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1. Eine arbeitsgerichtliche Festsetzung des Rechtsmittelstreitwertes nach § 61 Abs. 1 ArbGG, die offensichtlich unrichtig ist, entfaltet für das Berufungsgericht keine Bindungswirkung. In diesem Falle hat das Berufungsgericht den Wert des Beschwerdegegenstandes von Amts wegen zu prüfen und im Zweifel zu schätzen. Der Berufungskläger hat die hierzu erforderlichen Tatsachen darzulegen und nach § 64 Abs. 5 ArbGG glaubhaft zu machen. Gelingt ihm dies nicht in einem 600,- übersteigenden Umfang und liegt auch kein anderer Grund für die Statthaftigkeit des Rechtsmittels nach § 64 Abs. 2 ArbGG vor, ist die Berufung unzulässig. 2. Klagt eine Partei Zahlungsansprüche für drei Monate im Gesamtumfang von 469,26 sowie den Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Abrechnung nach § 108 GewO ein, erweist sich eine Streitwertfestsetzung im Umfang von 3 x 100,- = 300,- allein für den Abrechnungsanspruch als offensichtlich unrichtig, wenn sie zum einen in keiner Weise begründet wird, zum anderen aber auch keinem für die Wertfestsetzung bei Abrechnungsansprüchen gängigen Muster folgt. 3. Legt der zur Zahlung und Abrechnung verurteilte Arbeitgeber Berufung ein und liegt keine bindende arbeitsgerichtliche Festsetzung des Rechtsmittelstreitwertes vor, ist der Wert des Beschwerdegegenstandes hinsichtlich des Abrechnungsanspruchs nach dem wirtschaftlichen Interesse der beklagten Partei zu bemessen, die Abrechnung nicht erteilen zu müssen. Damit hat sie sich an den - glaubhaft zu machenden - Kosten und dem Aufwand für die Erfüllung des Abrechnungsanspruchs zu orientieren.
I.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 17.12.2019 - Az.: 2 Ca 1330/19 - wird als unzulässig verworfen.
II.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.Die Revisionsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien streiten über den Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Mehrarbeitszuschlägen für den Zeitraum April bis Juni 2019 in einer Gesamthöhe von 469,26 € brutto sowie über den Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Abrechnung bei jeder auf die vorgenannte Schuld erfolgenden Zahlung.
4Die Klägerin ist seit dem 18.01.2016 bei der Beklagten in einem Umfang von 15 Wochenstunden in Teilzeit beschäftigt. Ihr Stundenlohn betrug im Streitzeitraum 9,19 € brutto. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 28.06.2011 in der Fassung vom 08.07.2014 Anwendung.
5Die Klägerin leistete in den Monaten April bis Juni 2019 Stunden, die über ihre individuelle vertragliche Arbeitszeit von 15 Wochenstunden hinausgingen, und zwar wie folgt:
6April 2019: 54,5 Stunden
7Mai 2019: 78,25 Stunden
8Juni 2019: 71,5 Stunden
9Die Klägerin hat für diese Mehrarbeitsstunden gegenüber der Beklagten einen tariflichen Mehrarbeitszuschlag von 25% zunächst außergerichtlich und nach ausbleibender Zahlung sodann mit Klageschrift vom 27.08.2019 vor dem Arbeitsgericht Duisburg gerichtlich geltend gemacht.
10Sie hat erstinstanzlich beantragt,
111.die Beklagte zu verurteilen, für den Monat April 2019 an sie 125,21 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2019 zu zahlen;
122.die Beklagte zu verurteilen, für den Monat Mai 2019 an sie 179,78 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.06.2019 zu zahlen;
133.die Beklagte zu verurteilen, für den Monat Juni 2019 an sie 164,27 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.07.2019 zu zahlen;
144.die Beklagte zu verurteilen, ihr bei jeder auf die vorgenannte Schuld erfolgenden Zahlung eine Abrechnung zu erteilen.
15Die Beklagte hat beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Mit Urteil vom 17.12.2019, wegen dessen Begründung auf Blatt 61 ff. der Akte Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Duisburg der Klage vollumfänglich stattgegeben. Dabei hat es den Streitwert auf 769,26 € festgesetzt. Eine Entscheidung nach § 64 Abs. 3a ArbGG über die Zulassung der Berufung ist nicht erfolgt.
