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Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 12 Sa 10/21

Datum:
15.09.2021
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
12. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 Sa 10/21
ECLI:
ECLI:DE:LAGD:2021:0915.12SA10.21.00
 
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Düsseldorf, 4 Ca 1196/20
Schlagworte:
verhaltensbedingte Kündigung - Auflösungsantrag der Arbeitgeberin
Normen:
Gesetz: Art. 2 Abs. 1 GG; § 126 BGB, § 133 BGB, § 145 BGB, § 154 Abs. 1 BGB, § 157 BGB, § 249 BGB, § 254 BGB, § 280 Abs. 1, 3 BGB, § 283 BGB, § 612a Abs. 1 BGB, § 613a Abs. 1 BGB, § 623 BGB; § 1 Abs. 1, 2 KSchG, § 9 Abs. 1 KSchG, § 10 Abs. 3 KSchG; § 12 Satz 1 KSchG, § 23 Abs. 1 KSchG; § 14 Abs. 4 TzBfG; § 15 Abs. 2 TzBfG; § 256 Abs. 1 ZPO, § 287 ZPO, § 533 ZPO
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:

1. Auch bei einem im Aufbau befindlichen Betrieb gibt es einen regelmäßigen Beschäftigtenbestand i.S.v. § 23 Abs. 1 KSchG. Steigt die Mitarbeiterzahl innerhalb von sieben Monaten über den Schwellenwert von § 23 Abs. 1 KSchG und kündigt die Arbeitgeberin dann Arbeitnehmern zum Zwecke der Betriebseinschränkung, ist für die Frage der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes grundsätzlich ein Rückblick auf die bisherige Belegschaftsstärke maßgeblich. Diese kennzeichnet die regelmäßige Beschäftigtenzahl. Anders ist dies nur dann, wenn von Beginn an geplant war, diese Belegschaftsstärke nur kurz zu überschreiten. Das Kündigungsschutzgesetz findet hingegen - wie hier - Anwendung, wenn es darum geht, den im Aufbau befindlichen aber erreichten und eigentlich beabsichtigten Beschäftigtenstand oberhalb der Grenze von § 23 Abs. 1 KSchG wieder zu reduzieren. 2. Haben Arbeitgeberin und Arbeitnehmer schon jahrelang ohne wesentliche Beanstandungen zusammengearbeitet, so werden regelmäßig Auflösungsgründe von größerem Gewicht erforderlich sein, um die Prognose zu rechtfertigen, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist, als wenn es sich um einen Arbeitnehmer ohne erheblichen sozialen Besitzstand handelt, der schon wenige Monate nach Beendigung der Probezeit Auflösungsgründe setzt. 3. Bei der Bemessung der Abfindung ist ein arbeitsleistungsbezogener Bonus anteilig auf das Monatsgehalt umzulegen. 4. Die Abfindung gem. §§ 9, 10 KSchG kann in einem einheitlichen Arbeitsverhältnis in der Regel nur einheitlich festgesetzt werden. Bemessungsgrundlage, d.h. der Monatsver-dienst i.S.d. § 10 Abs. 3 KSchG sind die Bezüge, die dem Arbeitnehmer aus dem Arbeits-verhältnis insgesamt zustehen. Anders ist dies, wenn ein Arbeitnehmer - wie hier - zeitgleich zwei Arbeitsverhältnisse zu zwei verschiedenen Arbeitgeberinnen hat, die nicht als einheitliches Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sind und von denen ein Arbeitsverhältnis ruht. Das ruhende Arbeitsverhältnis unterliegt eigenständig der Auflösung gemäß §§ 9, 10 KSchG. Es hat einen eigenen wirtschaftlichen Wert. Der Umstand, dass das ruhende Ar-beitsverhältnis zum Auflösungszeitpunkt zunächst hätte "aktiviert" werden müssen, ist bei der Höhe der Abfindung für dieses Arbeitsverhältnis mindernd zu berücksichtigen.

 
Tenor:

I. Auf die Berufungen der beiden Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 03.11.2020 - 4 Ca 1196/20 - teilweise abgeändert und das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 1) zum 31.10.2019 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 8.854,16 Euro aufgelöst. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 2) wird zum 31.10.2019 gegen Zahlung einer Abfindung von 5.312,50 Euro aufgelöst.

II. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird die Beklagte zu 1) verurteilt, an den Kläger 8.333,33 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2020 zu zahlen.

III. Die weitergehenden Berufungen der Beklagten und die weitergehende Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.

IV. Die gerichtlichen Kosten erster Instanz werden dem Kläger zu 39 %, der Beklagten zu 1) zu 41 % und der Beklagten zu 2) zu 20 % auferlegt. Die gerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens des Klägers tragen der Kläger zu 32 % und die Beklagten zu 1) zu 51 % und die Beklagte zu 2) zu 17 %. Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten zu 1) tragen der Kläger zu 20 % und die Beklagte zu 1) zu 80 %. Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten zu 2) tragen der Kläger zu 57 % und die Beklagte zu 2) zu 43 %.

V. Die Revision wird zugelassen.

 
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