Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
kein Leitsatz
I. | Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 11.05.2011 - 8 Ca 6871/10 - im Übrigen wird zurückgewiesen. | |
II. | Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. | |
III. | Die Revision wird nicht zugelassen. | |
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten zuletzt noch über die Zahlung einer Sonderzuwendung vor dem Hintergrund einer außerordentlichen fristlosen Änderungskündigung der Beklagten.
3Die beklagte Hellenische Republik betreibt in E. eine Ergänzungsschule. An dieser ist die Klägerin seit 1992 als Lehrerin beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 01.01.1992 heißt es auszugsweise:
4"1. | Frau O. G. wird ihre Tätigkeit im Schuljahr 1991-1992 an der Schule E. fortsetzen mit 22 Stunden wöchentlich im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT. | |
[ ] | ||
3. | Die Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT. | |
4. | Der/die Angestellte wird nach 1.13/53 der Sammlung der Schulvorschriften des deutschen Bildungsministeriums vom 20.11.1981 (BASS 21-21, Nr. 53) und den jeweils gültigen Ausführungen in die Gruppe IVb im Alter von 31 Jahren eingestuft. | |
Die Zahlung des Gehalts erfolgt detailliert, wie folgt: | ||
[ ] | ||
5. | Es wird Weihnachtsgeld gezahlt, dessen Betrag einem Monatsgehalt entspricht, in Höhe des Betrages von (des Monats September) nach Abzug der entsprechenden Abzüge. | |
Die Lehrkraft, die diesen Vertrag unterzeichnet, akzeptiert und erkennt mit ihrer Unterschrift an, dass ihr dieses Weihnachtsgeld freiwillig gezahlt wird und dass die Zahlung des Weihnachtsgeldes, auch wenn sie über mehrere Jahre hinweg erfolgte, ihr nicht das Recht erteilt, Ansprüche auf dessen weitere obligatorische Zahlung zu erheben. | ||
Es besteht kein Anrecht auf Weihnachtsgeld, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung dieses Bonus der Arbeitsvertrag gekündigt wurde oder eine beteiligte Partei den Vertrag bis zum 31.12. gekündigt hat oder wenn die Gültigkeit dieses Vertrages aufgrund eines gemeinsamen Beschlusses der beteiligten Parteien endet. Dies gilt jedoch, wenn die Kündigung des Arbeitsvertrages aus Gründen erfolgt, die sich auf den gesamten Betrieb der Schule beziehen oder das dort beschäftigte Personal betreffen. | ||
[ ]" |
Das Gehalt der Klägerin wurde in der Folgezeit der Tarifentwicklung des BAT und sodann des TV-L angepasst. Außerdem leistete die Beklagte an die Klägerin ein Weihnachtsgeld bzw. eine Jahressonderzahlung zunächst in Höhe von 100 % und nach Inkrafttreten des TV-L iHv. 80 % des Bemessungsentgelts. Auf Basis der Entgeltgruppe 11 Stufe 5 berechnete sie für die Monate Januar und Februar 2010 eine Bruttovergütung iHv. EUR 3.642,91 und ab März 2010 eine Bruttovergütung iHv. EUR 3.690,00.
6Seit dem Jahr 2009 befand sich die Beklagte in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Im Zusammenhang mit ihrer Zusage, ua. das bestehende Haushaltsdefizit zu verringern, bekräftigten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in einer Erklärung vom 11.02.2010, im Bedarfsfall entschlossen und koordiniert handeln zu wollen, um die Finanzmarktstabilität im gesamten Euro-Währungsgebiet zu wahren.
7Der Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 08.06.2010 gerichtet an Griechenland zwecks Ausweitung und Intensivierung der haushaltspolitischen Überwachung und zur Inverzugsetzung Griechenlands mit der Maßgabe, die zur Beendigung des übermäßigen Defizits als notwendig erachteten Maßnahmen zu treffen (2010/320/EU - ABl. EU L 145/6 vom 11.06.2010), fordert von der Beklagten Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Zu diesen gehören ua. die Kürzung des Oster-, Urlaubs- und Weihnachtsgelds für Beamte, eine Reform der Lohngesetzgebung sowie die Straffung und Vereinheitlichung der Tarifstruktur im öffentlichen Sektor.
