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1. Sofern Flugzeuge und Besatzungen in einem Luftfahrtunternehmen auf unterschiedlichen Flugstrecken eingesetzt werden, stellen einzelne Flugzeuge, Start - und Landerechte ("Slots"), Langstrecken, Mittel- und Kurzstrecken für sich betrachtet keine selbstständig abgrenzbaren wirtschaftlichen und organisatorischen Betriebsteile im Sinne des § 613a BGB bzw. der Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001 dar. Bei den einzelnen Abflugstationen kommt es auf deren Ausgestaltung und Organisationsstruktur an. 2. Eine Massenentlassungsanzeige ist nicht wegen fehlerhafter Angabe der Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer unwirksam, wenn der gekündigte Arbeitnehmer von der Angabe nicht betroffen ist und sie keine Auswirkungen auf die sachliche Prüfung der Arbeitsagentur hat.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.04.2018 - 13 Ca 6828/17 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, betriebsbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie einen Auskunftsanspruch.
3Der im Februar 1956 geborene, ledige Kläger war seit Oktober 1996 bei der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs-KG (im Folgenden: Schuldnerin) bzw. deren Rechtsvorgängerin zuletzt als Kapitän gegen ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von 15.606,64 € beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildete zunächst der Arbeitsvertrag vom 16.11.2005 (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 18 f. d. A.) i. V. m. dem Rahmenvertrag für Piloten (Anlage K 22, Bl. 552 ff. d. A.) und sodann der "Schulungs- und Arbeitsvertrag für Piloten" vom 11.01.2008 (Bl. 567 d. A.). § 7 des Vertrages vom 11.01.2008 lautet:
4"Der Pilot wird in E. stationiert."
5Der im Vertrag in Bezug genommene "Mantel- und Vergütungstarifvertrag" enthält keine Regelungen zu einer vom Arbeitnehmer geschuldeten Mobilität. Der Kläger war bis zuletzt in E. stationiert. Bei dem Beklagten handelt es sich um den Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin.
6Die Schuldnerin war bis Ende 2017 die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft mit Sitz in C.. Sie beschäftigte - nach Angaben des Beklagten mit Stand August 2017 - 6.121 Arbeitnehmer, davon 1.318 Piloten, 3.362 Beschäftigte in der Kabine und 1.441 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Boden. Die Schuldnerin flog neben ihren inländischen Zielen von ihren Drehkreuzen in E. und C.-U. hauptsächlich Ziele in ganz Europa sowie in Nordafrika und Israel an, interkontinental Ziele in Nord- und Mittelamerika. Sie setzte im Flugbetrieb gut 100 Maschinen überwiegend vom Typ Airbus A 319, Airbus A 320, Airbus A 321 und Airbus A 330-200 ein. Die A 320-Familie wurde hauptsächlich für die Mittel- und Kurzstrecke eingesetzt, der Flugzeugtyp A 330 hauptsächlich für die Langstrecke. Keines der von der Schuldnerin genutzten Flugzeuge stand vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Eigentum der Schuldnerin. Alle Flugzeuge waren von dieser geleast worden.
7Bei der Schuldnerin war für die Piloten gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG auf Basis des "Tarifvertrags Personalvertretung für das Cockpitpersonal der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG" (im Folgenden TVPV) eine Personalvertretung (im Folgenden PV Cockpit) gebildet. Daneben bestand für das Kabinenpersonal die Personalvertretung Kabine. Eine übergeordnete Gesamtpersonalvertretung für das fliegende Personal existierte nicht. Für das Bodenpersonal waren Betriebsräte und ein Gesamtbetriebsrat gebildet.
8Mit Beginn des Jahres 2017 flog die Schuldnerin nicht mehr ausschließlich im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb, sondern auch im sog. Wet-Lease insbesondere für die Euro x. GmbH (im Folgenden: Euro x.) und die Deutsche M. AG. Bei einem Wet-Lease werden Flugzeuge einschließlich Cockpit-Crew, Kabinenpersonal, Wartung und Versicherung bereitgestellt. Die im "Wet-Lease" eingesetzten Flugzeuge wurden mit dem Logo der Euro x. versehen und in deren Farben lackiert. Die dort eingesetzten Mitarbeiter erhielten Euro x.-Uniformen. Der Vertrag war auf 6 Jahre abgeschlossen.
9Im Mai/Juni 2017 kaufte die Komplementärin der Schuldnerin die Luftfahrtgesellschaft X. mbH (im Folgenden: LGW) mit Sitz in E.. Diese setzte zum damaligen Zeitpunkt 20 Flugzeuge des Musters Dash Bombardier Q400 ein. Diese Flugzeuge leaste die Schuldnerin von der LGW unter gleichzeitiger Rücküberlassung. Die LGW erbrachte zuletzt mit diesen Maschinen im Rahmen des Wet-Lease für die Schuldnerin "Shuttle-Dienste" zu den Langstreckenflughäfen E. und C.. Eigene Flugstreckenrechte (Slots) besaß die LGW damals nicht.
10Am 15.08.2017 stellte die Schuldnerin einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Noch am selben Tag ordnete das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg (- 36a IN 4295/17 -) die vorläufige Eigenverwaltung an und bestellte den Beklagten zum vorläufigen Sachwalter.
11Die Schuldnerin setzte einen Investorenprozess auf, der es ermöglichen sollte, die wesentlichen Vermögenswerte auf Investoren zu übertragen. Nach Ablauf der Angebotsfrist kamen der Beklagte als vorläufiger Sachwalter und der vorläufige Gläubigerausschuss zu dem Schluss, dass die eingegangenen Gebote kein annahmefähiges Angebot zur Fortführung des Geschäftsbetriebs im Ganzen oder in wesentlichen Teilen enthielten. Der vorläufige Gläubigerausschuss traf die Entscheidung, mit zwei Interessenten weitere Vertragsverhandlungen zu führen, wobei beide potentiellen Investoren lediglich nur für einzelne Vermögenswerte bzw. Beteiligungen an Unternehmen Interesse bekundet hatten.
12Am 12.10.2017 unterzeichneten der Beklagte als vorläufiger Sachwalter, der Generalbevollmächtigte Dr. L. sowie der Executive Director der Komplementärin der Schuldnerin Winkelmann eine gemeinsame Erklärung (Anlage B 1, Bl. 131 ff. d. A.), die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
13"I. [ ]
141. Die im Verfahren der vorläufigen Eigenverwaltung aufgestellte Liquiditäts- und Fortführungsplanung hat vorgesehen, dass unter Berücksichtigung des durch einen mit Bundesbürgschaft abgesicherten Übergangskredit i.H.v. 150 Mio € der Flugbetrieb bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (voraussichtlich Ende Oktober 2017) aufrechterhalten werden kann.
152. Eine Fortführung des Geschäftsbetriebs im eröffneten Insolvenzverfahren ist nur möglich, sofern das Unternehmen bzw. Teile des Unternehmens im Rahmen einer übertragenden Sanierung auf einen oder mehrere Erwerber zum Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens übertragen wird. Ein entsprechendes Angebot liegt nicht vor, so dass eine übertragende Sanierung des Unternehmens bzw. von Teilen des Unternehmens nicht erfolgt. Eine kostendeckende Betriebsfortführung im eröffneten Insolvenzverfahren ist somit nicht möglich und wäre unzulässig. Dies ergibt sich aus der fortgeschriebenen Liquiditäts- und Fortführungsplanung ab dem 15. August 2017. Vor diesem Hintergrund ist die Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG gezwungen, zum Stilllegungszeitpunkt die für sämtliche Flugzeuge bestehenden Leasingverträge durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen zu beenden und die Flugzeuge zurückzugeben.
163. Die Geschäfts- und Betriebsgrundlage für eine Fluggesellschaft wird damit zum Stilllegungszeitpunkt wegfallen.
17II. Die Unterzeichner dieses Beschlusses stimmen daher darin überein, dass beabsichtigt ist, den Geschäftsbetrieb der Air C. Flüge einzustellen. Die Einstellung und Stilllegung des Geschäftsbetriebs der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG soll wie folgt umgesetzt werden:
181. Beendigung der Flugzeug-Leasingverträge der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG als Leasingnehmer durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen und Rückgabe der Flugzeuge sukzessive bis zum 31.01.2018.
192. Einstellung des operativen Geschäftsbetriebs der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG. Dabei wird mit Ablauf des 28. Oktober 2017 der operative Flugverkehr im Namen und auf Rechnung der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG eingestellt. Flugbuchungen für Flüge nach dem 28. Oktober 2017 sind nicht mehr möglich.
203. Erbringung der Dienstleistung gegenüber Euro x. im Rahmen des sog. "Wet-Lease" für den Zeitraum bis maximal zum 31. Januar 2018. Dies betrifft 13 Flugzeuge.
214. a) Derzeit verfügen 6.054 Arbeitnehmer/innen über ein Arbeitsverhältnis und 8 Auszubildende (nachfolgend Arbeitnehmer) über ein Ausbildungsverhältnis mit der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG. Die Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG beabsichtigt, sämtliche Arbeitsverhältnisse unter Einhaltung der individuell maßgeblichen Kündigungsfrist, begrenzt auf die maximale Frist von drei Monaten zum Monatsende gemäß § 113 Satz 1 InsO, soweit gesetzlich zulässig, nach Durchführung der Interessenausgleichs- sowie Massenentlassungsanzeigeverhandlungen (§ 17 KSchG) und nach Durchführung der Anhörungsverfahren mit den Mitbestimmungsgremien (Betriebsräte/Personalvertretungen) zu kündigen. Die Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG wird - soweit erforderlich - eine Zustimmung für Arbeitnehmer mit etwaigem Sonderkündigungsschutz (z.B. SGB IX, BEEG, MuSchG) beantragen und auch diese Arbeitsverhältnisse zeitnah kündigen. Es werden auch Sozialplanverhandlungen geführt werden.
22b) Die Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG ist berechtigt, Arbeitnehmer - sofern diese nicht mehr benötigt werden - im Rahmen der Kündigung von der Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen. Hiervon soll jedenfalls bzgl. derjenigen Arbeitnehmer Gebrauch gemacht werden, deren Tätigkeiten weder für die Erbringung der Dienstleistungen im Rahmen des Wet-Lease noch im Rahmen der Abwicklung des Insolvenzverfahrens benötigt werden.
23[ ]
245. Dauerschuldverhältnisse (Leasingverträge, Gewerbemietverträge, Versorger etc.) werden unter Berücksichtigung der Abwicklungsplanung durch Abschluss von Aufhebungsverträgen beendet bzw. unter Berücksichtigung bestehender Kündigungsfristen gekündigt, sofern die Vertragspartner nicht selbst kündigen bzw. die Verträge bereits gekündigt sind.
256. Die bestehenden Assets (Aktiva), sofern diese nicht im Rahmen der Veräußerung der Vermögenswerte auf die verbliebenden Investoren übertragen werden, sind unter Berücksichtigung von Sonderrechten zu verwerten.