18Gegen das ihr über ihre Prozessbevollmächtigten am 21.01.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 17.02.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach erfolgter Fristverlängerung bis zum 21.04.2020 - mit am 21.04.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz begründet.
19Wegen des Inhalts der Berufungsbegründung, mit der die Beklagte ihren erstinstanzlichen Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgt, wird auf Blatt 94 ff. der Akte Bezug genommen. Ausführungen zur Zulässigkeit der Berufung, insbesondere zur Beschwer der Beklagten enthält die Berufungsbegründung nicht.
20Mit Hinweisbeschluss vom 05.05.2020, wegen dessen Inhalts auf Blatt 106 ff. der Akte Bezug genommen wird, hat der Vorsitzende der Berufungskammer auf Bedenken an der Zulässigkeit der Berufung im Hinblick auf die erforderliche Beschwer in Höhe von mehr als 600,- € gemäß § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
21Die Beklagte hat hierauf vorgetragen, der im erstinstanzlichen Urteil festgesetzte Wert von je 100,- € pro Abrechnung und mithin 300,- € insgesamt für die Abrechnung der Zahlungsforderungen sei nicht willkürlich und damit für die Bemessung der Beschwer verbindlich. Selbst wenn man der von dem Berufungsgericht im Hinweisbeschluss zitierten Rechtsprechung zur Streitwertbemessung bei Abrechnungsansprüchen folge, sei zu berücksichtigen, dass sich der von der Klägerin geltend gemachte Abrechnungsanspruch auf den Gesamtbezug der Einkünfte in den Monaten April bis Juni 2019 und nicht allein auf die eingeklagten Teilbeträge beziehe. Der Gesamtbezug der Klägerin einschließlich der erstinstanzlich ausgeurteilten Beträge betrage 4.171,52 €, so dass selbst bei Annahme eines Wertes für den Abrechnungsanspruch in Höhe von nur 5% der Beschwerdewert von 600,- € überschritten werde. Darüber hinaus ist die Beklagte der Ansicht, dass der erstinstanzlich im Urteil festgesetzte Wert auch zur Ermittlung ihrer Beschwer heranzuziehen sei. Die Rechtsprechung zur Ermittlung der Beschwer einer zur Auskunft verurteilten beklagten Partei sei auf den Abrechnungsanspruch nicht anzuwenden. Selbst wenn man dem nicht folge, sei ihre Beschwer im Hinblick auf die "brutto" ausgeurteilten Zahlungsansprüche unter zusätzlicher Berücksichtigung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung in Höhe von rund 25% der Urteilssumme und damit überschlägig 117,32 € zu bewerten. Zusätzlich entstehe ihr durch die Erstellung der Abrechnungen ein sächlicher und personeller Aufwand in Höhe von mindestens 187,93 €. Dieser bestehe darin, dass der Personalführungsverantwortliche der Beklagten nach Prüfung des arbeitsgerichtlichen Endurteils Weisung zur Abrechnungskorrektur an die zuständige Personalfachkraft weitergeben müsse, die dann die Abrechnung zu erstellen, zur Kontrolle vorzulegen und an die Klägerin zu übermitteln habe. Der damit verbundene Aufwand betrage auf der Personalleitungsebene 1,5 Stunden und auf der Sachbearbeiterebene 3 Stunden. Gehe man von einem Bruttoverdienst des Personalführungsverantwortlichen von 9.350,- € und bei dem Mitarbeiter der Personalabteilung von 3.400,- € brutto bei monatlich 170 Stunden aus, ergebe sich ein Verrechnungsstundensatz von 55,- € bzw. 20,- €, dem ein Aufwand an Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung von 25% hinzuzurechnen sei. Der Personalkostenaufwand liege damit bei 178,13 €. Hinzu komme ein Sachaufwand für Material- und Portokosten von 9,80 € pro Abrechnung.
22Die Klägerin tritt dem entgegen und bestreitet die behauptete Höhe der Aufwendungen für die Erstellung der Abrechnungen, und zwar sowohl den erforderlichen Zeitaufwand als auch die Höhe der mitgeteilten Gehälter und Stundenverrechnungssätze.
