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Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 6 TaBV 75/11

Datum:
21.12.2011
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 TaBV 75/11
ECLI:
ECLI:DE:LAGD:2011:1221.6TABV75.11.00
 
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Essen, 7 BV 26/11
Schlagworte:
Mitbestimmung bei Versetzung - DRK-Schwesternschaft - Vereinsmitglieder - Personalgestellung
Normen:
§§ 95 Abs. 3, 99, 101 BetrVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:

1. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG besteht auch dann, wenn ein zur Erbringung von Pflegediensten verpflichtetes Mitglied einer DRK-Schwesternschaft versetzt wird. Durch die Versetzung eines Mitglieds der Schwesternschaft können nämlich auch die Interessen der Arbeitnehmer/innen berührt werden, die durch den Betriebsrat vertreten werden (vgl. § 99 Abs.2 Nr.3, 5 und 6 BetrVG). 2. Die Umsetzung einer Pflegekraft in einem Krankenhaus von einer Station auf eine andere ist jedenfalls dann keine Versetzung, wenn sich hierdurch die Tätigkeit nicht wesentlich ändert.

 
Tenor:

I.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 06.09.2011 - 7 BV 26/11 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Dem Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die Versetzungen der Beschäftigten

-T. T. von der Station IT II zur Station M 4,

-T. M. von der Station Herz zur Station Herz Int. 2,

-T. Q. von der Station UC3/OC4 zur Station NC. Int.,

-P. T. von der Station M5 zur Station INTK,

-L. W. von der Station A2 zur Station AC 2,

-T. Q. von der UC-Poliklinik zur Station F 2,

-E. N. als Teamleitung in der H-Poliklinik,

-C. M. von der Stabsstelle der Pflegedirektion des UK F. zur Stabsstelle für Organisationsentwicklung bei dem Beteiligten zu 2),

-D. M. von der Station Herz 1-3 zur Station Herz Int. 1,

-H. T. von der Station NC 1/2 zur UC-Poliklinik,

-T. Q. von der Station Herz 1 zur Anästhesie-Abteilung,

-M. C. als Teamleitung in der Station NUM

aufzuheben.

II.

Die Rechtsbeschwerde wird für beide Beteiligten zugelassen.

I.

Die Beteiligten streiten um die Aufhebung personeller Maßnahmen und dabei im Wesentlichen um die Frage, ob ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, wenn sich die Tätigkeit von Mitarbeiter/innen, die im Wege eines Gestellungsvertrages in ein Krankenhaus entsandt wurden, ändert.

Antragsteller und Beteiligter zu 1) ist der bei dem Beteiligten zu 2) gebildete Betriebsrat. Der Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeber) ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein mit Sitz in F., in dem sich eine sog. E.-Schwesternschaft zusammengeschlossen hat. Sein Zweck besteht in der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und der Hilfe für Menschen in Not. Er ist in der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege sowie Geburtshilfe tätig. Seine Mitglieder - die sog. Schwestern sowie männliche Pflegekräfte - werden bei der Schwesternschaft selbst, ihren Einrichtungen oder - im Rahmen von Gestellungsverträgen und im Auftrag der Schwesternschaft - bei anderen Einrichtungen der Pflege kranker oder hilfsbedürftiger Menschen eingesetzt. Gemäß § 7 Abs.1 der Satzung sind die Mitglieder verpflichtet, der Schwesternschaft ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. § 7 Abs.2 S.2 sieht vor, dass keine Arbeitsverhältnisse begründet werden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Satzung, Bl. 249 d.A., Bezug genommen. Die Rechte und Pflichten zwischen der Schwesternschaft und den Mitgliedern richtet sich zusätzlich nach der Mitgliederordnung (Bl. 230 - 247 d.A.). Die Vergütung der berufstätigen Mitglieder erfolgt analog dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), die Eingruppierung zurzeit noch entsprechend den Regelungen des BAT.