267. Die Gesamtabwicklung des Geschäftsbetriebs der Air C. PLC & Co. Luftfahrtverkehrs KG soll nach derzeitiger Planung zum 31. Januar 2018 abgeschlossen sein, so dass im Anschluss daran die Stilllegung erfolgt. [ ]"
27Ebenfalls mit Schreiben vom 12.10.2017 leitete die Schuldnerin das Konsultationsverfahren gemäß § 17 KSchG gegenüber der PV Cockpit ein (Anlage B 4, Bl. 151 ff. d. A.). Das Schreiben weist die Unterschrift der vormaligen Personalleiterin der Schuldnerin Dr. O. aus und enthält auf Seite 1 den durch Unterschrift bestätigten Vermerk: "Original erhalten am 15/10/2017".
28Die Schuldnerin setzte ihre Belegschaft durch eine betriebsinterne Mitteilung am 12.10.2017 davon in Kenntnis, die M. Group wolle die LGW, die österreichische Ferienfluggesellschaft O. sowie 20 weitere Flugzeuge übernehmen, und zwar unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch den Gläubigerausschuss und die europäische Wettbewerbsbehörde in Brüssel. Insgesamt beabsichtige die M. Group und die mit ihr verbundenen Unternehmen 13 Airbus A 320 Maschinen aus der Flotte der Schuldnerin, 21 Flugzeuge der A 320-Familie aus dem Bestand von O. und 20 Flugzeuge des Musters Dash Q 400 aus dem Bestand der LGW zu übernehmen. Des Weiteren sollten 15 bereits im Eigentum der M. AG stehende Airbus A 320, die bisher im Wet-Lease für die Euro x. eingesetzt wurden, übernommen werden. Ferner wolle sich die M. Group auf fünf weitere Flugzeuge der A 320 Familie eine Kaufoption sichern.
29Mit notariellem Anteilskauf- und Übertragungsvertrag vom 13.10.2017 verkaufte die Schuldnerin ihre Anteile an der LGW an die M. Commercial Holding GmbH. In dem Vertrag verpflichtete sich die Schuldnerin unter anderem dazu, bis zum Vollzugstag am 09.01.2018 den operativen Betrieb der LGW aufrechtzuerhalten, Unterstützung beim Aufrechterhalten des bisherigen Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC) der LGW sowie bei der Erweiterung des AOC der LGW auf den Flugzeugtyp Airbus A 320 zu leisten und Flughafen-Slots in die LGW einzubringen. Der Vertrag sah zudem vor, dass zwischen dem 01.11.2017 und vor dem Vollzugstag am 09.01.2018 17 Dash-8-Flugzeuge im Wet-Lease von der LGW für die Euro x. betrieben werden sollten. Mit Erweiterung des AOC für die LGW auf den Flugzeugtyp Airbus A 320 sollten bis zu 13 Flugzeuge dieses Typs darüber hinaus auch im Wet-Lease für die Euro x. eingesetzt werden.
30Am 24.10.2017 stimmte der Gläubigerausschuss der vollständigen Betriebseinstellung zum 31.01.2018 zu (Protokollauszug Anlage B 2, Bl. 136 ff. d. A.).
31Mit Vertrag vom 27.10.2017 verkaufte die Schuldnerin eine Reihe einzelner Vermögensgegenstände an die f. Jet Airline Company Limited (im Folgenden: f. Jet). Bei Vollzug am 15.12.2017 wurden übertragen: Flughafen-Slots an europäischen und im Mittelmeerraum gelegenen Flughäfen, bestimmte im Zusammenhang mit den übernommenen Routen stehende Flugbuchungen einschließlich Buchungsdaten, soweit die Passagiere der Übertragung vorher zugestimmt hatten, von der Schuldnerin für die Flugbuchungen erhaltene Vorauszahlungen, 160 Flugzeugsitzbezüge bzw. Teile davon und ein auf dem Rollfeld des Flughafen C.-U. befindlicher Crew Container.
32Am Abend des 27.10.2017 landete der letzte eigenwirtschaftlich durchgeführte Flug der Schuldnerin auf dem Flughafen C.-U..
33Mit Beschluss vom 01.11.2017 (Anlage K 1, Bl. 13 ff. d. A.) eröffnete das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, ordnete Eigenverwaltung an und bestellte den Beklagten zum Sachwalter. Dieser zeigte noch am selben Tag gegenüber dem Amtsgericht drohende Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO an.
34Am 17.11.2017 schloss die Schuldnerin mit der PV Cockpit einen Interessenausgleich (Anlage B 5, Bl. 159 ff. d. A.), in dem es auszugsweise wie folgt heißt:
35"A. Ausgangslage
36[ ] Die eigenverwaltete Schuldnerin hat mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters einen Investorenprozess aufgesetzt, der es ermöglichen sollte, die wesentlichen Vermögenswerte der Schuldnerin auf einen oder mehrere Investoren zu übertragen. Hierdurch war angestrebt, das Unternehmen im Ganzen oder wenigstens in wesentlichen Teilen nach einer übertragenden Sanierung fortzuführen und die Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Im Ergebnis, so erklärt es der Arbeitgeber, habe sich kein Investor gefunden, der bereit sei, das Unternehmen im ganzen oder in wesentlichen Teilen fortzuführen. Vielmehr haben zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Interessenausgleichs Unternehmen der Deutschen M. Group (Deutsche M. AG/Euro x. GmbH/ ×. ×. Luftverkehrsholding GmbH/M. Commercial Holding GmbH) Start- und Landerechte, Beteiligungen an den der Air C. Gruppe zugehörigen Gesellschaften (Luftfahrtgesellschaft X. mbH und O. Luftfahrt GmbH) erworben sowie Luftfahrzeuge übernommen, die bisher aufgrund entsprechender Leasingverträge im Besitz der Air C. LV KG waren. Zum anderen hat mit der f. Jet Airline Company Limited ein weiteres Unternehmen Start- und Landerechte der Air C. LV KG sowie Luftfahrzeuge übernommen, die bisher aufgrund entsprechender Leasingverträge im Besitz der Air C. LV KG waren.
37Die Air C. LV KG wird die Leasingverträge für Luftfahrzeuge in ihrem Besitz nach der Insolvenzeröffnung fristgerecht kündigen bzw. die Vertragsverhältnisse beenden, soweit die Luftfahrzeuge nicht für den weiteren Einsatz im "Wet-Lease" benötigt werden. Insoweit werden die Leasingverhältnisse bis spätestens 31.01.2018 beendet.
38Im Rahmen des eröffneten Insolvenzverfahrens ist eine Betriebsfortführung rechtlich nur zulässig, wenn hierdurch keine Masseschmälerung zulasten der Gläubiger eintritt. Anfallende Verluste können finanziell und dürften insolvenzrechtlich nicht durch die Insolvenzmasse getragen werden. Der eingesetzte Gläubigerausschuss im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Air C. LV KG ("Gläubigerausschuss") hat daher zunächst in seiner 2. Sitzung die Betriebsfortführung bis Ende Oktober 2017 genehmigt. Die Geschäftsführung, der Generalbevollmächtigte und das Management Board haben am 12.10.2017 vorbehaltlich der Genehmigung durch den vorläufigen Gläubigerausschuss und der Wahrung der Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung die unternehmerische Entscheidung getroffen, den operativen Geschäftsbetrieb der Air C. LV KG unverzüglich einzustellen. Der vorläufige Gläubigerausschuss hat in seiner 3. Sitzung vom 24.10.2017 die Entscheidung über die Stilllegung bestätigt und die Eigenverwaltung angewiesen, den Betrieb der Air C. LV KG unverzüglich einzustellen, da die Betriebsfortführung defizitär ist. Seit Ablauf des 27.10.2017 ist der operative Flugverkehr im Namen und auf Rechnung der Air C. LV KG eingestellt worden; für einen Zeitraum bis max. 31. Januar 2018 werden voraussichtlich auf zunächst 13, ab Dezember 2017 neun im Besitz der Air C. LV KG verbleibenden Luftfahrzeugen lediglich Flüge und Dienstleistungen im Rahmen des sogenannten "Wet-Lease" für die Euro x. GmbH von den Stationen I., L. und T. aus erbracht. Ein eigenwirtschaftlicher Flugverkehr erfolgt nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.11.2017 nicht mehr.
39Da die vorstehenden Maßnahmen nach Auffassung des Arbeitgebers eine Betriebsänderung gem. § 80 S. 4 Nr. 1 TVPV darstellen, hat Air C. LV KG zu Interessenausgleichsverhandlungen aufgefordert.
40Die Personalvertretung hat diesbezüglich erhebliche Bedenken und nimmt zur Kenntnis, dass der Arbeitgeber der Ansicht ist, dass trotz der vorgenannten Veräußerungen an die beiden Erwerbergruppen eine Betriebsstilllegung durch die Air C. LV KG und nicht ein Betriebsübergang nach § 613a BGB erfolgt.
41Die Personalvertretung ist in dieser Frage anderer Auffassung. Aus diesem Grund regelt dieser Interessenausgleich die nähere Ausgestaltung dieser Betriebsänderung ohne jedes Präjudiz für die Frage, ob es sich bei den zukünftigen Folgen des Veräußerungsprozesses um einen Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB handelt.
42[ ]
43C. Betriebsänderung
44I. [Stilllegung des Geschäftsbetriebs]
45Die wirtschaftliche Betätigung der Air C. LV KG soll unverzüglich, spätestens zum 31.01.2018 aufgegeben werden. Im Zuge dessen wird Air C. LV KG die bestehenden Geschäftsbeziehungen beenden, die bestehenden Dauerschuldverhältnisse, hier insbesondere die Leasingverträge über die Flugzeuge beenden und zur Vermeidung weiterer Verluste und einer insolvenzrechtlich unzulässigen Schmälerung der Masse keinen Flugbetrieb mehr aufrechterhalten. Die werbende Geschäftstätigkeit wird ebenfalls vollständig aufgegeben.
46Der reguläre Flugbetrieb auf eigene Rechnung und im eigenen Namen der Air C. LV KG ist bereits seit dem 28.10.2017 eingestellt. Ein Verkauf von Flugtickets erfolgt nicht mehr.
47Im Rahmen des Phase-Out ab dem 28.10.2017 werden noch ausschließlich diejenigen Flugleistungen erbracht, die der Überführung bzw. Rückgabe der Flugzeuge oder dem Aufrechterhalten des "Wet-Lease" sowie dem Erhalt der erforderlichen Lizenzen und Start- und Landeerlaubnisse ("Slots") dienen. Mit Beendigung der von diesem Interessenausgleich umfassten und betroffenen Arbeitsverhältnisse wird keinerlei wirtschaftliche Betätigung, kein Flugbetrieb im eigenen oder auf fremden Namen und keine Betriebstätigkeit mehr stattfinden. Das Phase-Out soll bis spätestens 31.01.2018 beendet sein. Ab diesem Zeitpunkt erfolgt auch keine Durchführung von Flugleistungen mehr im Rahmen des Wet-Lease, und das Luftverkehrsbetreiberzeugnis (AOC) der Air C. LV KG wird nicht weiter genutzt.
48II. [Freistellungen]
49Im Rahmen des Phase-Out wird der Arbeitgeber die Arbeitnehmer des Cockpit-Personals an den Stationen I., L. und T. zur Durchführung des Wet-Lease insgesamt auch über den 28.10.2017 bis zum 31.01.2018 weiterbeschäftigen. Cockpitmitarbeiter anderer Stationen werden wegen der Einstellung des Flugbetriebs im Übrigen und weil ihr Proceeding an die weiterhin beflogenen Stationen auf Kosten der Air C. LV KG erfolgen würde und damit eine Masseschmälerung zur Folge hätte, mit Inkrafttreten dieses Interessenausgleichs unverzüglich unwiderruflich freigestellt.
