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Der Gründungszuschuss nach § 93 SGB III sichert den Lebensunterhalt in der Gründungsphase einer selbständigen Tätigkeit nach Beendigung der Arbeitslosigkeit. Er ersetzt damit als Sozialleistung bestehende Entgeltansprüche gegenüber dem Arbeitgeber aufgrund einer unwirksamen Kündigung. Die Leistung eines Gründungszuschusses führt daher zum Anspruchsübergang nach § 115 SGB X, wenn in der Zeit der Leistung noch Entgeltansprüche bestehen.
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 08.02.2013 - 3 Ca 555/11 - aufgehoben, soweit das Arbeitsgericht den erstinstanzlich zu 5.) gestellten Antrag betreffend Zinsen für den Zeitraum vom 30.06.2009 bis 28.02.2011 zurückgewiesen hat. Der Rechtsstreit wird insoweit an das Arbeitsgericht Oberhausen zurückverwiesen.
II. Im Übrigen wird das Teilurteil auf die Berufung teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
1. a) Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Kläger auf dem Postweg zugegangen am 14.03.2011, beendet worden ist.
b) Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auf dem Postweg zugegangen am 14.03.2011, beendet worden ist.
c) Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers per Telefax am 09.03.2011zugegangen, beendet worden ist.
d) Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Kläger in elektronischer Form per e-Mail am 09.03.2011 zugegangen, beendet worden ist.
2. a) Die Beklagte wird verurteilt, 21.990,49 € brutto zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.08.2012 zu zahlen.
b) Die Beklagte wird verurteilt, die sich aus der Tantiemevereinbarung der Parteien vom 06.07.2006 ergebenden Tantiemeansprüche für die Geschäftsjahre 2010 und 2011 sowie für den Zeitraum 01.01. - 29.02.2012 ergebenden Tantiemeansprüche ordnungsgemäß abzurechnen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für die Zeit vom 01.03.2011 bis zum 29.02.2012 in Höhe von 152.928,00 € brutto abzüglich erhaltenem Gründungszuschuss in Höhe von 13.850,95 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 10.497,90 € seit dem 31.03.2011
aus 10.497,90 € seit dem 30.04.2011
aus 10.497,90 € seit dem 31.05.2011
aus 10.497,90 € seit dem 30.06.2011,
aus 10.497,90 € seit dem 31.07.2011
aus 10.497,90 € seit dem 31.08.2011
aus 12.369,65 € seit dem 30.09.2011
aus 12.744,00 € seit dem 31.10.2011
aus 12.744,00 € seit dem 30.11.2011
aus 12.744,00 € seit dem 31.12.2011
aus 12.744,00 € seit dem 31.01.2012
aus 12.744,00 € seit dem 29.02.2012
zu zahlen.
Im Übrigen wird der erstinstanzlich zu 8.) gestellte Hilfsantrag zurückgewiesen.
4. Die erstinstanzlich gestellten Anträge zu 1., 2., und 4. werden zurückgewiesen.
III. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
IV. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 22 % und die Beklagte zu 78 %.
V. Die Revision wird für den Kläger im Hinblick auf die Teilabweisung des zweitinstanzlich gestellten Hilfsantrags zu 5) (erstinstanzlicher Hilfsantrag zu 8.) zugelassen.
Für die Beklagte wird die Revision nicht zugelassen.
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten über eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung sowie über Ansprüche aus Annahmeverzug bzw. Schadensersatz.
3Der Kläger war bei der Beklagten, einem Krankenhaus, seit dem 01.09.1979, zuletzt aufgrund Dienstvertrages vom 24.07.2006 (Bl. 14 ff. d. A.) als Oberarzt in der Kardiologie beschäftigt. Sein Bruttomonatsgehalt betrug 12.744,00 € einschließlich eines Zuschusses zur Altersversorgung in Höhe von 278,19 €. Der Kläger verwandte diese Zahlung zur Finanzierung einer Lebensversicherung, die er im Jahr 2010 auflöste. Der Kläger verfügt über weitere Lebensversicherungen, die er nicht auflöste. Zusätzlich erhielt der Kläger aufgrund einer Tantiemevereinbarung vom 06.07.2006 (Bl. 85 ff. d. A.) noch eine jährliche Tantieme.
4In § 15 Abs. 3 des Dienstvertrages vom 24.07.2006 ist geregelt: "Der Vertrag endet ohne Kündigung mit Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze oder mit Ablauf des Monats, in welchem dem Arzt der Bescheid über eine vom Rentenversicherungsträger oder von einer anderen Versorgungseinrichtung festgestellte Erwerbsminderung zugestellt wird."
5Die Beklagte beschäftigt ständig mehr als 1.000 Arbeitnehmer.
6Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 16.06.2009 außerordentlich. Der Kündigung lag der Vorwurf zugrunde, der Kläger habe versucht, Schecks, die durch ein Unternehmen als Spende ausgestellt worden waren, zu unterschlagen. Der Kläger hatte im Jahr 2006 Frau C., Mitglied der Geschäftsführung der Firma U., behandelt. Daraufhin ließ Frau C. der Beklagten Spenden per Scheck zukommen, die jeweils mit einem Begleitschreiben an den Kläger übermittelt wurden, der diese auf ein Konto der Beklagten einzahlte. Die Beklagte stellte sodann Spendenquittungen aus. Im Dezember 2008 und Januar 2009 veranlasste Frau C. die Übergabe von zwei Schecks in Höhe von jeweils 5.000,00 €, die der Kläger zunächst nicht einlöste. Nachdem die Firma U. die nicht erteilte Spendenquittung für einen Scheck anmahnte, forderte die Beklagte den Kläger zur Herausgabe dieses Schecks auf. Dieser erklärte daraufhin mit Schreiben vom 15.05.2009, dass dieser Scheck ihm zur freien Verfügung auch außerhalb der Klinik übergeben worden sei. Dieses hatte er zuvor bereits dem Mitarbeiter T. der Beklagten mitgeteilt.
7Frau C. teilte ihrerseits der Beklagten mit Schreiben vom 28.05.2009 mit, dass sie zwei Schecks übermittelt habe, die für die Kardiologie bestimmt gewesen seien. Mitte Juni 2009 reichte der Kläger beide Schecks zugunsten der Beklagten ein, die das Arbeitsverhältnis am 16.06.2009 außerordentlich, hilfsweise ordentlich, kündigte. Im Kündigungsschutzverfahren legte der Kläger eine auf den 01.07.2009 datierte eidesstattliche Erklärung der Frau C. vor, in der diese erklärte, der Kläger habe ihr anlässlich einer Untersuchung im Januar 2009 erklärt, er habe auf den Einsatz der Spenden in 2006 und 2007 keinen Einfluss gehabt, er habe daher den Scheck von Dezember 2008 noch nicht eingelöst. Dieses sei nicht in ihrem Sinne gewesen. Sie habe daher vorgeschlagen, noch einen zweiten Scheck, ausgestellt auf den Kläger, zu schicken, der dem kardiologischen Bereich zugutekommen solle. Anfang Juni 2009 habe sie mit dem Kläger vereinbart, dass der zweite auf ihn ausgestellte Scheck im Vorgriff auf Weihnachten 2009 gewertet werden solle.
8In dem über diese Kündigung geführten Berufungsverfahren 10 Sa 1476/10 trug der Kläger in der Berufungsbegründung vom 27.10.2010 vor, er habe wenige Tage nach Erhalt der Schecks Ende Januar den Chefarzt Prof. O. über den Erhalt informiert (Bl. 292 im Verfahren 10 Sa 1476/10). Weiterhin trug der Kläger auf Bl. 8 f. des Schriftsatzes (Bl. 293 f. d. A. 10 Sa 1476/10 ) vor: "Mit dem ersten Scheck aus 2006 sollte nach den Vorstellungen der Leitung der kardiologischen Abteilung ein Telemetriegerät (...) Kosten ca. 25.000 € angespart werden. Nachdem die Verwaltung der Beklagten diesem Vorhaben nicht zustimmte und der Scheck für allgemeine verwaltungstechnische Zwecke verwandt wurde, wollte man bei dem zweiten Scheck in 2007 und bei den folgenden Schecks im Sinne der Spenderin intensiver Einfluss nehmen". Weiterhin trug der Kläger auf Seite 10 f. (Bl. 295 f. in 10 Sa 1476/10) vor: "Die Scheckausstellerin Frau C. empfand großes Befremden und Enttäuschung, als sie anlässlich ihrer Untersuchung Mitte Januar 2009 von dem Kläger erfuhr, dass die vorangegangenen Spenden gerade nicht der kardiologischen Abteilung zugutegekommen sind und insbesondere kein Telemetriegerät angeschafft worden ist ." Weiterhin trug der Kläger auf Seite 11 des Schriftsatzes (Bl. 296 in 10 Sa 1476/10) vor: "Wörtlich erklärte die Zeugin (sc. Frau C.) dem Kläger, den sie auch als vormaligen Präsidenten des M. Club N. kannte, dass er "bei erneuten Problemen mit der Krankenhausleitung oder Herrn Prof. O. den Scheck auch für andere karitative Zwecke wie M. Club, Kinderschutzbund etc" verwenden dürfte. Es ging der Zeugin darum, zu vermeiden, dass auch dieser Scheck (sc. aus dem Jahr 2009) für verwaltungstechnische Zwecke, wie etwa die Anschaffung eines Chefsessels für den Vorstand der Beklagten, verwendet würde". Der Schriftsatz wurde der Beklagten am 03.12.2010 zugestellt.
9Mit weiterem Schriftsatz vom 18.02.2011 im Verfahren 10 Sa 1476/10 (Bl. 72 ff. d. A.) behauptete der Kläger nochmals, der Chefarzt sei über beide Schecks informiert gewesen. Da Frau C. den Kläger auch in seiner Funktion als Präsidenten des M. clubs sowie seine Ehefrau als Vorsitzende des L. bundes gekannt habe, wäre ihr die Weiterleitung an diese karitativen Institutionen ebenso recht gewesen Es habe für Frau C. nicht nur nahegelegen, sondern sich regelrecht aufgedrängt, dass die Schecks, wenn sie nicht für die Kardiologie, dann für andere karitative Zwecke verwendet worden wären. Frau C. habe auf jeden Fall verhindern wollen, dass auch der Scheck aus Dezember 2008 ebenso wie die vormaligen Spendenschecks anderen, kardiologiefremden Zwecken im Hause der Beklagten zugutekomme. Sie sei sehr enttäuscht darüber gewesen, dass die Beklagte der Spendenzwecksetzung keine Beachtung schenke. Sie habe sich daher in dem Gespräch im Januar 2009 damit einverstanden erklärt, dass die Spende dem M. club oder dem L. bund zugutekommen sollen, wenn sich eine Verwendung für außerkardiologische Zwecke nicht vermeiden ließe. Die Beklagte habe den Scheck aber abermals nicht für die Kardiologie verwenden wollen. Damit sei die Auflage der Spenderin nicht erfüllt worden.
10Mit Urteil vom 25.02.2011 (Bl. 23 ff. d. A.) stellte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf die Unwirksamkeit der Kündigung vom 16.06.2009 fest. Eine hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten blieb erfolglos.
11Der Kläger begab sich am 01.03.2011 wieder in die Klinik. Dort wurde er durch die Personalleitung und den Rechtsvertreter der Beklagten nochmals zu Spenden der Frau C. befragt. Ausweislich des hierüber gefertigten Protokolls (Bl. 35 ff. d. A.) erklärte der Kläger, die geplante Anschaffung des Telemetriegeräts sei nicht möglich gewesen, weil das Geld nicht auf dem Drittmittelkonto der Kardiologie verbucht worden sei. Dieses habe ihm Prof. O. mitgeteilt. Auf die Erklärung der Beklagten, das Geld liege auf dem Drittmittelkonto, zeigte sich der Kläger überrascht und erklärte, er könne sich nicht erklären, wieso die Behauptung im Raum gestanden habe. Weiterhin erklärte der Kläger, sein Anwalt habe die Verwendung des Geldes etwa für die Anschaffung von Chefsesseln überspitzt dargestellt. Er habe nichts über die tatsächliche Verwendung gewusst. Es sei im Schriftsatz im Berufungsverfahren missverständlich angegeben worden, dass die Beklagte beabsichtigt habe, die Schecks aus 2008 und 2009 zweckwidrig zu verwenden. Er sei allerdings davon ausgegangen und habe dieses für sehr wahrscheinlich gehalten.
12Mit Schreiben vom 01.03.2011 stellte die Beklagte den Kläger im Hinblick auf die gegen das Urteil vom 25.02.2011 beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde unwiderruflich unter Anrechnung von Urlaub frei (Bl. 288 d. A.) und erklärte mit anwaltlichem Schreiben vom 01.03.2011 die Aufrechnung gegenüber den aufgelaufenen Lohnansprüchen mit Schadensersatzansprüchen in Höhe von mindestens 10.000,00 € (Bl. 43 ff. d. A.). Mit Schreiben vom 02.03.2011 (Bl. 38 ff. d. A.) hörte die Beklagte den Kläger unter Fristsetzung bis zum 04.03.2011 zu den Vorwürfen an, er habe gewusst, dass es bezüglich der Verwendung der Schecks aus den Jahren 2006 und 2007 zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Chefarzt und der Verwaltung gekommen sei und dass es zu einer Verbuchung der Spenden auf dem Drittmittelkonto der Kardiologie gekommen sei. Zudem habe er den Chefarzt nicht über die Übergabe des 4. Schecks informiert. Hierzu nahm der Kläger mit Schreiben vom 09.03.2011 (Bl. 40 ff. d. A.) Stellung und erklärte sich zugleich mit der unwiderruflichen Freistellung einverstanden.
