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Macht ein Arbeitnehmer Ansprüche aus "equal pay" geltend, kann der Arbeitgeber das Vorbringen des Arbeitnehmers zu den Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers nicht zulässig mit Nichtwissen bestreiten (so schon ArbG Stuttgart 09.03.2011 - 9 Ca 109/11 - juris RN 59).
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 30.01.2012 - 3 Ca 1760/11 - teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere
16,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2010,
4,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2010,
43,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2010,
21,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2010,
21,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2010,
85,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2010,
20,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2010,
11,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2010,
1,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2011,
zu zahlen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben der Kläger zu 30 % und die Beklagte zu 70 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten über Entgeltansprüche aus dem Gesichtspunkt des "equal pay".
3Die Beklagte betreibt ein Zeitarbeitsunternehmen. Im Zeitraum vom 01.02.2010 bis zum 31.01.2011 setzte sie den Kläger als Helfer bei unterschiedlichen Unternehmen ein. Die Grundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien bildete der Arbeitsvertrag vom 29.01.2010. In diesem heißt es ua.:
4"... wird folgender Arbeitsvertrag in Anlehnung an die Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) geschlossen. Es gilt der Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag u. d. Entgelttarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer nicht Mitglied der Gewerkschaft ist. Die Tarifverträge liegen in der Niederlassung zur Einsicht aus. Soweit der Arbeitnehmer nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der vorgenannten Tarifverträge den Abreden dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit diese Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gem. Absatz 2 entsprechend."
5Mit seiner der Beklagten am 27.08.2011 zugestellten Klage hat der Kläger unter Hinweis auf die fehlende Tariffähigkeit der CGZP Differenzlohnansprüche geltend gemacht, und zwar bezogen auf den Grundlohn für die gearbeiteten Normalstunden sowie auf Vergütung für Feiertags-, Urlaubs- und Krankheitslohn und auf Zuschläge für Überstunden und Nachtarbeit. Wegen der Berechnung der Differenzen aus Normalstunden wird auf die Ausführungen im Klägerschriftsatz vom 01.12.2011 (Blatt 61 ff. der Akte) verwiesen.
6Der Kläger hat beantragt,
71.die Beklagte zu verurteilen, 306,02 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2010 an ihn zu zahlen,
82.die Beklagte zu verurteilen, 477,61 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2010 an ihn zu zahlen,
93.die Beklagte zu verurteilen, 473,84 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2010 an ihn zu zahlen,
104.die Beklagte zu verurteilen, 496,-- EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2010 an ihn zu zahlen,
115.die Beklagte zu verurteilen, 374,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2010 an ihn zu zahlen,
126.die Beklagte zu verurteilen, 391,26 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2010 an ihn zu zahlen,
137.die Beklagte zu verurteilen, 388,32 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2010 an ihn zu zahlen,
148.die Beklagte zu verurteilen, 369,60 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2010 an ihn zu zahlen,
159.die Beklagte zu verurteilen, 322,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2010 an ihn zu zahlen,
1610.die Beklagte zu verurteilen, 331,10 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 an ihn zu zahlen,
1711.die Beklagte zu verurteilen, 348,09 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 an ihn zu zahlen,
1812.die Beklagte zu verurteilen, 459,49 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 an ihn zu zahlen,
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Mit Urteil vom 30.01.2012, auf dessen Gründe im Einzelnen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Duisburg der Klage bezogen auf die Normalstunden stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
22Gegen das ihm am 07.02.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.03.2012 Berufung eingelegt und diese mit einem am 30.03.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Gegen das ihr am 09.02.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08.03.2012 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.04.2012 - mit einem am 19.04.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
23Zur Begründung seiner Berufung berechnet der Kläger im Einzelnen die Differenzen bezogen auf Feiertags-, Urlaubs- und Krankheitslohn und auf Zuschläge für Überstunden und Nachtarbeit jeweils auf der Basis der beklagtenseits abgerechneten Stunden. Auf die Einzelheiten der Berechnung wird ausdrücklich verwiesen (Seiten 3 bis 5 der Berufungsbegründung, Blatt 119 ff. der Akte). Wegen seines Vortrags zu den bei den Entleiherbetrieben gezahlten Entgelten wird auf die Seiten 7 bis 9 des Klägerschriftsatzes vom 23.05.2012 (Blatt 177 ff. der Akte) verwiesen.