Der Arbeitgeber beschäftigt aktuell ca. 1.625 Mitglieder und ca. 340 Arbeitnehmer. Ein Großteil der Beschäftigten wird im Universitätsklinikum F. (kurz: V.) auf der Grundlage eines Gestellungsvertrages eingesetzt, in dem u.a. Folgendes geregelt ist:

"§ 1

(1) Die Schwesternschaft übernimmt es, im Rahmen ihrer personellen und rechtlichen Möglichkeiten im Universitätsklinikum und ggf. dessen Beteiligungsgesellschaften Angehörige der pflegenden und pflegenahen Berufe ... (in der Folge Gestellungspersonal oder zu gestellende Personen genannt) einzusetzen. Der Einsatz erfolgt im Interesse einer geregelten Krankenversorgung im Einvernehmen mit dem Vorstand des Universitätsklinikums.

...

(4) Beim Personaleinsatz und der Erfüllung ihrer übrigen Aufgaben aus diesem Vertrag sorgt die Schwesternschaft gemeinsam mit der Pflegedirektorin/dem Pflegedirektor für die berufsethisch und berufstechnisch einwandfreie Qualität der Pflegeleistungen im Universitätsklinikum.

...

§ 3

(1)Die von der Schwesternschaft aufgrund dieses Vertrages eingesetz-

ten Gestellungskräfte stehen in keinem Arbeitsverhältnis zum Universitätsklinikum.

...

Bei der internen Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zum Gestellungspersonal (Mitgliedschaft, Arbeitsverhältnis, Sonstiges) sind Schwesternschaft ... frei. Ebenso obliegt die inhaltliche Gestaltung des Grundverhältnisses im Einzelnen (Anwendung oder Änderung des Vergütungssystems, Ein- und Umgruppierungen etc.) ausschließlich der Schwesternschaft.

...

(3) Bei seiner Tätigkeit im Universitätsklinikum unterliegt das Gestel-

lungspersonal den fachlichen und organisatorischen Weisungen der zuständigen Stellen des Klinikums. Das arbeits- bzw. vereinsrechtliche Direktionsrecht der Schwesternschaft bleibt unberührt. Weisungen und organisatorische Maßnahmen, die in das arbeits- bzw. vereinsrechtliche Grundverhältnis zwischen Gestellungspersonal und Schwesternschaft ... eingreifen, insbesondere das arbeits- bzw. vereinsrechtliche Direktionsrecht überschreiten, nehmen die Parteien dieses Vertrages nur in wechselseitiger Abstimmung vor.

..."

Neben einem Einsatz im V. erfolgt in geringerem Umfang auch ein Einsatz von Gestellungspersonal in der S. klinik, einer Tochtergesellschaft des V.. Ein Wechsel von Beschäftigten vom V. zur S. klinik oder umgekehrt findet nur selten statt.

Die im Antrag genannten Mitarbeiterinnen wurden im Zeitraum Januar bis April 2011 umgesetzt. C. M. wechselte von der Stabsstelle der Pflegedirektion des V. zur Stabsstelle für Organisationsentwicklung beim Arbeitgeber. Innerhalb des V. erfolgten folgende Änderungen des Einsatzes:

T. T. war als Pflegekraft auf der Station IT II (einer anästhesiologischen Intensivstation) tätig. Auf den Intensivstationen werden sog. Beatmungspatienten betreut. Seit dem 01.01.2011 wird sie auf der Station M 4, einer internistischen Station zur Behandlung von Nieren- und Bluthochdruckpatienten eingesetzt. Es handelt sich hierbei um Wachpatienten.

T. M. wurde von der Station Herz 2, auf der Wachpatienten behandelt werden, zur Station Herz Int. 2, einer Intensivstation des Herzzentrums umgesetzt.

T. Q. war als Pflegekraft auf der Station UC3/OC4, einer Pflegestation der Unfallchirurgie mit Wachpatienten tätig. Seit dem 01.02.2011 wird sie auf der Station NC Int., einer Intensivstation der Neurochirurgie eingesetzt.

P. T. ist seit dem 01.02.2011 auf der Station INTK (Intensivstation Medizin) tätig. Zuvor war sie Pflegekraft auf der Station UC-Poliklinik (Ambulanzbereich).