23II.
24Die Berufung der Beklagten ist zwar form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist aber unstatthaft, denn sie ist durch das Arbeitsgericht nicht nach § 64 Abs. 2 lit. a), Abs. 3a ArbGG zugelassen worden, betrifft keinen der Fälle des § 64 Abs. 2 lit. c) oder d) ArbGG und die Beklagte hat auch nach erfolgtem Hinweis eine Beschwer durch das erstinstanzliche Urteil in Höhe von mehr als 600,- € nicht glaubhaft gemacht, § 64 Abs. 2 lit. b), Abs. 5 ArbGG. Die Berufung ist daher nach zuvor mit Hinweisbeschluss vom 05.05.2020 erfolgter Anhörung gemäß §§ 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, 522 Abs. 1 Satz 2, 3 ZPO mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge als unzulässig zu verwerfen.
25Im Einzelnen:
261.Die Statthaftigkeit der Berufung im arbeitsgerichtlichen Verfahren als Teil der von Amts wegen zu prüfenden Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsmittels (vgl. § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO; ferner BAG vom 19.01.2006 - 6 AZR 259/05, juris, Rz. 16) richtet sich nach § 64 Abs. 2 ArbGG. Danach ist die Berufung gegen Urteile des Arbeitsgerichts nur zulässig, wenn sie in dem arbeitsgerichtlichen Urteil zugelassen worden ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,- € übersteigt, die Rechtsstreitigkeit das Bestehen, Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses betrifft oder wenn es sich um ein Zweites Versäumnisurteil handelt und geltend gemacht wird, dass kein Fall der schuldhaften Säumnis vorgelegen habe.
272.Die beiden letztgenannten Fälle der Statthaftigkeit der Berufung nach § 64 Abs. 2 lit. c) und d) ArbGG sind offensichtlich nicht gegeben; das steht auch außer Streit.
28Die Statthaftigkeit ergibt sich gleichfalls nicht aus § 64 Abs. 2 lit. a) ArbGG, denn die Berufung wurde im erstinstanzlichen Urteil nicht zugelassen. Der Tenor des Urteils enthält entgegen § 64 Abs. 3a ArbGG überhaupt keine Aussage zur Zulassung der Berufung. Eine Urteilsergänzung ist innerhalb der Frist des § 64 Abs. 3a Satz 2 ArbGG nicht beantragt und demgemäß nicht vorgenommen worden. Die bloße, möglicherweise unzutreffende Rechtsmittelbelehrung vermag die in den Tenor aufzunehmende Zulassung nicht zu ersetzen und führt für sich genommen nicht zur Zulässigkeit des Rechtsmittels (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 19.08.2010 - 25 Sa 506/10, juris, Rz. 25 f.). Es ist dem Berufungsgericht auch mangels eigener Prüfungs- und Entscheidungskompetenz nicht möglich, selbst darüber zu befinden, ob die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufung aus einem anderen Grund im Sinne von § 64 Abs. 3 ArbGG hätte zugelassen werden müssen (BAG vom 19.01.2006 - 6 AZR 259/05, juris, Rz. 21).
293.Schließlich ist die Berufung nicht statthaft gemäß § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG, denn entgegen der Ansicht der Beklagten beträgt ihre Beschwer nicht mehr als 600,- € und überschreitet damit die gesetzlich vorgegebene Berufungssumme nicht.
30Zwar kann die Beklagte als Berufungsklägerin, die das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang angreift, sich insoweit in aller Regel zur Begründung der Zulässigkeit auf den erstinstanzlich gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG festgesetzten Rechtsmittelstreitwert des Urteils des Arbeitsgerichts beziehen. Ungeachtet des berichtigungsfähigen Umstandes, dass der Streitwert zwar durch die Kammer des Arbeitsgerichts festgesetzt und auch mit dem Urteil am 17.12.2019 ausweislich des Sitzungsprotokolls vollständig verkündet, in der Urteilsausfertigung jedoch - da diese insoweit offensichtlich aufgrund eines Versehens unvollständig ist - nicht aufgenommen ist, begründet die im Urteil mit dem Betrag von 769,26 € vorgenommene Streitwertfestsetzung im vorliegenden Fall keine entsprechende Beschwer der Beklagten und damit nicht die Zulässigkeit der Berufung.
