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Anwendbarkeit des § 8 Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) auf einen Schichtdienstleistenden, dessen Nachtschicht am Feiertag beginnt und am Nachfeiertag endet (Fortführung von BAG 24.09.2015 - 6 AZR 510/14 - und 20.09.2017 - 6 AZR 143/16 -).
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 15.12.2017 - 1 Ca 2709/17 - abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, die Sollarbeitszeit des Klägers um die am 01.05.2017 dienstplanmäßig ausgefallenen 5,92 Arbeitsstunden in dem auf die Rechtskraft des Urteils folgenden Monat zu reduzieren.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten über eine Reduzierung der Sollarbeitszeit nach § 8 Abs. 3 Satz 1 Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V).
3Der Kläger ist seit 1993 bei der Beklagten angestellt. Er arbeitet als Elektrotechniker in der Netzleitwarte.
4Der Kläger ist im Wechselschichtbetrieb 39 Stunden wöchentlich tätig. Aufgrund des Wechselschichtdienstes hat der Kläger eine tägliche Sollarbeitszeit von 8,17 Stunden. Er wird auch an Sonn- und Feiertagen zur Arbeit eingeteilt. Er leistet in der Regel an sechs aufeinanderfolgenden Tagen zuerst zwei Frühschichten, dann zwei Spätschichten und sodann zwei Nachtschichten, an die sich vier freie Tage anschließen. Damit im Jahresdurchschnitt eine Wochenarbeitszeit von 39 Stunden erreicht wird, werden von Zeit zu Zeit sogenannte Zusatzschichten eingefügt, zumeist zwei zusätzliche Früh- oder Nachtschichten.
5Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TV-V kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung. § 8 Abs. 3 TV-V lautet:
6"(3) Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für jeden gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden. Soweit es die betrieblichen Verhältnisse zulassen, wird der Arbeitnehmer am 24. Dezember und am 31. Dezember unter Fortzahlung des Entgeltes nach § 6 Abs. 3 von der Arbeit freigestellt. Kann die Freistellung nach Satz 2 aus betrieblichen Gründen nicht erfolgen, ist entsprechender Freizeitausgleich innerhalb von drei Monaten zu gewähren.
7Protokollerklärung zu § 8 Abs. 3 Satz 1:
8Die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit betrifft die Arbeitnehmer, die wegen des Dienstplans am Feiertag freihaben und deshalb ohne diese Regelung nacharbeiten müssten."
9Am 01.05.2017 war der Kläger zur Nachtschicht eingeteilt, die um 22:00 Uhr beginnt und um 06:10 Uhr des Folgetages endet. Er nahm seine Arbeit allerdings bereits um 21:45 Uhr auf. Tags zuvor hatte der Kläger Spätschicht. Die Beklagte vergütete dem Kläger die am 01.05.2017 geleistete Arbeitszeit von 2,25 Stunden, nahm jedoch für diesen Tag keine Reduzierung der Sollarbeitszeit vor. Nach dem Dienstplan für Mai 2017 ergab sich daher für den Kläger eine Sollarbeitszeit von 187,91 Stunden (23 Arbeitstage x 8,17 Stunden/Tag).
10Mit seiner der Beklagten am 05.10.2017 zugestellten Klage hat der Kläger u. a. eine "Zeitgutschrift" von 6,17 Stunden für den 01.05.2017 verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, an diesem Tag seien für ihn dienstplanmäßig Stunden in diesem Umfang im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V ausgefallen.
11Der Kläger hat beantragt,
12die Beklagte zu verurteilen, seine Sollarbeitszeit um die am 01.05.2017 dienstplanmäßig ausgefallenen 6,17 Arbeitsstunden in dem auf die Rechtskraft des Verfahrens folgenden Monat zu reduzieren.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie hat sich darauf berufen, die Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V greife für den Kläger am 01.05.2017 nicht, da er aufgrund des Umstands, dass er ab 22:00 Uhr zur Arbeit eingeteilt war, nicht dienstplanmäßig frei gehabt habe.
16Mit Urteil vom 15.12.2017, auf dessen Gründe im Einzelnen verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
17Gegen das ihm am 26.01.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.02.2018 Berufung eingelegt und diese mit einem am 23.03.2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
18Zur Begründung seiner Berufung führt er aus, nach der auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebotenen stundenbezogenen Betrachtungsweise komme eine Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V auch dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer nicht den ganzen Feiertag frei habe. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts widerspreche sein Begehren daher nicht dem Tarifwortlaut.
19Im Berufungstermin hat der Kläger seine Klage mit Zustimmung der Beklagten um 0,25 Stunden zurückgenommen, und zwar im Hinblick darauf, dass die Beklagte ihm die am 01.05.2017 über den Dienstplan hinaus geleisteten 15 Minuten vergütet hat.