50[ ]
51III. [betriebsbedingte Kündigungen]
52Air C. LV KG wird allen Arbeitnehmern des Cockpitpersonals unter Beachtung der jeweils maßgeblichen individuellen Kündigungsfrist unverzüglich eine betriebsbedingte Kündigung unter Einhaltung der individuell maßgeblichen Kündigungsfrist, begrenzt auf die Maximalfrist von 3 Monaten zum Monatsende gemäß § 113 S. 2 InsO, soweit gesetzlich zulässig, aussprechen. [ ]
53[ ]
54D. Beteiligung der Personalvertretung Cockpit
55I. Konsultationsverfahren
56Der Arbeitgeber hat das Konsultationsverfahren gem. § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG gegenüber der PV Cockpit mit Schreiben vom 13.10.2017 eingeleitet. Der PV Cockpit ist vorab eine Personalliste mit allen für die Beurteilung der Betriebsänderung und der Kündigungen notwendigen Informationen vorgelegt worden. Gleichzeitig erfolgte die Information der PV Cockpit und eine Konsultation gemäß § 17 KSchG. Die Betriebsparteien haben ausführlich die Gründe für die vorzunehmenden Entlassungen, die Zahl der Berufsgruppen der zu kündigenden und der insgesamt beschäftigten Mitarbeiter, die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer und die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien erörtert, beraten und insbesondere überlegt, welche Möglichkeiten zur Vermeidung eines Arbeitsplatzverlustes bestehen. Mit Abschluss dieser Vereinbarung ist das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG abgeschlossen. Diese Vereinbarung wird als alleinige Stellungnahme der PV Cockpit nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG der Agentur für Arbeit übersandt; eine darüber hinausgehende Stellungnahme ist nicht beabsichtigt."
57Mit Schreiben vom 20.11.2017 hörte die Schuldnerin die PV Cockpit zu beabsichtigten ordentlichen, betriebsbedingten Kündigungen sämtlicher im Cockpit beschäftigten Arbeitnehmer an (Anlage B 3, Bl. 141 ff. d. A.). Die Anhörung nimmt Bezug auf den als Anlage beigefügten Stilllegungsbeschluss vom 12.10.2017 sowie eine Liste mit den Namen und Sozialdaten sämtlicher zu kündigenden Arbeitnehmer (dortige Anlage 2, auszugsweise als Anlage B 3a überreicht, Bl. 150 d. A.). Mit Schreiben vom 27.11.2017 teilte der Vorsitzende der Personalvertretung der Schuldnerin per E-Mail unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die "Anhörung nebst Anlagen vom 20.11.2017" mit, die PV Cockpit habe beschlossen, gegen die vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigungen nach § 74 Abs. 2 S. 1 TV PV "Bedenken zu erheben und damit einhergehend, den beabsichtigten Kündigungen nicht zuzustimmen", da nicht auszuschließen sei, dass ein (Teil-) Betriebsübergang vorliege (Anlage B 9, Bl. 302 f. d. A.).
58Mit Schreiben vom 24.11.2017 erstattete die Schuldnerin bei der Agentur für Arbeit Berlin-Nord für das Cockpitpersonal eine Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG (Anlage B 6, Bl. 168 ff. d. A.). Darin gab die Beklagte die Zahl der in der Regel beschäftigten und die der zu entlassenden Arbeitnehmer jeweils mit 1.301 an und als Zeitraum der Entlassungen den 27.11.2017 bis zum 26.12.2017. Die Anlage zur Unterteilung nach Berufsgruppen beinhaltete für die Flughäfen C., L. und T. mit dem DEÜV-Schlüssel 52414 auch die Entlassung von Schiffskapitänen. Die Agentur für Arbeit bestätigte der Schuldnerin mit Schreiben vom 28.11.2017 (Anlage B 7, Bl. 181 ff. d. A.), dass die Entlassungsanzeige am 24.11.2017 vollständig eingegangen sei.
59Mit Schreiben vom 28. November 2017, welches der Kläger am 30.11.2017 erhielt, kündigte die Schuldnerin das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 28.02.2018.
60Bis in den Januar 2018 hinein führte die Schuldnerin im Rahmen des Wet-Lease noch Flüge für Euro x. durch. Ihre für die Aufrechterhaltung eines Flugbetriebs erforderlichen Lizenzen und Genehmigungen waren bis zum 31.01.2018 befristet und erloschen mit Ablauf dieses Datums.
61Mit Anteilskauf und Übertragungsvertrag vom 02.01.2018 verkaufte die Schuldnerin die von ihr an der Air C. Aviation GmbH gehaltenen Anteile an die U. D. Group Airlines PLC. Daneben verpflichtete sie sich dazu, die Käuferin beim Abschluss von Vertragsverhältnissen mit Dritten zu unterstützen, insbesondere hinsichtlich Verträgen zur Nutzung von Übernacht-Parkflächen am Flughafen C.-U..
62Mit der am 18.12.2017 bei Gericht eingegangenen - ursprünglich noch gegen die Schuldnerin gerichteten - Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg vom 16.01.2018 wurde die Eigenverwaltung der Schuldnerin aufgehoben und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestimmt. Mit Schriftsatz vom 25.01.2018 hat der Beklagte die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt.
63Der Kläger hat das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse im Sinne des § 1 KSchG bestritten. Der Beklagte habe das Vorliegen einer Betriebsstilllegung nicht hinreichend dargelegt. Da f. Jet bei der Europäischen Kommission beantragt habe, zumindest Teile des Unternehmens zu übernehmen, könne eine Stilllegungsabsicht nicht bestehen bzw. bestanden haben. Weil f. Jet bei der europäischen Kommission zudem die Übernahme von Zeitnischen angezeigt habe, müssten auch die Voraussetzungen des Artikels 8 a (1) b) der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates vom 18. Januar 1993 vorgelegen haben, wonach Zeitnischen nur übertragen werden können entweder zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften sowie zwischen Tochtergesellschaften derselben Muttergesellschaft oder durch den Erwerb der Kontrolle des Kapitals eines Luftfahrtunternehmens oder bei vollständigen oder teilweisen Übernahmen, wenn die übertragenen Zeitnischen direkt mit dem übernommenen Luftfahrtunternehmen verbunden sind. Dies bedeute, dass die vollständige oder teilweise Übernahme der Schuldnerin erforderlich gewesen sei, um diese Zeitnischen übernehmen zu können. Er hat weiter gemeint, es seien Teile des Unternehmens der Schuldnerin auf die Deutsche M. AG übertragen worden. So habe diese die Geschäftsanteile der Tochtergesellschaft LGW übernommen. Beachtlich hierbei sei, dass die Schuldnerin zuvor wesentliche Vermögenswerte, insbesondere Zeitnischen in die LGW übertragen habe, um der Deutschen M. AG die Übernahme dieser Zeitnischen zu ermöglichen. Weil aufgrund der wechselnden Flugzeuge und Flugstrecken eine Zuordnung zu einem konkreten Betriebsteil nicht vorgenommen werden könne, stünde ihm in Anlehnung an sein Widerspruchsrecht beim Betriebsübergang ein Wahlrecht zu, welchem Betriebsteil er zugeordnet werden wolle. Ein Großteil des Personals und der Flugzeuge sei inzwischen von anderen Gesellschaften übernommen worden. Dementsprechend sei von mehreren Teilbetriebsübergängen auszugehen. Insofern gelte bei einem Flugunternehmen nichts anderes als bei einem Busunternehmen. Der Kläger hat zudem die ordnungsgemäße Anhörung der Personalvertretung nach § 74 TVPV gerügt. Auch sei die Massenentlassungsanzeige wegen falscher Angaben fehlerhaft.
64Der Kläger hat beantragt,
651.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Schuldnerin vom 28. November 2017 zum 28. Februar 2018 geendet hat;
662.den Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche Start- und Landerechte (unter konkreter Angabe des jeweiligen Flughafens) und welche Flugzeug-Leasingverträge (unter konkreter Angabe des Flugzeugtyps und des Eintragungszeichens) auf der Grundlage der im Rahmen der Abwicklung der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG vereinbarten Kaufverträge auf welche Gesellschaft (unter konkreter Angabe des im Handelsregister eingetragenen Namens) übertragen worden sind.
67Der Beklagte hat beantragt,
68die Klage abzuweisen.
69Er hat die Kündigung für wirksam gehalten. Seitens der Schuldnerin sei am 12.10.2017 entschieden worden, den Geschäftsbetrieb spätestens zum 31.01.2018 stillzulegen. Der Stilllegungsbeschluss sei öffentlich bekannt gemacht worden und sämtliche Dienstleister und Flughäfen, mit denen die Schuldnerin in Geschäftsbeziehungen gestanden habe, seien hierüber informiert worden. Die Schuldnerin habe alle Arbeitsverhältnisse gekündigt, hierunter auch die derjenigen Mitarbeiter, die in Schlüsselpositionen beschäftigt gewesen seien. Die Leasingverhältnisse für sämtliche zuletzt im Besitz der Schuldnerin stehenden und im Flugbetrieb eingesetzten Flugzeuge seien beendet worden und an die entsprechenden Leasinggeber im Zeitraum September 2017 bis Januar 2018 zurückgegeben worden. Der Verkauf von Flugtickets sei eingestellt. Mittlerweile seien auch die Flüge im Rahmen des Wet-Lease eingestellt. Es lägen auch kein Betriebsübergang oder einzelne Teilbetriebsübergänge vor. Der Kläger habe ausschließlich dem nicht in einzelne Betriebsteile unterteilbaren Flugbetrieb angehört. Er könne sich daher nicht darauf berufen, einem abgrenzbaren Betriebsteil zugeordnet gewesen zu sein, der nicht stillgelegt, sondern im Wege des Betriebsübergangs auf einen Erwerber übergegangen sei.
70Mit Urteil vom 20.04.2018, auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
71Gegen das ihm am 07.06.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.07.2018 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.09.2018 - mit einem an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
72Zur Begründung seiner Berufung führt er aus, entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts sei von einem Teilbetriebsübergang auszugehen. Er verweist darauf, die Euro x. habe im Juli 2018 verlautbart, nach der Insolvenz der Schuldnerin 3.000 neue Mitarbeiter eingestellt und 70 Maschinen der Schuldnerin transferiert zu haben. In der Konsequenz flögen bei der Euro x. derzeit in erheblichem Maße ehemalige Flugzeuge der Schuldnerin auf ehemaligen Slots der Schuldnerin mit ausschließlich ehemaligen Mitarbeitern der Schuldnerin. Aus dem Antrag der M. AG bei der EU-Kommission ergebe sich, dass es dieser darum gegangen sei, bestimmte Teile der Schuldnerin zu übernehmen. Fehlerhaft habe das Arbeitsgericht angenommen, es habe an der für einen Teilbetriebsübergang notwendigen auf Dauer angelegten, abgrenzbaren wirtschaftlichen Einheit gefehlt. Die enorme Anzahl von zusätzlichen Mitarbeitern, Flugzeugen und Slots, die nunmehr unter der Kontrolle von Euro x. stünden, gebe dieser Gesamtheit ein besonders prägendes Gebilde. Weiterhin vertieft der Kläger seine Rüge zur Fehlerhaftigkeit der Massenentlassungsanzeige. Da entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ein Teilbetriebsübergang vorgelegen habe, sei auch der Auskunftsanspruch gegeben.