8Die Beklagte erließ aufgrund der mit der Europäischen Union (EU), der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfond (IWF) getroffenen Vereinbarungen ua. das Gesetz Nr. 3833/2010 (Schutz der nationalen Wirtschaft - Dringende Maßnahmen zur Überwindung der Finanzkrise - Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 40 vom 15.03.2010). Hierin heißt es nach der vorgelegten Übersetzung des Normtextes auszugsweise:
9"Artikel 1 | ||
Minderung der Bezüge der Beschäftigten im öffentlichen Dienst | ||
[ ] | ||
4. | Bedienstete mit privatrechtlichen Arbeitsverhältnis gem. Paragraph 2, für die die Bestimmungen von Gesetz 3205/2003 nicht gelten, werden von der Absenkung des Paragraphen 2 jene Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Entwicklung zusammenhängen, ebenso die mit gesundheitsschädigenden oder gefährlichen Berufen oder einem Zusatzstudium verbundenen Zulagen. Wenn den o.g. Bediensteten keine Zulagen, Vergütungen oder Honorare im Sinne des ersten Absatzes von Paragraph 2 dieses Artikels gezahlt werden, dann werden die Bezüge aller Art um sieben Prozent (7 %) herabgesetzt. | |
[ ] | ||
Artikel 3 | ||
Einkommenspolitik des Jahres 2010 | ||
1. | Ab Inkrafttreten dieses Artikels und bis zum 31.12.2010 sind Abschluss und Gewährung von Erhöhungen, im gleichen Zeitraum, auf die Gehälter und Bezüge von Beamten, Angestellten im öffentlichen Dienst im Allgemeinen, in kommunalen Gebietskörperschaften, bei den Körperschaften des Privaten Rechts, welche dem Staat gehören oder vom staatlichen Haushalt regelmäßig finanziert werden, nicht gestattet. | |
[ ] | ||
5. | Bestimmungen des Gesetzes oder Bestimmungen, Bedingungen oder Klauseln von Tarifverträgen, Schiedssprüchen, Ministerialbeschlüssen oder Verwaltungsakten jeder Art und Bedingungen individueller Arbeitsverträge oder Vereinbarungen, die im Widerspruch zu den Bestimmungen dieser Bestimmungen und der vorherigen Artikel stehen, werden aufgehoben. | |
[ ]" |
Art. 1 des Gesetzes trat mit Wirkung zum 01.01.2010 und Art. 3 am Tag der Veröffentlichung des Gesetzes Nr. 3833/2010 im Regierungsblatt in Kraft.
11Darüber hinaus erließ die Beklagte das Gesetz Nr. 3845/2010 über Maßnahmen für die Anwendung des Stützungsmechanismus für die griechische Wirtschaft von Seiten der Mitgliedsländer der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 65 vom 06.05.2010). In der vorgelegten Übersetzung des Normtextes heißt es auszugsweise:
12"Artikel 3 | ||
Maßnahmen zur Minderung der öffentlichen Ausgaben | ||
[ ] | ||
3. | Bei Bediensteten mit Arbeitsverträgen des Privatrechts gem. Par. 2 Art. 1 Ges. 3833/2010, die den Bestimmungen von Gesetz 3205/2010 nicht unterliegen, sind von der Kürzung des Paragraphen 1a die Zulagen ausgenommen, die vom Familienstand oder der dienstlichen Entwicklung zusammenhängen, ebenso die mit gesundheitsschädigenden oder gefährlichen Berufen oder einem Zusatzstudium verbundenen Zulagen. Wenn den o.g. Bediensteten keine Zulagen, Vergütungen oder Honorare im Sinne von Paragraph 1 gezahlt werden, dann werden die Bezüge aller Art um drei Prozent (3 %) herabgesetzt. | |
[ ] | ||
6. | Die Weihnachts-, Oster- und Urlaubszulagen, welche von jeglichen Allgemein- oder Sonderbestimmung und Tarifklauseln, Arbeitsverträgen, Schiedssprüchen, und Einzelverträgen oder Schiedssprüchen für die Bediensteten im Anwendungsbereich der Paragraphen 1 bis 4 einschließlich, ebenso für die Bediensteten im Anwendungsbereich des Paragraphen 5 werden wie folgt festgelegt: | |
a) Die Weihnachtszulage auf fünfhundert (500) Euro. | ||
b) Die Osterzulage auf zweihundertfünfzig (250) Euro. | ||
c) Die Urlaubszulage auf zweihundertfünfzig (250) Euro. | ||
Die oben erwähnten Zulagen werden entrichtet, wenn alle ordentlichen Bezüge, Zulagen und Vergütungen, einschließlich der Zulagen des vorangegangenen Absatzes, innerhalb eines Kalenderjahres den Betrag von insgesamt dreitausend (3.000) Euro pro Monat nicht übersteigt. [ ] | ||
8. | Die Bestimmungen der vorangegangenen Paragraphen überwiegen aller Allgemein- oder Sonderbestimmung und Tarifklauseln, Arbeitsverträgen, Schiedssprüchen, und Einzelverträgen. | |
[ ]" |
Art. 3 des Gesetzes trat mit Wirkung zum 01.01.2010 in Kraft.