31a. Die Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Urteil bindet das Landesarbeitsgericht zwar grundsätzlich. Anders ist dies jedoch, wenn sie offensichtlich unrichtig ist (BAG vom 16.05.2007 - 2 AZB 53/06, juris, Rz. 7) oder wenn sie sich allein am klägerischen Interesse orientieren muss und das wirtschaftliche Interesse der unterlegenen beklagten Partei nach anderen Grundsätzen zu ermitteln ist; in dem letztgenannten Fall hat das Arbeitsgericht offensichtlich keine Entscheidung über den Rechtsmittelstreitwert der unterlegenen Partei treffen können (BAG vom 27.05.1994 - 5 AZB 3/94, juris, Rz. 18; ebenso Schwab in: Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, § 64 Rn. 65 m.w.N.).
32b. Gemessen daran vermag die Wertfestsetzung des erstinstanzlichen Gerichts hier schon deshalb keine Bindungswirkung zu entfalten, weil sie offensichtlich unrichtig ist.
33Offensichtlich unrichtig ist die Wertfestsetzung, wenn sie in jeder Beziehung unverständlich und unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt zu rechtfertigen ist und zudem der zutreffende Streitwert auf den ersten Blick die für den Beschwerdewert maßgebliche Grenze unterschreitet. Dabei kommt es auf die Sicht des über die Statthaftigkeit des Rechtsmittels entscheidenden Berufungsgerichts an (BAG vom 16.05.2007 - 2 AZB 53/06, juris, Rz. 7).
34In Anwendung dieser Grundsätze kann keine Bindungswirkung der Streitwertfestsetzung in dem arbeitsgerichtlichen Urteil angenommen werden. Das Arbeitsgericht begründet die Wertfestsetzung unter II. der Gründe zum einen mit dem Nominalwert der Zahlungsanträge. Dieser beträgt in der Addition der Anträge 1 - 3 exakt 469,26 € und liegt damit noch deutlich unterhalb der Schwelle von 600,- € gemäß § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG. Weiter addiert das Arbeitsgericht dann den "Antrag auf Erteilung der Abrechnungen mit jeweils 100 € je Abrechnung" und gelangt so zu einem Betrag von 769,26 €.
35Die Addition des Wertes mehrerer Klageanträge als solche ist nach § 5 ZPO nicht zu beanstanden und gemäß § 3 ZPO kommt dem Arbeitsgericht bei der Wertfestsetzung ein weiter Ermessensspielraum zu. Die Festsetzung des Wertes für den Abrechnungsantrag mit 300,- € ist allerdings unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt mehr nachvollziehbar und damit offensichtlich unrichtig. Sie wird als solche überhaupt nicht begründet, weshalb nicht ansatzweise erkennbar und damit überhaupt erst einmal nachvollziehbar wird, welche Erwägungen ihr zugrunde liegen, und sie folgt im Übrigen aber auch keinem bei der Wertfestsetzung bei Abrechnungsansprüchen gängigen Muster.
36aa. Die Pauschalfestsetzung des Wertes mit 300,- € widerspricht zunächst bereits der allgemeinen Ansicht zur Wertfestsetzung bei einem Abrechnungsanspruch nach § 108 GewO, wie er hier eingeklagt worden ist und soweit er auf die klägerische Beschwer bezogen wird. Diese wird nach allgemeiner Ansicht in Relation zur Höhe des abzurechnenden Zahlungsanspruchs vorgenommen, wobei die Ansichten dort wiederum zwischen 5% (so der Streitwertkatalog der Arbeitsgerichtsbarkeit unter I.3; ferner LAG Baden-Württemberg vom 25.07.2018 - 5 Ta 99/18, juris, Rz. 34; LAG Rheinland-Pfalz vom 09.02.2016 - 5 Ta 264/15, juris, Rz. 4; LAG Baden-Württemberg vom 30.12.2015 - 5 Ta 71/15, juris, Rz. 42; HWK/Lembke, 9. Auflage, § 108 GewO Rn. 6) und 10% (so die Streitwertbeschwerdekammer des LAG Düsseldorf vom 18.04.2017 - 4 Ta 132/17 zu II.2 der Gründe; ferner LAG Köln vom 21.01.2002 - 5 Ta 22/02, juris, Rz. 14; Tschöpe/Fleddermann, Arbeitsrecht Handbuch, 11. Auflage, Streitwert und Kosten Rn. 80 m.w.N.) variieren. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe wäre für die Abrechnung(en) maximal ein Betrag von 23,46 € (5%) oder 46,92 € (10%) zu dem Wert der Zahlungsanträge zu addieren, woraus ein Gesamtstreitwert von 492,72 € oder 516,18 € resultierte. Beide Werte unterschreiten den Wert von 600,- € deutlich.