73Der Kläger beantragt,
74das Urteil des Arbeitsgericht Düsseldorf vom 20.04.2018, Az. 13 Ca 6828/17, abzuändern und wie folgt zu entscheiden:
751.Es wird festgestellt, dass das zwischen ihm und der Schuldnerin bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Schuldnerin vom 28.11.2017 endet.
762.Der Beklagte wird verurteilt, ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche Start- und Landerechte (unter konkreter Angabe des jeweiligen Flughafens) und welche Flugzeug-Leasingverträge (unter konkreter Angabe des Flugzeugtyps und des Eintragungszeichens) auf der Grundlage der im Rahmen der Abwicklung der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG vereinbarten Kaufverträge auf welche Gesellschaft (unter konkreter Angabe des im Handelsregister eingetragenen Namens) übertragen worden sind.
77Der Beklagte beantragt,
78die Berufung zurückzuweisen.
79Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Vertiefung und Ergänzung des erstinstanzlichen Vortrags.
80Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.
81E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
82I.
83Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
84II.
85Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der gemäß § 4 Satz 1 KSchG rechtzeitig erhobene Kündigungsschutzantrag ist unbegründet. Die streitgegenständliche Kündigung der Schuldnerin vom 28.11.2017 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 28.02.2018 aufgelöst. Die Kündigung ist weder gemäß § 1 Abs. 1 KSchG, dessen allgemeine Anwendungsvoraussetzungen vorliegen, noch aus anderen Gründen unwirksam.
86Die Berufungskammer folgt den Ausführungen des Arbeitsgerichts mit Ausnahme derjenigen unter A. IV. der Gründe und sieht von einer nur wiederholenden Begründung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen und die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ist lediglich wie nachstehend ergänzend auszuführen. Die erkennende Kammer folgt insoweit im Wesentlichen den Erwägungen der anderen Kammern des Landesarbeitsgerichts in den bereits entschiedenen Parallelverfahren (17.10.2018 - 1 Sa 337/18 -; 04.12.2018 - 8 Sa 381/18 -; 05.12.2018 - 12 Sa 401/18 -; alle veröffentlicht bei juris).
871.Zum Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigung Ende November 2017 bestand die ernsthafte und endgültige Absicht der Schuldnerin, ihren Betrieb stillzulegen. Weder ein (geplanter) Betriebs- noch ein Betriebsteil-übergang standen dem entgegen. Die Kündigung ist daher auch nicht nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam.
88a)Die Stilllegung des gesamten Betriebes oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können (st. Rspr. des BAG, zuletzt etwa 22.09.2016 - 2 AZR 276/16 - RN 64). Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - RN 52; BAG 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 - RN 37). An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebes steht oder sich noch um neue Aufträge bemüht. Bei einer Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung ist ferner erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits "greifbare Formen" angenommen haben (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - RN 53). Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (BAG 26.05.2011 - 8 AZR 37/10 - RN 26). Für die Stilllegung von Betriebsteilen gilt dies, begrenzt auf die jeweilige Einheit, entsprechend (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - RN 53; BAG 26.05.2011 - 8 AZR 37/10 - RN 26).
89b)Die Schuldnerin hatte im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst, den Flugbetrieb auf Dauer einzustellen. Die geplanten Maßnahmen hatten auch bereits greifbare Formen angenommen.
90aa.Für einen ernsthaften und endgültigen Entschluss, den Betrieb stillzu-legen, spricht zunächst die Erklärung vom 12.10.2017, mit der die Schuldnerin ihren Entschluss bekanntgab, den operativen Flugverkehr mit Ablauf des 28.10.2017 und die Dienstleistungen gegenüber Euro x. im Rahmen des sog. Wet-Lease spätestens zum 31.01.2018 einzustellen. Die Erklärung wurde öffentlich gemacht und sah weiter vor, die geleasten Flugzeuge sukzessive bis zum 31.01.2018 zurückzugeben, sämtliche Arbeitsverhältnisse zu kündigen, sämtliche Dauerschuldverhältnisse (Leasingverträge, Gewerbemietverträge, Versorger etc.) zu beenden, die bestehenden Assets (Aktiva), sofern diese nicht im Rahmen der Veräußerung der Vermögenswerte übertragen würden, zu verwerten und die Gesamtabwicklung des Geschäftsbetriebs zum 31.01.2018 abzuschließen. Indizien für die Stilllegungsabsicht sind zudem die Durchführung des Konsultationsverfahrens, die Anhörung der Personalvertretung zur Kündigung aller im Cockpit beschäftigten Arbeitnehmer, der Abschluss des Interessenausgleichs und des Sozialplans sowie die Erstattung der Massenentlassungsanzeige (vgl. BAG 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 - juris RN 44).
91bb.Zum Zeitpunkt der Kündigung hatte die geplante Maßnahme greifbare Formen angenommen. Der gesamte Flugverkehr war - bis auf den Bereich Wet-Lease - seit dem 27.10.2017 eingestellt. Flugbuchungen für Flüge nach dem 28.10.2017 waren nicht mehr möglich. Die Schuldnerin entfaltete insoweit keine eigenwirtschaftliche Geschäftstätigkeit mehr. Die dem Betriebszweck Flugverkehr dienende Organisation wurde aufgelöst. Die Flugzeuge wurden sukzessive an die Leasinggeber zurückgegeben bzw. von anderen Fluggesellschaften übernommen und befanden sich jedenfalls nicht mehr im Besitz der Schuldnerin. Betriebsmittel wurden veräußert. Der überwiegende Teil der Beschäftigten war von der Arbeitsleistung freigestellt. Die Kündigungen der Piloten wurden zum Großteil zeitgleich ausgesprochen. Die Kündigung der übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde seitens der Schuldnerin betrieben.
92c)Der endgültigen Stilllegungsabsicht stehen die zum damaligen Zeitpunkt geschlossenen Veräußerungsgeschäfte mit der M. Group und mit f. Jet nicht entgegen. Die Rechtsgeschäfte, die am 12./13.10.2017 mit der M. Group und zu einem späteren Zeitpunkt - ausweislich des Interessenausgleichs vom 17.11.2017 jedenfalls vor dessen Abschluss - mit f. Jet geschlossen worden sind, führten weder zu einem Betriebsübergang im Ganzen noch zu einem solchen in Teilen.
93aa.Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus (st. Rspr. des BAG, etwa 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - RN 33; BAG 14.03.2013 - 8 AZR 153/12 - RN 28; BAG 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 - RN 39). Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebs wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - juris RN 33; BAG 28.05.2009 - 8 AZR 273/08 - juris RN 30). An einer Stilllegung des Betriebes fehlt es nicht nur dann, wenn der gesamte Betrieb veräußert wird, sondern auch, wenn organisatorisch abgrenzbare Teile des Betriebs im Wege eines Betriebsteilübergangs (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) veräußert werden. Dann liegt keine Betriebsstilllegung, sondern allenfalls eine Betriebsteilstilllegung vor. Wird ein Betriebsteil veräußert und der verbleibende Restbetrieb stillgelegt, kann die Stilllegung des Restbetriebes einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellen, wenn die Arbeitnehmer diesem stillgelegten Betriebsteil zugeordnet waren (vgl. BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - RN 33; BAG 14.03.2013 - 8 AZR 153/12 - RN 25-28).
94Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang i. S. d. Richtlinie 2001/23/EG (ABI: EG L 82 vom 22.03.2001 S. 16) wie auch nach § 613a Abs. 1 BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Dabei muss es sich um eine auf Dauer angelegte Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit handeln (vgl. etwa EuGH 26.11.2015 - C-509/14 - [ADIF/Aira Pascual ua.] RN 31; EuGH 09.09.2015 - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.] RN 25; EuGH 06.03.2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] RN 30 mwN; BAG 25.01.2018 - 8 AZR 309/16 - RN 49). Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (EuGH 19.10.2017 - C-200/16 - [Securitas] RN 25; EuGH 06.03.2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] RN 31 f. mwN; BAG 25.01.2018 - 8 AZR 309/16 - RN 49; BAG 27.04.2017 - 8 AZR 859/15 - RN 31). Darauf, ob es sich dabei um ein "Unternehmen", einen "Betrieb" oder einen "Unternehmens-" oder "Betriebsteil" - auch i. S. d. jeweiligen nationalen Rechts - handelt, kommt es nicht an (vgl. EuGH 09.09.2015 - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.] RN 25). Entscheidend ist nur, dass der Übergang eine wirtschaftliche Einheit im oben genannten Sinn betrifft (vgl. BAG 25.01.2018 - 8 AZR 309/16 - RN 49; BAG 27.04.2017 - 8 AZR 859/15 - RN 31).
95Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher EuGH 15.12.2005 - C-232/04 und - C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] RN 35 mwN, Slg. 2005, I-11237; BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - RN 37). Bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt und ob sie ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang von Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (BAG 23.05.2013 - 8 AZR 207/12 - RN 22). Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. ua. EuGH 20.01.2011 - C-463/09 - [CLECE] RN 34 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 23.05.2013 - 8 AZR 207/12 - RN 22; BAG 15.12.2011 - 8 AZR 197/11 - RN 39).
96Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt (EuGH 06.09.2011 - C-108/10 - [Scattolon] RN 49 ff., Slg. 2011, I-7491; BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - RN 38; BAG 22.08.2013 - 8 AZR 521/12 - RN 41). Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (vgl. EuGH 20.01.2011 - C-463/09 - [CLECE] RN 41, Slg. 2011, I-95; BAG 23.09.2010 - 8 AZR 567/09 - RN 30).
97Steht der Übergang eines Betriebsteils in Rede, so muss die Teileinheit des Betriebes bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben (vgl. BAG 23.05.2013 - 2 AZR 207/12 - RN 25; BAG 27.01.2011 - 8 AZR 326/09 - RN 23 m.w.N.). Beim bisherigen Betriebsinhaber musste also eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit gegeben sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde (vgl. BAG 27.01.2011 - 8 AZR 326/09 - RN 23; BAG 15.12.2011 - 8 AZR 692/10 - RN 44). Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisa-torischen Einheit; im Teilbetrieb müssen aber nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit bezieht sich auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck, die hinreichend strukturiert und selbständig ist (BAG 13.10.2011 - 8 AZR 455/10 - juris RN 34 m.w.N.). Hierbei darf die im Betriebsteil liegende Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden (BAG 10.11.2011 - 8 AZR 546/10 - juris RN 21). Voraussetzung ist, dass die wirtschaftliche Einheit vor dem Übergang insbesondere über eine ausreichende funktionelle Autonomie verfügt, wobei sich der Begriff der Autonomie auf die Befugnisse bezieht, die der Leitung der betreffenden Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt sind, um die Arbeit dieser Gruppe relativ frei und unabhängig zu organisieren und insbesondere Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden untergeordneten Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei zwischengeschaltet sind (EuGH 06.03.2014 - C-458/12 - [Amatori u.a.], juris RN 32). Die eigenständige Leitung und Koordination des Personaleinsatzes ist somit wesentliches Abgrenzungskriterium für die Feststellung der organisatorischen Eigenständigkeit einer Teileinheit (so auch HWK/Willemsen, 8. Auflage, § 613a BGB RN 27, 29 m.w.N.). Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, so muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen, wobei der übertragene Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren muss. Vielmehr genügt es, dass der Betriebsteilerwerber die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (vgl. EuGH 12.02.2009 - C-466/07 - [Klarenberg], Slg. 2009, I-803, RN 47 f.).