13Mit Schreiben vom 09.03.2011 (Bl. 46 ff. d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich sowie hilfsweise ordentlich zum 31.10.2011. Die Kündigung ging am 09.03.2011 per Fax dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Kläger per E-Mail zu sowie beiden am 14.03.2011 per Post.
14Der Kläger erhielt im Zeitraum 09.09.2009 bis 05.12.2010 Arbeitslosengeld in Höhe von 64,87 € pro Kalendertag. Mit Wirkung zum 01.02.2010 schloss er mit einer neu gegründeten kardiologischen Praxis einen Vertrag als freier Mitarbeiter ab (Bl. 184 ff. d. A.). Nach § 4 Abs. 1 dieses Vertrages vereinbarten die Parteien eine Tätigkeit von ca. sechs Arbeitstagen monatlich. Hierfür sollte eine Vergütung von 25 % des Gewinns der Praxis vor Abzug der Abschreibungen erfolgen, mindestens aber eine Vergütung von 500,00 € je Ganztagstätigkeit. Vom 06.12.2010 bis zum 05.09.2011 erhielt der Kläger ausweislich einer Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit vom 06.06.2012 (Bl. 558 f. d. A.) einen Gründungszuschuss von der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von monatlich 2.246,10 €. Mit Wirkung zum 30.09.2011 wurde der Vertrag über die freie Mitarbeiterschaft aufgehoben (Bl. 337 d. A.). Ab dem 01.03.2011 erhielt der Kläger zudem vorgezogene Altersrente. Diese betrug ausweislich einer Mitteilung des Versorgungswerks der Ärztekammer Hamburg vom 01.03. bis 31.12.2011 3.002,85 € sowie danach 3.021,55 €. Ab dem 01.02.2012 hätte der Kläger eine ungekürzte Rente in Anspruch nehmen können.
15Mit seiner am 30.03.2011 beim Arbeitsgericht Oberhausen eingegangenen und der Beklagten am 04.04.2011 zugestellten Klage hat der Kläger die Entfernung des Protokolls vom 01.03.2011 aus der Personalakte, die Feststellung, dass er der Beklagten keinen Schadensersatz in Höhe von 10.000,00 € schulde sowie die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigungen vom 09.03.2011 verlangt. Weiterhin hat er die Klage am 15.08.2011 um die Zahlung von Verzugslohn für den Zeitraum 16.06.2009 bis 28.02.2011, Tantiemeabrechnung für die Jahre 2009 und 2010 sowie Zahlung der Tantieme und für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigungen vom 09. bzw. 14.03.2013 um die Zahlung von Vergütung für den Zeitraum 01.03.2011 bis 31.07.2011 erweitert.
16Der Kläger hat das Fehlen personen- oder verhaltensbedingter Gründe für die Kündigung gerügt und die ordnungsgemäße Beteiligung der Mitarbeitervertretung mit Nichtwissen bestritten. Die von Frau C. getätigten Spenden seien zumindest insofern zweckwidrig verwendet worden, als dem Kläger kein Einfluss auf die Verwendung eingeräumt worden sei. Dieses habe er Frau C. im Januar 2009 mitgeteilt. Es sei aber gerade die Intention von Frau C. gewesen, dass er über die Verwendung der Spende entscheiden solle. Im Übrigen spende Frau C. weiter an die Klinik.
17Der Kläger hat die Zahlung von Vergütung ab dem 01.03.2011 auf die seitens der Beklagten erklärte einseitige Freistellung, die er ausdrücklich angenommen habe, gestützt. Die Beklagte sei daher verpflichtet, das ungekürzte Gehalt einschließlich des Zuschusses zur Lebensversicherung zu zahlen. Der Anspruch auf den Zuschuss ergebe sich bereits daraus, dass beide Parteien am 22.07.2012 vor dem Landesarbeitsgericht zu Protokoll erklärt hätten, dass der Betrag anstelle einer betrieblichen Altersversorgung gezahlt werde.
18Aufgrund des vorliegenden Erlassvertrages könnten ein anderweitig erzielter oder aber böswillig unterlassener Verdienst, aber auch der Gründungszuschuss nicht angerechnet werden. Sollte eine Anrechnung einer fiktiven Vergütung für das freie Mitarbeiterverhältnis erfolgen, so könne dieses nur bis zum 30.09.2011 aufgrund der Vertragsaufhebung erfolgen.
19Zudem sei ihm durch die vorgezogene Rente ein Rentenschaden von 56.675,00 € entstanden. Er stütze seine Ansprüche vorsorglich auch auf einen Schadensersatzanspruch aufgrund des eingetretenen Rentenschadens.
20Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil vom 28.09.2011 (Bl. 125 ff. d. A.) die Beklagte zur Zahlung von Verzugslohn für den Zeitraum 16.06.2009 bis 28.02.2011 abzüglich der Zahlungen seitens der Bundesagentur für Arbeit sowie des zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzbetrages von 10.000,00 € verurteilt. Über den Schadensersatzanspruch und über die auf den Verzugslohn anfallenden Zinsen wurde keine Entscheidung getroffen. Weiterhin wurde die Beklagte zu Erteilung einer Tantiemeabrechnung für den Zeitraum vom 01.01. bis 16.06.2009 verurteilt. In dem hiergegen gerichteten Berufungsverfahren 6 Sa 1193/11 haben die Parteien im Termin am 22.07.2013 das Verfahren bezüglich der Tantiemeabrechnung für 2009 für erledigt erklärt. Im Übrigen haben die Parteien im Wesentlichen darüber gestritten, welche tatsächlichen oder aber fiktiven Einkünfte aus der Tätigkeit als freier Mitarbeiter auf den Annahmeverzugslohn anzurechnen seien. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang behauptet, er habe aufgrund der geringen Gewinne der Praxis im Jahr 2010 nur ein Honorar von 2.000,00 € sowie in 2011 von 4.000,00 € erzielt. Im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht am 22.07.2012 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen (Bl. 338 ff. d. A.), wonach die Beklagte für den Zeitraum 17.06.2009 bis 28.02.2011 eine Zahlung in Höhe von 221.697,78 € brutto abzüglich 35.211,06 € erhaltener Leistungen der Bundesagentur für Arbeit erbringt. Zur Ermittlung des Bruttobetrages wurde ein fiktives Einkommen aus der freien Mitarbeitertätigkeit in Höhe von 3.000,00 € in Ansatz gebracht. Weiterhin sollte ein Betrag von 10.000,00 € netto in Abzug zu bringen sein, da insoweit der Streit über die Berechtigung einer Aufrechnung noch beim Arbeitsgericht Oberhausen anhängig war. Der Tantiemeanspruch für das Jahr 2009 wurde ebenfalls ausdrücklich nicht mitgeregelt.
21Mit Schreiben vom 24.07.2012 (Bl. 325 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Tantieme für 2009 21.990,49 € betrage.
22Der Kläger hat seine Anträge mit Schriftsatz vom 02.08.2012 neu gefasst und die Klage um die Zahlung von Annahmeverzugsvergütung bis zum 29.02.2012 erweitert.
23Der Kläger hat zuletzt beantragt,
241. die Beklagte zu verurteilen, das "Gesprächsprotokoll" der Beklagten vom 01.03.2011 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen,
252. festzustellen, dass der Beklagten kein Schadensersatzanspruch gegen den Kläger in Höhe von mindestens 10.000,00 € zusteht,
263. a) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Kläger auf dem Postweg zugegangen am 14.03.2011, beendet worden ist,
27b) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auf dem Postweg zugegangen am 14.03.2011, beendet worden ist,
28c) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers per Telefax am 09.03.2011 zugegangen, beendet worden ist,
29d) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Kläger elektronisch per E-Mail am 09.03.2011 zugegangen, beendet worden ist,
304. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern unverändert zu den Bedingungen des zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsvertrags und in Verbindung mit seinen Änderungen fortbesteht,
315. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinsatz
32aus 5.817,78 € seit dem 30.06.2009
33aus 12.744,00 € seit dem 31.07.2009
34aus 12.744,00 € seit dem 31.08.2009
35aus 12.744,00 € seit dem 30.09.2009
36aus 12.744,00 € seit dem 31.10.2009
37aus 12.744,00 € seit dem 30.11.2009
38aus 12.744,00 € seit dem 31.12.2009
39aus 12.744,00 € seit dem 31.01.2010
40aus 12.744,00 € seit dem 28.02.2010
41aus 12.744,00 € seit dem 31.03.2010
42aus 12.744,00 € seit dem 30.04.2010
43aus 12.744,00 € seit dem 31.05.2010
44aus 12.744,00 € seit dem 30.06.2010
45aus 12.744,00 € seit dem 31.07.2010
46aus 12.744,00 € seit dem 31.08.2010
47aus 12.744,00 € seit dem 30.09.2010
48aus 12.744,00 € seit dem 31.10.2010
49aus 12.744,00 € seit dem 30.11.2010
50aus 12.744,00 € seit dem 31.12.2010
51aus 12.744,00 € seit dem 31.01.2011
52aus 12.744,00 € seit dem 28.02.2011
53zu zahlen,
546. a) die Beklagte zu verurteilen, 21.990,49 € brutto zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
557. die Beklagte zu verurteilen, die sich aus der Tantiemevereinbarung der Parteien vom 06.07.2006 ergebenden Tantiemeansprüche für die Geschäftsjahre 2010 und 2011 sowie für den Zeitraum vom 01.01.2012 bis 29.02.2012 ordnungsgemäß abzurechnen und den sich hieraus ergebenden Bruttobetrag zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
568. die Beklagte für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen zu Ziffer 3 a bis 3 d zu verurteilen, an den Kläger Lohn für die Zeit vom 01.03.2011 bis zum 29.02.2012 in Höhe von 152.928,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
57aus 12.744,00 € seit dem 31.03.2011
58aus 12.744,00 € seit dem 30.04.2011
59aus 12.744,00 € seit dem 31.05.2011
60aus 12.744,00 € seit dem 30.06.2011,
61aus 12.744,00 € seit dem 31.07.2011
62aus 12.744,00 € seit dem 31.08.2011
63aus 12.744,00 € seit dem 30.09.2011
64aus 12.744,00 € seit dem 31.10.2011
65aus 12.744,00 € seit dem 30.11.2011
66aus 12.744,00 € seit dem 31.12.2011
67aus 12.744,00 € seit dem 31.01.2012
68aus 12.744,00 € seit dem 29.02.2012
69zu zahlen.
70Die Beklagte hat beantragt,
71die Klage abzuweisen.
72Sie hat die Auffassung vertreten, den Kündigungsschutzanträgen sowie dem sich daran anschließenden uneigentlichen Hilfsantrag mangele es an einem Rechtsschutzbedürfnis, da der Kläger sich selbst entschieden habe, vorzeitig in Rente zu gehen. Damit habe er gegen eine Weiterbeschäftigung bei der Beklagten entschieden und selbst den Eintritt der vertraglichen Altersgrenze herbeigeführt. Diese sei im Übrigen spätestens am 31.01.2012 eingetreten, da der Kläger dann die Altersgrenze der Ärzteversorgung für einen ungekürzten Rentenanspruch erreicht.
73Die Beklagte hat die Kündigung auf den Vorwurf gestützt, der Kläger habe sie in Misskredit gebracht, indem er zum einen gegenüber Frau C. im Januar 2009 sowie im Späteren in seinem Schriftsatz vom 18.02.2011 an das Landesarbeitsgericht behauptet hat, die Beklagte habe die Spenden wiederholt zweckwidrig verwendet. Sie sei im Anschluss diesen Vorwürfen nachgegangen, die sich als haltlos erwiesen hätten, sämtliche Spenden seien dem Drittmittelkonto der Kardiologie zugebucht worden. Zudem habe der Kläger den Chefarzt über die Existenz des letzten Schecks nicht informiert. Darüber hinaus habe der Kläger einen persönlich auf sich ausgestellten Scheck durch die falschen Behauptungen erschwindelt, um ihn nicht für die Kardiologie zu verwenden.
74Ihr sei ein Schaden in Höhe von 10.000,00 € dadurch entstanden, dass Frau C. keine weiteren Spenden mehr an die Kardiologie veranlasst habe, sondern nunmehr an den von der Ehefrau des Klägers geleiteten Kinderschutzbund N. spende. Per Frühjahr 2011 sei ein Schaden in Höhe von mindestens 10.000,00 € entstanden. Hilfsweise erkläre sie mit den streitgegenständlichen Ansprüchen nochmals die Aufrechnung.
75Der Kläger könne im Wege des Annahmeverzuges nicht mehr die Zahlung des Zuschusses zu einer bereits in 2010 gekündigten Lebensversicherung verlangen. Darüber hinaus schulde sie die Zahlung nur bis zum Rentenbeginn. Im Hinblick auf mögliche Annahmeverzugsansprüche sei dem Kläger anzurechnen, dass er es böswillig unterlassen habe, durch seine Tätigkeit in der kardiologischen Praxis weiteres Einkommen in Höhe von zumindest 3.000,00 € zu erzielen. Zudem hätte er die Möglichkeit gehabt, einen weiteren Gründungszuschuss von 6.000,00 €, aufgeteilt auf 25 Monate der Tätigkeit als freier Mitarbeiter also von 240,00 € monatlich zu erzielen. Im Übrigen herrsche in N. Facharztmangel, so dass auch dort Bedarf bestanden hätte. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, sich einer Facharztagentur zur Verfügung zu stellen. Damit wäre ein Stundensatz von ca. 90,00 € bis 100,00 € brutto zu erzielen gewesen. Darüber hinaus sei auch die Altersrente als anderweitiges Einkommen anzurechnen.
