher und weitgehender als bei anderen Arbeitnehmern eintretenden Leistungsreduzierung den Vorteil einer früher ungemindert in Anspruch zu nehmenden Altersrente erhalten, ist die gesetzgeberische Zielsetzung zumindest teilidentisch mit der Zielsetzung in § 10 Ziffer 3, 6 TV ATZ, besondere Belastungen durch erschwerte Arbeitsbedingungen zu kompensieren. Solche Arbeitsbedingungen werden typischerweise erneut schwerbehinderte Arbeitnehmer härter treffen als nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer. Selbst wenn die Schwerbehinderung dann erst wie hier nachfolgend im Zeitraum der Altersteilzeit festgestellt wird, gehen die Tarifvertragsparteien ja gleichfalls noch von einem über dessen Ende hinaus bestehenden Kompensationsbedürfnis aus.
59Wird dann aber allein infolge einer dem Schutz von Schwerbehinderten dienenden Norm des Rentenversicherungsrechts der auch der Kompensation von erschwerten Arbeitsbedingungen dienende tarifliche Abfindungsanspruch geringer bemessen als es ohne diese rentenversicherungsrechtliche Schutznorm der Fall wäre, wird dies von der tariflichen Zielsetzung des § 10 TV ATZ nicht mehr getragen.
60Damit liegt eine ungerechtfertigte mittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung vor. Entgegen der Ansicht der Beklagten könnte diese schließlich auch nicht über § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gerechtfertigt werden, denn diese Norm regelt allein Rechtfertigungstatbestände für eine Benachteiligung wegen des Alters und eben gerade nicht wegen anderer Diskriminierungsmerkmale wie das der Behinderung.
61c. Rechtsfolge der mittelbaren Benachteiligung des Klägers durch die Anwendung des § 10 Ziffer 1 Satz 2 TV ATZ in der Weise, dass als Zeitpunkt der ungeminderten Altersrente auch der der Inanspruchnahme der Altersrente nach § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI angenommen wird, ist in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Unwirksamkeit der Tarifregelung insoweit und die "Anpassung nach oben" (BAG vom 16.07.2019 - 1 AZR 842/16, juris, Rz. 21). § 7 Abs. 2 AGG, der die Unwirksamkeit von gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßenden Bestimmungen anordnet, ist auch auf solche Bestimmungen in Tarifverträgen anwendbar (BAG vom 05.09.2019 - 6 AZR 533/18, juris, Rz. 13). Insbesondere auch für unwirksame tarifvertragliche Bestimmungen wiederum hat das Bundesarbeitsgericht die Anpassung nach oben und die Gewährung derselben Vorteile, wie sie die nicht benachteiligten Arbeitnehmer erhalten haben, auch für die mittelbar benachteiligte Gruppe judiziert (BAG vom 16.07.2019 - 1 AZR 842/16, juris, Rz. 21). Folge dessen ist die Anwendung der diskriminierende Bestimmungen enthaltenden Tarifnorm so, wie sie für vergleichbare nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer gegolten hätte (BAG vom 16.07.2019 - 1 AZR 842/16, juris, Rz. 22). Das führt dazu, dass auch im Falle des Klägers der Zeitpunkt der unverminderten Altersrente ohne Berücksichtigung des Merkmals der Behinderung zu bestimmen ist und mithin nach Maßgabe von § 236 Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Damit ergibt sich aufgrund des Geburtsdatums des Klägers der 01.10.2022 als zugrunde zu legendes Datum und mithin der Faktor von 34 bzw. unter Berücksichtigung der bereits erbrachten Teilleistung der Beklagten der Differenzfaktor von 24 x 489,88 €.
622. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
63III.
64Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Beklagte, da sie unterlegen ist, die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
65IV.
66Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 1 ArbGG. Ein Zulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegt nicht vor, insbesondere betrifft die Entscheidung weder entscheidungsrelevante Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG noch liegt eine Divergenz im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG vor. Es handelt sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage inzwischen gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, die keine neuen grundsätzlichen Rechtsfragen mehr aufwirft.
67RECHTSMITTELBELEHRUNG
68Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
69Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
70KleinSchulzWesendonk