98Entgegen der womöglich seitens des Klägers vertretenen Auffassung rechtfertigen die Besonderheiten des Flugbetriebes keine andersartige Bewertung. Auch der Europäische Gerichtshof hat in der ebenfalls einen Flugbetrieb betreffenden Entscheidung vom 09.09.2015 (- C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.]) auf die oben dargelegten Grundsätze zurückgegriffen. Über den Umstand hinaus, dass ohnehin den verschiedenen Kriterien notwendigerweise je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden, die in dem betreffenden Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil angewendet werden, unterschiedliches Gewicht zukommt, gilt für Flugbetriebe kein anderes Recht.
99bb.Danach ist vorliegend ein beabsichtigter vollständiger Betriebsübergang zu verneinen. Es stand bei Ausspruch der Kündigung fest, dass der Betrieb der Schuldnerin nicht in Gänze auf einen Erwerber übergehen würde.
100(1)Die Identität der von der Schuldnerin betriebenen wirtschaftlichen Einheit wurde geprägt durch die eingesetzten Flugzeuge, die Piloten und die öffentlich-rechtlich erteilten Lizenzen und Genehmigungen. Bei einem Luftfahrtunternehmen handelt es sich nicht um ein Unternehmen, bei dem es im Wesentlichen und zuvorderst auf die menschliche Arbeitskraft ankommt. Es erfordert im Gegenteil in erheblichem Umfang den Einsatz von Flugzeugen und damit die Einbringung sächlicher Betriebsmittel. Zur näheren Konkretisierung, wann sächliche Betriebsmittel den Kern der Wertschöpfung ausmachen, hat das Bundesarbeitsgericht Kriterien entwickelt. Maßgebend kann es sein, dass die Betriebsmittel unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeiten sind, auf dem freien Markt nicht erhältlich sind oder ihr Gebrauch vom Auftraggeber zwingend vorgeschrieben ist (BAG 23.05.2013 - 8 AZR 207/12 - RN 31). Flugzeuge sind als sächliche Betriebsmittel für ein Luftfahrtunternehmen unerlässlich, und sie gehören deshalb zu den wesentlichen identitätsprägenden Betriebsmitteln (so auch EuGH 09.09.2015 - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.], Rdz. 29). Der Einsatz der Flugzeuge macht aber bei wertender Betrachtungsweise trotz des enorm hohen finanziellen Wertes dieser Betriebsmittel nicht allein den Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs aus. Flugzeuge sind zur Erreichung des Zwecks eines Luftfahrtunternehmens unverzichtbar, sie sind allerdings - wie der Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat - auf dem Markt nicht schwer erhältlich. Für den Betrieb eines Luftfahrtunternehmens reichen sie allein auch nicht aus. Die von der Schuldnerin eingesetzten Flugzeuge insbesondere der A 320 und A 330-Familie können nicht von jedem Piloten geflogen werden, vielmehr ist hierzu das Absolvieren einer Spezialausbildung und der Erwerb einer Musterberechtigung erforderlich. Um die Maschinen einsetzen zu können, bedarf es deshalb auch des Einsatzes speziell ausgebildeter Piloten. Insoweit waren für den Betrieb der Schuldnerin auch die Anzahl und die Befähigung der eingesetzten Piloten von erheblicher und identitätsstiftender Bedeutung. Schließlich muss ein Flugbetrieb über die erforderlichen Lizenzen und Genehmigungen, die Start- und Landerechte (Slots), verfügen, ohne die keine Flugtätigkeit möglich ist.
101(2)In welcher Anzahl und in welchem Umfang die Schuldnerin über Flugzeuge, Piloten und Start- und Landerechte verfügte, ergibt sich aus den vor-gelegten Unterlagen und dem Vortrag der Parteien zu den betriebenen Flug-strecken. Die von der Schuldnerin genutzten Flugzeuge sind zT auf die M. Gruppe übergegangen, zT auf f. Jet und 31 Flugzeuge sind an die Leasinggeber zurückgegeben worden. Bei der Schuldnerin waren weiter insgesamt ca. 1.300 Piloten beschäftigt. Geplant war, dass mindestens 1.300 bisher bei der Schuldnerin beschäftigte Mitarbeiter, d.h. Piloten, Kabinen- und Bodenpersonal, eine Neuanstellung bei Gesellschaften der M. Gruppe erhalten sollten. Es spricht weiter alles dafür, dass f. Jet die Neuanstellung weiterer 1.000 Mitarbeiter zugesagt hat. Zu den für den Flugbetrieb erforderlichen Genehmigungen und Lizenzen kann festgestellt werden, dass die Schuldnerin über die erforderlichen Start- und Landerechte für den von ihr betriebenen Flugverkehr an allen von ihr genutzten Flughäfen verfügte. Die M. Group und vor allem deren Tochterunternehmen Euro x. haben Slots in E. übernommen und führen nach den Angaben des Klägers eine großen Anteil der dortigen Flugziele, insbesondere die Langstrecke, weiter. Zudem sind in erheblichem Umfang Start- und Landerechte mit Bezug auf den Flughafen C.-U. auf f. Jet übergegangen.
102(3)Selbst nach dem Vortrag des Klägers und vor dem Hintergrund der Übernahme der mittelbaren Beteiligung der Schuldnerin an der O. und der Geschäftsanteile an der LGW hat danach keines der fraglichen Unternehmen einen identitätswahrenden Teil der Betriebsmittel der Schuldnerin übernommen. Bei der M. Group handelt es sich um einen Unternehmensverbund und nicht um ein einzelnes Unternehmen. Ein Betriebsübergang auf einen Konzern sehen weder die Richtlinie noch § 613a BGB vor.
103Zudem ist festzuhalten, dass der Umstand, dass Unternehmen der M. Group Anteile an der O. und an der LGW erworben hat und damit ggf. die Herrschaftsmacht über diese beiden Unternehmen ausüben kann, bei der wertenden Betrachtungsweise, ob der Betrieb der Schuldnerin auf ein Unternehmen der M. Group übergehen sollte, außer Betracht zu bleiben hat. Bei der O. und der LGW handelt es sich um rechtlich selbständige Unternehmen. Der Fortbestand und die Identität der Fluggesellschaften werden durch die Übernahme der Gesellschaftsanteile und die Ausübung von Herrschaftsmacht nicht berührt (vgl. etwa BAG 27.04.2017 - 8 AZR 859/15 - RN 33; BGH 03.11.2015 - II ZR 446/13 - RN 27). Die Übernahme der Gesellschaftsanteile führt auch nicht zu einer Übernahme der von den Gesellschaften geführten Betriebe i. S. d. § 613a Abs. 1 BGB. Es handelt sich nicht um einen - auch bei der Auslegung und Anwendung von § 613a BGB maßgebend zu berücksichtigenden - Übergang i. S. d. Richtlinie 2001/23/EG. Denn es fehlt an einem Wechsel in der natürlichen oder juristischen Person, die die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht; es fehlt an einer Übernahme durch einen "neuen" Arbeitgeber. Nach wie vor sind O. bzw. LGW Arbeitgeberinnen.
104Für einen Betriebsübergang im Ganzen auf ein einzelnes Unternehmen der M. Group bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Ein solcher scheitert bereits daran, dass kein Unternehmen der M. Group, sondern f. Jet den Flugbetrieb der Schuldnerin am Flughafen C.-U. weiterführt. Gleichzeitig scheidet damit auch ein vollständiger Betriebsübergang von der bundesweit agierenden und stationierten Schuldnerin auf f. Jet von vornherein aus. Entscheidend für die Frage eines Betriebsübergangs auf "M." - welches konzernzugehörige Unternehmen mag an dieser Stelle dahingestellt bleiben - ist der Abgleich zwischen den bei der Schuldnerin vorhandenen und den von der M. Group übernommenen Betriebsmitteln. Jedenfalls ist nicht die Mehrheit der von der Schuldnerin genutzten Flugzeuge in den Besitz eines einzelnen Unternehmens der M.-Gruppe übergegangen. Soweit der Kläger darauf hinweist, der Euro x.-Chef habe in einem Interview von über 70 Maschinen gesprochen, ist darauf zu verweisen, dass er in demselben Interview die Gesamtzahl der Maschinen, die er der Schuldnerin zuordnet, mit über 140 angegeben hat. Von über 6.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter etwas mehr als 1.300 Piloten der Schuldnerin ist gleichfalls keine wesentliche Anzahl, schon gar nicht die Mehrzahl auf ein M.-Konzernunternehmen "übergegangen", also dort weiterbeschäftigt worden. Weder der Beklagte noch der Kläger tragen dergleichen vor. Ob sich unter diesen Mitarbeitern solche mit besonderer Sachkunde befinden, insbesondere, ob es sich um das Führungspersonal aus C. handelt, wurde von dem Kläger nicht behauptet und ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen. Im Gegenteil soll die frühere Personalleiterin der Schuldnerin nicht zur Euro x., sondern zur M. AG gewechselt sein. Hinsichtlich der Slots fehlt ebenso Vortrag zu nennenswerten Übernahmen durch die M.-Gruppe, jedenfalls bezogen auf den gesamten Flugbetrieb, also alle Stationen übergreifend und insbesondere die beiden größten Stationen in E. und C. umfassend. Die Schuldnerin war aber bundesweit tätig, und zwar insbesondere auch in C., N., T., G., L., Q., O. und M.. Selbst wenn man annimmt, dass sich insgesamt ein Schwerpunkt der Übernahmen durch die M.-Gruppe, speziell die Euro x. mit Bezug auf den Flughafen E. abzeichnet, würden die übernommenen Betriebsmittel in der Gesamtschau selbst dann allenfalls ein deutlich eingeschränktes Tätigkeitsfeld ermöglichen. Die Übernahme weit weniger als der Hälfte der identitätsstiftenden Betriebsmittel spricht klar gegen eine Übernahme des gesamten Betriebs der Schuldnerin.
105Ein Betriebsübergang im Ganzen hat auch nicht auf f. Jet stattgefunden. Da f. Jet schwerpunktmäßig am Flughafen C.-U. aktiv ist und die im Wesentlichen dort übernommenen Betriebsmittel - nach dem Vortrag des Klägers "mindestens" 25 Flugzeuge des Musters A 320, eine unbestimmte Anzahl an Mitarbeitern sowie von Slots und weitere Betriebsmittel von geringerer Bedeutung wie z.B. Nachtparkplätze und Crewräume - nur ein deutlich kleineres Tätigkeitsfeld ermöglichen, kommt ein vollständiger Übergang des Betriebes der bundesweit agierenden und stationierten Schuldnerin auf f. Jet von vornherein nicht in Betracht.