37Soweit die Beklagte einwendet, die ausgeurteilte Abrechnung beziehe sich auf die Gesamtentgeltforderungen der Klägerin für die Monate April bis Juni 2019 von 4.171,52 €, womit der Wert der Beschwer selbst bei Annahme eines Wertansatzes von 5% bereits zusammen mit den ausgeurteilten Zahlungsforderungen den Beschwerdewert von 600,- € deutlich übersteige, verkennt das zum einen die von der Klägerin in ihrer Erwiderung zutreffend zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 09.06.2010 - 5 AZR 122/09, juris, Rz. 28), zum anderen den Inhalt des Klageantrages und damit auch des arbeitsgerichtlichen Tenors zu Ziffer 4. Es geht hier eben nicht um eine jeweilige Neuabrechnung des gesamten Monatsentgelts der Klägerin, sondern um die Erteilung einer Abrechnung über die zugesprochene Nachzahlung. Die Wertfestsetzung kann mithin allein in Relation zur abzurechnenden Nachzahlung oder im Hinblick auf die Beschwer der Beklagten zutreffend nach Maßgabe der für die Abrechnungen aufzuwendenden Kosten bemessen werden.
38bb. Zutreffend hätte sich die Wertfestsetzung hier an der Beschwer der erstinstanzlich in vollem Umfang und insbesondere mit dem Abrechnungsanspruch unterlegenen Beklagten orientieren müssen. Das ist gleichfalls weder irgendwie ersichtlich geschehen noch wäre auch damit eine Wertfestsetzung in Höhe von 300,- € nachvollziehbar.
39Der Abrechnungsanspruch wird von der Klägerin offensichtlich - obwohl weder die Klagebegründung noch die Urteilsbegründung und auch die Berufungsbegründung auch nur ein Wort zur inhaltlichen Begründung des Anspruchs oder etwaiger Einwendungen hiergegen verlieren, was allein schon zeigt, welche Bedeutung dem Anspruch neben den umstrittenen Zahlungsansprüchen von den Parteien zugemessen wird - auf der Grundlage von § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO geltend gemacht. Denn sie fordert dem Wortlaut dieser Norm entsprechend eine Abrechnungserteilung "bei ... Zahlung". Der Abrechnungsanspruch nach § 108 GewO ist seiner Rechtsnatur nach ein Auskunftsanspruch (Schöne/Boecken/Pils in: Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 108 GewO Rn. 3; HWK/Lembke, 9. Auflage, § 108 GewO Rn. 6; vgl. auch BAG vom 17.09.2009 - 3 AZB 19/09, juris, Rz. 17). Für Auskunftsklagen ist anerkannt, dass der Wert der Beschwer der zur Auskunft verurteilten beklagten Partei nach ihrem wirtschaftlichen Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen, zu bemessen ist und sich damit an den Kosten und dem Aufwand zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs zu orientieren hat (BAG vom 27.05.1994 - 5 AZB 3/94, juris, Rz. 18; LAG Köln vom 16.12.2011 - 4 Sa 350/11, juris, Rz. 25; ferner GMP/Schleusener, ArbGG, 9. Auflage, § 64 Rn. 57; Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, § 64 Rn. 65, 79 f. m.w.N.; ebenso die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in allgemeinen Zivilsachen, siehe BGH vom 08.03.2018 - III ZB 70/17, juris, Rz. 9; BGH vom 26.10.2011 - XII ZB 465/11, juris, Rz. 16; grundlegend zudem BGH vom 24.11.1994 - GSZ 1/94, GRUR 1995, 701).
