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Der Anspruch auf Rückzahlung einer zu Unrecht ausgezahlten Übergangsversorgung nach dem TV Übergangsversorgung für das Bordpersonal der LTU steht dem zahlenden Versicherungsunternehmen und nicht dem Arbeitgeber zu.
1.Auf die Berufungen beider Parteien wird das Urteil des
Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 03.05.2011 teilweise
abgeändert und wie folgt formuliert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.600,-- € brutto abzüglich bereits gezahlter 2.293,70 € brutto und abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes i. H. v. 8.401,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.741,55 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.684,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 1.242,-- € seit dem 01.03.2011, aus weiteren 437,40 € seit dem 01.04.2011 und aus 1.004,40 € seit dem 01.05.2011 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 259,09 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen.
Die weitergehende Klage der Klägerin wird abgewiesen.
Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
Die weitergehenden Berufungen der Klägerin und der Beklagten werden zurückgewiesen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3.Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten im Wesentlichen über Vergütungsansprüche der Klägerin - auch aus Annahmeverzug - sowie über die Zahlung einer tarifvertraglich abgesicherten Übergangsversorgung.
3Die am 02.07.1950 geborene Klägerin ist seit dem 01.12.1986 bei der Beklagten, einem Luftverkehrsunternehmen, als Flugbegleiterin beschäftigt. Ihre Bruttomonatsvergütung beträgt derzeit 3.150,-- €.
4Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden unter anderem die Bestimmungen des "Manteltarifvertrags Nr. 6 Bordpersonal vom 01.04.1999" (MTV) Anwendung. Dort heißt es in § 47:
5§ 47
6Erreichen der Altersgrenze
7(1)Das Arbeitsverhältnis endet - ohne dass es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats, in dem die Zahlung einer Altersrente durch den gesetzlichen Versicherungsträger eintritt, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 60. Lebensjahr vollendet hat.
8(2)Das Arbeitsverhältnis bei Arbeitnehmern des Kabinenpersonals kann im gegenseitigen Einvernehmen mit Vollendung des 55. Lebensjahres aufgelöst werden.
9Nach dieser Tarifnorm sollte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31.07.2010 sein Ende finden.
10Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden darüber hinaus die Bestimmungen des "Tarifvertrag Übergangsversorgung Bordpersonal vom 08.01.1986 in der Fassung vom 03.12.1997" (TV Ü.V) Anwendung. Dort existieren, soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung, folgende Regelungen:
11§ 2
12Gegenstand
131.Die unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, im Rahmen eines Gruppenversicherungsvertrages eine persönliche Übergangsversorgung für die Zeit von der tarifvertraglichen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit vollendetem 60. Lebensjahr bis zum Beginn der Altersrente bzw. der vorgezogenen Altersrente aus der Angestelltenversicherung in Form einer Versicherung für den Erlebensfall mit Beitragsrückgewähr im Todesfall abzuschließen.
142. Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, die zum Abschluss der Ver-
15sicherung erforderlichen Erklärungen abzugeben.
163.Die Prämien der Versicherungen werden vom Arbeitgeber getragen und an den Versicherer abgeführt. Die Arbeitnehmer tragen die darauf entfallenden Steuern und den Arbeitnehmeranteil von etwaigen Sozialabgaben.
17§ 3
18Versicherer/Versicherungsnehmer
19Versicherer ist die Vereinte Versicherung AG. Versicherungsnehmer ist der jeweilige Arbeitnehmer.
20§ 4
21Versicherungsbeginn und -dauer
221. Versicherungsbeginn ist der 01. Januar 1986 für die zu diesem
23Zeitpunkt beschäftigten Arbeitnehmer, soweit sie das 30. Lebens-
24jahr vollendet haben.
25Für die übrigen Arbeitnehmer besteht das Recht zum Abschluss
26dieser Versicherung bei Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis,
27frühestens jedoch nach Vollendung des 30. Lebensjahres des
28jeweiligen Arbeitnehmers.