24Der Kläger beantragt,
25das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 30.01.2012 - 3 Ca 1760/11 - teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere
2616,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2010,
274,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2010,
2843,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2010,
2921,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2010,
3021,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2010,
3185,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2010,
3220,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2010,
3311,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2010,
341,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2011,
35zu zahlen.
36Die Beklagte beantragt,
37das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
40Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen die vom Kläger vorgetragene Vergütung der Vergleichsarbeitnehmer bei den Entleiherbetrieben. Sie beruft sich zudem darauf, die Ansprüche des Klägers seien jedenfalls verfallen.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.
42E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
43A.
44Die Berufungen der Parteien sind zulässig, insbesondere unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
45B.
46Die Berufung des Klägers ist begründet, die der Beklagten ist unbegründet. Dem Kläger steht nach § 10 Abs. 4 AÜG iVm. § 9 Nr. 2 AÜG ein Anspruch auf "equal pay" zu. Die Beklagte hat ihm daher die verlangten Differenzen bezogen auf Feiertags-, Urlaubs- und Krankheitslohn und auf Zuschläge für Überstunden und Nachtarbeit zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zudem zutreffend zur Zahlung der Differenzbeträge für den Normallohn verurteilt. Die Berufungskammer folgt insoweit dem Arbeitsgericht und sieht von einer nur wiederholenden Begründung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen und die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ist lediglich wie folgt ergänzend auszuführen:
471. Nach § 9 Nr. 2 AÜG ist der Verleiher grundsätzlich verpflichtet, mit seinem Arbeitnehmer die wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu vereinbaren, die für einen vergleichbaren Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb gelten. Allerdings kann ein Tarifvertrag abweichende Regelungen vorsehen. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren, § 9 Nr. 2 a. E. AÜG. Im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung mit dem Verleiher nach § 9 Nr. 2 AÜG kann der Leiharbeitnehmer jedoch von seinem Arbeitgeber die Gewährung der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen, § 10 Abs. 4 AÜG.
48a) Die Parteien haben nicht wirksam auf die Regelungen eines Tarifvertrages verwiesen.
49Zwar haben sie im Arbeitsvertrag vom 29.01.2010 die Geltung ua. des Entgeltrahmentarifvertrags und des Entgelttarifvertrags vereinbart, die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) geschlossen worden sind. Spätestens seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.05.2012 (-1 AZB 58/12 - Pressemitteilung Nr. 39/12) im Verfahren nach § 97 ArbGG über die Tariffähigkeit der CGZP steht jedoch mit Bindung gegenüber jedermann (BAG 28.03.2006 - 1 ABR 58/04 - NZA 2006, 1112 RN 31) und damit auch für die hiesigen Parteien fest, dass die CGZP seit jeher nicht tariffähig war. Der von der Beklagten geforderten Aussetzung nach § 97 Abs. 5 ArbGG bedurfte es jedenfalls seit diesem Zeitpunkt nicht mehr. Die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Parteien führt zur Nichtigkeit des Tarifvertrages (BAG 15.11.2006 - 10 AZR 665/05 - NZA 2007, 448).
50b) Die Beklagte kann sich insofern auch auf Vertrauensschutz nicht berufen. Der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird nicht geschützt (BAG 15.11.2006 - 10 AZR 665/05 - NZA 2007, 448). Die Beklagte konnte bei Abschluss des Arbeitsvertrages am 29.01.2010 zudem deshalb nicht auf die Wirksamkeit des Tarifvertrages vertrauen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits das Arbeitsgericht Berlin mit Beschluss vom 01.04.2009 (- 35 BV 17008/08 - NZA 2009, 740) und nachgehend auch das LAG Berlin-Brandenburg am 07.12.2009 (- 23 TaBV 1016/09 - BB 2010, 1927) die Tariffähigkeit der CGZP verneint hatten.
51c) Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht verfallen, weil für diese keine Ausschlussfrist gilt.
52(1) Zur Unwirksamkeit der in Ziffer 13 des Arbeitsvertrages vereinbarten Ausschlussfrist wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. g) der Gründe verwiesen. Insofern macht auch die Berufung keine Bedenken mehr geltend.