76Dem Anspruch auf Entfernung des Gesprächsprotokolls sowie dem allgemeinen Feststellungsantrag stehe entgegen, dass das Arbeitsverhältnis in jedem Fall zum 29.02.2012 beendet gewesen sei.
77Das Arbeitsgericht hat mit weiterem Teilurteil vom 08.02.2013 (Bl. 580 ff. d. A.) die Beklagte zur Zahlung der mitgeteilten Tantieme für 2009 sowie zur Erteilung einer Tantiemeabrechnung für das Jahr 2010 sowie den Zeitraum 01.01. bis 28.02.2011 verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage mit Ausnahme eventueller Auszahlungsansprüche auf Tantieme abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund des Renteneintritts des Klägers zum 01.03.2011 beendet sei. Auch bei einem vorgezogenen Renteneintritt handele es sich um das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Vor diesem Hintergrund ginge die Kündigung ins Leere, der Kläger habe kein Rechtsschutzbedürfnis mehr im Hinblick auf die Entfernung des Protokolls und auch keinen weitergehenden Vergütungsanspruch. Der negative Feststellungsantrag sei unzulässig, weil die Beklagte die Forderung zur Aufrechnung gestellt habe und daher über sie zu entscheiden sei. Der Zinsantrag für den Zeitraum 17.06. 2009 bis 28.02.2011 sei unbegründet, da für die Kammer nicht ersichtlich sei, wie sich die Hauptforderung vor dem Hintergrund der vorgenommenen Leistungen der Bundesagentur für Arbeit für die einzelnen Zeitabschnitte zusammensetze. Der Kläger habe aber einen Anspruch auf Zahlung der Tantieme für 2009. Die Beklagte könne demgegenüber nicht mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen. Eine entsprechende Forderung bestehe nicht. Bis zum 28.02.2011 sei die Beklagte auch verpflichtet, eine Tantiemeabrechnung zu erteilen.
78Das Urteil wurde dem Kläger am 13.03.2013 zugestellt. Er hat mit Schriftsatz vom 22.03.2013, am 25.03.2013 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen, Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.06.2013 - mit Schriftsatz vom 21.05.2013, bei dem Landesarbeitsgericht am 22.05.2013 eingegangen, begründet.
79Der Kläger rügt, das Arbeitsgericht habe die vorgezogene Inanspruchnahme der Altersrente fälschlich als Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gemäß § 15 Abs. 3 des Arbeitsvertrages gewertet. Die für ihn maßgebliche gesetzliche Altersgrenze gemäß § 235 Abs. 2 SGB VI sei aber der 29.02.2012. Im Übrigen habe es die Regelung des § 41 SGB VI übersehen. Zudem habe die Beklagte den Kläger über den 01.03.2011 weiterbeschäftigt, indem sie ihn am 01.03.2011 unwiderruflich freigestellt habe. Aus diesem Verhalten gehe hervor, dass die Beklagte selbst das Arbeitsverhältnis - vorbehaltlich des Kündigungsschutzverfahrens - als fortbestehend angesehen habe.
80Die Rente sei auch nicht auf seine Vergütungsansprüche anzurechnen. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf eine Bestätigung des Versorgungswerks der Ärztekammer Hamburg vom 23.04.2013 (Bl. 630 d. A.).
81Zudem habe das Gericht sich nicht mit der durch ihn vorgenommenen unechten Klageänderung, den hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruch, befasst.
82Die auch in Bezug auf den Auszahlungsanspruch der Tantieme eingelegte Berufung hat der Kläger im Termin am 16.07.2013 zurückgenommen.
83Der Kläger beantragt,
84das am 08.02.2013 verkündete Teilurteil des Arbeitsgerichts Oberhausen (3 Ca 555/11) unter Aufrechterhaltung der Tenorierung gemäß Urteilstenor Ziffer 1a) wie folgt abzuändern:
851. a) die Beklagte zu verurteilen, 21.990,49 € brutto zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
86b) die Beklagte zu verurteilen, die sich aus der Tantiemevereinbarung der Parteien vom 06.07.2006 ergebenden Tantiemeansprüche für die Geschäftsjahre 2010 und 2011 sowie für den Zeitraum vom 01.01.2012 bis 29.02.2012 ordnungsgemäß abzurechnen, und den sich hieraus ergebenden Bruttobetrag zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
872. a) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Kläger auf dem Postweg zugegangen am 14.03.2011, beendet worden ist,
88b) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auf dem Postweg zugegangen am 14.03.2011, beendet worden ist,
89c) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers per Telefax am 09.03.2011 zugegangen, beendet worden ist,
90d) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung, dem Kläger auf elektronischem Weg per E-Mail zugegangen am 09.03.2011, beendet worden ist,
913. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern unverändert zu den Bedingungen des zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsvertrags und in Verbindung mit seinen Änderungen fortbesteht,
924. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinsatz
93aus 5.817,78 € seit dem 30.06.2009
94aus 12.744,00 € seit dem 31.07.2009
95aus 12.744,00 € seit dem 31.08.2009
96aus 11.316,87 € seit dem 30.09.2009
97aus 10.797,90 € seit dem 31.10.2009
98aus 10.797,90 € seit dem 30.11.2009
99aus 10.797,90 € seit dem 31.12.2009
100aus 10.797,90 € seit dem 31.01.2010
101aus 7.797,90 € seit dem 28.02.2010
102aus 7.797,90 € seit dem 31.03.2010
103aus 7.797,90 € seit dem 30.04.2010
104aus 7.797,90 € seit dem 31.05.2010
105aus 7.797,90 € seit dem 30.06.2010
106aus 7.797,90 € seit dem 31.07.2010
107aus 7.797,90 € seit dem 31.08.2010
108aus 7.797,90 € seit dem 30.09.2010
109aus 7.797,90 € seit dem 31.10.2010
110aus 7.797,90 € seit dem 30.11.2010
111aus 9.419,66 € seit dem 31.12.2010
112aus 9.744,00 € seit dem 31.01.2011
113aus 9.744,00 € seit dem 28.02.2011
114zu zahlen,
1155. die Beklagte für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen zu Ziffer 3 a bis 3 d zu verurteilen, an den Kläger Lohn für die Zeit vom 01.03.2011 bis zum 28.02.2012 in Höhe von 152.928,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
116aus 12.744,00 € seit dem 31.03.2011
117aus 12.744,00 € seit dem 30.04.2011
118aus 12.744,00 € seit dem 31.05.2011
119aus 12.744,00 € seit dem 30.06.2011,
120aus 12.744,00 € seit dem 31.07.2011
121aus 12.744,00 € seit dem 31.08.2011
122aus 12.744,00 € seit dem 30.09.2011
123aus 12.744,00 € seit dem 31.10.2011
124aus 12.744,00 € seit dem 30.11.2011
125aus 12.744,00 € seit dem 31.12.2011
126aus 12.744,00 € seit dem 31.01.2012
127aus 12.744,00 € seit dem 29.02.2012
128zu zahlen.
129Die Beklagte beantragt,
130die Berufung zurückzuweisen.
131Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Ergänzend trägt sie vor, der Kläger verhalte sich widersprüchlich und treuwidrig, wenn er zum einen durch die vorgezogene Inanspruchnahme von Altersrente in Ruhestand gehe, andererseits auf dem Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 29.02.2012 beharre. Dadurch, dass der Kläger aus freien Stücken die Altersgrenze vorgezogen habe, sei der arbeitsvertragliche Beendigungstatbestand eingetreten. Sinn und Zweck der arbeitsvertraglichen Regelung sei es, dass ein Arbeitsverhältnis beendet werde, sobald ein Arbeitnehmer die gesetzliche Rente beziehe. Aufgrund des Rentenbezuges mangele es auch an einem Rechtschutzinteresse. Darüber hinaus mangele es der Bestandsklage auch an einem Feststellungsinteresse, da der Kläger Leistungsklage auf die Vergütung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erheben könne, was er ja auch mit seinem Hilfsantrag getan habe.
132Im Übrigen sei das Arbeitsverhältnis auch durch die Kündigungen beendet worden. Die Mitarbeitervertretung der Beklagten sei mit Schreiben vom 02.03.2011 bzw. 04.03.2011 gehört worden (Bl. 700 ff. d. A.).
133Der Kläger könne keine Zinsen mehr auf die Annahmeverzugsansprüche für den Zeitraum bis zum 28.02.2011 verlangen. Der Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht habe auch den Anspruch auf Zinsen umfasst.
134Sie habe den Kläger auch nicht unwiderruflich freigestellt. Im Übrigen verfüge die Beklagte noch über einen Guthabenanspruch in Höhe von 22.273,16 € gegenüber dem Kläger. Insoweit habe sie mit Schreiben vom 15.03.2013 (Bl. 662 f. d. A.) gegenüber den Ansprüchen des Klägers die Aufrechnung erklärt.
135Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen. Das Gericht hat die Akte 10 Sa 1476/10 beigezogen.
136E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
137A. Die Berufung des Klägers ist im Umfang der zuletzt gestellten Anträge zulässig. Sie ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem X. des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Ziffer b ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO).
138B. Die Berufung ist jedoch lediglich teilweise begründet.
139I. Die Kündigungen vom 09.03.2011, dem Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten per Telefax und E-Mail zugegangen, haben das Arbeitsverhältnis nicht beendet.
1401. Die Kündigungsschutzklage ist zulässig. Es mangelt insbesondere nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis.
141a) Das Arbeitsverhältnis ist nicht gemäß § 15 Abs. 3 des Dienstvertrages vom 24.07.2006 mit Wirkung zum 28.02.2011 aufgrund des vorzeitigen Rentenbezuges des Klägers ab dem 01.03.2011 beendet worden.
142Entgegen der Auffassung der Beklagten sowie des Arbeitsgerichts stellt der vorzeitige Renteneintritt keine gesetzliche Altersgrenze dar. Dieses ergibt sich aus der Systematik der rentenrechtlichen Vorschriften. Mit dem Bezug auf die gesetzliche Altersgrenze nimmt die Regelung in § 15 Abs. 3 des Dienstvertrages ausdrücklich Bezug auf die in § 35 Satz 2 SGB VI iVm § 235 Abs. 2 SGB VI geregelte gesetzliche Altersgrenze. Es wird der Wortlaut der Norm ("Die Regelaltersgrenze wird mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht") fast wortgleich zitiert. Die Möglichkeit, einer vorgezogenen Inanspruchnahme von Rente stellt entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts keine Altersgrenze dar. Das Rentenrecht selbst bezeichnet lediglich die Regelaltersgrenze gemäß § 35 SGB VI als Altersgrenze. Im Übrigen wird der Begriff eines (ggf. niedrigeren) Rentenalters verwendet, so in § 77 Abs. 2 SGB VI, in dem die Kürzung des Zugangsfaktors bei vorgezogener Inanspruchnahme geregelt wird. Auch die Regelungen zur vorgezogenen Inanspruchnahme in §§ 36 ff. SGB VI sprechen nicht von einer Altersgrenze.
143Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger als Mitglied der Ärzteversorgung Hamburg von der Versicherungspflicht gemäß § 6 SGB VI befreit ist. Die Parteien haben trotzdem im Vertrag vom 24.07.2006 auf die gesetzliche Altersgrenze Bezug genommen, die nicht die Altersgrenze des Ärzteversorgungswerks darstellt. Auch vor diesem Hintergrund lässt sich der Schluss ziehen, dass nur die gesetzliche Altersgrenze des § 35 SGB VI bzw. der Übergangsvorschrift gemeint sein kann. Eine Intention der Parteien, die Beendigung des Arbeitsverhältnis bezogen auf jeden Renteneintritt zu regeln, ist bereits dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger gar nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert ist und damit für seinen Rentenbezug die gesetzliche Altersgrenze gar nicht maßgeblich ist, sondern die Altersgrenze in der Satzung der Ärzteversorgung Hamburg. Diese sind unstreitig nicht deckungsgleich.
144Der Kläger kann sich allerdings nicht auf die Norm des § 41 SGB VI berufen, nach der Beendigungsregelungen als auf den Zeitpunkt abgeschlossen gelten, in dem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze erreicht. Diese Regelung findet nur für Arbeitnehmer Anwendung, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, (BAG, Urteil vom 14.10.1997, 7 AZR 660/96 Rn. 19).
145b) Der Kläger verhält sich auch nicht widersprüchlich, wenn er zum einem darauf beharrt, dass über den 01.03.2011 zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, er zum anderen aber bereits ab dem 01.03.2011 Rente bezieht. Der Bezug von Rente und der Bestand eines Arbeitsverhältnisses schließen sich nicht aus. Diese gesetzgeberische Intention ergibt sich zum einen aus der Regelung des § 41 Satz 1 SGB VI, nach der der Bezug von Rente keinen Grund darstellt, ein Arbeitsverhältnis zu kündigen, aber auch aus § 34 Abs. 1 SGB VI, nach dem ein Rentenanspruch besteht, wenn die Wartezeit absolviert wurde und die persönlichen (Alter, Schwerbehinderung, Arbeitslosigkeit) sowie die versicherungsrechtlichen (z. B. bestimmte Pflichtbeiträge bei Renten wegen Erwerbsminderung) Voraussetzungen vorliegen. Die Beendigung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist gerade nicht Voraussetzung für einen Rentenbezug. Dieses ergibt sich auch daraus, dass bei einem Rentenbezug vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze ein Rentenanspruch nur dann besteht, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird, § 34 Abs. 2 SGB VI. Auch daraus ergibt sich, dass eine Rente auch dann gezahlt wird, wenn noch ein Arbeitsverhältnis besteht, ansonsten wäre die Norm sinnentleert.