292. Der Ablauf der Versicherung wird auf die Vollendung des 60.
30Lebensjahres abgestellt.
313.Bei Abschluss des Versicherungsvertrages räumt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ein unwiderrufliches Bezugs- und Kündigungsrecht nach folgender Maßgabe ein:
32Der Arbeitgeber hat für den Rückkauffall ein unwiderrufliches Bezugsrecht in Höhe von 63 % des Rückkaufswertes. Das Bezugsrecht des Arbeitgebers bezieht sich auch auf die entsprechenden Gewinnanteile. Für den aufgrund dieses Bezugsrechts auf den Arbeitgeber entfallenden Teil des Rückkaufswertes einschließlich der entsprechenden Gewinnanteile hat der Arbeitgeber ein eigenes Kündigungsrecht.
33Der Arbeitgeber ist berechtigt, dieses Kündigungsrecht bzw. Bezugsrecht in folgenden Fällen auszuüben:
34-bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aufgrund einer Kündigung des Arbeitnehmers;
35-bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aufgrund einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) bzw. einer in diesem Zusammenhang hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers, sofern die Kündigung durch rechtskräftiges Urteil bestätigt ist.
364. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, von dem in § 4 Abs. 3 einge-
37räumten Bezugs- und Kündigungsrecht Gebrauch zu machen,
38wenn das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer nach Vollen-
39dung des 55. Lebensjahres endet.
405.Im Fall der Kündigung des Versicherungsvertrages wird der Rückkaufswert einschließlich der Gewinnanteile zu 63 % an den Arbeitgeber und zu 37 % an den Arbeitnehmer ausgezahlt. Der Arbeitnehmer kann jedoch mit dem Versicherer die Fortführung des Versicherungsvertrages vereinbaren.
416.Im Übrigen ist während der Dauer des Beschäftigungsverhältnis-
42ses eine Abtretung von Rechten aus dem Versicherungsvertrag
43grundsätzlich ausgeschlossen. Ausnahmen erfolgen nur im Ein-
44vernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
45In einer Protokollnotiz vom 01.07.1987 heißt es darüber hinaus:
46...
472.Die Tarifvertragsparteien sind sich weiter darüber einig,
48dass die Übergangsversorgung für die Beschäftigten des Bordpersonals dazu dienen soll, für die Zeit der tariflichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Beginn der Altersrente bzw. der vorgezogenen Altersrente eine ausreichende Versorgung auf der Basis der Nettogrundgehälter zu schaffen. Insoweit wird bei Abschluss des Tarifvertrages davon ausgegangen, dass die Beschäftigten des Bordpersonals die zu diesem Zeitpunkt maßgebliche vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen. Wird die vorgezogene Altersrente nicht in Anspruch genommen, verfällt rückwirkend der Rechtsanspruch auf die Übergangsversorgung.
493.Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass es
50dem Wesen dieser Übergangsversorgung widersprechen würde, wenn der Arbeitgeber zusätzlich zu der Übergangsversorgung Sozialleistungen der Arbeitsverwaltung oder der Rentenversicherung übernehmen müsste. Soweit der Arbeitgeber einer solchen Erstattungspflicht unterliegt, sind die Beschäftigten des Bordpersonals im Hinblick auf den Tarifvertrag Übergangsversorgung nicht berechtigt, derartige Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen; erfolgt dennoch eine Inanspruchnahme, sind sie verpflichtet, den Arbeitgeber von der Erstattung der Sozialbeiträge freizustellen bzw. dem Arbeitgeber eventuell erstattete Sozialbeiträge zurückzuzahlen.
51Auf der Grundlage des TV-ÜV zahlte die Beklagte insgesamt 72.234,20 € an Beiträgen an die Allianz-Lebensversicherung AG. Diese gewährte der Klägerin mit vier Teilzahlungen am 01.08.2010, 01.11.2010 und am 01.12.2010 insgesamt 97.584,15 € Übergangsversorgung.