106Weder nach dem Vortrag der Beklagten noch nach dem des Klägers hat daher ein Unternehmen den Flugbetrieb der Schuldnerin insgesamt übernommen. Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Prognose im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bestehen nicht. Der Kläger beruft sich wie erstinstanzlich auch mit der Berufungsbegründung demgemäß nicht auf einen vollständigen Betriebsübergang, sondern macht lediglich Teilbetriebsübergänge geltend.
107cc.Auch ein beabsichtigter Betriebsteilübergang scheidet jedoch aus. Es fehlt bereits an einer identifizierbaren wirtschaftlichen und organisatorischen Teileinheit bei der Schuldnerin, ungeachtet der Frage, ob eine solche bei den verschiedenen Investoren im Wesentlichen unverändert fortgeführt werden sollte.
108(1)Soweit vertreten wird (vgl. ArbG Berlin 19.07.2018 - 41 Ca 15666/17 - juris RN 180 ff.), schon das einzelne Flugzeug sei als Betriebsteil anzusehen, vermag die Berufungskammer dem nicht zu folgen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten war jedes Flugzeug nach der bei nahezu allen Luftverkehrsunternehmen üblichen (vgl. dazu z. B. Ludwig, BB 2019, 180, 181) und insbesondere bei der Schuldnerin gelebten Organisationsstruktur auf wechselnden Flughäfen im Einsatz, auf wechselnden Flugrouten und mit stets wechselndem Flugpersonal (Piloten und Kabinenpersonal). Auch waren den einzelnen Flugzeugen keine bestimmten Slots zugeordnet. Die Flugzeuge waren eingebunden in die saisonale Umlaufplanung und hatten ein Einsatzgebiet mit ständig unterschiedlichen Flugrouten und Standorten. Auch war den Flugzeugen kein fester Kundenkreis zugewiesen. Schließlich fehlte es an einem eigenen Teilzweck, mit den Flugzeugen bestimmte Verbindungen zu bedienen. Das Flugzeug war Mittel zur Erreichung des einheitlichen Zwecks, Passagiere zu befördern.
109Nichts anderes folgt aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Dies gilt zunächst für die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.08.1999 (- 8 AZR 718/98 -). Es ist zwar richtig, dass der Zweck eines Teilbetriebs sich nicht von dem des gesamten Betriebs unterscheiden muss (BAG 26.08.1999, a.a.O., RN 19). Die Flugzeuge bzw. Flugzeuge mit bestimmten Flugzeugmustern sind wie in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall die Lastkraftwagen gleichwohl lediglich Betriebsmittel, nicht aber selbst Betriebsteile. Es reicht nicht aus, dass ein oder mehrere Betriebsmittel ständig dem betreffenden Teilzweck zugeordnet sind. Es genügt auch nicht, dass ein oder mehrere Arbeitnehmer ständig bestimmte Aufgaben mit bestimmten Betriebsmitteln erfüllen (BAG 26.08.1999, a.a.O., RN 20). Die Zuordnung bestimmter Betriebsmittel zu bestimmten Aufgaben und zu bestimmten Arbeitnehmern begründet keinen Teilbetrieb. Sie charakterisiert nicht eine betriebliche Teilorganisation, sondern allenfalls die betriebliche Organisation insgesamt. Werden Betriebsmittel und Arbeitnehmer ständig in bestimmter Weise eingesetzt, entstehen dadurch nicht ohne Weiteres jeweils selbständig organisierte Einheiten (BAG 26.08.1999, a.a.O., RN 23). Dies ist erst dann anders, wenn über die genannten Strukturen hinaus eine eigene Arbeitsorganisation besteht. Für eine selbständige Teileinheit kann es sprechen, wenn Aufträge fest an bestimmte Betriebsmittel gebunden sind und die Arbeitnehmer bestimmte Arbeiten als Spezialisten arbeitsteilig ausführen (BAG 26.08.1999, a.a.O., RN 24). Dies entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Erforderlich ist danach wie dargelegt eine wirtschaftliche Einheit vor dem Übergang, die insbesondere über eine ausreichende funktionelle Autonomie verfügen muss, wobei sich der Begriff Autonomie auf die Befugnisse bezieht, die der Leitung der betreffenden Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt sind, um die Arbeit dieser Gruppe relativ frei und unabhängig zu organisieren und insbesondere Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden untergeordneten Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei dazwischengeschaltet sind (EuGH 06.03.2014 - C-458/12 - [Amatori], RN 32). All dies ist hier bezogen auf die einzelnen Flugzeuge oder einzelne Flugzeugmuster nicht der Fall. Diesen waren schon nicht bestimmte Arbeitnehmer zugeordnet. Es war auch nicht so, dass die Flugzeuge bestimmten Strecken zugeordnet waren. Insgesamt fehlt es bezogen auf die Flugzeuge an einer abgrenzbaren Teileinheit. Sie sind auch unter Würdigung des Sachvortrags des Klägers nichts anderes als Betriebsmittel und insoweit Bestandteil der betrieblichen Organisation der Schuldnerin insgesamt.
110Abweichendes folgt nicht aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, das in einem Einzelfall ein Forschungsschiff mit einer fest zugeordneten Mannschaft, einem bestimmten Kapitän und einem konkreten Forschungszweck als einen teilbetrieblich organisierten Betriebsteil angesehen hat (BAG 02.03.2006 - 8 AZR 147/05 -). Diese Sachlage ist mit den gänzlich anderen Bedingungen eines Verkehrsflugzeuges nicht vergleichbar. Es liegt insoweit ein anderer Sachverhalt vor. Insoweit kommt es auch nicht nur auf die Dauer der Verknüpfung an. Unabhängig und selbständig tragend fehlt es an der dargestellten Verknüpfung des Betriebsmittels Flugzeug mit dem Personal bezogen auf eine bestimmte Aufgabe. Es fehlt an einer auf das einzelne Flugzeug oder Flugzeugmuster bezogenen eigenen verselbständigten Arbeitsorganisation. Dies und nicht alleine der rotierende Einsatz ist der Grund für das Fehlen der betrieblichen Teileinheit.
111(2)Entsprechendes gilt für die Start- und Landerechte, die sog. Slots. Auch hier konnte angesichts des Übergangs von Slots auf mehrere Fluggesellschaften dahingestellt bleiben, ob dies dennoch identitätswahrend bei einem Erwerber zu einem Übergang gereicht hätte. Unerheblich ist auch, dass die M. Group ursprünglich beabsichtigt haben soll, sämtliche Slots der Schuldnerin mit Ausnahme der am Flughafen C.-U. zu übernehmen bzw. in welchem Umfang die M. Gruppe, insbesondere Euro x., die Strecken, die zuletzt für die Schuldnerin ab E. geflogen worden sind, übernommen hat. Es fehlte insoweit bereits an einem organisierten Betriebsteil bei der Schuldnerin. Auch der Kläger hat nichts dafür vorgetragen, dass die Slots durch eine abgrenzbare Einheit von Personen und Betriebsmitteln verwaltet wurden. Zweifelsohne handelte es sich bei den Slots um wesentliche Betriebsmittel der Schuldnerin mit hohem Vermögenswert, denen auch bei der Frage, ob ein Betriebsübergang im Ganzen stattfand, eine erhebliche Bedeutung zukommt. Dass es sich allerdings bezogen auf einzelne oder Gruppen von Slots um eine abgrenzbare, selbständig organisierte Gesamtheit von Personen und Betriebsmitteln handelte, ist nicht erkennbar.
112(3)Auch die "Langstrecke" war kein Betriebsteil im dargelegten Sinne. Es fehlte an einer organisierten Gesamtheit von Personen und Sachen zur Annahme eines eigenständigen Betriebsteils. Zwar wurden die Langstrecken mit den insoweit zugewiesenen Flugzeugen des Typs A-330 bedient, die Flugzeuge wurden jedoch bei Bedarf auch auf der Mittelstrecke eingesetzt. Es gab keine ausschließlich der Langstrecke zugeordnete feste Belegschaft. Die Zuordnung eines bestimmten Kundenstamms zur Langstrecke war ohnehin nicht möglich. Insgesamt fehlt damit eine abgrenzbare organisatorische Einheit. Ebenso wie die Mittel- und Kurzstrecken, für die prinzipiell das Gleiche gilt, war die Langstrecke nur ein Bestandteil in dem Gesamtgefüge zur Erreichung des einheitlichen Zwecks, nämlich der Beförderung von Passagieren.
113(4)Auch bei den Abflugstationen der Schuldnerin, insbesondere an den Drehkreuzen in E. und C.-U., handelte es sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht um selbständige Betriebsteile im Sinne einer gemäß § 613a Abs. 1 BGB übergangsfähigen Einheit.
114Die Stationen bildeten keine übergangsfähigen Einheiten. Schon die Flugzeuge können nicht den einzelnen Flughäfen zugeordnet werden. Zwar gab es dort Nachtabstellplätze für bestimmte Flugzeuge. Diese Flugzeuge wurden aber nicht nur für Starts und Landungen an den zugehörigen Flughäfen, sondern gemäß dem bei Luftverkehrsunternehmen üblichen Umlaufverfahren (vgl. wiederum Ludwig, BB 2019, 180, 181) im gesamten Flugbetrieb der Schuldnerin eingesetzt. Dementsprechend erfolgte auch der Einsatz der Piloten - jedenfalls im Regelfall - nicht auf bestimmte Stationen beschränkt. Die als Dienstorte vereinbarten Stationen waren insoweit nur diejenigen Orte, an denen der Dienst angetreten wurde, nicht aber zwingend diejenigen, von denen Flüge gestartet bzw. gelandet wurden. So war in Form des sog. Proceeding der Einsatz der Piloten im Bereich der gesamten Flotte der Schuldnerin möglich. Selbst wenn aber Piloten zunächst mit einem Flug von ihrer Heimatstation aus betraut wurden, so konnten Weiterflüge dann von anderen Stationen aus erfolgen, ohne dass noch eine Zuordnung zur Ausgangsstation erfolgt wäre.
115Auch in organisatorischer Hinsicht fehlte es an einer hinreichenden Selbständigkeit. In allen wesentlichen personellen und sozialen Angelegenheiten erfolgte die Leitung zentral. So musste die Flugplanung zwingend zentral erfolgen, da Flugzeuge und Besatzung in den einheitlichen Gesamt-Flugbetrieb der Schuldnerin integriert waren. Unstreitig ist die Umlauf- und Dienstplanung für den gesamten Flugbetrieb zentral von einem Ort aus erfolgt.
116Eine gewisse organisatorische Selbständigkeit im Sinne einer Teileinheit lässt sich nicht aus der Funktion der sog. Area Manager ableiten. Dem steht schon entgegen, dass diese neben ihrer eigenen fliegerischen Tätigkeit nicht nur für einen Flughafen, sondern immer für mindestens zwei Standorte zuständig waren. So bezog sich die Zuständigkeit des für E. zuständigen Area Managers auch auf Q., diejenige des für C. zuständigen Area Managers zugleich auf O.. Zudem fehlte ihnen unbestritten die notwendige eigenständige fachliche Weisungsbefugnis. Sie waren lediglich Ansprechpartner der Piloten mit gewissen administrativen Zusatzaufgaben. Die personelle und fachliche Leitung hingegen erfolgte unbestritten zentral für alle Stationen. Der Kläger benennt auch keinerlei konkrete Anwendungsfälle von Personalleitungsbefugnissen des Area Managers.