L.-K. E. (vormals: E.) wurde von der Abteilung Herz-OP in die Abteilung der urologischen OP umgesetzt. Ihre Aufgabe besteht unverändert in der Hilfereichung bei Operationen, insbesondere der Anreichung von Instrumenten. Aufgrund der Verschiedenheit der Operationen werden allerdings unterschiedliche Instrumente verwendet.

L. W. war als Teamleitung auf der Station A 2, einer Pflegestation der Augenklinik im V. tätig. Seit dem 01.01.2011 wird sie als einfache Pflegekraft auf der Station AC 2, einer Pflegestation der Allgemeinchirurgie, eingesetzt.

T. Q. wurde zum 01.01.2011 zur Teamleitung auf der Station F 2 (Pflegestation der Frauenklinik) befördert. Bis dahin war sie als Pflegekraft auf der Station UC-Poliklinik (Ambulanzbereich) des V. tätig.

E. N. wurde zum 01.02.2011 zur Teamleitung in der H-Poliklinik (Ambulanzbereich) befördert. Zuvor hatte sie diese Aufgabe bereits kommissarisch übernommen.

D. M. ist von einer Pflegestation des Herzzentrums mit Wachpatienten (Station Herz 1-3) zum 01.04.2011 zu einer Intensivstation des Herzzentrums (Herz Int. 1) gewechselt.

H. T. wurde befördert. Bis zum 10.04.2011 war sie als Teamleitung auf der Station NC 1/2 (Pflegestation) Neurochirurgie tätig, seit dem 11.04.2011 wird sie als Stationsleitung in der UC-Poliklinik (Ambulanzbereich Unfallchirurgie) eingesetzt.

T. Q. war bis zum 31.03.2011 als Pflegekraft auf der Station Herz 1 (Pflegestation Herzzentrum) tätig. Seit dem 01.04.2011 übt sie Tätigkeiten in der Anästhesie-Abteilung (Funktionsbereich) aus, wo sie Narkosen mit vorbereitet und den Anästhesisten auch während der Narkose unterstützt.

M. C. wurde zum 15.03.2011 von einer Pflegekraft der Station NUM (Pflegestation Nuklearmedizin) zur Teamleitung derselben Station befördert.

Mit Ausnahme der als Arbeitnehmer beschäftigten T. Q., L.-K. E. und T. Q. sind die oben aufgeführten Personen für den Beteiligten zu 2) als Mitglieder tätig. Bezüglich sämtlicher genannter Personen wurde der Betriebsrat hinsichtlich einer etwaigen Umgruppierung beteiligt, bezüglich etwaiger Versetzungen hingegen kein Beteiligungsverfahren eingeleitet. Mit Ausnahme von Frau E., deren Eingruppierung sich nicht geändert hat, haben sämtliche Umsetzungen der oben genannten Personen den Arbeitgeber zu Höher- oder Herabgruppierungen veranlasst.

In der Vergangenheit wurde von dem Universitätsklinikum und dem Arbeitgeber ein Vordruck mit der Bezeichnung "Vereinbarungen/Vertragsänderungen mit/bei Mitgliedern und n.v.g. Angestellten der E.-Schwesternschaft F.. e.V." verwendet: Dieser hatte folgenden Inhalt:

"Wir beabsichtigen, im Einvernehmen mit der Antragstellerin,

Frauals

zumfür die Station/den Bereich

zu versetzen.

F., den

Pflegedienstleitung

Die Versetzung erfolgt

zum

von

nach

Tagewoche

F., den

Antragstellerin - Klinik-PDL

Die E.-Schwesternschaft F. e.V. stimmt der geplanten

Personalmaßnahme

zu.