53(2) Ein Verfall der klägerischen Ansprüche folgt nicht aus den in den jeweiligen Manteltarifverträgen zwischen CGZP und AMP geregelten Ausschlussfristen. Kraft Tarifgebundenheit können diese auch abgesehen von der fehlenden Tarifmitgliedschaft keine Anwendung finden, weil der Tarifvertrag aufgrund der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP nichtig ist. Insofern gilt nichts anderes als für die Entgelttarifverträge.
54Die Ausschlussfristenregelungen der Manteltarifverträge finden auch nicht kraft einzelvertraglicher Verweisung Anwendung.
55Allerdings hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in ihrer Entscheidung vom 08.12.2011 (-11 Sa 852/11 - DB 2012, 921) angenommen, bei einer einzelvertraglichen Verweisung auf die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge führe deren fehlende Tariffähigkeit auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zur Unwirksamkeit der Bezugnahme. Dem vermag die erkennende Kammer nicht zu folgen. Sie versteht die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichs (07.12.1977 - 4 AZR 474/76 - DB 1978, 356; 22.01.2002 - 9 AZR 601/ 00 - NZA 2002, 1041 RN 45) so, dass für die Auslegung einer einzelvertraglichen Verweisung der Grundsatz gilt, dass die Arbeitsvertragsparteien regelmäßig einen Tarifvertrag nur so in Bezug nehmen wollen, wie er auch tarifrechtlich gilt. Für die danach mögliche abweichende Auslegung gibt der festgestellte Sachverhalt nichts her. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass der Arbeitsvertrag trotz der Verweisung auf die Tarifverträge umfassende eigene Regelungen - so zB auch eine eigenständige Verfallfrist - enthält, dagegen, dass die Parteien in jedem Fall die tariflichen Klauseln als einzelvertragliche Vereinbarung wollten. Verwiesen wird auf die "jeweils gültige Fassung". Eine solche hat es aufgrund der Nichtigkeitsfolge nie gegeben. Bei einem wirksamen Tarifvertrag ist davon auszugehen, dass die widerstreitenden Interessen einen angemessenen Ausgleich gefunden haben. Diese "Richtigkeitsgewähr" ist nicht gegeben, wenn einer der "Tarifparteien" die Tariffähigkeit fehlt. Anderweitige Anhaltspunkte hat die Beklagte auf Nachfrage im Berufungstermin nicht nennen können.
56(3) Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich anderes auch nicht aus den neuen mehrgliedrigen Tarifverträgen zwischen AMP einerseits und der CGZP und den CGB-Einzelgewerkschaften andererseits. Zwar stellt ein mehrgliedriger Tarifvertrag nichts anderes als die Zusammenfassung mehrerer einzelner Tarifverträge dar, ohne dass eine notwendige rechtliche Verknüpfung derselben besteht. Eine Verweisung auf andere Teile des mehrgliedrigen Tarifvertrages als die (nichtige) Vereinbarung zwischen CGZP und AMP ist daher rechtlich denkbar. Die Beklagte irrt jedoch, wenn sie meint, hier sei eine solche erfolgt. Die einzelvertragliche Verweisung nimmt ausschließlich die von der CGZP geschlossenen Tarifverträge in Bezug. Die Teile der neuen mehrgliedrigen Tarifverträge, die nicht von der CGZP abgeschlossen worden sind, stellen daher keine "jeweils gültige Fassung" der ursprünglich zwischen CGZP und AMP geschlossenen Tarifverträge dar. Jedenfalls wäre eine pauschale Verweisung auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam (vgl. LAG Hamm 29.02.2012 - 3 Sa 889/11 - juris RN 186 ff.).
57(4) Die im jeweiligen Entleiherbetrieb geltenden Ausschlussfristen muss ein Leiharbeitnehmer, der Ansprüche nach § 10 Abs. 4 AÜG geltend macht, nicht einhalten (BAG 23.03.2011 - 5 AZR 7/10 - NZA 2011, 850).
58d) Der Kläger hat seine Ansprüche auch zutreffend berechnet.
59(1) Er hat zu den zwischen den Parteien unstreitigen Einsätzen jeweils vorgetragen, nach welchen Tarifverträgen im Entleiherbetrieb vergütet wird. Zum Einsatz bei der M. Integrationsfirma im Februar und März 2010 hat er vorgetragen, Helfer, die dort zum Stammpersonal gehören, erhielten einen Stundenlohn von 8,40 €.