14In Art. 3 Gesetz Nr. 3899/2010 (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 212 vom 17.12.2010) ist festgelegt, dass die Bestimmungen in Art. 3 Gesetz Nr. 3833/2010 auch auf die Haushaltspolitik des Jahres 2011 Anwendung finden.
15Mitte Juni 2010 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Bezüge vor. Sie kürzte das Entgelt der Klägerin rückwirkend für die Monate Januar und Februar 2010 jeweils um EUR 255,00 brutto, für die Monate März bis Mai 2010 um jeweils EUR 258,30 brutto. Für den Monat Juni 2010 und in der Folgezeit bis einschließlich April 2011 zahlte sie nur noch ein um EUR 361,25 brutto verringertes monatliches Entgelt. Zudem leistete sie für das Jahr 2010 keine Sonderzahlung.
16Mit Schreiben vom 09.11.2010 (Bl. 29 dA.), der Klägerin am 10.11.2010 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos und bot ihr die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen an. In dem Kündigungsschreiben heißt es:
17"[ ], | ||
um die Finanzkrise zu lösen und um das Unterstützungsprogramm der griechischen Wirtschaft von den Mitgliedstaaten des Euroraums und der Internationalen Währungsfonds umsetzen zu können, nahm der griechische Staat vor, die Vergütung aller Beschäftigten/-Besoldeten zu verkürzen (g. Ges. N3833/2010 und N3845/2010). Für Verträge der Form wie von Ihnen, wurde beschlossen, die monatlichen Bruttoverdienste um 7% und 3% in Zahlen 314,16 € pro Monat zu verkürzen, sowie die Jahressonderzahlung abzuschaffen. Die Kürzung Ihres Gehaltes erfolgte mit 7% ab dem 01.01.2010 und mit weitere 3% ab 01.06.2010. Wegen den obengenannten Gründen und nach Anordnung der DIPODE (Bildungsdirektion interkultureller Erziehung für Griechen im Ausland) mit A.P.F.821/2930E/130071/Z1 kündigen wir den bestehenden Arbeitsvertrag aus wichtigem Grund sofort und ohne Einhaltung der Frist. Gleichzeitig bitten wir Ihnen einen neuen Arbeitsvertrag mit den folgenden Bedingungen: | ||
1. Kürzung des monatlichen Bruttogehaltes pro Monat 314,16 € | ||
2. Abschaffung der besonderen Jahressonderzahlung | ||
Hinzufügend setzen wir Sie in Kenntnis davon, dass die Gehaltserhöhungen gemäß der (TV-L) nicht automatisch umgesetzt werden, sondern erst nach der Entscheidung Ihres Arbeitgebers, nämlich gemäß der Einsparungspolitik des Griechischen Staates. Die übrigen Bedingungen des bestehenden Vertrages bleiben unverändert. [ ]" |
Die Klägerin hat das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen.
19Mit ihrer am 22.11.2010 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage, der Beklagten am 17.02.2011 zugestellt, hat sich die Klägerin gegen die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen gemäß der Kündigung vom 09.11.2010 gewendet und die Nachzahlung von abgezogenen Gehaltsbeträgen sowie der Jahressonderzuwendung 2010 verlangt.
20Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe ihre wirtschaftliche Lage und ihre Sanierungsplanung nicht nachvollziehbar dargelegt. Das Änderungsangebot sei nicht hinreichend bestimmt. Die Beklagte habe ihr Gehalt zudem nicht einseitig kürzen dürfen.