F., den

Vorsitzende

Der Betriebsrat

der E.-Schwesternschaft F. e.V. hat auf seiner Sitzung

am

beschlossen, der

-geplanten Personalmaßnahme zuzustimmen

-der geplanten Personalmaßnahme nicht zuzustimmen

-Begründung

-Der Betriebsrat hat die Maßnahme Nr. 2 zur Kenntnis genommen

F., den

Betriebsratsvorsitzende"

Dieser Vordruck wurde mindestens bis zum Jahr 2006 zugrunde gelegt. Dementsprechend wurde der Betriebsrat bei Versetzungen innerhalb des V. beteiligt. Später verwendeten das V. und der Arbeitgeber entsprechende Formulare, die jedoch keine Beteiligung des Betriebsrats mehr vorsahen. Aktuell kommt ein neuer Vordruck zur Anwendung (Anlage B 2, Bl. 96 d.A.). Dieser sieht keine Zustimmung der E.-Schwesternschaft vor, sondern enthält stattdessen folgende von dem Beteiligten zu 2) zu unterzeichnende Formulierung:

"Die E. Schwesternschaft F. e.V. nimmt die geplante Personalmaßnahme zur Kenntnis."

Der Betriebsrat vertritt die Ansicht, er hätte bei sämtlichen Änderungen des Einsatzes der im Antrag genannten Mitarbeiterinnen gemäß § 99 BetrVG beteiligt werden müssen. Die Mitgliedschaften des Beteiligten zu 2) seien in Wirklichkeit als Arbeitsverhältnisse zu qualifizieren. § 99 BetrVG finde aber auch unabhängig hiervon Anwendung. Dies gehe aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.06.2010 (AZ: 7 ABR 1/09) hervor, in der ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einstellung neuer Mitglieder bejaht worden sei. Die Begründung des Bundesarbeitsgerichts lasse sich auf alle Mitbestimmungstatbestände des § 99 BetrVG übertragen.

§ 99 BetrVG sei auch dann anwendbar, wenn das Universitätsklinikum personelle Maßnahmen vornehme. Die Personalhoheit des Arbeitgebers reduziere sich nicht auf die Einstellung von Beschäftigten. Versetzungen erfolgten immer mit seiner Zustimmung. Dies zeige sich auch daran, dass Bewerbungen bei internen Stellenausschreibungen an den Arbeitgeber zu richten seien. Konkrete Einsatzentscheidungen treffe dieser auch bei Wiedereingliederungsmaßnahmen.

Bei sämtlichen im Antrag aufgeführten Maßnahmen handle es sich um Versetzungen. Die Arbeitsumstände änderten sich jeweils wesentlich. Stationen seien unterschiedliche organisatorische Einheiten. In den meisten Fällen stellten die vorgenommenen Umgruppierungen ein Indiz für das Vorliegen einer Versetzung dar.

Der Betriebsrat hat beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben, die Versetzungen der Beschäftigten

-T. T. von der Station IT II zur Station M4,

-T. M. von der Station Herz 2 zur Station

Herz Int. 2,

-T. Q. von der Station UC3/OC4 zur Station NC. Int.,

-P. T. von der Station M5 zur Station INTK,

-L.-K. E. vom Herz-OP in den Urologischen OP,

-L. W. von der Station A2 zur Station AC 2,

-T. Q. von der UC-Poliklinik zur Station F 2,

-T. T. von der Kinder-Poliklinik zur Klinik für Kinderheilkunde III Bereich Kardiologische Ambulanz,

-N.-M. X. von der Station NC 1 / 2 zur NC Poliklinik,

-E. N. als Teamleitung in der H-Poliklinik,

-C. M. von der Stabsstelle der Pflegedirektion des UK F. zur Stabsstelle für Organisationsentwicklung beim

Antragsgegner,

-D. M. von der Station Herz 1-3 zur Station Herz Int. 1,

-H. T. von der Station NC 1 / 2 zur UC-Poliklinik,

-T. Q. von der Station Herz 1 zur Anästhesie,

-M. C. als Teamleitung in der Station NUM

aufzuheben.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Arbeitgeber ist der Ansicht, dass dem Betriebsrat bei Versetzungen von Mitgliedern kein Mitbestimmungsrecht zustehe. Die Interessenvertretung der Mitglieder werde ausschließlich vom Beirat wahrgenommen. Der Betriebsrat sei nicht durch die Mitglieder legitimiert, die - unstreitig - nicht an der Betriebsratswahl teilgenommen hätten.