40Soweit die Beklagte einwendet, der Wert der Beschwer sei bei dem Abrechnungsanspruch nicht anders bei der Beklagten als bei der Klägerin zu bemessen, überzeugt dies nicht. Denn zwar ist zutreffend, dass der Abrechnungsanspruch nach § 108 GewO anders als ein im Rahmen einer Stufenklage geltend gemachter Auskunftsanspruch keine Zahlungsklage vorbereitet, sondern die Information über eine bereits erfolgte Zahlung und die Schaffung von Transparenz über die vorgenommenen Abzüge insbesondere für Steuern und Sozialabgaben bezweckt (BAG vom 07.09.2009 - 3 AZB 19/09, juris, Rz. 17). Gleichwohl folgt daraus nicht, dass beim Abrechnungsanspruch die Wertbemessung zur Feststellung der Beschwer bei Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils gleich ausfiele. Vielmehr richtet sich wie bei jedem Auskunftsanspruch so auch beim Abrechnungsanspruch das Interesse der hierzu verurteilten Beklagten nach dem wirtschaftlichen Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen und mithin nach den Kosten und dem Aufwand für die Erfüllung des Anspruchs. Hingegen stellt sich der Abrechnungsanspruch für die Klägerin als Nebenanspruch zur Hauptforderung auf Zahlung dar, weshalb es auf Klägerseite regelmäßig angemessen ist, den Wert in Relation zur Hauptforderung zu bemessen (so die allgemeine Ansicht in Literatur und Rechtsprechung, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 25.07.2018 - 5 Ta 99/18, juris, Rz. 34; LAG Düsseldorf vom 18.04.2017 - 4 Ta 132/17 zu II.2 der Gründe; LAG Rheinland-Pfalz vom 09.02.2016 - 5 Ta 264/15, juris, Rz. 4; LAG Baden-Württemberg vom 30.12.2015 - 5 Ta 71/15, juris, Rz. 42; LAG Köln vom 21.01.2002 - 5 Ta 22/02, juris, Rz. 14; HWK/Lembke, 9. Auflage, § 108 GewO Rn. 6; Tschöpe/Fleddermann, Arbeitsrecht Handbuch, 11. Auflage, Streitwert und Kosten Rn. 80 m.w.N.; ferner Streitwertkatalog der Arbeitsgerichtsbarkeit unter I.3).
41Der wirtschaftliche Aufwand der Beklagten für die Erfüllung des Abrechnungsanspruchs ist dementsprechend durch das Landesarbeitsgericht bei der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung der Zulässigkeit der Berufung zu bestimmen, im Zweifel zu schätzen. Dabei ist es Sache der Beklagten als Berufungsklägerin, gemäß § 64 Abs. 5 ArbGG die hierfür erforderlichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen. Hierauf ist die Beklagte im Hinweisbeschluss ausdrücklich hingewiesen worden.
42Der finanzielle Aufwand für die Erstellung der Abrechnungen beträgt danach jedenfalls nicht mehr als 130,- €, so dass in der Summe mit den Zahlungsanträgen der Beschwerdewert von 600,- € nicht überschritten wird.