20Der Kläger beantragt zuletzt,
21das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 15.12.2017, Az.: 1 Ca 2709/17, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, seine Sollarbeitszeit um die am 01.05.2017 dienstplanmäßig ausgefallenen 5,92 Arbeitsstunden in dem auf die Rechtskraft des Urteils folgenden Monat zu reduzieren.
22Die Beklagte beantragt,
23die Berufung zurückzuweisen.
24Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag. Das Arbeitsgericht habe zutreffend erkannt, dass der Anspruch des Klägers daran scheitere, dass er am 01.05.2017 nicht gänzlich frei gehabt, sondern in der Nachtschicht vom 01.05. auf den 02.05.2017 gearbeitet habe. Sie habe die gesamten Stunden dienstplanmäßig erfasst und vergütet, so dass der Kläger keine Stunden habe nacharbeiten müssen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.
26E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
27A.
28Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
29B.
30Die Berufung ist auch in der Sache begründet.
31I. Trotz der missverständlichen Formulierungen insbesondere unter Ziffer 2 der Entscheidungsgründe hat das Arbeitsgericht bei verständiger Würdigung allerdings nicht gegen § 308 ZPO verstoßen. Zwar hat es dort formuliert, dem Kläger stehe "für die sechs weiteren am 02.05.2017 abgeleisteten Stunden der Nachtschicht" keine Zeitgutschrift zu. Danach hätte das Arbeitsgericht nicht über das Begehren des Klägers, für den 01.05.2017 eine "Gutschrift" über die an diesem Tag nach seiner Auffassung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V ausgefallenen Stunden entschieden, sondern über die sechs Stunden, die der Kläger am 02.05.2017 gearbeitet und für die er seitens der Beklagten eine Vergütung erhalten hat. Aus den weiteren Ausführungen des Arbeitsgerichts ergibt sich jedoch, dass die genannte Formulierung lediglich missverständlich ausgefallen ist. Es setzt sich nämlich damit auseinander, welche Stunden für den Kläger am 01.05.2017 im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V ausgefallen seien. Auch im Tatbestand des angefochtenen Urteils hat das Arbeitsgericht festgestellt, der Kläger verlange "eine Gutschrift von dienstplanmäßig ausgefallenen Arbeitsstunden an Feiertagen, und zwar von 6,17 Stunden für den 01.05.2017". Damit hat es das Begehren des Klägers - vorbehaltlich der Auslegung der Antragsformulierung - zutreffend als auf den 01.05.2017 bezogen erfasst.
32II. Die Klage ist nach der gebotenen Auslegung zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Insofern folgt die Berufungskammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (24.09.2015 - 6 AZR 510/14 - NZA-RR 2016, 45; 20.09.2017 - 6 AZR 143/16 - NZA 2018, 110) erfolgten zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil unter I. 1. der Entscheidungsgründe, § 69 Abs. 2 ArbGG.
33III.Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte für am 01.05.2017 im Tarifsinn ausgefallene 5,92 Stunden eine Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit vornimmt, und zwar mindestens wie beantragt bei der Dienstplangestaltung für den Monat nach dem rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits (vgl. BAG 24.09.2015 - 6 AZR 510/14 - aaO, RN 35).
341. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts richtet sich die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Insbesondere bei nicht eindeutigem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Verbleiben gleichwohl Zweifel, können die Gerichte weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags und die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und gesetzeskonformen Regelung führt (vgl. nur BAG 19.11.2008 - 10 AZR 658/07 - NZA 2009, 269; BAG 22.03.2018 - 6 AZR 29/17 - juris).
352. Danach fällt der zu entscheidende Sachverhalt zur Überzeugung der Berufungskammer unter die Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V.
36Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut des § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V. Danach verringert sich die Arbeitszeit unter den dort genannten, hier nicht streitigen Voraussetzungen - der Kläger ist nach Maßgabe eines Dienstplans tätig und der 01.05.2017 war ein auf einen Werktag fallender gesetzlicher Feiertag - "um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden". Der Sinn der Wendung "dienstplan-mäßig ausgefallen" erschließt sich nicht ohne weiteres. Für gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen, sind im Grundsatz drei Fallgestaltungen denkbar: Zunächst kann der Dienstplan an sich für den fraglichen Tag eine Tätigkeit vorsehen, welche gemäß § 9 Abs. 1 ArbZG entfällt. Dann erhält der betreffende Arbeitnehmer die Vergütung für die ausfallende Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 EFZG. Ein Bedürfnis für eine tarifliche Regelung besteht nicht; es handelt sich nicht um "dienstplanmäßig", sondern um "feiertagsmäßig" ausfallende Arbeitszeit (BAG 08.12.2010 - 5 AZR 667/09 - NZA 2011, 927 RN 14). Als zweites ist denkbar, dass der Arbeitnehmer ebenfalls laut Dienstplan am Feiertag zur Arbeit eingeteilt ist und diese nicht ausfällt, weil der Betrieb unter die Ausnahme-regelungen des § 10 ArbZG fällt. Der Arbeitnehmer erhält dann für die am Feiertag erbrachte Tätigkeit nach § 11 Abs. 3 ArbZG einen Ersatzruhetag und womöglich einen Feiertagszuschlag, hier nach § 10 Abs. 1 Buchst. e TV-V. Es besteht dann ebenfalls kein Bedürfnis für eine tarifliche Regelung zur Verminderung der Arbeitszeit; es fallen weder wegen des Feiertags noch "dienstplanmäßig" Arbeitsstunden aus. In der dritten denkbaren Konstellation ist der Arbeitnehmer bereits laut des für ihn geltenden Dienstplans für den Feiertag nicht zur Arbeitszeit eingeteilt; seine Arbeit fällt dann bereits "dienstplanmäßig" und nicht erst wegen des Verbots der Feiertagsbeschäftigung aus. Die tarifliche Protokollnotiz zu § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V stellt klar, dass die vorgeschriebene Verminderung der Arbeitszeit genau dafür gedacht ist, indem sie die begünstigten Arbeitnehmer als die benennt, die "wegen des Dienstplans am Feiertag frei haben". § 2 Abs. 1 EFZG begründet nämlich für den genannten Fall, dass sich die Freistellung am Feiertag bereits aus einem Planschema ergibt, das von der gesetzlichen Feiertagsruhe unabhängig ist, keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
37Entgegen der Ansicht der Beklagten ist § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V auch dann anwendbar, wenn der Dienstplan für den Feiertag keine vollständige Freistellung vorsieht. § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V spricht nämlich von den "ausgefallenen Stunden" und schreibt damit eine stundenbezogene Betrachtungsweise vor. Er erfasst folglich auch Konstellationen, in denen dienstplanmäßig keine vollständige Freistellung am Feiertag vorgesehen ist (BAG 24.09.2015 - 6 AZR 510/14 - aaO; BAG 20.09.2017 - 6 AZR 143/16 - aaO RN 30). Zwar trifft den Arbeitnehmer dann am Feiertag eine Arbeitspflicht, er hat nicht gänzlich "am Feiertag frei", wie es in der Protokollnotiz heißt. Die Protokollnotiz will mit dieser Wendung jedoch keine Einschränkung der stundenbezogenen Betrachtungsweise vornehmen. Sie erläutert nur, was unter "dienstplanmäßig ausfallend" zu verstehen ist.
38Diese Auslegung wird durch die tarifliche Entstehungsgeschichte bestätigt. Nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag war die Sollarbeitszeit nicht wegen eines Feiertags zu reduzieren oder eine Arbeitszeitgutschrift zu erteilen, wenn ein Arbeitnehmer ohnehin dienstplanmäßig frei hatte. Diese Regelung führte dazu, dass Arbeitnehmer, die an Feiertagen dienstplanmäßig arbeiten mussten, im Ergebnis kürzer arbeiteten als die Arbeitnehmer, die nach dem Dienstplan frei hatten. Das wurde als Schlechterstellung der Schichtdienstleistenden gegenüber den Normaldienstleistenden kritisiert (vgl. die Nachweise in BAG 24.10.2013 - 6 AZR 286/12 - juris RN 47). § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD änderte diese den Tarifvertragsparteien bekannte und mehrfach vom Bundesarbeitsgericht bestätigte Rechtslage (BAG 08.12.2010 - 5 AZR 667/09 - aaO RN 15). Da § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V der Regelung des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD entspricht, kann ihr nur derselbe Inhalt beigemessen werden.
39Aus der ausgeführten tariflichen Entstehungsgeschichte leitet sich zugleich der Zweck der Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V ab. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien soll jeder, der an einem Wochenfeiertag nicht zu arbeiten braucht, für weniger Arbeit die gleiche Vergütung erhalten. Durch § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V wird erreicht, dass dies selbst dann gilt, wenn dem Beschäftigten wegen feiertagsunabhängiger planmäßiger Freistellung kein unmittelbarer Anspruch aus § 2 Abs. 1 EFZG zusteht. Die Gleichstellung der feiertagsbedingten und der dienstplanbedingten Freistellung an Feiertagen unterscheidet sich lediglich in der rechtlichen Konstruktion. Bei feiertagsbedingter Freistellung bleibt das Arbeitszeitsoll grundsätzlich unverändert. Der Vergütungsausfall wird bei den gesetzlichen Feiertagen durch den gesetzlichen Entgeltfortzahlungsanspruch aus § 2 Abs. 1 EFZG ausgeglichen. Trotz auf den Monat bezogen geringerer Arbeitspflicht bleibt die Monatsvergütung gleich. Bei feiertagsunabhängiger, dienstplanmäßiger Freistellung wird demgegenüber das für den vollen Vergütungsanspruch maßgebliche Arbeitszeitsoll herabgesetzt, so dass auch der betroffene Schichtdienstleistende im Ergebnis für geringere Arbeitsleistung in dem betreffenden Monat dieselbe Vergütung erhält (vgl. BAG 24.10.2013 - 6 AZR 286/12 - aaO RN 47; BAG 27.03.2014 - 6 AZR 621/12 - NZA-RR 2014, 500).