52Die Klägerin hatte noch vor der Auszahlung der Übergangsversorgung - wie auch viele andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beklagten - gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2010 Klage beim zuständigen Arbeitsgericht Düsseldorf erhoben. Nachdem das Bundesarbeitsgericht in einem Parallelverfahren die Rechtsunwirksamkeit der tariflich festgelegten Altersgrenze festgestellt hatte, schlossen die Parteien unter dem 23.11.2010 vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf folgenden Vergleich:
531.Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird über den Ablauf der tarifvertraglichen Befristung hinaus bis zum Eintritt der Regelaltersgrenze der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung (nach derzeitiger Rechtslage also mit Ablauf des 30.11.2015) fortgesetzt. Sollte die Klägerin vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen, so endet das Arbeitsverhältnis automatisch mit Ablauf des von Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente liegenden Monats. Ungeachtet der hiermit geregelten Befristung des Arbeitsverhältnisses kann das Arbeitsverhältnis nach Maßgabe der geltenden gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen beiderseits gekündigt werden.
542.Etwaige Ansprüche der Parteien im Hinblick auf die für die Klägerin auf der Grundlage des Tarifvertrages Übergangsversorgung abgeschlossene Übergangsversorgung bleiben von dieser Vereinbarung unberührt.
55Nachdem es in der Folgezeit zu Meinungsverschiedenheiten über die nachzuzahlende Vergütung der Klägerin gekommen war, hat diese mit einer am 18.01.2011 beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig gemachten und später erweiterten Klage die Nachzahlung von Vergütung für die Zeit ab dem 01.08.2010 geltend gemacht.
56Sie hat die Auffassung vertreten, dass sich die Beklagte ab dem 01.08.2010 in Annahmeverzug befunden hätte und demgemäß verpflichtet sei, bis zum 30.11.2010 Vergütung in Höhe von insgesamt 12.600,-- € brutto (4 x 3.150,-- € brutto) zu zahlen.
57Die Klägerin hat des Weiteren gemeint, ihr stünde auch für die Zeit vom 01.12. bis zu ihrem Urlaub, der am 18.12.2010 begonnen hätte, Vergütung aus Annahmeverzug zu. Zwar habe sie auch in dieser Zeit nicht gearbeitet. Indessen sei ihr aber auch nach dem Vergleich vom 23.11.2010 durch die Beklagte keine Arbeit zugewiesen worden. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf umfangreiche Korrespondenz per E-Mail zwischen ihr und der Beklagten (Bl. 65 bis 69 d. A.) und erläutert, dass sie im genannten Zeitraum durchgehend arbeitswillig und arbeitsfähig gewesen wäre.
58Die Klägerin hat außerdem vorgetragen, die Beklagte hätte ihr, beginnend mit dem Januar 2011, monatlich 1.242,40 € brutto vom Lohn einbehalten, und zwar insgesamt 4.969,60 € brutto. Dieser Einbehalt sei nicht gerechtfertigt gewesen.
59Außerdem stünden ihr für das Jahr 2010 noch neun Urlaubstage zu, die die Beklagte ihr nicht gezahlt und nunmehr in Höhe von 1.308,46 € brutto abzugelten hätte. Schließlich hat die Klägerin noch ein 13. Gehalt in Höhe von 3.150,-- € brutto für sich beansprucht.
60Die Klägerin hat beantragt,
611.die Beklagte zu verurteilen, 12.600,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 3.150,00 € brutto seit dem 01.09.2010, dem 01.10.2010, dem 01.11.2010 und 01.12.2010 an sie zu zahlen;
622.die Beklagte zu verurteilen, 1.741,55 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 an sie zu zahlen;
633.die Beklagte zu verurteilen, 4.969,60 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 1.242,40 € brutto seit dem 01.02.2011, dem 01.03.2011, dem 01.04.2011 und dem 01.05.2011 an sie zu zahlen;
644.die Beklagte zu verurteilen, 1.308,46 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus seit 01.04.2011 an sie zu zahlen;
655.die Beklagte zu verurteilen, 3.150,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus seit dem 01.12.2010 an sie zu zahlen.