117Damit fehlt es an allen Stationen von vornherein bereits an der organisatorisch eigenständigen Leitungsstruktur als Voraussetzung für die Annahme eines übergangsfähigen Betriebsteils. Es gab weder mit den Area Managern noch mit irgendeiner anderen Person bzw. Funktion eine eigene Leitung der an den Stationen beschäftigten Cockpit- und/oder Kabinenmitarbeiter, die die Befugnis gehabt hätte, die Arbeit der Mitarbeiter des fliegenden Personals, die dort stationiert waren, relativ frei und unabhängig zu organisieren und insbesondere Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei zwischengeschaltet gewesen wären. Auch der Kläger behauptet derlei nicht, schon gar nicht in irgendeiner Weise substantiiert und einlassungsfähig. Die wesentlichen Entscheidungen, insbesondere zum Flugumlauf und zur Einsatzplanung des Personals wurden vielmehr unstreitig zentral und stationsübergreifend getroffen.
118Schließlich führt die Zuordnung sog. Slots nicht zu einer anderen Einschätzung. Zwar sind die Start- und Landerechte per definitionem an bestimmte Flughäfen gebunden. Angesichts der sonstigen Umstände, so der fehlenden Bindung von Flugzeugen und Cockpitpersonal an diese Slots, führt dies nicht zu einer Einordnung der Stationen als übergangsfähige Teilbetriebe.
119(5)Auch der Bereich des Wet-Lease stellt keine übergangsfähige wirtschaftliche Teileinheit dar (offen gelassen von LAG Düsseldorf 17.10.2018 - 1 Sa 337/18 -), die auf die LGW übergegangen ist. Die Gesamtbetrachtung ergibt insoweit in Anwendung der bereits dargelegten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs keine identifizierbare organisatorische Teileinheit. Die Zuordnung bestimmter Betriebsmittel zu bestimmten Aufgaben und zu bestimmten Arbeitnehmern begründet - wie ausgeführt - keinen Teilbetrieb. Sie charakterisiert nicht eine betriebliche Teilorganisation, sondern allenfalls die betriebliche Organisation insgesamt. Werden Betriebsmittel und Arbeitnehmer ständig in bestimmter Weise eingesetzt, entstehen dadurch nicht ohne Weiteres jeweils selbständig organisierte Einheiten (BAG 26.08.1999, a.a.O., RN 23). Dies ist erst dann anders, wenn über die genannten Strukturen hinaus eine eigene Arbeitsorganisation besteht. Für eine selbständige Teileinheit kann es sprechen, wenn Aufträge fest an bestimmte Betriebsmittel gebunden sind und die Arbeitnehmer bestimmte Arbeiten als Spezialisten arbeitsteilig ausführen (BAG 26.08.1999, a.a.O., RN 24). Diese Anforderungen erfüllte das Wet-Lease bei der Schuldnerin nicht. Es ist zwar richtig, dass bestimmte Flugzeuge dafür mit dem Logo der Euro x. versehen und in deren Farben lackiert wurden. Es kann auch unterstellt werden, dass nachfolgend die LGW mit diesen gleichen Flugzeugen unter Nutzung der gleichen Slots die bisherigen Flugstrecken weiter bedient hat. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich um eine bloße Tätigkeit innerhalb des einheitlichen Flugbetriebs der Schuldnerin handelte. Es gab insoweit keine eigene Umlaufplanung. Die Flüge auch des Wet-Lease erfolgten innerhalb des von der Unternehmenszentrale in C. aufgestellten Flugplans. Soweit es zu einer Konzentration von im Wet-Lease eingesetzten Piloten an bestimmten Standorten kam, war dies nur ein geringer Teil. Die überwiegende Zahl der Piloten verblieb im sog. "Mixed Fleet Flying", d. h. wurde im Wet-Lease und im eigenwirtschaftlichen Flugverkehr eingesetzt. Insoweit wurden schon die Arbeitnehmer nicht ständig in einer bestimmten Weise eingesetzt. Die im Wet-Lease eingesetzten Mitarbeiter verblieben im einheitlichen Flugbetrieb der Schuldnerin. Es gab weiterhin einheitliche Betriebszugehörigkeits-, Senioritäts-, und Wechsellisten. Dies alles belegt zur Überzeugung der Kammer, dass es auch betreffend das Wet-Lease an einer übergangsfähigen Teilbetriebseinheit fehlte. Es wurden allenfalls Betriebsmittel innerhalb der Gesamtstruktur der Schuldnerin für einen bestimmten Kunden eingesetzt. Eine selbständig organisierte Teileinheit war das Wet-Lease ohne eigene Arbeitsorganisation nicht. Es fehlte nach den gemachten Ausführungen gerade an einer ausreichenden funktionellen Autonomie im Sinne der Rechtsprechung des EuGH. Auch die "Arbeit im Wet-Lease" wurde nicht frei und unabhängig von der Gesamtorganisationsstruktur der Schuldnerin (vgl. EuGH 06.03.2014, a.a.O., RN 32), sondern innerhalb der - wie beschriebenen - einheitlichen Organisation des Flugbetriebs organisiert.
120Daran hat sich nichts dadurch geändert, dass zuletzt im Rahmen der Abwicklung für einen kurzen Zeitraum in geringerem Umfang nur noch im Wet-Lease geflogen wurde. Dies begründet unter Würdigung der Gesamtumstände keine eigenständige Arbeitsorganisation im oben genannten Sinne mit der Folge der Annahme einer übergangsfähigen Einheit. Letztlich handelt es sich um nichts anderes als eine sukzessive Betriebseinschränkung, bei der zum Schluss - in geringem Umfang - noch im Wet-Lease geflogen wurde. Es handelt sich dabei um einen nach Einstellung des eigenwirtschaftlichen Flugbetriebs zeitlich geringen Fortbestand eines noch abzuwickelnden Auftrags. Dies hat nicht die Qualität einer neuen und nunmehr eigenständigen übergangsfähigen (Teil)Einheit, auch wenn zum Schluss nur noch diese betrieben wurde. Die in den Gesamtflugplan der Schuldnerin eingebundene Organisation des Wet-Lease hat sich auch in der Abwicklung nicht verändert. Einzig ist es so gewesen, dass die bisherige Organisation sich eben nur noch auf den zuletzt abgewickelten Teil bezog. Dadurch ist nicht aus der bisher nicht bestehenden Teileinheit eine übergangsfähige Teileinheit geworden.
121Gegen die bereits durch das Arbeitsgericht vorgenommene Würdigung, es hätten bei der Schuldnerin keine übergangsfähigen Teilbetriebe vorgelegen, führt der Kläger keine tragfähigen Argumente an. Seine Ansicht, die enorme Anzahl von übernommenen Mitarbeitern und Flugzeugen sowie fortgeführter Slots gebe dieser Gesamtheit ein besonders prägendes Gebilde, ist angesichts der aufgeführten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Teilbetriebes unbehelflich. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger selbst bereits erstinstanzlich vorgetragen hat, es habe bei der Schuldnerin eine bundesweite Cockpit- und Crewplanung gegeben, genauso wie eine zentrale Reisestelle, eine zentrale Visaabteilung und einen zentralen Crewcontact wie auch eine eigenständige Personalabteilung für das Cockpit-Personal. Es mag sein, dass im Einzelfall oder sogar vielfach die Euro x. die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten hat und es ihr derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen, ohne dass zugleich der ursprüngliche Teilbetrieb fortgeführt wird. Dies ändert jedoch nichts daran, dass ein Übergang eines Betriebsteils auf einen Erwerber iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann vorliegt, wenn die übernommenen Betriebsmittel und/oder Beschäftigten bereits beim Veräußerer eine abgrenzbare organisatorische wirtschaftliche Einheit, dh. einen Betriebsteil dargestellt haben (BAG 13.10.2011 - 8 AZR 455/10 - NZA 2012, 504). Die Weiterführung zuvor bestehender funktioneller Verknüpfungen, die nicht die Qualität eines Teilbetriebes erreicht haben, unterfällt nicht § 613a BGB. Das eintretende Ergebnis ist keine Besonderheit des Flugverkehrs im Sinne einer nur dort fehlenden Zuordnung der Arbeitnehmer zu den Betriebsmitteln: Auch in einem Produktionsbetrieb kann beim Verkauf nur eines Teils der Produktionsmaschinen ein Betriebs(teil)übergang daran scheitern, dass diese zuvor nicht eine selbstständig abtrennbare organisatorische Einheit gebildet haben
122(6) Selbst wenn aber hinsichtlich des ab dem 28.10.2017 verbliebenen Restbetriebs ein Teilbetriebsübergang auf die LGW stattgefunden hätte, würde dies am Ausgang des Rechtsstreits nichts ändern. In diesem Fall läge eine Betriebseinschränkung vor, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers geführt hätte.
123Von einem etwaigen (Teil-) Betriebsübergang des ab dem 28.10.2017 betriebenen Restbetriebes wären nur Piloten der verbliebenen Stationen L., T. und I. betroffen. Eine soziale Auswahl mit Piloten der vorgenannten Stationen wäre mangels Vergleichbarkeit weder erforderlich noch zulässig gewesen, da vertraglich vereinbarter Dienstort des Klägers E. war. Das vertragliche Weisungsrecht der Schuldnerin umfasste nicht die Befugnis, den Kläger nach Maßgabe des § 106 GewO dem Bereich des Wet-Lease an den Standorten L., T. und I. zuzuordnen. Dem Arbeitsvertrag kann nicht entnommen werden, dass der Schuldnerin trotz der Vereinbarung eines bestimmten Dienstortes ein einseitiges Versetzungsrecht eingeräumt werden sollte.
124Wenn der Kläger vertritt, weil aufgrund der wechselnden Flugzeuge und Flugstrecken eine Zuordnung zu einem konkreten Betriebsteil nicht vorgenommen werden könne, stünde ihm in Anlehnung an sein Widerspruchsrecht beim Betriebsübergang ein Wahlrecht zu, welchem Betriebsteil er zugeordnet werden wolle, ändert dies nichts. Denn wenn es ab dem 28.10.2017 einen aus den Mitarbeitern der Stationen L., T. und I. gebildeten (Teil-)Betrieb Wet-Lease gegeben hat, so war der Kläger diesem unabhängig von den wechselnden Einsätzen fraglos nicht zugeordnet. Weder war er zuvor an einer der Stationen beschäftigt noch dem Wet-Lease-Geschäft zugeordnet.