43Soweit die Beklagte behauptet, neben dem sächlichen Aufwand in Höhe von 9,80 €, der noch nachvollziehbar ist, fielen Personalkosten in Höhe von sage und schreibe 178,13 € an, sind ihre - zudem bestrittenen - Angaben hierzu schon in keiner Weise glaubhaft gemacht worden. Das betrifft von vornherein bereits ein Bruttomonatsentgelt von 9.350,- € für die personalführungsverantwortliche Person, aber auch von 3.400,- € für den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin der Personalabteilung. Hier wäre als Mittel der Glaubhaftmachung zumindest die namentliche Benennung und Vorlage einer aktuellen Entgeltabrechnung zu erwarten gewesen. Unabhängig hiervon ist zudem nicht nachvollziehbar, inwiefern es zur Erstellung einer Entgeltabrechnung oder, falls die Beklagte drei monatliche Neuaberechnungen erstellen möchte, da Zahlungsansprüche für drei Monate eingeklagt worden sind, zur Erstellung von drei Abrechnungen eines Zeitaufwandes von 1,5 Stunden bei der Personalleitung und weiterer 3 Stunden bei der Personalsachbearbeitung bedarf. Soweit dies in der Anlage zum Schriftsatz vom 04.06.2020 erläutert worden ist, stellt die Erläuterung lediglich ergänzenden Sachvortrag und keine Glaubhaftmachung dar. Sie ist zudem nicht nachvollziehbar. Das betrifft bei der Personalleitung die Sichtung von Urteil nebst Begründung. Diese ist nicht erforderlich zur Erstellung einer Abrechnung. Erforderlich hierfür ist allenfalls die Lektüre des Urteilstenors, denn die Frage, mit welcher Begründung die Beklagte zu welcher Zahlung verurteilt worden ist, mag im Übrigen für sie interessant sein, für die Erfüllung des Anspruchs der Klägerin auf Auskunft über die auf das Urteil erfolgte Zahlung ist sie es nicht. Bei der Wertbemessung geht es aber allein um den wirtschaftlichen Aufwand für die Erstellung der bei vorgenommener Zahlung fälligen Abrechnung. Soweit eine korrigierte Entgeltabrechnung für drei Monate im Gesamtumfang von 469 € brutto tatsächlich bei der Beklagten über den Tisch der mit 9.350,- € brutto vergüteten Personalleitung gehen sollte, was schon zweifelhaft erscheint, ist ein höherer Zeitaufwand für Sichtung des Urteils, Anweisung der Personalsachbearbeitung und Nachkontrolle nebst Zahlungsfreigabe als ½ Stunde nicht ansatzweise nachvollziehbar und im Übrigen auch nicht glaubhaft gemacht. Damit fallen nach der Berechnung der Beklagten, wenn man die Zahlenwerte im Übrigen hier trotz gleichfalls fehlender Glaubhaftmachung zugrunde legt, 34,38 € an Personalkosten auf Personalleitungsebene an. Dass eine Personalsachbearbeitungskraft wiederum 3 Stunden für die Erstellung einer Neuabrechnung oder maximal dreier Korrekturabrechnungen benötigt, ist ebenfalls nicht glaubhaft. Soweit die Beklagte dies zu erläutern versucht, ist erneut festzuhalten, dass es auch hier keiner Durchsicht "der Akte", gemeint ist ausweislich des Klammerzusatzes wohl die Gerichtsakte ("Klageschrift, Ermittlung Status Quo, Urteil inkl Begründung"), bedarf. Die Personalsachbearbeitung, erst recht, wenn sie wie hier ja von der Personalleitung angewiesen wird, benötigt keine Kenntnis von Gerichtsakten und Urteilsbegründungen zur Vornahme einer Abrechnung. Entscheidend ist allein, dass die Beklagte zur Zahlung von 469,26 € brutto für die Monate April bis Juni 2019 verurteilt worden ist. Diese Zahlung ist abzurechnen. Das ist ein denkbar einfacher abrechnungstechnischer Vorgang, der bei der Personalsachbearbeitung gleichfalls kaum mehr als ½ Stunde Zeitaufwand auslösen kann. Der Zahlungsbetrag ist ja bereits vorgegeben, die Aufteilung auf die drei Monate ebenfalls. Es sind zur Erfüllung des Abrechnungsanspruchs der Klägerin also allein noch die Abzüge zu berechnen, was typischerweise EDV-unterstützt geschieht. Dann ist noch ein Druckvorgang auszulösen und der Versand vorzunehmen. Selbst wenn man für derlei Standardaufgaben in einem wie hier sehr überschaubaren Bereich eine Stunde Arbeitsaufwand bei der Personalsachbearbeitung ansetzte, bedeutete dies nach den Angaben der Beklagten einen Kostenaufwand von 25,- €. Mehr als ½ Stunde Zeitaufwand bei der Personalleitung und 1 Stunde Zeitaufwand bei der Personalsachbearbeitung sind in keiner Weise aus dem Vorbringen der Beklagten nachvollziehbar, erst recht nicht glaubhaft gemacht. Zusammengefasst kommt man somit auf einen maximal nachvollziehbaren und damit der Schätzung durch die Berufungskammer zugrunde zu legenden Personalkostenaufwand für die Abrechnungen in Höhe von 34,38 € zzgl. 25,- € zzgl. eines Sachaufwandes von 9,80 € und mithin auf eine Beschwer der Beklagten zum Klageantrag 4 in Höhe von maximal 69,18 €.