146Es kann dahinstehen, ob entsprechende Regelungen auch bei der Ärzteversorgung Hamburg existieren. Die gesetzgeberische Grundwertung, die sich aus den Regelungen zur gesetzlichen Rentenversicherung ergeben, ist auch außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschriften zu beachten.
147c) Darüber hinaus hat der Kläger auch durch seinen Arbeitsantritt am 01.03.2011 dokumentiert, dass er bereit war, das Arbeitsverhältnis fortzuführen. Es war die Entscheidung der Beklagten, den Kläger am 01.03.2011 unwiderruflich freizustellen. Der Kläger hat diese Freistellung - sicherlich auch im Hinblick auf den offensichtlich unbedingten Beendigungswillen der Beklagten - akzeptiert.
1482. Die Kündigungen vom 09.03.2011, die per Fax bzw. per E-Mail übermittelt worden sind, sind nicht in der gesetzlichen Schriftform der §§ 126 Abs. 1, 623 BGB ausgesprochen worden. Es mangelt jeweils an einer Originalunterschrift unter den lediglich elektronisch per Fax bzw. E-Mail übermittelten Kündigungen. Die Kündigungen sind daher nichtig, §§ 125, 623 BGB.
149II. Das Arbeitsverhältnis ist auch nicht durch die an den Kläger sowie an seinen Prozessbevollmächtigten per Post übermittelten Kündigungsschreiben vom 09.03.2011, Zugang jeweils am 14.03.2011, mit sofortiger Wirkung beendet worden.
1501. Die Kündigungsschutzklage ist zulässig. Wie bereits unter B. I. 1 festgestellt, bestand zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungen noch ein Arbeitsverhältnis.
151Dem Kläger mangelt es auch nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil er den materiellen Hintergrund des Kündigungsschutzantrags, den Vergütungsanspruch bis zum 29.02.2012, mit einem Leistungsantrag geltend machen kann und dieses auch mit seinem Hilfsantrag zu 5.) verlangt hat. Die Beklagte hat mit ihrer Rüge die Norm des § 7 KSchG übersehen. Gemäß § 7 KSchG gilt eine Kündigung als wirksam, wenn sie nicht innerhalb der Fristen der §§ 4,13 KSchG angegriffen worden ist. Die Regelung in § 4 KSchG verlangt die explizite Stellung eines Kündigungsschutzantrages. Zwar kann in entsprechender Anwendung des § 6 KSchG auch eine Leistungsklage, die explizit sich aus der Unwirksamkeit einer Kündigung ergebende Ansprüche zum Gegenstand hat und die drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben wurde, die Klagefrist der §§ 4, 13 KSchG wahren (BAG, Urteil vom 15.05.2012, 7 AZR 6/11 Rn. 23; BAG, Urteil vom 23.04.2008 2 AZR 699/06 Rn. 23). Aus dem Umkehrschluss ergibt sich aber, dass für die isolierte Feststellungsklage nach § 4 KSchG immer ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
1522. Die Kündigungen gelten nicht als wirksam, §§ 4, 7, 13 KSchG, der Kläger hat die Klagefrist von drei Wochen eingehalten. Die Klage ist der Beklagten am Tag des Ablaufs der Klagefrist zugestellt worden.
1533. Die Kündigungen sind nicht durch einen wichtigen Grund iSd § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.
154a) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", das heißt typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG, Urteil vom 25.10.2012, 2 AZR 495/11 Rn. 14; BAG, Urteil vom 19.04.2012, 2 AZR 258/11 Rn. 13; BAG, Urteil vom 09.06.2011 2 AZR 323/10 Rn. 14). Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG, Urteil vom 25.10.2012, 2 AZR 495/11 Rn. 15; BAG, Urteil vom 19.04.2012, 2 AZR 258/11 Rn. 14; BAG, Urteil vom 09.06.2011 2 AZR 323/10 Rn. 26). Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG, Urteil vom 09.06.2011 2 AZR 323/11 Rn. 27). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG, Urteil vom 09.06.2011, 2 AZR 323/10 Rn. 27; BAG, Urteil vom 16.12.2010, 2 AZR 485/08 Rn. 24). Im Vergleich zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung in Betracht. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen (BAG, Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09 Rn. 34).
155b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes können bewusst wahrheitswidrig aufgestellte Tatsachenbehauptungen eine außerordentliche Kündigung begründen, etwa wenn sie den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen (BAG, Urteil vom 27.09.2012, 2 AZR 646/11 Rn. 22; BAG, Urteil vom 10.10.2002, 2 AZR 418/01 Rn. 23; BAG, Urteil vom 17.02.2000, 2 AZR 927/98 Rn. 13; zuletzt Hessisches LAG, Urteil vom 28.01.2013, 21 Sa 715/12 Rn. 34 ff.). Der Arbeitnehmer kann sich für ein solches Verhalten regelmäßig nicht auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Das Grundrecht ist nicht schrankenlos gewährleistet. Die Meinungsfreiheit wird durch das Recht der persönlichen Ehre gemäß Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt und muss mit diesem in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden. Dieses Grundrecht schützt weder Formalbeleidigungen und Schmähungen noch bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen (BVerfG, Beschluss vom 07.12.2011 1 BvR 2678/10 Rn. 33). Zwar dürfen Arbeitnehmer - auch unternehmensöffentlich - Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei auch überspitzt äußern. In grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen (BAG, Urteil vom 27.09.2012, 2 AZR 646/11 Rn. 22; BAG, Urteil vom 10.12.2009, 2 AZR 534/08 Rn. 17; BAG, Urteil vom 24.11.2005, 2 AZR 584/04 Rn. 22; BAG, Urteil vom 10.10.2002, 2 AZR 418/01 Rn. 26). Ferner gehört die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Vertragspartei (§ 241 Abs. 2 BGB) zu den allgemeinen Gesetzen im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG (BAG, Urteil vom 12.01.2006 2 AZR 21/05 Rn. 38; BAG, Urteil vom 24.06.2004, 2 AZR 63/03 Rn. 37). Bei Beurteilung von Pflichtverletzungen ist deren strafrechtliche Beurteilung kündigungsrechtlich nicht ausschlaggebend (BAG, Urteil vom 25.10.2012, 2 AZR 700/11 Rn. 15; grundlegend BAG, Urteil vom 01.07.1999, 2 AZR 676/98 Rn. 22). Schon die erstmalige Ehrverletzung kann kündigungsrelevant sein und wiegt umso schwerer, je überlegter sie erfolgte (BAG, Urteil vom 10.10.2002 2 AZR 418/01 Rn. 28; BAG, Urteil vom 17.02.2000, 2 AZR 927/98 Rn. 15; BAG, Urteil vom 12.01.2006, 2 AZR 21/05 Rn. 55).
156c) Nach diesen Vorgaben der Rechtsprechung erweist sich die Kündigung nicht als wirksam.
157aa) Es steht für die Kammer nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass der Kläger gegenüber Frau C. bewusst wahrheitswidrig die Behauptung aufgestellt hat, die Beklagte habe die von Frau C. veranlassten Spenden der Firma U. zweckwidrig verwendet bzw. wolle weitere Spenden zweckwidrig verwenden.
158(a) Unstreitig sind die durch den Kläger auf ein allgemeines Konto der Beklagten eingezahlten Beträge nicht für die Kardiologie verwendet worden. Ebenso unstreitig war der Zweck der Spendenschecks aus den Jahren 2006 und 2007, diese für die Kardiologie zu verwenden. Der Kläger sowie der Chefarzt der Kardiologie Prof. O. hatten beabsichtigt, die Gelder für den Kauf eines Telemetriegerätes zu verwenden. Hierzu ist es nicht gekommen.
159Daraus lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass der Kläger positiv wusste, dass das Geld der Kardiologie weiterhin zur Verfügung steht. Vielmehr spricht der Ablauf dafür, dass er den Schluss gezogen hatte, dass die Spendengelder nicht für die Kardiologie verwendet worden sind bzw. verwendet werden sollten. Aus der von der Beklagten selbst vorgenommenen Anhörung des Klägers am 01.03.2011 ergibt sich, dass der Kläger erklärt hat, es seien unabhängig von der Verbuchung der Spenden Überlegungen für die Verwendung der Spenden angestellt worden, die dann aber mangels entsprechender Verfügbarkeit der Gelder durch Verbuchung auf dem Drittmittelkonto nicht zur Umsetzung gekommen seien. Er habe von Prof. O. die Information erhalten, die Spenden seien nicht auf dem Drittmittelkonto verbucht worden. Dieses hat die Beklagte zwar bestritten, sie hat aber trotz der bei ihr liegenden Darlegungs- und Beweislast nicht vorgetragen, wie der tatsächliche Ablauf der Diskussionen über die Spendenverwendung gewesen ist, wann und wie man vereinbart habe, die Gelder gegebenenfalls anzusparen, sowie wann Prof. O. den Kläger darüber informiert haben will, dass die Spenden auf dem Drittmittelkonto angekommen seien, so dass der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, sich darauf konkret einzulassen.
160Darüber hinaus ergibt sich aus dem Protokoll der Anhörung vom 01.03.2011 auch, dass der Kläger sich auf den entsprechenden Hinweis der Beklagten überrascht gezeigt hat, dass das Geld sich auf dem Drittmittelkonto befände. Dieses spricht zumindest dafür, dass der Kläger sich im Irrtum über den Verbleib der Spendengelder befand.
161Ein anderer Schluss kann auch nicht daraus gezogen werden, dass der Kläger gemeinsam mit dem Chefarzt Überlegungen zur Verwendung der Spenden getroffen hat. Der Kläger selbst hat die Schecks eingereicht. Er war als Empfangsbote und behandelnder Arzt darüber informiert, dass die Spenden für die Kardiologie gedacht waren. Vor diesem Hintergrund kam es für die Überlegungen über eine Verwendung der Gelder nicht an, ob die Beklagte diese von dem allgemeinen Konto, auf dem sie eingezahlt waren, bereits auf das Drittmittelkonto überwiesen hatte.
162Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Gesprächs zwischen dem Kläger und Frau C. bereits zwei Jahre seit Übergabe des ersten Schecks und zum Zeitpunkt des Sachvortrages bereits über vier Jahre vergangen waren, ohne dass die Spendengelder für kardiologische Zwecke verwendet worden sind. Unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger offensichtlich die Vorstellung hatte, dass die Beklagte die Gelder niemals von dem allgemeinen Konto, auf das er sie eingezahlt hatte, zumindest buchungstechnisch auf ein Konto der Kardiologie verbucht hat, ist der Schluss des Klägers, dass die Beklagte die Spendengelder damit im Rahmen der regelmäßigen Nutzung der Gelder auf einem allgemeinen Konto für allgemeine Zwecke verwendet hat und auch weitere dort ankommende Gelder verwenden werde, zumindest nicht fernliegend.
163Es ist auch nicht ersichtlich, dass es nach den nicht zum Abschluss gekommenen Gesprächen über den Kauf eines Telemetriegerätes jemals noch zu Überlegungen gekommen ist, die Gelder zu verwenden. Insofern ist für die Kammer mangels anderweitigem substantiiertem Vortrag der Beklagtenseite nachvollziehbar, dass der Kläger befürchtete, dass weitere Spenden ebenfalls nicht der Kardiologie zugutekommen würden. Die Formulierung im Schriftsatz vom 18.02.2011, "die Beklagte habe diesen Scheck abermals nicht für die Kardiologie verwenden wollen" ist zwar mangels einer entsprechenden Tatsachengrundlage falsch, da auch der Kläger eine entsprechende Erklärung der Beklagten niemals behauptet hat. Die aufgrund der nicht verwendeten Gelder aus 2006 und 2007 bestehende Befürchtung, dass die Spenden weiterhin nicht der Kardiologie zugutekämen, war aber nicht von der Hand zu weisen. Insofern handelt es sich bei dem Sachvortrag um eine überspitzte Formulierung, da aus der Befürchtung, die Beklagte werde weitere Spenden nicht der Kardiologie zur Verfügung stellen, eine Tatsachenbehauptung geworden ist. Es spricht einiges dafür, dass diese Formulierung dem eher polemischen Formulierungsstil des Prozessbevollmächtigten und einer mangelnden Nachprüfung des Sachvortrags durch den Kläger geschuldet ist. Hierfür spricht, dass der Kläger in seiner Anhörung am 01.03.2011 angegeben hat, dass diese Formulierung missverständlich gewesen sei. Damit hat er sich noch vor Ausspruch der Kündigung deutlich von dieser Aussage distanziert und ausdrücklich erklärt, für ihn sei die Wahrscheinlichkeit sehr hoch gewesen, dass die zwei weiteren Schecks nicht der Kardiologie zur Verfügung gestellt würden. Dieser Schluss ist aber offensichtlich dem Irrtum geschuldet, dass die Gelder nicht auf das Drittmittelkonto gebucht worden seien.
164Mit der Distanzierung des Klägers in der Anhörung vom 01.03.2011 zu dem schriftsätzlichen Vorbringen durch die ausdrückliche Erklärung, er sei davon ausgegangen, dass die Schecks erneut nicht kardiologisch verwendet würden und dem Hinweis, dass es sich um eine missverständliche Formulierung gehandelt habe, kann auch nicht der Schluss gezogen werden, dass der Kläger diese Behauptung vor Gericht bewusst falsch vorgetragen hat und auch nicht, dass er dieses tatsächlich auch gegenüber Frau C. getan hat (hierzu siehe unter [b]).
165Darüber hinaus hat der Kläger in dem hier vorliegenden Verfahren klargestellt, dass für ihn die zweckgemäße Verwendung der Spenden auch umfasse, dass er als der behandelnde Arzt und letzten Endes aufgrund seiner Leistungen Verursacher der Spenden die Möglichkeit habe, über die Verwendung der Spendengelder - zumindest innerhalb der Kardiologie - frei zu entscheiden. Dass dieses der Fall war, wird auch durch die Beklagte nicht behauptet.