21Die Klägerin hat beantragt, |
1. | festzustellen, dass die im Schreiben vom 09.11.2010 enthaltene Änderung ihrer Arbeitsbedingungen unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht; | |
2. | die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 7.946,65 nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus EUR 3.091,15 seit Rechtshängigkeit sowie aus EUR 3.049,25 seit dem 01.12.2010 und aus jeweils EUR 361,25 seit dem 01.01.2011, 01.02.2011, 01.03.2011, 01.04.2011 und 01.05.2011 zu zahlen. |
Die Beklagte hat beantragt, |
die Klage abzuweisen. |
Die Beklagte hat vorgetragen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nach § 20 Abs. 2 GVG nicht gegeben. Ein angestellter Lehrer unterstehe den Weisungen ihres Konsuls in E. und übe sowohl nach deutschem als auch nach ihrem - griechischen - Recht hoheitliche Aufgaben aus. Die Änderung der Arbeitsbedingungen sei im Übrigen gerechtfertigt. Sie sei Ende Februar/Anfang März 2010 finanziell nicht in der Lage gewesen, die Gehälter und Renten ihrer etwa eine Million Beschäftigten aufzubringen. Um weitere zwingend erforderliche Kredite zu erhalten und damit eine Insolvenz zu vermeiden, in deren Folge sie aus der europäischen Währungsunion würde austreten müssen, habe sie Verhandlungen mit den Geberländern aufgenommen. Danach habe sie nur die Möglichkeit gehabt, entweder ca. 250.000 Bedienstete zu entlassen oder die Gehälter und Renten ausnahmslos aller Bediensteten durch Parlamentsgesetz radikal zu kürzen. Sie habe sich für letztere Möglichkeit entschieden und nach den Vorgaben der Geberländer die Gesetze 3833/2010 "Schutz der nationalen Wirtschaft - Notstandsmaßnahmen zur Bekämpfung der Finanzkrise" - Kürzung jeder Art regulärer Bezüge um 7 % mit Wirkung ab 01.01.2010 - und 3845/2010 "Maßnahmen zur Anwendung des Unterstützungsmechanismus der griechischen Wirtschaft von den EU-Mitgliedsländern der Eurozone und vom Internationalen Währungsfonds" - Kürzung um weitere 3 % sowie Kürzung bzw. Streichung von Weihnachtsgeld, Ostergeld und Urlaubsgeld mit Wirkung ab 01.06.2010 - erlassen.
26Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie mit Urteil vom 17.11.2011 - 15 Sa 836/11 - mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben. Auf die zugelassene Revision hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 25.04.2013 - 2 AZR 110/12 - das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision zurückverwiesen. Es hat die Zulässigkeit der Klage bejaht und ausgeführt, das Landesarbeitsgericht habe bei Prüfung der materiellen Rechtslage davon auszugehen, dass sich die Wirksamkeit der Änderungskündigung nach deutschem Recht richte, da die Parteien konkludent die Anwendung deutschen Rechts vereinbart hätten. Es habe weiter der Frage nachzugehen, welche Rechtsqualität die griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 hätten und ob diese die Beklagte angesichts ihrer drohenden Insolvenz und der Auflagen der Geberländer völkerrechtlich berechtigten, unmittelbar korrigierend auch in Arbeitsverhältnisse einzugreifen, die außerhalb des Staatsgebietes vollzogen würden. Insoweit sei unter Umständen ein völker- und staatsrechtliches Gutachten einzuholen. Sollte danach die Änderungskündigung nicht "überflüssig" sein, sei davon auszugehen, dass das Änderungsangebot ausreichend bestimmt sei. Das Landesarbeitsgericht habe zudem den Fragen nachzugehen, ob ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für die Erklärung einer fristlosen Kündigung gegeben sei, ob die Beklagte eine Auslauffrist hätte einhalten müssen und ob sie die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt habe.
27In seiner neuen Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 31.07.2014 - 15 Sa 1132/13 - die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags und die Zahlungsklage insoweit abgewiesen, als sie den Betrag von EUR 3.373,69 brutto nebst Zinsen übersteigt. Dabei ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 den Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nicht geändert hätten und ihnen keine unmittelbare Wirkung in Bezug auf den Arbeitsvertrag der Parteien zukomme. Die Änderungskündigung sei auch nicht überflüssig, weil kein Anspruch auf die bislang gezahlte tarifliche Sonderzahlung und auch kein Anspruch auf die Teilnahme an den Gehaltserhöhungen gemäß TV-L bestanden habe. Die diesbezüglichen Ansprüche ergäben sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag und der dort geregelten Inbezugnahme des BAT. Infolge der Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L sei eine Regelungslücke entstanden, die durch ergänzende Vertragsauslegung und Anwendung der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke zu schließen sei. Der vorliegende Sachverhalt rechtfertige aber den Ausspruch einer außerordentlichen Änderungskündigung aus wichtigem Grund nach § 626 Abs. 1 BGB. Dennoch habe die Berufung gegen den vom Arbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsantrag nur insoweit Erfolg, als Zahlungsansprüche zum Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung noch fällig geworden seien. Dies umfasse ua. die Sonderzuwendung für das Jahr 2010. Die Klägerin habe daher nur einen Anspruch auf Rückzahlung von EUR 3.091,15 brutto. Darüber hinaus verhalte sich die Änderungskündigung nicht über den einbehaltenen Betrag von monatlich EUR 361,25 sondern nur über 314,16 Euro, so dass der Klägerin ein Anspruch von weiteren EUR 282,54 (EUR 47,09 Euro monatlich) zustehe. Auf die Revision der Klägerin hat das Bundesarbeitsgericht unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Beklagten das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf aufgehoben, soweit es auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 11.05.2011 abgeändert und die Klage abgewiesen hat (Urteil vom 20.10.2017 - 2 AZR 785/16 (F) -). Zugleich hat es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen, soweit diese sich gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts über den zu Nr. 1 erhobenen Feststellungsantrag und gegen ihre Verurteilung richtet, an die Klägerin EUR 1.884,96 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je EUR 314,16 brutto seit dem 1. Kalendertag der Monate Dezember 2010 bis Mai 2011 zu zahlen. Dabei ist das Bundesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass das Änderungsangebot unverhältnismäßig gewesen sei. Die Beklagte habe sich nicht darauf beschränkt, der Klägerin die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses mit den Vertragsbedingungen anzubieten, die den Vorgaben der im Kündigungszeitpunkt geltenden Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 entsprächen. Diese verhielten sich nicht zu Vereinbarungen über die Gehaltsentwicklung nach dem Jahr 2010. Die Beklagte habe auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen - unabhängig vom Inhalt der von ihr erlassenen Gesetze - eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Gehaltserhöhungen nach dem (deutschem) TV-L auf Dauer mit griechischem Recht und den sich daraus ergebenden Maßnahmen zur Bewältigung ihrer Finanzkrise unvereinbar sein werde. Im Übrigen - nämlich hinsichtlich der Sonderzuwendung für das Jahr 2010 - hat das Bundesarbeitsgericht die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
28Die Beklagte trägt - soweit für die Berufung noch relevant - vor, dass zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt oder gewollt gewesen sei, dass die Gewährung einer Weihnachtsgratifikation verbindlicher Teil der Vergütung der Klägerin werde. Die Gewährung der Weihnachtsgratifikation sei als freiwillige Leistung ohne verbindlichen Charakter erfolgt.
29Die Beklagte hat beantragt, |
das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 11.05.2011 - 8 Ca 6870/10 - abzuändern und die Klage abzuweisen. |
Die Klägerin hat beantragt, |
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 11.05.2011 - 8 Ca 6870/10 - zurückzuweisen. |
Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und weist - soweit es für die Berufung noch darauf ankommt - ergänzend darauf hin, dass ihr das Weihnachtsgeld seit Beginn des Arbeitsverhältnisses im Jahr 1992 und später die Jahressonderzuwendung ab dem Jahr 2006 immer kommentarlos gezahlt worden seien. Hinweise auf eine Freiwilligkeit habe es nicht gegeben. Die im Arbeitsvertrag enthaltene Freiwilligkeitsregelung in Nr. 5 widerspreche der weiter vorne getroffenen Vereinbarung in Nr. 3 iVm. dem BAT/TV-L, wonach ein Weihnachtsgeld gezahlt werde. Die Klausel halte einer AGB-Kontrolle nicht stand.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen der jeweiligen Rechtszüge verwiesen.
35E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
36I.
37Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 lit. b) ArbGG an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG. Sie weist insbesondere die gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO erforderliche Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung auf.
38II.
39Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 11.05.2011 im Übrigen ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit die Kammer hierüber noch zu entscheiden hatte - zu Recht stattgegeben. Das Vorbringen in der Berufungsinstanz ändert daran nichts.
401. Die Klage ist zulässig. Insoweit steht nach Maßgabe der Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 20.10.2017 zunächst fest, dass die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben ist. Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 GVG liegen nicht vor. Die Beklagte genießt in Bezug auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Staatenimmunität (BAG 20.10.2017 - 2 AZR 785/16 (F) -). Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung an. Die Beklagte macht auch nach wie vor nicht substantiiert geltend, dass und inwiefern die Klägerin im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses hoheitliche Tätigkeiten ausübte.
412. Die Klage ist - soweit die Kammer hierüber noch zu entscheiden hatte, nämlich in Bezug auf die Sonderzuwendung 2010 - auch begründet.
42a.Die Klägerin hat einen Anspruch auf die ungekürzte Sonderzuwendung für das Jahr 2010 in Höhe von EUR 2.688,00 brutto aus Nr. 3 des Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.01.1992 iVm. § 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 TV-L.
43aa.Das Arbeitsverhältnis richtet sich insgesamt nach dem TV-L in seiner jeweils geltenden Fassung. Zwar haben die Parteien im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich auf die "jeweils geltenden" Tarifbestimmungen verwiesen. Die Formulierung "Die Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT", ist aber dahin zu verstehen, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist, welches sich in seiner Struktur, soweit im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich Abweichendes geregelt ist, an den genannten Tarifverträgen ausrichtet. Die in einem solchen Arbeitsvertrag durch die Abschaffung des BAT entstandene Regelungslücke ist dahingehend zu schließen, dass - bezogene auf den Fall der Klägerin - der TV-L im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung heranzuziehen ist. Diese Auslegung des Landesarbeitsgerichts im Urteil vom 31.07.2014 - 15 Sa 1132/13 - wurde durch das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 20.10.2017 ausdrücklich bestätigt (BAG 20.10.2017 - 2 AZR 785/16 (F) -).