44Zusammen mit der Summe der der Klägerin zugesprochenen Zahlungsansprüche von 469,26 € ergibt sich damit eine Beschwer in Höhe von 538,44 € und damit deutlich weniger als 600,- €.
45Entgegen der Ansicht der Beklagten ist bei der Ermittlung ihrer Beschwer durch die zugesprochenen Brutto-Entgeltansprüche nicht der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung hinzuzuaddieren. Denn bei einer Zahlungsklage, auch soweit sie auf eine Bruttolohnzahlung gerichtet ist, ergibt sich die Beschwer für die unterlegene beklagte Partei in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allein aus dem Nominalwert der zugesprochenen Hauptforderung (BAG vom 05.04.1984 - 2 AZB 5/84, juris, Rz. 15; ebenso LAG Düsseldorf vom 23.10.1990 - 3 Sa 1078/90, LAGE § 64 ArbGG 1979 Nr. 26; MünchArbR/Krause, 4. Auflage, § 70 Rn. 27; Moll/Hexel, Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 4. Auflage, § 22 Rn. 127).
46cc. Da die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts weder erkennbar der einen noch der anderen Vorgehensweise folgt und mit dem begründungslos gewählten Betrag von 300,- € schon deswegen offensichtlich unrichtig ist, weil dieser in keiner Weise nachzuvollziehen ist, da zudem schon auf den ersten Blick erkennbar keine der Vorgehensweisen zur Wertbemessung im vorliegenden Fall zu einer Überschreitung der Beschwerdesumme von 600,- € führt, könnte letztlich sogar dahingestellt bleiben, ob die Rechtsprechung zur Wertbemessung der Beschwer der unterlegenen beklagten Partei bei Auskunftsansprüchen wie hier vertreten auf Abrechnungsansprüche anwendbar ist.
47In der Gesamtschau ist erneut darauf hinzuweisen, dass es offensichtlich unrichtig ist, eine Wertfestsetzung begründungslos vorzunehmen, die keiner der üblicherweise vertretenen Ansichten zur Wertfestsetzung bei Abrechnungsansprüchen folgt und auch weder Gründe für die Abweichung von diesen noch für die Höhe der - hier noch dazu im Hinblick auf die Grenze der Beschwerdesumme vom 600,- € ersichtlich höchst relevanten - vorgenommenen Festsetzung enthält oder erkennen lässt. Dabei kommt hier noch dazu, dass es auch im Übrigen keinen Sinn ergibt, dass der als solcher überhaupt nicht streitige, in Klageschrift, Urteil und Berufungsbegründung inhaltlich mit keinem Wort angesprochene Abrechnungsanspruch als bloßer Nebenanspruch zu den allein wirklich umstrittenen Zahlungsforderungen der Klägerin wertmäßig 64% ausmachen soll. Eine solche Wertfestsetzung entfaltet keine Bindungswirkung für das Berufungsgericht.
48c. Da sämtliche für den vorliegenden Fall einer angegriffenen Verurteilung zur Abrechnungserteilung in Betracht kommenden Wertbemessungsmethoden zu einem Wert der Beschwer der Beklagten von weit weniger als 130,74 €, nämlich maximal etwas mehr als der Hälfte dieses Betrages kommen, nur bei Überschreitung dieses Wertes aber in der Summe mit den Zahlungsansprüchen von 469,26 € die Wertgrenze von 600,- € überschritten wird, ist die Berufung der Beklagten nicht statthaft und damit unzulässig.
49III.
50Diese Entscheidung ergeht gemäß § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 522 Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss des Vorsitzenden (vgl. hierzu BAG vom 06.01.2015 - 6 AZB 105/14, juris, Rz. 11 ff, 13). Für die Zulassung der Revisionsbeschwerde gemäß §§ 77 Satz 1 und 2, 72 Abs. 2 ArbGG besteht keine Veranlassung. Ein gesetzlicher Zulassungsgrund ist nicht gegeben.
51R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G
52Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben. Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 77 Satz 2 i.V.m. § 72a ArbGG verwiesen.
53Klein