Ein etwaiges Mitbestimmungsrecht stünde zudem allein dem Personalrat des Universitätsklinikums zu. Der konkrete Einsatz der Beschäftigten erfolge durch das Universitätsklinikum. Der Beteiligte zu 2) nehme Änderungen des Einsatzes lediglich zur Kenntnis, wie auch dem ungefähr seit der zweiten Jahreshälfte 2010 verwendeten neuen Formular zu entnehmen sei.

Unabhängig hiervon bestünden vorliegend keine Mitbestimmungsrechte. Es seien in den im Antrag des Betriebsrats genannten Fällen keine Versetzungen vorgenommen worden. Umsetzungen innerhalb einer Dienststelle seien nicht als Versetzungen zu qualifizieren, wie auch § 72 Abs.1 Nr.5 LPVG NW zu entnehmen sei. Soweit das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 29.02.2000 - 1 ABR 5/99 - den Stationswechsel in einem Seniorenheim als Versetzung qualifiziert habe, lasse sich das nicht auf ein Krankenhaus übertragen. In einem Seniorenheim müssten sich die Pflegekräfte langfristig auf die Bedürfnisse der einzelnen Heimbewohner einstellen, so dass ein Stationswechsel dort immer auch mit einer Änderung der zu betreuenden Personen und damit einer Änderung der Umstände der Arbeitsleistung einhergehe. Demgegenüber hielten sich in einem Krankenhaus Patienten in aller Regel ohnehin nur kurzfristig auf. Eine mit der Betreuung von Senioren vergleichbare Bindung der Pflegekraft zu den Patienten entstehe nicht.

Es finde außerdem § 95 Abs.3 S.2 BetrVG Anwendung. Sowohl die Mitgliedschafts- als auch die Anstellungsverhältnisse seien darauf angelegt, dass ein Einsatz bei wechselnden Gestellungspartnern erfolgen könne. Dann könnten erst Recht Umsetzungen innerhalb eines Gestellungspartners keine Versetzungen darstellen. Eine aufgabenorientierte Beschäftigung unter Berücksichtigung der fachlichen Qualifikation beinhalte den Einsatz auf verschiedenen Stationen, um den jeweils vorhandenen Bedarf abzudecken.

Das Arbeitsgericht Essen hat den Antrag des Betriebsrats mit Beschluss vom 06.09.2011 insgesamt zurückgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Zwar bestehe ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht nur bei Arbeitnehmern im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, sondern auch bei Mitgliedern. § 99 BetrVG verlange nicht, dass die von der personellen Einzelmaßnahme betroffenen Mitarbeiterinnen mit dem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hätten. Im Streitfall bestehe aber deshalb kein Mitbestimmungsrecht, weil es an einer Personalhoheit des Beteiligten zu 2) bezüglich des konkreten Einsatzes der Mitarbeiterinnen im Universitätsklinikum fehle. Nach der Gestellung der Mitarbeiter übertrage der Arbeitgeber nämlich wesentliche Teile seines Weisungsrechts auf den Gestellungspartner, wie sich insbesondere aus § 3 des Gestellungsvertrages ergebe. Soweit bei einem betrieblichen Eingliederungsmanagement ein Rest von Personalhoheit bei dem Beteiligten zu 2) verbleibe, stehe keiner der hier streitigen Stations-/Abteilungswechsel damit in einem Zusammenhang. Gleiches gelte für die Besetzung von Stellen nach internen Stellenausschreibungen. Auch für die betroffenen Arbeitnehmerinnen sei der Betriebsrat nicht zuständig, da hier das Universitätsklinikum die mitbestimmungspflichtige Entscheidung treffe. Der Beteiligte zu 2) habe keinen Einfluss auf den konkreten Einsatz seiner Arbeitnehmer. Dementsprechend sei - entsprechend der Abgrenzung der Zuständigkeiten von Betriebsräten bei Leiharbeitnehmern - der Personalrat des Universitätsklinikums zuständig.

