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1. Mit der Löschung wegen Vermögenslosigkeit scheidet die Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG aus dieser aus (§ 161 Abs. 2, § 131 Abs. 2 Nr. 2 HGB). Hierdurch kommt es - ohne Liquidation - zur Vollbeendigung der GmbH & Co. KG, § 131 Abs. 2 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB. Infolgedessen geht das Vermögen der GmbH & Co. KG auf den vorhandenen einzigen Kommanditisten im Wege einer erbgangsgleichen Gesamtrechtsnachfolge über (BGH 05.07.2018 - V ZB 10/18 - DB 2018, 2298). 2. Für Verbindlichkeiten der GmbH & Co. KG haftet der Kommanditist mit dem ihm zugefallenen Gesellschaftsvermögen (vgl. BGH 15.03.2004 - II ZR 247/01 - DB 2004, 1258). 3. Jedenfalls wenn sich die Funktion der GmbH nicht in der Komplementäreigenschaft in dieser einen Kommanditgesellschaft erschöpft, ist in der beschriebenen Konstellation nach § 727 ZPO die Umschreibung eines gegen die KG erwirkten Titels auf den früheren Kommanditisten möglich. Dem steht die Haftungsbegrenzung nicht entgegen. Eine Aufnahme des Haftungsbegrenzungsvorbehalts in die Klausel ist nicht möglich und zur Rechtswahrung auch nicht erforderlich.
Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 25.09.2017 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom 04.09.2017 - 3 Ca 1631/10 lev - aufgehoben.
Das Arbeitsgericht wird nach § 572 Abs. 3 ZPO angewiesen, die von der Gläubigerin beantragte Titelumschreibung auf den Antragsgegner vorzunehmen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G R Ü N D E :
2A.
3Die Gläubigerin war bei der Schuldnerin als technische Zeichnerin beschäftigt. Mit Versäumnisurteil vom 12.01.2011 hat das Arbeitsgericht die Schuldnerin zur Zahlung ausstehender Vergütung für die Monate September bis November 2010 verurteilt.
4Am 10.09.2010 wurde für die Schuldnerin im Handelsregister das Ausscheiden des langjährigen Kommanditisten B. nach Übertragung und das Eintreten des Antragsgegners im Wege der Sonderrechtsnachfolge eingetragen. Unter dem 18.10.2010 wurden im Handelsregister die Ablösung von Herrn B. als vormalig langjährigem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Schuldnerin und die Bestellung des Antragsgegners als Geschäftsführer eingetragen. Am 17.04.2013 erfolgte im Handelsregister die Löschung der Komplementär-GmbH der Schuldnerin wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 Abs. 1 FamFG. Am 01.07.2013 wurde nach §§ 31 Abs. 2, 6 Abs. 1 HGB im Handelsregister eingetragen, dass die Schuldnerin erloschen ist.
5Mit Schriftsatz vom 15.06.2016 hat die Gläubigerin die Umschreibung des Versäumnisurteils auf Schuldnerseite auf den Antragsgegner nach § 727 ZPO beantragt. Die vorbenannten Handelsregistereinträge hat sie durch Vorlage notariell beglaubigter Handelsregisterausdrucke nachgewiesen. Mit Beschluss vom 04.09.2017 hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen. Gegen den ihr am 11.09.2017 zugestellten Beschluss hat die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 25.09.2017 sofortige Beschwerde eingelegt, welcher das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
6B.
71.Die sofortige Beschwerde ist zulässig: Zuständig für die Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen in den Fällen unter anderem des § 727 ZPO ist gemäß § 20 Nr. 12 RPflG der Rechtspfleger. Gegen dessen Entscheidungen im ersten Rechtszug, mit der dieser die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung bzw. Titelumschreibung (§ 727 ZPO) ablehnt, ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 793, 567 Abs. 1 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben (Zöller/Seibel, ZPO 32. Aufl., § 727 RN 29 und § 724 RN 13). Diese ist hier von der Gläubigerin form- und fristgerecht (§ 569 ZPO) eingelegt worden.