166(b) Die Kammer vermag nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass der Kläger gegenüber der Spenderin Frau C. ausdrücklich erklärt hat, die Beklagte habe die Gelder bereits zweckwidrig in dem Sinne, dass sie mit einer konkreten Verwendungsintention ausgegeben wurden, verwandt. Der Sachvortrag des Klägers im Verfahren 10 Sa 1476/10 deckt sich bereits nicht mit dem eigenen erstinstanzlichen Vorbringen sowie der eidesstattlichen Versicherung der Frau C. im dortigen Verfahren, die schildert, der Kläger habe ihr erklärt, er habe auf den Einsatz der Spenden keinen Einfluss nehmen können. Dieses sei nicht in ihrem Sinne gewesen. Daraus lässt sich nicht der Schluss ziehen, bei Frau C. sei der für die Beklagte verleumderische Eindruck entstanden, diese habe die Gelder für allgemeine Zwecke verwendet, sondern vielmehr lediglich der Schluss, dass bei der Spenderin angekommen ist, dass der von ihr intendierte Zweck der Spende ihrem behandelnden Arzt zu ermöglichen, aufgrund seiner Entscheidung seine Ausstattung in der Klinik zu verbessern, nicht erreicht wurde. Dieses ist aber unstreitig nicht der Fall, da nicht ersichtlich ist, dass dem Kläger jemals eine Entscheidungsfreiheit über die Spendengelder eingeräumt wurde. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Frau C. in der eidesstattlichen Versicherung angegeben hat, sie habe den Kläger gebeten, persönlich Einfluss auf den Einsatz der Spendenmittel zu nehmen, damit diese nicht von der Verwaltung für anderweitige Zwecke eingesetzt wurden. Dem Kläger kann in diesem Zusammenhang ein widersprüchlicher Vortrag vorgeworfen werden. Er selbst hat sich noch im erstinstanzlichen Verfahren, das zur ersten Kündigung geführt hat, ausdrücklich auf den von Frau C. geschilderten Ablauf bezogen.
167Der von Frau C. geschilderte Ablauf entspricht auch der Erklärung des Klägers in der Anhörung vom 01.03.2011, er sei lediglich davon ausgegangen, dass weitere Schecks mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht für die Kardiologie verwendet werden sollten. Vor diesem Hintergrund dürfte es sich zwar um einen Falschvortrag vor Gericht handeln, jedoch nicht um eine Täuschung der Spenderin.
168Die Kammer hat vielmehr den Eindruck gewonnen, dass der Vortrag zur Gerichtsakte nach dem Wechsel der Vertretung des Klägers im Verfahren 10 Sa 1476/10 in seiner Diktion und seinem Inhalt eine wesentliche Änderung erfahren hat. Das Handeln seines Prozessbevollmächtigten ist dem Kläger zuzurechnen, § 85 Abs. 2 ZPO. Insoweit ist dem Kläger aus Sicht der Kammer vorzuwerfen, dass er entweder billigend in Kauf genommen hat, dass falsch vor Gericht vorgetragen wird oder aber dass er die Schriftsätze seines Prozessbevollmächtigten nicht hinreichend geprüft hat. Daraus vermag die Kammer allerdings nicht den Schluss ziehen, dass eine bewusste Täuschung seitens des Klägers vorliegt.
169Der Kläger selbst hat in seiner Anhörung vom 01.03.2011 den Vortrag als missverständlich und überspitzt bezeichnet und klargestellt, welche subjektiven Vorstellungen er von den Vorgängen um die Verwendung/Verbuchung der Schecks hatte. Unter Berücksichtigung des für die Kündigung geltenden Prognoseprinzips, nach dem zu prüfen ist, ob eine störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht, und künftigen Pflichtverstößen demnach nur durch die Beendigung der Vertragsbeziehung begegnet werden kann (BAG, Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09 Rn. 29; BAG, Urteil vom 26.11.2009, 2 AZR 751/08 Rn. 10; BAG, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 103/08 Rn. 32), kann spätestens nach der Distanzierung des Klägers von seinem Sachvortrag nicht mehr der Schluss gezogen werden, dass das Arbeitsverhältnis für einen Zeitraum von maximal einem Jahr nicht noch störungsfrei fortgeführt werden kann. Dabei ist auch zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Kläger bereits unwiderruflich freigestellt hatte und damit eine Rückkehr in den Betrieb ohnehin nicht mehr zu erwarten war.
170Aber auch wenn der Kläger Frau C. falsch darüber informiert haben sollte, dass die Beklagte die Gelder zweckwidrig - aus Sicht des Klägers durch die Verwahrung auf einem allgemeinen Konto - verwendet hat, ist auch dieses in dem Lichte zu sehen, dass jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Erklärung im Januar 2009 die Gelder nicht für die Kardiologie verwendet wurden. In diesem Zusammenhang kann dem Kläger unter Berücksichtigung seiner persönlichen Vorstellung der Vorwurf gemacht werden, dass er den Verbleib der Spenden auf einem allgemeinen Konto mit einer zweckwidrigen Verwendung gleichgesetzt hat. Dieser Vorwurf ist aber zum einen nicht geeignet, ein über dreißig Jahre andauerndes Arbeitsverhältnis zu beenden. Zum anderen aber führt die dauerhafte Vermischung der Spendengelder mit den ansonsten auf einem allgemeinen Konto auflaufenden Geldbeträgen letzten Endes zu einer Verwendung dieser Gelder im Rahmen der dortigen Geldabflüsse. Ein Verbleib auf dem allgemeinen Konto nach Einzahlung der Schecks ohne zumindest eine interne ausdrückliche Verbuchung und dadurch entstehende Abgrenzung der Gelder stellt damit auch eine Verwendung dar.
171Im Übrigen ist aus der eidesstattlichen Versicherung der Frau C. ersichtlich, dass sie den Kläger dahingehend verstanden hat, dass er den im Dezember 2008 übersandten Scheck noch nicht eingelöst habe, weil er bei den vorherigen Schecks keinen Einfluss auf die Verwendung habe nehmen können. Dieses erscheint der Kammer auch in sich logisch und deckt sich mit der Erklärung in der Anhörung vom 01.03.2011, weil der Kläger mangels entsprechender Information der Verwaltung noch nicht wissen konnte, wie sich die Beklagte zu diesem Scheck positionierte. Auch wenn man zugunsten des Klägers seine schriftsätzliche Behauptung unterstellt, der Chefarzt habe von der Existenz des Schecks gewusst, so gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass die Verwaltung der Beklagten von diesem Scheck gewusst hat und damit eine Entscheidung über die Verwendung treffen konnte. Auf die von dem Kläger geäußerte Rechtsauffassung, die Beklagte müsse sich eine Kenntnis des Chefarztes zurechnen lassen, kommt es nicht an. Im Übrigen ist nicht dargelegt, inwiefern dem Chefarzt, der zweifelsohne Fachvorgesetzter ist, überhaupt disziplinarische Befugnisse zukommen.
172Aus der eidesstattlichen Versicherung der Frau C. ergibt sich daher, dass der Kläger ihr mit dem Hinweis auf seinen fehlenden Einfluss auf die Verwendung der Schecks aus den Jahren 2006 und 2007 bedeutet hat, dass eine zweckentsprechende Verwendung weiterer Schecks zumindest gefährdet sei. Vor diesem Eindruck hat Frau C. dann auch Maßnahmen ergriffen, um den Zweck - Einfluss des Klägers, Leistung für die Kardiologie - zu sichern.
173(c) Eine bewusste Täuschungshandlung kann vor diesem Hintergrund nicht festgestellt werden. Insbesondere vermag die Kammer nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, dass die Handlungen des Klägers nicht von dem Irrtum getragen worden sind, dass die Beklagte die bisherigen Spenden durch Verbleib auf einem allgemeinen Konto zweckwidrig verwendet hat und dass dieses auch in der Zukunft der Fall sein werde.
174bb) Soweit die Beklagte im weiteren anführt, dass der Kläger behauptet habe, die Gelder seien für die Anschaffung von Chefsesseln für die Vorstandsetage verwendet worden, so liegt bereits eine entsprechende Tatsachenbehauptung nicht vor. Aus dem Wortlaut des Schriftsatzes vom 18.02.2011 ergibt sich, dass der Kläger lediglich vorgetragen hat, dass die Beklagte mit der Anschaffung von Chefsesseln dem Spendenzweck nicht gerecht geworden wäre. Damit wird jedoch nicht behauptet, dass es zu einer entsprechenden Verwendung gekommen ist, noch dass dieses durch die Beklagte intendiert war. Vielmehr dürfte es sich, was auch der Kläger in seiner Anhörung vom 01.03.2011 erklärt habe, auch hier um eine überspitzte und polemische Formulierung seines Prozessbevollmächtigten handeln. Hierfür spricht, dass der durch den Prozessbevollmächtigten formulierte Sachvortrag - ebenso wie der durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten formulierte Sachvortrag - insgesamt von einer Vielzahl von überspitzten und polemischen Äußerungen geprägt ist. Eine gewisse Verselbständigung der Diktion der Prozessbevollmächtigten kann jedoch nicht zur Kündigung führen.
175cc) Das Gericht vermag zudem nicht festzustellen, inwiefern der Kläger seinen Vorgesetzten Prof. O. mit dem Schriftsatz vom 18.02.2011 verleumdet hat. Es ist nicht mit einem Wort davon die Rede, dass dieser die Entscheidung getroffen hat, die Spenden zweckwidrig zu verwenden. Welche konkreten ehrenrührigen Falschaussagen über den Chefarzt getroffen worden sein sollen, ergibt sich nicht. Der Kläger hat zwar im Schriftsatz vom 18.02.2011 die Rechtsauffassung vertreten, die Beklagte müsse sich die Kenntnis von Herrn Prof. O. über die Existenz der Schecks aus den Jahren 2008 und 2009 zurechnen lassen, welche verleumderische Tatsache darin liegt, ist jedoch nicht erkennbar. Soweit die Beklagte dabei auf im Vorverfahren streitige Tatsache rekurriert, ob Herr Prof. O. tatsächlich von den Schecks wusste, ist nicht ersichtlich, inwiefern hier eine ehrenrührige Tatsache in den Raum gestellt worden sein soll.
176dd) Soweit die Beklagte dem Kläger zum Vorwurf macht, er habe den durch Täuschung entstandenen Irrtum der Frau C. über die weisungswidrige Verwendung der Schecks dazu genutzt, dass diese künftige Spenden nicht mehr der Beklagten, sondern dem durch seine Ehefrau geleiteten Kinderschutzbund zugutekommen lasse, vermag das Gericht bereits nicht festzustellen, dass es nicht mehr zu Spenden an die Beklagte gekommen ist. Der Kläger selbst hat bereits im Vorverfahren vorgetragen, dass der Scheck vom 21.01.2009 nur dann anderen karitativen Zwecken zugutekommen sollte, wenn sich eine Verwendung bei der Beklagten außerhalb der Kardiologie nicht vermeiden lasse. Damit stand auch weiterhin die Zwecksetzung, die Zahlung der Kardiologie zugutekommen zu lassen, im Vordergrund. Soweit die Beklagte behauptet, sie habe keine weiteren Spenden mehr von Frau C. erhalten, so hat sie diese streitige Tatsache nicht unter Beweis gestellt. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass die Spenden durch die Beklagte tatsächlich durch Spenden an den Kinderschutzbund substituiert worden sind. Der Kläger hat bereits im Vorfahren 10 Sa 1476/10 vorgetragen, dass Frau C. auch regelmäßig an den Kinderschutzbund spende. Allein aus der Existenz eines Schecks vom 05.07.2011 an den Kinderschutzbund lässt sich nicht schließen, dass es sich um eine erstmalige Spende handele, noch dass diese die Spenden an die Beklagte substituieren sollte.
177ee) Dem Kläger ist vorzuwerfen, dass er für die von ihm gesehene Problematik der Verwendung der Spendengelder nicht das offene Wort mit der Beklagten oder zumindest mit seinem Vorgesetzten gesucht hat, sondern durch eine unabgesprochene Aktion versucht hat, die von der Spenderin intendierte Verwendungsbestimmung durch ihn durchzusetzen, dieses ist aber nicht geeignet, nach über dreißig Jahren ein Arbeitsverhältnis zu beenden.
1784. Die Beklagte war zudem mangels Einhaltung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB an dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung gehindert. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
179Dies ist dann der Fall, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht (BAG, Urteil vom 27.01.2011, 2 AZR 825/09 Rn. 15; BAG, Urteil vom 25.11.2010, 2 AZR 171/09 Rn. 15; BAG, Urteil vom 05.06.2008, 2 AZR 234/07 Rn. 18). Grob fahrlässige Unkenntnis ist insoweit ohne Bedeutung (BAG, Urteil vom 17.03.2005, 2 AZR 245/05 Rn. 35; KR-Fischermeier § 626 BGB Rn. 319). Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt (BAG, Urteil vom 27.01.2011, 2 AZR 825/09 Rn. 15; BAG, Urteil vom 17.03.2005, 2 AZR 245/04 Rn. 35). Solange er die zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen durchführt, läuft die Ausschlussfrist nicht an (BAG, Urteil vom 17.03.2005, 2 AZR 245/04 Rn. 35). Um den Lauf der Frist nicht länger als notwendig hinauszuschieben, muss eine Anhörung allerdings innerhalb einer kurzen Frist erfolgen. Die Frist darf im Allgemeinen, und ohne dass besondere Umstände vorlägen, nicht mehr als eine Woche betragen (BAG, Urteil vom 27.01.2011, 2 AZR 825/09 Rn. 15; BAG, Urteil vom 02.03.2006, 2 AZR 46/05 Rn. 24).
180Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Kündigungsberechtigte für die Einhaltung der Ausschlussfrist darlegungs- und beweispflichtig (BAG, Urteil vom 01.10.2007, 2 AZR 333/06 Rn. 21; BAG, Urteil vom 17.08.1972, 2 AZR 359/71 BAGE 24, 383; BAG, Urteil vom 31.03.1993, 2 AZR 492/92, BAGE 73, 42). Derjenige, der eine Kündigung aus wichtigem Grund ausspricht, muss darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor ihrem Ausspruch erfahren hat. Diese Darlegungspflicht ist nicht bereits erfüllt, wenn der Kündigende lediglich allgemein vorträgt, er kenne die Kündigungsgründe nicht länger als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung. Er muss vielmehr die Umstände schildern, aus denen sich ergibt, wann und wodurch er von den maßgebenden Tatsachen erfahren hat. Um den Zeitpunkt, in dem der Wissensstand des Kündigungsberechtigten ausreicht, bestimmen zu können, und um es dem Gekündigten zu ermöglichen, die behauptete Schilderung zu überprüfen und gegebenenfalls qualifiziert zu bestreiten, muss grundsätzlich angegeben werden, wie es zu der Aufdeckung des Kündigungsgrundes gekommen sein soll (BAG, Urteil vom 01.10.2007, 2 AZR 333/06 Rn. 21; BAG, Urteil vom 17.08.1972, 2 AZR 359/71). Hat der Kündigungsberechtigte noch Ermittlungen durchgeführt, muss er hierzu weiter darlegen, welche Tatsachenbehauptungen unklar und daher ermittlungsbedürftig waren, und welche - sei es auch nur aus damaliger Sicht - weiteren Ermittlungen er zur Klärung der Zweifel angestellt hat (BAG, Urteil vom 01.10.2007, 2 AZR 333/06 Rn. 21).
181Die Beklagte stützt ihre Kündigung darauf, dass der Kläger im vorherigen Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 18.02.2011, übergeben am 25.02.2011, behauptet hat, die Beklagte habe die an sie übermittelten Schecks zweckwidrig verwendet und dass er dieses auch gegenüber der Spenderin Frau C. erklärt habe. Das Gericht hat vor diesem Hintergrund die Gerichtsakte des vorherigen Kündigungsschutzverfahrens 10 Sa 1476/10 beigezogen. Aus dieser Akte ergibt sich, dass der Kläger bereits gegenüber Herrn T., wie sich aus dessen E-Mail vom 31.03.2009 (Bl. 126 f. in Sachen 10 Sa 1476/10) ergibt, erklärt hat, dass er mit Prof. O. über die Verwendung des Schecks gesprochen habe. Darüber hinaus hat der Kläger im Verfahren 10 Sa 1476/10 bereits in der Berufungsbegründung vom 27.11.2010, die der Beklagten am 03.12.2010 zugestellt wurde, vorgetragen, dass die Beklagten den im Jahr 2006 ausgestellten Scheck für allgemeine verwaltungstechnische Zwecke verwendet habe (Seite 9 des Schriftsatzes oben) und dass Frau C. Mitte Januar 2009 erfahren habe, dass die vorangegangenen Spenden gerade nicht der kardiologischen Abteilung zugutegekommen seien und dass er Prof. O. Ende Januar 2009 über die Schecks informiert habe. Darüber hinaus hat er auch bereits in der Berufungsbegründung vorgetragen, Frau C. habe ihm erlaubt, bei erneuten Problemen mit der Krankenhausleitung und Prof. O. den Scheck auch für andere karitative Zwecke zu verwenden. Damit war der Beklagten bereits seit dem 03.12.2010 bekannt, dass der Kläger die weisungswidrige Verwendung zumindest eines Schecks gegenüber dem Gericht behauptet hat, dass er vorgetragen hat, dieses auch gegenüber Frau C. erklärt zu haben und dass Frau C. ihm zugestanden haben soll, bei weiteren Problemen mit der Klinik den Scheck für andere Zwecke zu verwenden.
182Der spätere Vortrag im Schriftsatz vom 18.02.2011 perpetuiert diese Behauptungen lediglich. Der Kläger führt zwar mit der Passage auf Seite 4 des Schriftsatzes "wie die vormaligen Spendenschecks" neu ein, dass auch der Scheck aus dem Jahr 2007 weisungswidrig verwendet worden sein soll, aber bereits der Vortrag aus der Berufungsbegründung hätte für die Beklagte hinreichenden Anlass geboten, bezüglich der Verwendung der Schecks Ermittlungen aufzunehmen. Die im Raum stehende Behauptung, die Beklagte habe die Spendenschecks nicht für die Kardiologie, sondern für die allgemeine Verwaltung verwendet, verstärkt lediglich den durch den Kläger bereits im Schriftsatz vom 27.11.2010 erhobenen Vorwurf.
183Soweit die Beklagte sich auf eine Verleumdung des Prof. Dr. O. beruft, versteht die Kammer sie dahingehend, dass sie sich auf den Vorwurf beruft, dieser habe zumindest die zweckwidrige Verwendung geduldet. Auch dieses hat der Kläger bereits mit der Berufungsbegründung im Verfahren 10 Sa 1476/10, dort auf Seite 293 der Akte, vorgetragen.
184III. Das Arbeitsverhältnis ist auch nicht durch die vorsorgliche fristgemäße Kündigung zum 31.10.2011 beendet worden.
1851. Die Kündigung gilt nicht als wirksam, §§ 4, 7 KSchG. Der Kläger hat die Klagefrist des § 4 KSchG eingehalten.
1862. Die Kündigung ist nicht durch einen verhaltensbedingten Grund iSd § 1 KSchG sozial gerechtfertigt.
187a) Es liegen bereits keine hinreichenden verhaltensbedingten Gründe vor. Es wird insoweit auf die Feststellungen unter II. 3 Bezug genommen.
188b) Darüber hinaus erweist sich die ordentliche Kündigung aber auch als unverhältnismäßig. Es war der Beklagten zuzumuten, das Arbeitsverhältnis bis zum Erreichen der vertraglich vereinbarten Altersgrenze fortzuführen. Die Beklagte hatte den Kläger bereits am 01.03.2011 freigestellt. Bei dieser Freistellungserklärung hat sie sich lediglich darauf berufen, dass sie gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 25.02.2011 Nichtzulassungsbeschwerde erheben wolle und daher noch nicht klar sei, ob das Arbeitsverhältnis fortbestehe. Auf eine mögliche weitere Kündigung, die aufgrund der Anhörung vom gleichen Tag hätte im Raum stehen können, hat sie sich nicht berufen. Der Kläger konnte dieses Schreiben daher nur so verstehen, dass die Beklagte auf seine Arbeitsleistung bis zur - absehbaren - Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen X. lege. Die Beklagte hat die Freistellungserklärung weder bis zu einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts noch bis zu einer weiteren Kündigung beschränkt.
189Der daraus resultierende Umstand, dass eine weitere Tätigkeit des Klägers ohnehin nicht zu erwarten war, sowie die Betriebszugehörigkeit von 31,5 Jahren und der daraus erwachsene soziale Besitzstand führen in der Abwägung dazu, dass es der Beklagten zuzumuten war, das Arbeitsverhältnis bis zum Eintritt der vertraglich vereinbarten Altersgrenze weiterzuführen.
190IV. Der Kläger ist nicht berechtigt, die Feststellung zu verlangen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern unverändert zu den Bedingungen des zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsvertrages fortbesteht. Der Antrag ist unzulässig. Es mangelt bereits an einem Feststellungsinteresse iSd § 256 ZPO. Der Kläger begehrt mit seinem Antrag, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bezogen, die Feststellung, dass noch ein Arbeitsverhältnis besteht. Dieses ist aber unstreitig nicht der Fall, da das Arbeitsverhältnis durch das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze spätestens am 29.02.2012 auch nach der Rechtsauffassung des Klägers sein Ende gefunden hat. Darüber hinaus berufen sich weder der Kläger noch die Beklagte auf weitere Beendigungstatbestände außer den konkret angegriffenen Kündigungen.
191V. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger eine Tantiemeabrechnung für den Zeitraum 01.03.2011 bis 29.02.2012 zu erteilen. Der Anspruch ergibt sich aus der Tantiemevereinbarung vom 06.07.2006 und dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 29.02.2012.
192Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete durch das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze des § 235 Abs. 2 SGB VI am 29.02.2012. Die Parteien haben in § 15 Abs. 3 des Dienstvertrages vom 24.07.2006 die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze vereinbart. Wie zuvor festgestellt, geschah dieses in Kenntnis der Tatsache, dass der Kläger nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war und damit die gesetzliche Altersgrenze für ihn keine Rolle spielt, sondern vielmehr die sich aus der Satzung der Hamburgischen Ärzteversorgung ergebende Altersgrenze. Damit kann auf diese Altersgrenze, die bereits am 31.01.2012 erreicht gewesen wäre, nicht abgestellt werden. Maßgeblich ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Vertrages die gesetzliche Altersgrenze. Diese hat der Kläger erst am 29.02.2012 erreicht.
193VI. Die Berufung des Klägers ist auch erfolgreich, soweit das Arbeitsgericht den geltend gemachten Zinsanspruch auf den Verzugslohn für den Zeitraum 17.06.2009 bis 28.02.2011 abgewiesen hat. Das Teilurteil war insoweit aufzuheben und an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.
1941.Die Geltendmachung von Zinsansprüchen ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Parteien am 27.07.2012 in dem Verfahren 6 Sa 1193/11 einen Vergleich über die Höhe des Verzugslohns für diesen Zeitraum getroffen haben.
195Der Vergleich selbst enthält keine Regelung über die Zahlung von Zinsen oder über einen Verzicht auf Zinszahlungen. Er kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Kläger damit konkludent auf die Zahlung von Zinsen auf den im Vergleich geregelten Anspruch auf Verzugslohn verzichtet hat. Dieses entspricht zwar einer üblichen Handhabung in arbeitsgerichtlichen Vergleichen, die auf den Verzugslohn anfallenden Zinsen waren jedoch nicht Streitgegenstand des Berufungsverfahrens. Das Arbeitsgericht hatte im Teilurteil vom 28.09.2011 ausdrücklich über den Zinsanspruch nicht entschieden. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass mit einer Regelung über den Hauptanspruch gleichzeitig geltend gemachte Nebenansprüche mit erledigt sind. Dieses hätte einer ausdrücklichen inhaltlichen Einigung der Parteien oder aber einer ausdrücklichen Erklärung bedurft, dass insoweit das erstinstanzliche Verfahren erledigt ist. Beides ist nicht geschehen.
196Auch aus der Formulierung "Verzugslohn" lässt sich nicht entnehmen, dass damit auch die Nebenforderung der daraus angewachsenen Zinsen erledigt ist. Dieses ergibt sich bereits daraus, dass der Verzugslohn nebst Zinsen zu zahlen ist. Der Begriff des Verzugslohns bezieht sich nicht automatisch auch auf die zugehörigen Nebenforderungen.
197Entsprechendes lässt sich auch nicht daraus entnehmen, dass die Parteien ausdrücklich klargestellt haben, dass der zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzanspruch, über den das Arbeitsgericht nicht entschieden hat, nicht mit geregelt ist und auch nicht die Tantieme für das Jahr 2009. Der zur Aufrechnung gestellte Betrag hat Einfluss auf die Höhe des Verzugslohns, die Tantieme für das Jahr 2009 ist zumindest zum Teil auch Gegenstand des Verzugslohns. Insoweit bedurfte es daher einer Klarstellung, da es sich um Bestandteile der Hauptforderung handelte. Für die Nebenforderung war diese Klarstellung nicht erforderlich.
1982. Das Urteil war jedoch im Hinblick auf die Abweisung des Zinsanspruchs gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO aufzuheben und an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.
199a) Nach § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO darf das Berufungsgericht die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassenes Teilurteil ist. § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO gilt auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 16.04.2013, 1 Sa 290/12 Rn. 58 ff.; Germelmann/Germelmann, Kommentar zum ArbGG, 7. Auflage, § 68 Rn. 23). Die Zurückverweisung erfolgt im Falle der Nr. 7 auch ohne Antrag der Parteien, § 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO (Germelmann, § 68, Rn. 11). Ein Teilurteil kann nur ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse nicht besteht (BAG, Urteil vom 04.05.2006, 8 AZR 311/05 Rn. 20; BAG, Urteil vom 23.03.2005, 4 AZR 243/04 Rn. 19).
200Die Zulässigkeit eines in den Vorinstanzen verkündeten Teilurteils ist auch ohne Verfahrensrüge durch das Revisionsgericht zu überprüfen. Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 301 ZPO und damit die Frage, ob ein Teilurteil ergehen darf oder nicht, unterliegen nicht der Dispositionsbefugnis der Parteien (BAG, Urteil vom 10.11.2011, 6 AZR 342/10 Rn. 19; BGH, Urteil vom 17.02.1999, X ZR 101/97 Rn. 12). Ein unzulässiges Teilurteil findet im Prozessrecht keine Grundlage und ist daher grundsätzlich von Amts wegen aufzuheben. Nur hierdurch wird im Allgemeinen sichergestellt, dass das weitere Verfahren nicht auf einer als unrichtig erkannten Grundlage aufbaut, im weiteren Verfahren der erkannte Verfahrensfehler nicht vertieft wird und das Urteil nicht dazu führt, dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen aufrecht erhalten bleibt (BAG, Urteil vom 10.11.2011, 6 AZR 342/10 Rn. 19; BGH, Urteil vom 11.05.2011, VIII ZR 42/10 Rn. 19. ff.; BGH, Urteil vom 13.07.2011, VIII ZR 342/09 Rn. 31 f.).
201Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist jedoch geboten, wenn bei Aufrechterhaltung des Teilurteils weder die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht noch der Verfahrensfehler weiter vertieft wird. § 301 ZPO ermöglicht es dem Gericht, zur Vereinfachung der Entscheidung und Beschleunigung der Durchsetzung der Rechte der obsiegenden Partei über den entscheidungsreifen Teil des Rechtsstreits vorab zu entscheiden (BAG, Urteil vom 10.11.2011, 6 AZR 342/10 Rn. 20; MK-ZPO/Musielak § 301 Rn. 1; Zöller/Vollkommer § 301 Rn. 1).
202b) Das Arbeitsgericht hat mit dem zweiten Teilurteil vom 08.02.2013 gegen § 301 ZPO verstoßen. Das Arbeitsgericht hat über einen Zinsanspruch und damit über eine Nebenforderung entschieden, obwohl die Höhe der Hauptforderung noch nicht feststeht. Das Gericht hat im ersten Teilurteil vom 28.09.2011 über die Hauptforderung unter Abzug eines Schadensersatzbetrages von 10.000,00 € entschieden. Dieser war - wie sich auch aus dem Vergleich der Parteien vor dem Landesarbeitsgericht vom 27.07.2012 ergibt - immer noch beim Arbeitsgericht anhängig. Vor diesem Hintergrund haben die Parteien im Vergleich vom 27.07.2012 diesen Betrag in Abzug gebracht, um die Frage der Schadensersatzverpflichtung vor dem Arbeitsgericht weiter zu verhandeln.
203Das Arbeitsgericht hätte daher über den Zinsanspruch auf den nunmehr im Vergleich geregelten Anspruch auf Verzugslohn (221.697,78 € brutto abzüglich 35.211,06 € Anspruchsübergang auf die Bundesagentur für Arbeit sowie abzüglich 10.000,00 € netto Schadensersatz) entscheiden müssen. Dieses war wiederum nicht möglich, weil die Beklagte bereits nicht klargestellt hat, gegenüber welchen Ansprüchen und in welcher Reihenfolge die Aufrechnung erklärt werden sollte und sie darüber hinaus nichts zur Aufrechnungsbeschränkung nach § 394 BGB iVm § 850 a ff. ZPO vorgetragen hat. Streitgegenstand war ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn für den Zeitraum 17.06.2009 bis 28.02.2011, der aufgrund der Aufrechnungserklärung zum Teil erloschen sein könnte. Das Arbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang bereits nicht in seinem Teilurteil vom 08.09.2011 klargestellt, über welchen Teil des Annahmeverzugsanspruchs es entschieden hat. Dieses mag im Hinblick auf die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorzunehmende Gesamtberechnung, bei der der Annahmeverzugsanspruch und die anzurechnenden Ansprüche insgesamt saldiert werden (vgl. BAG, Urteil vom 16.05.2012, 5 AZR 251/11 Rn. 29; BAG, Urteil vom 12.12.2006, 1 AZR 96/06 Rn. 33; BAG, Urteil vom 22.11.2005, 1 AZR 407/04 Rn. 22), für die Höhe der Hauptforderung unproblematisch sein. Die auf den Verzugslohn anfallenden Zinsen sind jedoch auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts pro rata temporis zu zahlen. Trotz der Gesamtberechnung entstehen die Annahmeverzugsansprüche nicht erst am Ende des Annahmeverzugs, sondern sukzessive während des Annahmeverzugs und werden mit dem jeweiligen Abrechnungszeitraum fällig. Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht gehindert, sie ratierlich geltend zu machen. Der Arbeitnehmer kann Prozess- oder Verzugszinsen fordern, er hat dann die von dritter Seite bezogenen Leistungen taggenau abzusetzen (BAG, Urteil 16.05.2012, 5 AZR 251/11 Rn. 31; BAG, Urteil vom 19.03.2008, 5 AZR 429/07 Rn. 16).
204Es steht zur Zeit nicht fest, ob die Hauptforderung, mithin der Anspruch auf Verzugslohn, in Höhe von 10.000,00 € durch die Aufrechnung untergegangen ist. Über diesen Anspruch hat das Arbeitsgericht im zweiten Teilurteil vom 08.02.2013 nicht entschieden. Insoweit ist das Teilurteil auch ein verdecktes Teilurteil, weil es sich nicht dazu verhält, inwiefern über diesen Anspruch nicht entschieden werden konnte. Zwar spricht gegen das Bestehen eines Anspruchs, dass das Arbeitsgericht rechtskräftig festgestellt hat, dass die Beklagte nicht berechtigt war, mit dem Schadensersatzanspruch gegenüber dem Anspruch auf Tantiemezahlung aufzurechnen. Dieses spricht dafür, dass die Kammer die (Teil-)Anhängigkeit der Verzugslohnansprüche im Umfang der Aufrechnung übersehen habe dürfte. Ohne dass über den Bestand dieser Hauptforderung im Rahmen des noch anhängigen Teils des Verzugslohns eine Entscheidung getroffen worden ist, kann über das Schicksal der Nebenforderung aber nicht entschieden werden. Die Kammer ist damit an einer Entscheidung über die Nebenforderung gehindert.
205Bei der Entscheidung über die Nebenforderungen wird das Arbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass der Kläger im Schriftsatz vom 02.08.2012 exakt mitgeteilt hat, wie sich die Hauptforderung zusammensetzt bzw. welche Posten von der Hauptforderung im Rahmen des Vergleichs in Abzug gebracht worden sind.
206Im Übrigen führt die Entscheidung über die Zinsen auch nicht zu einer unzumutbaren Verzögerung des Verfahrens, da vor dem Arbeitsgericht ohnehin noch der Anspruch auf Auszahlung von Tantiemeansprüchen für den Zeitraum 01.03.2011 bis 29.02.2012 anhängig ist.
207VI. Aufgrund des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses bis zum 29.02.2012 ist auch der durch den Kläger gestellte uneigentliche Hilfsantrag betreffend die Vergütung für den Zeitraum 01.03.2011 bis 29.02.2012 zur Entscheidung angefallen.
208Die Berufung des Klägers ist insoweit überwiegend begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die volle Vergütung unter Abzug des tatsächlich an ihn bis zum 05.09.2011 durch die Bundesagentur für Arbeit geleisteten Gründungszuschusses.
2091. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Vergütung für den Zeitraum 01.03.2011 bis zum 29.02.2012 aufgrund des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses in Verbindung mit der Freistellungserklärung der Beklagten vom 01.03.2011 zu.
210a) Dem Anspruch des Klägers ist eine monatliche Vergütung von 12.744,00 € zugrunde zu legen. Dieses ist mit Ausnahme einer Zahlung für die Altersversorgung in Höhe von 287,19 € monatlich, Zuschuss Zukunftssicherung genannt, unstreitig.
211Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diese auch verpflichtet, den Zuschuss Zukunftssicherung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen. Die Parteien haben im Termin vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 27.07.2012 ausdrücklich erklärt, dass dieser Betrag für dessen privat abgeschlossene Lebensversicherung gezahlt worden ist. Die Zahlung sei steuer- und sozialversicherungsrechtlich wie normales Entgelt behandelt worden. Daraus ergibt sich, dass es sich nicht um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung iSd BetrAVG handelt, sondern allenfalls um eine Zahlung, die als Zuschuss zu einer selbst finanzierten Lebensversicherung dienen sollte. Unstreitig hat der Kläger vor dem 01.03.2011 eine Lebensversicherung aufgelöst, um seinen Lebensunterhalt davon zu decken. Er hat aber im Termin vor dem Landesarbeitsgericht auch erklärt, dass er noch auf weitere Lebensversicherungen Zahlungen leiste. Diesem ist die Beklagte nicht entgegengetreten.
212Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang keine Vereinbarung behauptet oder vorgetragen, die eine Bindung der Zahlung an den Bestand einer bestimmten Lebensversicherung regelt. Es ist auch nicht ersichtlich, woraus sich die von der Beklagten behauptete "Üblichkeit" der Verknüpfung der Auszahlung mit dem Renteneintritt ergibt. Dieses dürfte sich auch bei der Beklagten daraus ergeben, dass im Regelfall das Arbeitsverhältnis mit dem Renteneintritt beendet wird. Dieses ist aber bei dem Kläger nicht der Fall.
213b) Der Anspruch des Klägers ist in Höhe des tatsächlich gezahlten Gründungszuschusses für den Zeitraum 01.03. bis 05.09.2011 gemäß § 115 SGB X auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen. Der Kläger ist insoweit nicht mehr aktivilegitimiert. Nach dieser Vorschrift gehen Ansprüche auf den Träger einer Sozialleistung über, soweit der Arbeitgeber Entgeltansprüche nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat.
214Dem Kläger stehen aufgrund des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses bis zum 29.02.2012 Entgeltansprüche zu. Es handelt sich bei dem Gründungszuschuss um eine Sozialleistung im Sinne des § 115 SGB X. Der Gründungszuschuss wird gemäß § 93 Abs. 1 SGB III an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung geleistet. Die Förderung setzt damit die durch die Kündigung des Arbeitgebers begründete Arbeitslosigkeit voraus sowie die Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit. Sie dient für den Übergangszeitraum aus der Arbeitslosigkeit in eine auskömmliche Selbständigkeit der Sicherung des Lebensunterhalts (Gagel § 93 SGB III Rn. 4). Sie resultiert damit nicht aus der Verwendung der Arbeitskraft, sondern setzt diese lediglich voraus. Aufgrund des Zwecks - der Sicherung des Lebensunterhalts und der sozialen Sicherung - handelt es sich aber um eine dem zuvor gezahlten Arbeitslosengeld vergleichbaren Sozialleistung. Auch dieses dient der Sicherung des Lebensunterhalts für einen vorübergehenden Zeitraum.
215Der Kläger hat unstreitig einen monatlichen Gründungszuschuss von 2.246,10 € erhalten, so dass für den Zeitraum 01.03. bis 31.08.2011 insgesamt sechsmal ein Betrag von 2.246,10 € sowie für den Zeitraum 01. bis 05.09.2011 ein Betrag von 374,35 €, insgesamt daher 13.850,95 € in Abzug zu bringen sind.
216c) Der Anspruch des Klägers auf Vergütungszahlung ist nicht in Höhe der tatsächlich gezahlten Rente gemäß § 115 SGB X übergegangen. Es handelt sich bei der Rente nicht um eine Sozialleistung iSd § 115 SGB X. Insbesondere wird sie nicht infolge einer nicht erfüllten Entgeltverpflichtung gezahlt. Diese Zwecksetzung einer Rente ergibt sich bereits daraus, dass gemäß § 34 SGB VI bei einer vorgezogenen Inanspruchnahme von Rente der Anspruch bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze - diese läge für den Kläger bei 450,00 € - entfällt. Es kann dahinstehen, ob die Satzung der Ärzteversorgung entsprechende Regelungen enthält, auch insofern ergibt sich aus der gesetzgeberischen Grundkonzeption für die Zahlung einer Rente, dass es sich nicht um eine Sozialleistung iSd § 115 SGB X handelt.
217d) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass sich der Kläger eine böswillig unterlassene Tätigkeit im Rahmen einer Ärztevermittlung oder aber im Rahmen des beendeten freien Mitarbeiterverhältnisses gemäß § 615 Satz 2 BGB anrechnen lassen muss. Die Vorschrift findet keine Anwendung. Die Beklagte befand sich nicht im Annahmeverzug. Vielmehr hat sie mit der unwiderruflichen Freistellung vom 01.03.2011 dem Kläger einen Erlassvertrag im Hinblick auf die weitere Arbeitsleistung angeboten.
218Die einseitige Freistellung von der Arbeit ist, soweit keine besonderen Umstände vorliegen, regelmäßig nicht anders zu beurteilen, als wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Arbeit nach Hause schickt, weil er ihn nicht mehr beschäftigen will. Auch in diesem Fall liegt keine vorübergehende Unmöglichkeit der Arbeitsleistung vor (BAG, Urteil vom 06.09.2006, 5 AZR 703/05 Rn. 21; BAG, Urteil vom 23.01.2001, 9 AZR 26/00 Rn. 15), sondern Annahmeverzug. Zur Begründung des Annahmeverzugs bedarf es bei der unwiderruflichen Freistellung keines wörtlichen Angebots (§ 295 Satz 1 BGB) der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer, denn der Arbeitgeber lässt damit erkennen, unter keinen Umständen zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bereit zu sein (BAG, Urteil vom 06.09.2006, 5 AZR 703/05 Rn. 21). Der Beginn des Annahmeverzugs ist auf Grund der Freistellungserklärung und der zeitlichen Festlegung der Arbeitspflicht hinreichend klar bestimmt (HWK/Krause, § 615 BGB Rn. 39).