40Entgegen der Ansicht der Beklagten dient die tarifliche Regelung daher nicht dem Zweck, missbräuchlicher Dienstplangestaltung entgegenzuwirken. Beschäftigten, bei denen der Arbeitgeber die Feiertage bei der Dienstplangestaltung gezielt ausspart, steht bereits nach § 2 Abs. 1 EFZG Entgeltfortzahlung zu (BAG 08.12.2010 - 5 AZR 667/09 - RN 14). Es wäre wenig sinnvoll, diesen zusätzlich tariflich eine Verminderung der zu leistenden Arbeitszeit zu gewähren.
41Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts führte die von der Beklagten vertretene Ansicht dazu, dass der Kläger für den 01.05.2017 5,92 Stunden im Sinne der Protokollnotiz (vor- oder) hätte nacharbeiten müssen. Denn ohne die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V hätte er im Monat Mai 2017 für seine Monatsvergütung seine volle tarifliche Arbeitszeit erbringen müssen, die dienstplanmäßig am 01.05.2017 ausgefallenen Stunden also anders als ein Normaldienstleistender zu anderer Zeit erbringen müssen.
42Soweit das Arbeitsgericht unter I. 2. b) der Gründe meint, der Klage stünde entgegen, dass für den Kläger am fraglichen Feiertag dienstplanmäßig zwei Stunden ausgefallen wären, wenn er nicht aufgrund des Schichtsystems und der Arbeitsanforderung der Beklagten tatsächlich seine Arbeitsleistung hätte erbringen müssen, verkennt es, dass die aufgeführte Situation - nämlich das Ausfallen von Arbeitszeit wegen eines Feiertags - in § 2 Abs. 1 EFZG geregelt ist und nicht § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V unterfällt. Dienstplanmäßig ausfallend meint wie ausgeführt gerade die Stunden, zu denen der Arbeitnehmer aufgrund des Dienstplans nicht zur Arbeit eingeteilt ist, im Fall des Klägers also gerade nicht die zum Beginn der Nachtschicht am 01.05.2017 zu erbringenden zwei Stunden.
433. Es ist daher individuell festzustellen, wie viele Stunden der Kläger hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig voll zur Feiertagsarbeit herangezogen worden wäre. Nur auf diese Art ist die von § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V bezweckte Gleichstellung mit den Normaldienstleistenden, die infolge des Feiertags frei haben und Entgeltfortzahlung nach § 2 Abs. 1 EFZG erhalten, zu erreichen (vgl. BAG 27.03.2014 - 6 AZR 621/12 - aaO).
44Die normale Schichtzeit des Klägers beträgt 8,17 Stunden. Wenn der Kläger an einem gesetzlichen Feiertag eine Freischicht hat, vermindert die Beklagte die geschuldete Arbeitszeit des Klägers folgerichtig nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V um diese 8,17 Stunden. Abzüglich der vom Kläger am 01.05.2017 geleisteten und nach § 2 Abs. 1 EFZG von der Beklagten bezahlten 2,25 Stunden verbleibt daher ein Anspruch auf Verminderung der Arbeitszeit um die vom Kläger zuletzt noch begehrten 5,92 Stunden.
45Zutreffend hat der Kläger ausgeführt, dass sich die von ihm am 02.05.2017 gearbeiteten Stunden entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dem Vortag zuordnen lassen, sondern außerhalb des gesetzlichen Feiertages angefallen sind. Dies wird durch einen Blick auf § 9 Abs. 2 ArbZG bestätigt. Danach hätte die Beklagte die Feiertagsruhe um zwei Stunden nach vorn verlegen können, wenn ihr Betriebszweck es erlaubt hätte, den Betrieb für 24 Stunden stillzulegen. Dann wäre nicht die am 02.05.2017 gearbeitete Zeit dem Feiertag, sondern die am 01.05.2017 gearbeitete Zeit dem Nachfeiertag zugeordnet worden.
46C.
47Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
48R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
49Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
50R E V I S I O N
51eingelegt werden.
52Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
53Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
54Bundesarbeitsgericht
55Hugo-Preuß-Platz 1
5699084 Erfurt
57Fax: 0361-2636 2000
58eingelegt werden.
59Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
60Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
611.Rechtsanwälte,
622.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
633.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
64In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
65Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
66Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
67* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
68Nübold Baumann Schlingloff