44bb.Gemäß § 20 Abs. 1 TV-L, auf den in Nr. 3 des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 verwiesen wird, haben Beschäftigte, die am 01. Dezember eines Jahres im Arbeitsverhältnis stehen, Anspruch auf eine Jahressonderzahlung. Der Höhe nach besteht bei einem Beschäftigten, der - wie die Klägerin - in die Entgeltgruppe E 11 eingruppiert und im Tarifgebiet West tätig ist, gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 TV-L Anspruch auf 80 % des in den Monaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlten Entgelts (vgl. im Einzelnen § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L). Die Höhe dieses Entgelts (EUR 3.360,00 brutto) und der hieraus resultierende Anspruch in Höhe von EUR 2.688,00 brutto war zwischen den Parteien nicht streitig, angesichts des behaupteten Bruttomonatsgehalt ohne Kürzung von EUR 3.690,00 aber jedenfalls nicht zu hoch (§ 301 ZPO).
45cc.Dem Anspruch der Klägerin steht der Freiwilligkeitsvorbehalt in Nr. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 nicht entgegen. Dieser ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent und daher unwirksam.
46(1)Bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 handelt es sich schon nach dem äußeren Erscheinungsbild um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB (vgl. BAG 17.08.2011 - 10 AZR 202/10, NZA 2012, 265 mwN.).
47(2)Nr. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 bezieht sich auch auf den der Klägerin nach Nr. 3 des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 iVm. § 20 Abs. 1 TV-L zustehenden Anspruch auf die Sonderzuwendung, hier für das Jahr 2010.
48(a)Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 16.04.2015 - 6 AZR 352/14 -; 03.09.2014 - 5 AZR 109/13, EzA § 87 BetrVG 2001 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 31; 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, AP Nr. 22 zu § 106 GewO; 10.12.2008 - 10 AZR 1/08, AP Nr. 40 zu § 307 BGB; 24.10.2007 - 10 AZR 825/06, AP BGB § 307 Nr. 32).
49(b)Der Anspruch auf die Sonderzuwendung ergibt sich zunächst aus Nr. 3 des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 iVm. § 20 Abs. 1 TV-L. Allerdings regelt Nr. 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 ähnliches. Danach wird ein Weihnachtsgeld gezahlt, dessen Betrag einem Gehalt für den Monat September entspricht. Hierdurch wird jedoch kein zusätzlicher, neben Nr. 3 iVm. § 20 Abs. 1 TV-L bestehender Anspruch auf ein Weihnachtsgeld begründet. Der Freiwilligkeitsvorbehalt in Nr. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 bezieht sich daher nicht nur auf Nr. 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 sondern direkt auf Nr. 3 des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 iVm. § 20 Abs. 1 TV-L. Denn die vertragliche Regelung in Nr. 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags ist dahingehend auszulegen, dass hiermit lediglich der Anspruch aus Nr. 3 des Arbeitsvertrags iVm. § 20 Abs. 1 TV-L deklaratorisch wiederholt wird, um ihn dann weiteren Regelungen zu unterwerfen. Dieses Auslegungsergebnis ergibt sich zum einen aus der Systematik des Arbeitsvertrags. Schon Nr. 4 des Arbeitsvertrags veranschaulicht lediglich, wie sich die Vergütung (nach Maßgabe des in Nr. 3 in Bezug genommenen BAT) zusammensetzt. Dies geschieht auch in Nr. 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags. Auch hier soll lediglich zur Veranschaulichung - deklaratorisch - die Höhe des Weihnachtsgeldes wiederholt werden. Denn aufgrund der Inbezugnahme und Geltung der Regelungen des BAT fand über § 1 des Tarifvertrags über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 (iF.: "TV Zuwendung") auch dieser Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung (vgl. BAG 24.03.2004 - 5 AZR 355/03, AP Nr. 22 zu § 3 EntgeltFG; 24.02.1999 - 10 AZR 5/98, NZA 1999, 830). § 2 Abs. 1 TV Zuwendung bestimmt, dass das Weihnachtsgeld in Höhe von 100 % der Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT zusteht, die dem Angestellten zugestanden hätte, wenn er während des ganzen Monats September Erholungsurlaub gehabt hätte. Hierauf will Nr. 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags offensichtlich Bezug nehmen.
50(3)Nr. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 ist jedoch intransparent und daher unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
51(a)Widersprüchliche Klauseln sind nicht klar und verständlich iSd. Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dieser Vorschrift kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB (BAG 10.12.2008 - 10 AZR 1/08, NZA-RR 2009, 576; 30.07.2008 - 10 AZR 606/07, BAGE 127, 185; 24.10.2007 - 10 AZR 825/06, AP Nr. 32 zu § 307 BGB).