82.Auch in der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die beantragte Erteilung einer Vollstreckungsklausel gegen den Antragsgegner (§ 727 ZPO) zu Unrecht abgelehnt. Auf der Grundlage der in der nach § 727 Abs. 1 ZPO erforderlichen Form vorgelegten Handelsregisterauszüge ergibt sich nämlich das Folgende:
9a) Mit der Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 FamFG ist die Komplementär-GmbH aus der Schuldnerin als einer GmbH & Co. KG ausgeschieden (§ 161 Abs. 2, § 131 Abs. 2 Nr. 2 HGB). Hierdurch kommt es - ohne Liquidation - zur Vollbeendigung der GmbH & Co. KG, § 131 Abs. 2 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB. Infolgedessen geht das Vermögen der GmbH & Co. KG - hier also der Schuldnerin - auf den einzigen Kommanditisten - hier den Beschwerdegegner - (als Gesamtrechtsnachfolger) über (Staub-Habersack HGB 5. Aufl. § 124 RN 40). Für Verbindlichkeiten der GmbH & Co. KG haftet der Kommanditist mit dem ihm zugefallenen Gesellschaftsvermögen (vgl. insgesamt BGH 15.03.2004 - II ZR 247/01 - DB 2004, 1258), hier also der Beschwerdegegner für das ihm zugefallene Gesellschaftsvermögen der Schuldnerin. Scheidet wie hier aus einer zweigliedrigen Personenhandelsgesellschaft ein Gesellschafter aus und kommt es zu einer liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft und damit zu einer anwachsungsbedingten Gesamtrechtsnachfolge des anderen Gesellschafters, handelt es sich um eine erbgangsgleiche Gesamtrechtsnachfolge (BGH 05.07.2018 - V ZB 10/18 - DB 2018, 2298).
10b) Soweit in der Literatur (Karsten Schmidt GmbHR 2002, 1209) für den Fall einer sog. Simultaninsolvenz von GmbH und GmbH & Co. KG anderes vertreten wird, können diese Einwände hier dahinstehen. Voraussetzung einer solchen Simultaninsolvenz ist danach nämlich u.a., dass sich die Funktion der GmbH in der Komplementäreigenschaft in dieser einen Kommanditgesellschaft erschöpft. Aus dem vorgelegten Handelsregisterauszug ergibt sich jedoch, dass Gegenstand des Unternehmens der hiesigen Komplementär-GmbH neben dieser Funktion auch die Erbringung von Planungsleistungen auf dem Gebiet des Automatisierungs-Services war. Daneben spricht gegen die Berücksichtigung der geschilderten Einwände im Rahmen des § 727 ZPO auch, dass ansonsten bei entsprechenden Konstellationen nie eine Titelumschreibung erfolgen könnte, da es dem Gläubiger nicht möglich ist, zu allen eine Simultaninsolvenz kennzeichnenden Merkmalen in der nach § 727 ZPO erforderlichen Form nachzuweisen, dass diese nicht vorliegen.
11c) Im Fall der dargelegten Form der Gesamtrechtsnachfolge ist eine Titelumschreibung nach § 727 ZPO möglich (Röhricht/Graf von Westphalen/Haas HGB 4. Aufl. § 124 RN 7; Staub-Habersack HGB 5. Aufl. § 124 RN 43). Anderes folgt auch nicht aus der oben dargelegten Haftungsbegrenzung. Eine Aufnahme des Haftungsbegrenzungsvorbehalts in die Klausel ist nicht möglich und zur Rechtswahrung auch nicht erforderlich (Wieczorek/Schütze ZPO 4. Aufl. § 727 RN 30; MüKo-ZPO/Wolfsteiner 5. Aufl. § 727 RN 47).
123.Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
13Die Beschwerdekammer hat die Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen.
14R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
15Gegen diesen Beschluss kann von dem Antragsgegner
16R E C H T S B E S C H W E R D E
17eingelegt werden.
18Für die Antragstellerin ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
19Die Rechtsbeschwerde muss
20innerhalb einer Notfrist* von einem Monat
21nach der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses schriftlich oder in elektronischer Form beim
22Bundesarbeitsgericht
23Hugo-Preuß-Platz 1
2499084 Erfurt
25Fax: 0361-2636 2000
26eingelegt werden.
27Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
281.Rechtsanwälte,
292.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
303.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
31In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Rechtsbeschwerdeschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
32Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
33Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) vom 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden.
34Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden sich auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
35* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
36Nübold