219Die Folge des Eintretens von Annahmeverzug ist gemäß § 615 Satz 2 BGB die Anrechnung des Verdienstes, den der Arbeitnehmer infolge des Unterbleibens der Arbeitsleistung erwirbt. Bei einer unwiderruflichen Freistellung unter dem Vorbehalt der Anrechnung etwaigen anderweitigen Verdienstes ist die Erklärung dahingehend auszulegen, dass der Arbeitnehmer von den Beschränkungen des § 60 HGB frei ist (BAG, Urteil vom 06.09.2006, 5 AZR 703/05 Rn. 22). Eine Freistellungserklärung kann auch dahingehend ausgelegt werden, dass dem Arbeitnehmer damit für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist Urlaub erteilt werden sollte (vgl. BAG, Urteil vom 14.03.2006, 9 AZR 11/05 Rn. 11). Legt der Arbeitgeber in der Freistellungserklärung die genaue zeitliche Lage des Urlaubs nicht fest, ist des Weiteren denkbar, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Festlegung der zeitlichen Lage der Urlaubstage innerhalb des vorbehaltlos gewährten Freistellungszeitraums überlassen will und ihm im Übrigen den Abschluss eines Erlassvertrags iSd § 397 BGB anbietet, durch den die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitspflicht des Arbeitnehmers aufgehoben werden soll. Dieses Angebot kann der Arbeitnehmer nach § 151 BGB annehmen (BAG, Urteil vom 06.09.2006, 5 AZR 703/05 Rn. 22; BAG, Urteil vom 19.03.2002, 9 AZR 16/01 Rn. 29). Eine Anrechnung eines etwaigen Zwischenverdienstes des Arbeitnehmers ist in diesen Fallgestaltungen ausgeschlossen (BAG, Urteil vom 06.09.2006, 5 AZR 703/05 Rn. 22).
220Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 01.03.2011 unwiderruflich unter Anrechnung etwaiger Urlaubsansprüche freigestellt. Sie hat in ihrem Schreiben auf die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil vom 25.02.2011 hingewiesen. Sie hat jedoch weder erklärt, ob die Freistellung auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts über die Nichtzulassungsbeschwerde beschränkt ist, noch auf eine mögliche weitere Kündigung hingewiesen. Der Kläger konnte daher diese Erklärung nur so auffassen, dass die Beklagte den Kläger auf jeden Fall und unabhängig von dem Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde freistellen wollte. Dieses war im Hinblick darauf, dass das Arbeitsverhältnis ohnehin am 29.02.2012 bzw. nach der Vorstellung der Beklagten am 31.01.2012 endete und nicht damit zu rechnen war, dass eine kurzfristige Entscheidung durch das Bundesarbeitsgericht ergeht, auch durchaus sachgerecht, da eine Wiedereingliederung des Klägers nach einer Abwesenheit von über zwei Jahren nur für wenige Monate kaum zielführend für die Parteien gewesen sein dürfte.
221Die Beklagte hat damit unter Anwendung der zuvor zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen Erlassvertrag angeboten, den dieser sogar mit Schreiben vom 04.03.2011 ausdrücklich angenommen hat. Damit befand sich die Beklagte zwar ab dem 01.03.2011 in Annahmeverzug, eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes war aber durch diese Vereinbarung ausgeschlossen.
222Dieses ändert sich auch nicht durch den Ausspruch der außerordentlichen Kündigungen am 14.03.2011. Zu diesem Zeitpunkt war die Arbeitspflicht des Klägers bereits suspendiert. Die Kündigung änderte nichts an dem bestehenden Zustand der Freistellung des Klägers, er wurde dadurch nur perpetuiert. Es war daher auch nach dem 14.03.2011 kein Zwischenverdienst anzurechnen.
223e) Der Zahlungsanspruch ist nicht teilweise durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit dem von ihr geltend gemachten Überzahlungsanspruch erloschen (§ 389 BGB).
224aa) Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung ist unzulässig. Die Beklagte macht mit ihrer Schadensersatzforderung eine Nettoforderung geltend, die sie gegen eine Bruttoforderung aufrechnet. Eine Bruttoforderung kann nicht mit einer Nettoforderung und umgekehrt aufgerechnet werden. Es besteht keine Gleichartigkeit iSv. § 387 BGB (BAG, Urteil vom 15.03.2005, 9 AZR 502/03 Rn. 54; BAG, Urteil vom 22.03.2000, 4 AZR 120/99 Rn. 12; LAG Köln, Urteil vom 17.12.2012, 5 Sa 697/12 Rn. 27; LAG Köln, Urteil vom 18.02.2008, 14 Sa 1029/07 Rn. 42).
225Darüber hinaus ist die Aufrechnung auch unzulässig, weil sie zumindest teilweise gegen das Aufrechnungsverbot des § 394 Satz 1 BGB verstößt. § 394 Satz 1 BGB schließt eine Aufrechnung gegen eine Forderung aus, soweit diese nicht der Pfändung unterworfen ist. Bei Arbeitseinkommen bestimmt sich der pfändbare Teil gemäß § 850 Abs. 1 ZPO nach Maßgabe der §§ 850 a bis 850 i ZPO. Zur Sicherung des Existenzminimums des Arbeitnehmers und seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen regelt § 850 c Abs. 1 ZPO einen unpfändbaren Grundbetrag. Er ist entsprechend den Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers gestaffelt und nach oben begrenzt. Für den Teil des Arbeitseinkommens, der diesen Grundbetrag übersteigt, gelten die weiteren Pfändungsbeschränkungen des § 850 c Abs. 2 ZPO.
226Der Arbeitgeber trägt die Darlegungslast dafür, dass seine Aufrechnung gegen den gemäß § 850 Abs. 1 ZPO nur nach Maßgabe des §§ 850 a bis 850 i ZPO pfändbaren Anspruchs des Arbeitnehmers auf Lohn das Erlöschen oder den teilweisen Untergang dieser Forderungen bewirkt hat (§ 389 BGB). Der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens ist nicht von Amts wegen zu ermitteln. Hierzu sind die Gerichte für Arbeitssachen im Urteilsverfahren, für das der Beibringungsgrundsatz gilt, nicht verpflichtet (BAG, Urteil vom 05.12.2002, 6 AZR 569/01 Rn. 16). Es ist daher Sache der Beklagten, den pfändbaren Anteil der Vergütung des Klägers, bemessen nach Zeitabschnitten, vorzutragen. Dabei sind gemäß § 850 e Nr. 1 ZPO die Beträge nicht mitzurechnen, die unmittelbar auf Grund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind, mithin die sich ergebenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Darüber hinaus sind die Pfändungsfreigrenzen des § 850 c ZPO zu beachten. Die Beklagte hat aber für die einzelnen Zeitabschnitte weder vorgetragen, welcher Nettobetrag dem Kläger zusteht noch, inwiefern dieser der Aufrechnung und damit der Pfändung zugänglich ist. Vor diesem Hintergrund ist eine Aufrechnung ausgeschlossen.
227bb) Darüber hinaus hat der Kläger die von der Beklagten behauptete Übererfüllung der Ansprüche bestritten. Die Beklagte hat die tatsächlichen Zahlungen auch nicht unter Beweis gestellt.
228cc) Die Kammer vermag zudem die mit der Aufstellung der Beklagten zur Berufungserwiderung (Bl. 680 d. A.) ermittelten Bruttobeträge auch nicht nachzuvollziehen. Die Parteien haben im Vergleich vom 27.07.2012 vereinbart, dass für den Zeitraum 17.06.2009 bis 28.02.2011 eine Verzugslohnvergütung - unter Ausschluss der Tantieme - von 221.697,78 € brutto zu zahlen war. Der Kläger selbst hat mit Schriftsatz vom 02.08.2012 vorgetragen, welche Beträge bzw. anzurechnenden Leistungen Gegenstand des Vergleichs vom 27.07.2012 waren. Diesem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Inhalt der Einigung war daher, dass ab Aufnahme der Tätigkeit als freier Mitarbeiter am 01.02.2010 bis zur Beendigung des Annahmeverzugszeitraums am 28.02.2011 von der Bruttovergütung von 12.744,00 € ein Betrag von 3.000,00 € abzuziehen war. Dieses ist auch rechnerisch richtig. Der durch den Kläger geltend gemachte Betrag setzte sich aus der Restvergütung für Juni 2009 von 5.817,78 € sowie 20 x 12.744,00 € für den Zeitraum Juli 2009 bis Februar 2011, mithin insgesamt 260.597,78 €, zusammen. Zieht man hiervon 13mal den Betrag von 3.000,00 € ab, so ergibt sich der im Vergleich vom 22.07.2012 geregelte Bruttobetrag von 221.697,78 €.
229Hiervon sollten das vom 09.09.2009 bis 05.12.2010 gezahlte Arbeitslosengeld sowie der vom 06.12.2010 bis 28.02.2011 (Ende des geregelten Zeitraums) gezahlte Gründungszuschuss in Höhe von insgesamt 35.211,06 € als Nettobetrag in Anrechnung gebracht werden.
230Mithin stand dem Kläger für den Monat Juni 2009 eine Vergütung von 5.817,78 € sowie für die Monate Juli 2009 bis Januar 2010 von je 12.744,00 € brutto zu, wobei ab dem 09.09.2009 bei dem sich ergebenden Nettobetrag die Leistungen der Bundesagentur zu berücksichtigen waren. Dieses hat der Kläger mit dem in der Berufungsbegründung neu formulierten Antrag im Hinblick auf die Zinsen für den Verzugszeitraum - wenn auch teilweise rechnerisch unrichtig - getan. Für die Monate Februar 2010 bis Februar 2011 war eine Bruttovergütung von 9.744,00 € geschuldet, von der der Gründungszuschuss netto abzuziehen war.
231Die Beklagte hat jedoch in ihrer Aufstellung für die Monate Juli 2009 bis Januar 2010 lediglich eine Bruttovergütung von 10.794,00 € in Ansatz gebracht. Damit hat sie insgesamt eine Bruttovergütung von 221.697,78 € entsprechend dem Vergleich ermittelt. Für die Monate Februar 2010 bis Februar 2011 hat sie dann jedoch von diesem Betrag einen Abzug von 3.000,00 € monatlich vorgenommen. Sie hat damit den Abzug des vereinbarten anrechenbaren Verdienstes quasi doppelt vorgenommen. Unter Einbeziehung der durch die Beklagte im Juni 2010 mit berücksichtigten hälftigen Tantieme von 10.133,94 € hätte sich ein Bruttoanspruch von 231.873,72 € ergeben. Die Beklagte hat bei ihrer Aufstellung aber lediglich einen Bruttobetrag von 192.831,72 € berücksichtigt und damit exakt 39.000,00 € zu wenig.
232Die Beklagte hat im Weiteren mit der von ihr ermittelten Nettoüberzahlung entsprechend der Aufstellung unzulässigerweise mit dem Bruttoanspruch des Klägers auf Zahlung der Tantieme 2009 in Höhe von 21.990,49 € zuzüglich Zinsen aufgerechnet, wobei sie zudem nicht berücksichtigt hat, dass sie nach ihrer Aufstellung einen Betrag von 10.133,94 € brutto für diesen Zeitraum bereits gezahlt haben will.
233Damit ist für das Gericht auch nicht im Ansatz mehr feststellbar, in welcher Höhe eine Überzahlung vorliegt. Mit Sicherheit kann nur festgestellt werden, dass es bereits rechnerisch nicht in Höhe des von der Beklagten ermittelten Betrages sein kann.
2342. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der weiteren Vergütung aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes. Der Kläger hat den Anspruch im weiteren darauf gestützt, dass die Beklagte ihm zum Schadensersatz verpflichtet sei, da er aufgrund der Kündigung und der damit eintretenden finanziellen Einbußen gezwungen gewesen sei, zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente zu beantragen mit der Konsequenz, dass diese niedriger ausfalle, als wenn er erst mit Eintreten der Altersgrenze Rente beantragt hätte.
235Es kann dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt eine Schadensersatzpflicht trifft, wenn der Kläger seinen Lebensunterhalt dadurch sichert, dass er, statt bereits im Kündigungsschutzverfahren durch eine Annahmeverzugsklage ausstehende Vergütung gerichtlich geltend zu machen und titulieren zu lassen, Rente beantragt. Es fehlt bereits an einem Schaden des Klägers. Der Kläger kann die Vergütungsansprüche gegenüber der Beklagten lediglich in Höhe des an ihn durch die Bundesagentur geleisteten Gründungszuschusses nicht geltend machen. Insoweit liegt eine Entgeltersatzleistung vor. Der Kläger verfügt unstreitig über diesen Betrag und ist aufgrund des gesetzlichen Anspruchsübergangs gemäß § 115 SGB X nicht befugt, diesen Betrag geltend zu machen. Bei einer vergleichenden Betrachtung zwischen der wirtschaftlichen Situation des Klägers mit und ohne Vergütungszahlung der Beklagten ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass sich sein Vermögen durch den Gründungszuschuss erhöht hat. Er kann diesen als Lohnersatzleistung nicht gegenüber der Beklagten geltend machen, da er über diesen Betrag bereits verfügt. Damit hat der Kläger insoweit keinen Schaden erlitten.
2363. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280, 286, 247, 614 BGB. Nach dem Vertrag war die Vergütung bereits am 16. des laufenden Monats fällig. Es ist daher unschädlich, dass der Kläger Zinsen erst ab dem 1. des Folgemonats geltend gemacht hat.
237C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
238D. Das Gericht hat die Revision für den Kläger im Hinblick auf die Frage des Anspruchsübergangs des Gründungszuschusses zugelassen. Es hat dieser Frage grundsätzliche Bedeutung iSd § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG grundsätzliche Bedeutung beigemessen, da bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob der Gründungszuschuss eine Sozialleistung iSd § 115 SGB X darstellt. Das Hessische Landesarbeitsgericht (Urteil vom 21.06.2011, 15 Sa 154/10 Rn. 115) sowie das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 08.09.2009, 7 Sa 703/09 Rn. 66) haben diese Frage dahinstehen lassen.
239R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
240Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
241R E V I S I O N
242eingelegt werden.
243Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
244Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
245Bundesarbeitsgericht
246Hugo-Preuß-Platz 1
24799084 Erfurt
248Fax: 0361-2636 2000
249eingelegt werden.
250Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
251Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
2521.Rechtsanwälte,
2532.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
2543.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
255In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
256Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
257Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
258* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
259Buschkröger Kühl Steeg