52(b)Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze verstößt die Regelung in Nr. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags, wonach der Klägerin das Weihnachtsgeld freiwillig gezahlt wird und dass die Zahlung des Weihnachtsgeldes, auch wenn sie über mehrere Jahre hinweg erfolgte, ihr nicht das Recht gibt, Ansprüche auf dessen weitere obligatorische Zahlung zu erheben, gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist deshalb unwirksam. Der Wortlaut der in Nr. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags getroffenen Abrede ist zwar eindeutig. Er schließt einen Rechtsanspruch auf das Weihnachtsgeld aus. Diese Regelung ist jedoch deshalb nicht klar und verständlich iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil sie zu der in Nr. 3 des Arbeitsvertrags iVm. § 20 Abs. 1 TV-L getroffenen Vereinbarung, die sogar in Nr. 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 01.01.1992 wiederholt wird, in Widerspruch steht. Hiernach erhält die Angestellte eine Weihnachtsgratifikation. Diese "wird" gezahlt. Eine Formulierung, nach der vom Arbeitgeber ein Bonus oder eine Gratifikation gezahlt wird oder der Arbeitnehmer einen Bonus oder eine Gratifikation erhält, ist typisch für die Begründung eines Entgeltanspruchs (vgl. BAG 30.07.2008 - 10 AZR 606/07, BAGE 127, 185; 24.10.2007 - 10 AZR 825/06, AP Nr. 32 zu § 307 BGB; 24.09.2003 - 10 AZR 34/03, AP Nr. 254 zu § 611 BGB Gratifikation). Die Parteien haben sogar die Höhe des Weihnachtsgeldes bestimmt. Auch soweit aus Nr. 5 Satz 3 des Arbeitsvertrags ein Rückzahlungsanspruch folgt, wenn das Arbeitsverhältnis bis zum 31.12. eines Jahres gekündigt wird, die Gratifikation zuvor aber schon ausgezahlt wurde, lässt sich die Klausel vom Wortlaut her nur dahingehend verstehen, dass der Klägerin eine Weihnachtsgratifikation zusteht. Ein Anspruch auf Rückzahlung einer Leistung durch den Arbeitgeber setzt den Anspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung voraus. Hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die Leistung, ginge ein Rückzahlungsanspruch ins Leere. Der von Nr. 3 des Arbeitsvertrags iVm. § 20 Abs. 1 TV-L eigentlich eingeräumte Anspruch wird also durch Nr. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags wieder entzogen. Die Regelungen stehen daher zueinander in Widerspruch.
53(4) Der unwirksame Freiwilligkeitsvorbehalt fällt ersatzlos weg. Eine geltungserhaltende Reduktion kommt nicht in Betracht. Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen. § 306 BGB sieht eine solche Rechtsfolge nicht vor (BAG 28.05.2013 - 3 AZR 103/12 -; 13.12.2011 - 3 AZR 791/09 -; 23.01.2007 - 9 AZR 482/06 -; 11.04.2006 - 9 AZR 610/05, AP Nr. 16 zu § 307 BGB; 19.12.2006 - 9 AZR 294/06 -).
54Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Arbeitsvertrag um einen sog. Altvertrag handelt, der vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde. Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass bei "Altfällen" Vertragsklauseln, die nach den §§ 305 ff. BGB unwirksam sind, nicht stets ersatzlos wegfallen. Eine durch den Wegfall der unwirksamen Klausel entstandene Lücke kann aber nur dann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen sein, wenn dispositives Gesetzesrecht für den betreffenden Regelungssachverhalt nicht zur Verfügung steht und ein ersatzloser Wegfall der unwirksamen Klausel unverhältnismäßig in die Privatautonomie eingreifen und keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragspartner Rechnung tragende Lösung bieten würde (vgl. BAG 10.12.2008 - 10 AZR 1/08, NZA-RR 2009, 576; 23.01.2007 - 9 AZR 482/06, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 38; 19.12.2006 - 9 AZR 294/06, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21). Ein ersatzloser Wegfall des unwirksamen Freiwilligkeitsvorbehalts ist hier aber interessengerecht. Einer Aufrechterhaltung der unwirksamen Klausel mit anderem Inhalt steht eine entsprechende Anwendung der sogenannten Unklarheitenregel entgegen. Diese in § 305c Abs. 2 BGB normierte Regel war schon vor dem Inkrafttreten des AGBG allgemein anerkannt und galt auch für Formulararbeitsverträge (vgl. BAG 10.12.2008 - 10 AZR 1/08, aaO.; 26.01.2005 - 10 AZR 331/04, BAGE 113, 265, 275; 18.08.1998 - 1 AZR 589/97, NZA 1999, 659). Sie besagt, dass Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. Zwar bestehen hier hinsichtlich der Auslegung des Freiwilligkeitsvorbehalts keine Zweifel. Die Freiwilligkeitsklausel schließt einen Rechtsanspruch auf Weihnachtsgeld ihrem Wortlaut nach eindeutig aus, so dass die Unklarheitenregel nicht unmittelbar Anwendung findet. Wenn aber bereits Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Klauselverwenders gehen, ist es gerechtfertigt anzunehmen, dass es auch zu Lasten des Klauselverwenders geht, wenn sich von ihm formulierte Regelungen inhaltlich widersprechen und damit nicht klar und verständlich sind. In einem solchen Fall widersprüchlicher Regelungen muss es der Verfasser Allgemeiner Geschäftsbedingungen gegen sich gelten lassen, dass nur die seinem Vertragspartner günstige Klausel wirksam ist (vgl. BAG 10.12.2008 - 10 AZR 1/08, aaO.).