Gegen diesen Beschluss, welcher ihm am 12.09.2011 zugestellt worden ist, hat der Betriebsrat mit einem am 22.09.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese am Montag, dem 14.11.2011, schriftsätzlich begründet.

Der Betriebsrat rügt, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass Versetzungen stets nur mit Zustimmung des Beteiligten zu 2) erfolgen könnten. Dies gehe auch aus den ursprünglichen Formularen hervor, die bis zum Jahr 2011 hinein bei Versetzungen verwendet worden seien. Die Interessen der vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer/innen könnten betroffen sein. So könnten insbesondere die Zustimmungsverweigerungsgründe von § 99 Abs.2 Nr.3 oder Nr.6 BetrVG einschlägig sein. Darüber hinaus müsse bei jeder Versetzung eine Eingruppierung vorgenommen werden. Die Richtigkeit der Eingruppierungsentscheidung in den Fällen, in denen nach Auffassung des Arbeitgebers keine Umgruppierung vorgenommen werden müsse, könne der Betriebsrat nur prüfen, wenn er zuvor bei der zugrunde liegenden Maßnahme - der Versetzung - beteiligt werde, da er andernfalls hiervon keine Kenntnis erlange.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Essen vom 06.09.2011 - 7 BV 26/11 - dem Antragsgegner aufzugeben, die Versetzungen der Beschäftigten

-T. T. von der Station IT II zur Station M4,

-T. M. von der Station Herz 2 zur Station

Herz Int. 2,

-T. Q. von der Station UC3/OC4 zur Station NC. Int.,

-P. T. von der Station M5 zur Station INTK,

-L.-K. E. vom Herz-OP in den Urologischen OP,

-L. W. von der Station A2 zur Station AC 2,

-T. Q. von der UC-Poliklinik zur Station F 2,

-E. N. als Teamleitung in der H-Poliklinik,

-C. M. von der Stabsstelle der Pflegedirektion des UK F. zur Stabsstelle für Organisationsentwicklung beim

Antragsgegner,

-D. M. von der Station Herz 1-3 zur Station Herz Int. 1,

-H. T. von der Station NC 1 / 2 zur UC-Poliklinik,

-T. Q. von der Station Herz 1 zur Anästhesie,

-M. C. als Teamleitung in der Station NUM

aufzuheben.

Der Arbeitgeber beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Arbeitgeber verteidigt den angefochtenen Beschluss. Er vertritt darüber hinaus die Auffassung, der Betriebsrat sei ohnehin bei Versetzungen von Mitgliedern nicht zu beteiligen. Der Betriebsrat übersehe zudem, dass Umsetzung bzw. Versetzung und Ein- bzw. Umgruppierung zwei voneinander zu trennende Personalmaßnahmen seien.

In der mündlichen Anhörung am 21.12.2011 haben die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich des ursprünglich auch auf Aufhebung der Versetzungen der Mitarbeiterinnen T. und X. bezogenen Antrags für erledigt erklärt. Insoweit ist das Verfahren eingestellt worden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den erstinstanzlichen Beschluss sowie auf sämtliche zum Gegenstand der mündlichen Anhörung gemachten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 21.12.2011 verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist insgesamt zulässig, aber nur teilweise begründet.

1.Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht im Sinne von § 87 Abs. 2 i.V.m. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 520 ZPO eingelegt und begründet worden. Darüber hinaus ist die Beschwerde statthaft gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG.

2.Die von den personellen Maßnahmen betroffenen Mitarbeiterinnen waren nicht an dem Verfahren zu beteiligen.

Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Beteiligter in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (BAG v. 12.12.2006 - 1 ABR 38/05 - a. a. O.; BAG v. 26.10.2004 - 1 ABR 31/03 (A) - BAGE 112, 227 ff.). Im Streit um personelle Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG sind die betroffenen Arbeitnehmer nicht zu beteiligen (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BAG v. 23.06.2010 - 7 ABR 3/09 - NZA 2010, 1361 ff., Rn. 17.; vgl. auch Germelmann/Matthes/Prütting/N.-Glöge, Arbeitsgerichtsgesetz, 7. Auflage 2009, § 83 Rn. 46 mit ausführlichen Nachweisen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts). Gleiches gilt, wenn darüber gestritten wird, ob dem Betriebsrat überhaupt ein Mitbestimmungsrecht zusteht, denn auch dies betrifft nicht die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers.