60Die Beklagte hat das Vorbringen des Klägers lediglich pauschal mit Nichtwissen bestritten. Dies ist unzureichend, so dass es nach § 138 Abs. 3 und 4 ZPO als zugestanden gilt.
61Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist nach § 138 Abs. 4 ZPO lediglich zulässig, soweit der gegnerische Vortrag nicht Gegenstand der eigenen Wahrnehmung ist. Dabei ist anerkannt, dass die Partei insoweit Erkundungs- und Informationsobliegenheiten treffen können. Kommt sie diesen nicht nach, ist das Bestreiten mit Nichtwissen unbeachtlich.
62Derartige Erkundungs- und Informationsobliegenheiten der Beklagten ergeben sich hier aus den Regelungen des AÜG. Nach § 12 Abs. 1 Satz 3 AÜG hätten die fraglichen Informationen bereits in den Verträgen zwischen der Beklagten und den Entleihern enthalten sein müssen. Wenn die Beklagte hierauf wegen der einzelvertraglichen Verweisung auf die CGZP-Tarifverträge verzichtet hat, war dies bereits aufgrund der zu den entsprechenden Zeitpunkten ergangenen, oben dargelegten erst- und zweitinstanzlichen Entscheidungen zur Tariffähigkeit der CGZP fahrlässig. Dennoch hat sie sich auch nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 (- 1 ABR 19/10 - NZA 2011, 289) und in der Folgezeit nicht darum bemüht, die - aufgrund § 12 Abs. 1 Satz 3 AÜG notfalls einklagbaren (zutreffend ArbG Stuttgart 09.03.2011 - 9 Ca 109/11 - juris RN 59 unter Hinweis auf Schüren/Hamann-Brors, AÜG 4. Aufl. 2010 § 12 RN 24) - Auskünfte von den Entleiherbetrieben zu erhalten.
63(2) Ein Vortrag des Klägers dazu, mit welchen der bei den Entleiherbetrieben beschäftigten Arbeitnehmern er vergleichbar war, war nicht erforderlich, da er jeweils lediglich die niedrigste tarifliche Lohngruppe bzw. die niedrigste gezahlte Vergütung verlangt. Für den Normallohn ergeben sich danach die bereits durch das Arbeitsgericht ausgeurteilten Differenzen. Insoweit macht die Berufung keine Einwände geltend.
64(3) Auch bezogen auf die Zuschläge ist das Vorbringen des Klägers schlüssig. Die Einwendungen der Beklagten tragen nicht. Sie übersieht, dass der Kläger die Zuschläge nicht auf der Basis tariflicher Vorschriften, sondern in der in Ziffer 9 des Arbeitsvertrages versprochenen Höhe berechnet hat. Die sich ergebenden Differenzen folgen schlicht daraus, dass die Beklagte der Berechnung der Zuschläge den nach § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG jeweils geschuldeten höheren Stundenlohn hätte zugrundelegen müssen. Im Übrigen sind die der Berechnung zugrundeliegenden Daten unstreitig. Der Kläger hat sie den von der Beklagten selbst erstellten Abrechnungen entnommen.
65C.
66Die Kostenentscheidung folgt für das erstinstanzliche Verfahren aus § 92 Abs. 1 ZPO und für die Berufung aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.
67Die Zulassung der Revision beruht auf der Divergenz zur angeführten Rechtsprechung der 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf sowie der als grundsätzlich angesehenen und höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Frage, wie die Darlegungslast bezogen auf die Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer iSd. § 10 Abs. 4 AÜG verteilt ist.
68R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
69Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
70R E V I S I O N
71eingelegt werden.
72Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
73Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
74Bundesarbeitsgericht
75Hugo-Preuß-Platz 1
7699084 Erfurt
77Fax: 0361-2636 2000
78eingelegt werden.
79Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
80Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
811.Rechtsanwälte,
822.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
833.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
84In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
85Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
86* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
87Nübold Steingass Hansen
88Ausgefertigt:
89(Wilden)
90Regierungsbeschäftigte
91als Urkundsbeamtin
92der Geschäftsstelle