125d)Letztlich liegt auch keine "Umgehung" des § 613a BGB bzw. ein Rechtsmissbrauch vor. Die Schuldnerin wies unabhängig von der Insolvenz und den darin getroffenen Entscheidungen eine bestimmte Organisationsstruktur des von ihr betriebenen Flugbetriebs auf. Es stellt keine gesetzwidrige Umgehung oder einen Rechtsmissbrauch dar, dass sie diesen nicht in Form verschiedener Betriebsteile, sondern einheitlich geführt hat. Diese vorgefundene Lage hat keiner der vom Kläger angezogenen angeblichen Betriebserwerber übernommen. Nutzt der "Erwerber nicht eine im "Vorgängerbetrieb vorhandene Arbeitsorganisation ("er legt sich nicht ins gemachte Bett), sondern gründet eine neue Arbeitsorganisation bzw. gliedert die wirtschaftliche Einheit in die bereits vorhandene Organisation ein, löst dies schlicht nicht die Rechtsfolgen des § 613a BGB aus und stellt keine Umgehung oder einen Gestaltungsmissbrauch dar (BAG 24.08.2006 - 8 AZR 317/05 -).
1262.Die Kündigung ist nicht gemäß § 74 TVPV Cockpit unwirksam. Der Kläger hat insoweit in der Berufung lediglich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag verwiesen, so dass die Berufungskammer zunächst auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil unter A. III. der Gründe Bezug nimmt. Zusammenfassend und ergänzend ist lediglich noch wie folgt auszuführen:
127Nach § 74 Abs. 1 TVPV Cockpit ist die Personalvertretung Cockpit vor jeder Kündigung zu hören. Die Schuldnerin hat ihr die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung der Personalvertretung ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Die Regelung entspricht insoweit der des § 102 BetrVG. Es sind deshalb die zu § 102 BetrVG entwickelten Grundsätze anzuwenden.
128a) Der notwendige Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach Sinn und Zweck der Anhörung. Dieser besteht darin, die Personalvertretung in die Lage zu versetzen, sachgerecht, d.h. gegebenenfalls zugunsten des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber einzuwirken. Die Personalvertretung soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung bilden können (vgl. für die Betriebsratsanhörung: BAG 16.07.2015 - 2 AZR 15/15 - juris, RN 14; BAG 23.10.2014 - 2 AZR 736/13 - juris, RN 15). Die Anhörung soll der Personalvertretung nicht die selbständige objektive Überprüfung der rechtlichen Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern gegebenenfalls eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen (für die Betriebsratsanhörung: BAG 06.10.2005 - 2 AZR 280/04 - sowie BAG 31.01.1996 - 2 AZR 181/95 -).
129Der Inhalt der Unterrichtung ist deshalb grundsätzlich subjektiv determiniert (BAG 23.10.2014 - 2 AZR 736/13 - juris, RN 14; BAG 21.11.2013 - 2 AZR 797/11 - juris, RN 24). Der Arbeitgeber muss der Personalvertretung die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben (zu § 102 BetrVG: BAG 23.10.2014 - 2 AZR 736/13 - sowie BAG 21.11.2013 - 2 AZR 797/11 -). Dem kommt der Arbeitgeber dann nicht nach, wenn er der Personalvertretung einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt unterbreitet (vgl. zu § 102 BetrVG: BAG 23.10.2014 - 2 AZR 736/13 - juris, RN 14; BAG 21.11.2013 - 2 AZR 797/11 - juris, RN 24). Schildert er der Personalvertretung bewusst einen unrichtigen oder unvollständigen - und damit irreführenden - Kündigungssachverhalt, der sich bei der Würdigung durch diese zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirken kann, ist die Anhörung unzureichend und die Kündigung unwirksam (zur Betriebsratsanhörung: BAG 31.07.2014 - 2 AZR 407/13 - juris, RN 46; BAG 10.04.2014 - 2 AZR 684/13 - juris, RN. 22).
130b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Schuldnerin die PV Cockpit ordnungsgemäß unterrichtet.
131aa) Die Anhörung ist auch bezogen auf den Kläger erfolgt, dessen Name und Sozialdaten in der dem Anhörungsschreiben beigefügten Anlage 2 aufgeführt waren.
132bb) Weiter sind entgegen der Auffassung des Klägers die Kündigungsgründe ausreichend mitgeteilt worden. Die Schuldnerin hat im Rahmen der mit Schreiben vom 20.11.2017 eingeleiteten Anhörung den Verfahrensablauf geschildert, insbesondere mitgeteilt, dass das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei und dass sie den Stilllegungsbeschluss gefasst habe. Die Schuldnerin hat in dem Anhörungsschreiben ausgehend von ihrem Standpunkt mitgeteilt, dass keine übertragende Sanierung auf einen Dritten erfolgt, sondern eine Betriebsstilllegung unter Übernahme einzelner Vermögenswerte. Aus der entscheidenden Sicht der Schuldnerin ist damit der Anlass für die Auflösung aller Arbeitsverhältnisse mit den Piloten hinreichend mitgeteilt worden. Soweit in dem Anhörungsschreiben ausgeführt wird, dass alle Flugzeuge zurückgegeben worden seien, kann sich der Kläger nicht darauf berufen, es habe sich um eine falsche Information gehandelt. Dabei mag dahingestellt bleiben, ob die Schuldnerin alle Flugzeuge an die Leasinggeber zurückgegeben oder ob sie sie teilweise direkt an die Investoren übergeben hat. Die entscheidende Information an die Personalvertretung hat darin bestanden, dass die Flugzeuge nicht mehr im Besitz der Schuldnerin stehen, und diese Information war zutreffend. Die Schuldnerin hat in dem Anhörungsschreiben gerade deutlich gemacht, dass sie weder von einem Betriebs- noch von einem Betriebsteilübergang ausgeht. Das entsprach ihrer subjektiven Rechtsauffassung und ist deshalb nicht zu beanstanden.
133Dementsprechend ist die Anhörung auch nicht wegen unterbliebener Ausführungen zur Sozialauswahl fehlerhaft. Die Schuldnerin hat wegen der von ihr angenommenen Betriebsschließung keine Sozialauswahl durchgeführt und dies der PV Cockpit mitgeteilt. Selbst wenn ihre Rechtsauffassung fehlerhaft gewesen wäre, führte dies nicht zur Unwirksamkeit der Anhörung, da es wegen der geltenden subjektiven Determinierung keine fehlerhafte oder unvollständige Unterrichtung bedeuten würde.
134cc) Mit der Stellungnahme der PV Cockpit am 27.11.2017 war das Anhörungsverfahren abgeschlossen. Deren Vorliegen hat der Kläger nach der Vorlage einer Kopie der E-Mail des Vorsitzenden der PV Cockpit nicht mehr bestritten.
1353. Die ordnungsgemäße Durchführung des Konsultationsverfahrens hat der Kläger nicht gerügt. Die dennoch hierzu erfolgten Ausführungen des Arbeitsgerichts dürften dem Charakter des Rechtsstreits als Teil einer Massensache geschuldet sein. Sie vermögen jedoch eine gemäß § 6 KSchG erforderliche Rüge des Klägers nicht zu ersetzen. Im Übrigen hat er selbst mit der Berufung ausdrücklich gerügt, die Ordnungsgemäßheit des Konsultationsverfahrens nicht in Abrede gestellt zu haben.
1364.Die Kündigung ist nicht gemäß § 17 Abs. 1 KSchG i. V. m. § 134 BGB nichtig. Die Massenentlassungsanzeige ist ordnungsgemäß erstattet worden. Das Verfahren ist mit Schreiben vom 24.11.2017 gegenüber der Arbeitsagentur Berlin-Nord wirksam eingeleitet worden und die Arbeitsagentur hat den Eingang der vollständigen Anzeige unter dem 28.11.2017 bestätigt.
137Die Massenentlassungsanzeige ist nicht wegen falscher Angaben unwirksam. Insoweit erlaubt sich die Berufungskammer zur Vermeidung von Wiederholungen, zunächst auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts auf Seite 28 f. des angefochtenen Urteils zu verweisen und macht sich diese nach § 69 Abs. 2 ArbGG zu Eigen. Ergänzend ist auszuführen, dass es unschädlich ist, dass die Schuldnerin nicht die Gesamtzahl ihrer Mitarbeiter, sondern lediglich die der Cockpitbeschäftigten angegeben hat. Die Regelung des § 17 Abs. 3 i. V. m. § 17 Abs. 2 Nr. 3 KSchG sieht zwar vor, dass der Arbeitgeber der Agentur die Gesamtzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer mitzuteilen hat. Dies dient jedoch nur dazu, dass der Agentur die Prüfung ermöglicht wird, ob es sich überhaupt nach dem Maßstab des § 17 Abs. 1 KSchG um eine anzeigepflichtige Entlassung handelt. In Anbetracht der hier zur Entlassung anstehenden Zahl von 1.301 Arbeitnehmern ist dies jedoch unabhängig von der Zahl der Arbeitnehmer des Unternehmens der Fall. Bei der unter Ziffer 52414 angegebenen Entlassung von "Schiffskapitänen" handelt es sich um eine offensichtlich unbewusste Falschbezeichnung, die nach dem Rechtsgrundsatz "falsa demonstratio non nocet" nicht schaden kann. Der Agentur für Arbeit war selbstverständlich bekannt, dass die Flugzeuge der Schuldnerin nicht von Schiffskapitänen geflogen wurden.
138III.
139Die Berufung ist auch bezogen auf den Auskunftsantrag unbegründet.
1401. Allerdings ist der Antrag jedenfalls aufgrund der in der Berufungsverhandlung vorgenommenen Klarstellung hinreichend bestimmt. Der Kläger hat dort klargestellt, dass die Wendung "übertragen" bedeuten soll, dass die verlangte Auskunft sich auf die Regelungen erstrecken soll, welche die Verträge zu den Slots und den Leasingverträgen enthalten.
1412. Zutreffend hat das Arbeitsgericht angenommen, dass ein Anspruch auf die Auskunft nicht besteht. Wie ausgeführt liegt ein Teilbetriebsübergang nicht vor.
142Selbst wenn der Beklagte - wie der Kläger in der Berufungsbegründung annimmt - seinen prozessualen Obliegenheiten nicht hinreichend nachgekommen wäre, wäre der Kündigungsschutzantrag und nicht der Auskunftsantrag begründet gewesen. Aufgrund der Verteilung der Darlegungslast ist der Arbeitnehmer für das Obsiegen im Kündigungsschutzprozess nicht auf die Auskunft angewiesen, zumal sie für die vorliegende Prozessführung ohnehin zu spät käme, da der Kläger deren Inhalt nach Abschluss der Tatsacheninstanzen nicht mehr in den Rechtsstreit einführen könnte.
143Daneben ist darauf hinzuweisen, dass dem Kläger die Darstellung des Beklagten bekannt ist, wann und an wen die von der Schuldnerin geleasten Flugzeuge zurückgegeben worden sind. Weshalb er zusätzlich einen Anspruch auf die entsprechenden Vertragsinhalte haben soll, erschließt sich der Kammer nicht. Bezogen auf die zu den Slots verlangten Auskünfte ist der Kläger nicht auf den Beklagten angewiesen, da die für die Slot-Vergabe zuständige G. Deutschland GmbH diese erteilt.
144R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
145Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
146R E V I S I O N
147eingelegt werden.
148Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
149Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
150Bundesarbeitsgericht
151Hugo-Preuß-Platz 1
15299084 Erfurt
153Fax: 0361-2636 2000
154eingelegt werden.
155Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
156Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1571.Rechtsanwälte,
1582.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1593.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
160In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
161Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
162Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
163* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
164Nübold Koch Inden