3.Die Beschwerde des Betriebsrats ist mit Ausnahme des auf die Mitarbeiterin E. bezogenen Antrags begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen.

a) Der Arbeitgeber ist gemäß § 101 BetrVG verpflichtet, die im Antrag näher bezeichneten personellen Maßnahmen der Beschäftigten T. T., T. M., T. Q., P. T., L. W., T. Q., E. N., C. M., D. M., H. T., T. Q. und M. C. aufzuheben, da die personellen Maßnahmen ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats durchgeführt worden sind. Bei sämtlichen genannten Maßnahmen handelt es sich um Versetzungen, bei denen dem Betriebsrat gemäß § 99 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zusteht.

aa) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Arbeitsgerichts, wonach das Mitbestimmungsrecht des § 99 BetrVG bezüglich Versetzungen unabhängig davon besteht, ob die Arbeitgeberin mit der betroffenen Beschäftigten einen Arbeitsvertrag geschlossen oder diese als Mitglied in die Schwesternschaft aufgenommen hat. Dementsprechend ist es auch unerheblich, ob es sich bei den Mitgliedschaften in Wirklichkeit um verdeckte Arbeitsverhältnisse handelt, wie der Betriebsrat meint.

aaa) Bei Einstellungen i.S.v. § 99 Abs.1 S.1 BetrVG entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass es unerheblich ist, ob ein Arbeitsverhältnis begründet werden soll (vgl. etwa BAG v. 23.06.2010 - 7 ABR 1/09 - AP Nr. 60 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung, Rn. 13; BAG v. 02.10.2007 - 1 ABR 60/06 - AP Nr. 54 zu § 99 BetrVG 1ö972 Einstellung, Rn. 15; BAG v. 12.11.2002 - 1 ABR 60/01 - AP Nr. 43 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; BAG v. 05.03.1991 - 1 ABR 39/90 - AP Nr. 90 zu § 99 BetrVG 1972). Das Rechtsverhältnis zum Betriebsinhaber kann auch ein Dienst- oder Werkvertrag sein, es kann vereinsrechtlicher Art sein und es kann - wie § 14 Abs.3 AÜG für Leiharbeitnehmer zeigt - sogar ganz fehlen. Für die Annahme einer Einstellung reicht es aus, wenn ein Vereinsmitglied auf vereinsrechtlicher Grundlage eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der Arbeitgeber organisiert (BAG v. 23.06.2010 a.a.O., Rn.13). Dies ist bei der Einstellung von Mitgliedern des Beteiligten zu 2) gegeben (vgl. wiederum BAG v. 23.06.2010 a.a.O.).

Der Grund für die Anwendbarkeit des § 99 BetrVG bei der Einstellung von Nichtarbeitnehmern liegt darin, dass dieses Mitbestimmungsrecht vorrangig der Wahrung der Interessen der vom Betriebsrat vertretenen Belegschaft dient (BAG v. 23.06.2010 a.a.O., Rn. 19; BAG v. 12.11.2002 a.a.O.; BAG v. 19.06.2001 - 1 ABR 25/00 - AP Nr. 35 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung). Dies zeigen die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs.2 Nr.3, 5 und 6 BetrVG (vgl. wiederum BAG v. 23.06.2010 a.a.O., Rn. 19).

bbb) Ob die oben dargestellte Rechtsprechung generell auf sämtliche Mitbe-stimmungstatbestände des § 99 BetrVG übertragbar ist, wie es im Schrifttum vertreten wird (vgl. Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither [F/A/K/H], Betriebsverfassungsgesetz, 25. Auflage 2010, § 99 BetrVG Rn. 18; Däubler/Kittner/ Klebe/Wedde [D/K/K/W] - Bachner, BetrVG, 12. Auflage 2010, § 99 BetrVG Rn. 13), kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls bei Versetzungen von Personen, die von dem Arbeitgeber im Wege eines Gestellungsvertrages bei einem Dritten eingesetzt werden, ist der Betriebsrat auch dann zu beteiligen, wenn hiervon Mitglieder der Schwesternschaft betroffen sind.