55dd.Dem Anspruch der Klägerin steht auch die Änderungskündigung vom 09.11.2010 nicht entgegen.
56(1)Die der Klägerin im Zusammenhang mit der Änderungskündigung angetragene fristlose - nicht "überflüssige" - Änderung der Vertragsbedingungen ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-L, § 626 Abs. 1 BGB. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 20.10.2017 (- 2 AZR 785/16 (F) -) (vgl. ausführlich die Parallelentscheidung BAG 20.10.2017 - 2 AZR 783/16 (F), BAGE 160, 364) festgestellt. Danach bestand im Kündigungszeitpunkt nach der der Beklagten in Art. 2 (1) Buchst. f des Beschlusses des Rates der Europäischen Union 2010/320/EU auferlegten Verpflichtung zur Beschränkung der dort genannten Sonderzuwendungen sowie den in den Gesetzen Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 festgelegten Entgeltkürzungen zwar ein berechtigter Anlass für eine außerordentliche Änderungskündigung zur Reduzierung des Bruttomonatsentgelts der Klägerin. Das Änderungsangebot der Beklagten ist aber unverhältnismäßig. Die Beklagte hat sich nicht darauf beschränkt, der Klägerin die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses mit den Vertragsbedingungen anzubieten, die den Vorgaben der im Kündigungszeitpunkt geltenden Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 entsprechen. Diese verhalten sich nicht zu Vereinbarungen über die Gehaltsentwicklung nach dem Jahr 2010. Die Änderung der bisherigen vertraglichen Abreden dahingehend, dass künftig Gehaltserhöhungen nicht mehr "automatisch" geleistet werden sollen, beruht nicht auf normativen Vorgaben (vgl. BAG 20.10.2017 - 2 AZR 785/16 (F) -; 20.102017 - 2 AZR 783/16 (F), aaO.).
57(2)Diese Wertung des Bundesarbeitsgerichts gilt nach wie vor; die Kammer schließt sich ihr ausdrücklich an. Das Änderungsangebot erweist sich in dem fraglichen Punkt auch nicht aus anderen Gründen als verhältnismäßig. Insbesondere hat die Beklagte nach wie vor nicht dargelegt, aus welchen Gründen - unabhängig vom Inhalt der von ihr erlassenen Gesetze - eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Gehaltserhöhungen nach dem (deutschem) TV-L auf Dauer mit griechischem Recht und den sich daraus ergebenden Maßnahmen zur Bewältigung ihrer Finanzkrise unvereinbar sein wird (vgl. BAG 20.10.2017 - 2 AZR 785/16 (F) -; 20.102017 - 2 AZR 783/16 (F), aaO.).
58b.Infolge des Bestehens des Hauptanspruchs hat die Klägerin auch einen Anspruch auf die beantragten Zinsen. Der Anspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. den Fälligkeitsregeln des § 24 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 TV-L.
59III.
60Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels der Berufung und die der Revision waren gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO jeweils der Beklagten aufzuerlegen. Da das Urteil des Arbeitsgerichts durch die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts in vollem Umfang wiederhergestellt wurde, konnte es hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten bei der Kostenverteilung nach Maßgabe des Urteils vom 11.05.2011 - 8 Ca 6870/10 - verbleiben. Einer Klarstellung im hiesigen Tenor bedurfte es nicht.
61IV.
62Die Revision zugunsten der Beklagten war mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen.
63R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
64Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben.
65Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a Abs. 1 ArbGG verwiesen.
66Dr. Reinartz | Berndt | Meeth |