Zwar dient das Mitbestimmungsrecht des § 99 BetrVG bei Versetzungen - anders als bei Einstellungen - nicht überwiegend dem Schutz der (sonstigen) Belegschaft, sondern auch dem Schutz der von der personellen Maßnahme betroffenen Personen, wie insbesondere aus § 99 Abs.2 Nr.4 BetrVG deutlich wird. Daneben sollen aber auch die Interessen der übrigen Arbeitnehmer geschützt werden. So ist es denkbar, dass im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer durch die Versetzung eines Mitarbeiters Nachteile erleiden (§ 99 Abs.2 Nr.3 BetrVG), vor der Versetzung eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist (§ 99 Abs.2 Nr.5 BetrVG) oder die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass die für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Person den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs.1 BetrVG enthaltenen Grundsätze stört (vgl. § 99 Abs.2 Nr.6 BetrVG). Diese Interessen der Belegschaft kann der sie vertretende Betriebsrat nur wahren, wenn er auch bei der Versetzung von Nichtarbeitnehmern beteiligt wird (vgl. für die Versetzung von Beamten, die nach §§ 1, 6 BwKoopG zugewiesen worden sind: BAG v. 04.05.2011 - 7 ABR 3/10 - n.v., zitiert nach juris, Rn.43).

Unerheblich ist, dass die "umgesetzten" Mitglieder der Schwesternschaft nicht im Betrieb des Arbeitgebers eingesetzt werden. Der Betriebsrat repräsentiert nicht nur die in eigenen Einrichtungen des Arbeitgebers beschäftigten Arbeitnehmer, sondern auch die dem V. oder einem sonstigen Dritten im Wege der Personalgestellung überlassenen Arbeitnehmer (BAG v. 23.06.2010 - 7 ABR 1/09 - AP Nr. 60 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung, Rn. 20). Die Betriebszugehörigkeit von Arbeitnehmern setzt nicht voraus, dass diese ihre Arbeiten auf dem Betriebsgelände des Arbeitgebers verrichten. Der Betriebsbegriff ist nicht in dem Sinne räumlich zu verstehen, dass mit der Grenze des Betriebsgrundstücks oder der Betriebsräume der Betriebsbereich endet. Vielmehr sind betriebszugehörig auch die einem Betrieb zugeordneten Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit außerhalb der Betriebsräume ausüben. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber mit Hilfe der Arbeitnehmer den arbeitstechnischen Zweck seines Betriebs verfolgt (BAG v. 22.03.2000 - 7 ABR 34/98 - AP Nr. 8 zu § 14 AÜG). Das gilt auch für die Arbeitnehmer des Beteiligten zu 2), die im Wege eines Gestellungsvertrages anderweitig eingesetzt werden. Sie bleiben nach § 14 Abs.1 AÜG auch während ihres Einsatzes bei dem V. - oder einem sonstigen Dritten - Angehörige des Betriebs des Arbeitgebers (BAG v. 23.06.2010 a.a.O., Rn. 20). Dabei spielte es schon vor der Änderung des § 1 Abs.1 AÜG zum 01.12.2011 keine Rolle, ob die Überlassung durch einen Arbeitgeber gewerbsmäßig oder nicht gewerbsmäßig erfolgt, da § 14 Abs.1 AÜG wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlage auf die nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung entsprechend anzuwenden war (vgl. wiederum BAG v. 23.06.2010 a.a.O., Rn. 20 sowie BAG v. 22.03.2000 - 7 ABR 34/98 - a.a.O., zu B. II. 2. a dd der Gründe).

 
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