66Die Beklagte hat beantragt,
67die Klage abzuweisen,
68hilfsweise für den Fall, dass der Klage teilweise oder vollumfänglich stattgegeben werde,
69im Wege der Widerklage, die Klägerin zu verurteilen, an sie 97.584,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.
70Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass in der Zeit vom 01. bis zum 17.12.2010 kein Annahmeverzug vorgelegen hätte, weil sich die Klägerin geweigert hätte, an einem für sie vorgeschriebenen Wiedereingliederungskurs für Flugbegleiterinnen teilzunehmen. Sie sei allerdings verpflichtet gewesen, nach Abschluss der Vereinbarung vom 23.11.2010 ihre Tätigkeit als Flugbegleiterin wieder aufzunehmen. Insgesamt folge aus dem Verhalten der Klägerin ab dem 24.11.2010, dass sie im gesamten Annahmeverzugszeitraum arbeitsunwillig gewesen wäre.
71Die Beklagte hat gegenüber den Forderungen der Klägerin mit ihr gewährter Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.293,70 € brutto und mit einem Rückforderungsanspruch in Höhe von 97.584,15 € aufgerechnet und hierauf hilfsweise auch die Widerklage gestützt.
72Zum zuletzt genannten Betrag hat die Beklagte die Auffassung vertreten, mit der Zahlung der Übergangsversorgung durch die Allianz-Lebensversicherungs-AG seien etwaige Vergütungsansprüche der Klägerin erfüllt worden. Die ursprüngliche Tilgungsbestimmung sei gegenstandslos geworden, weil die tarifvertragliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit vollendetem 60. Lebensjahr hinfällig geworden sei. Daher sei die Tilgungsbestimmung so auszulegen, dass anstelle der vermeintlichen Forderung, die ursprünglich erfüllt werden sollte, die tatsächlich bestehenden Forderungen erfüllt würden.
73Die Beklagte hat weitergehend die Auffassung vertreten, die Leistungen aus der Übergangsversorgung wären als Gehaltsvorschüsse anzusehen, mit denen offene Vergütungsansprüche verrechnet werden könnten.
74Schließlich hat die Beklagte gemeint, ihr stünde in Höhe der gezahlten Übergangsversorgung von 97.584,15 € ein Rückforderungsanspruch aus dem TV-ÜV zu. Dieser Anspruch ergebe sich aus der Protokollnotiz vom 01.07.1987, mindestens aber aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Aus § 1 des TV-ÜV sei eindeutig abzuleiten, dass die Übergangsversorgung nur für den Fall gelten sollte, in dem keine vorgezogene Altersrente in Anspruch genommen würde, also nicht in dem hier maßgeblichen Fall der Weiterbeschäftigung über die tarifliche Altersgrenze hinaus.
75Die Klägerin hat beantragt,
76die Widerklage abzuweisen.
77Mit Urteil vom 03.05.2011 hat die 7. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf - 7 Ca 341/11 - dem Klagebegehren der Klägerin im Wesentlichen entsprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der Klägerin aus Annahmeverzug Vergütung in Höhe von 11.865,-- € brutto für die Zeit vom 01.08.2010 bis einschließlich 23.11.2010 zustünde. Der Anspruch der Klägerin auf Annahmeverzugslohn sei nicht durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen, weil einerseits die Beklagte selbst durch die Prämienzahlungen auf die Übergangsversorgung keinen Gehaltsvorschuss an die Klägerin geleistet hätte. Andererseits seien die tatsächlichen Übergangsversorgungsleistungen der Allianz-Lebensversicherungs-AG aber auch nicht mit Fremdtilgungswillen und deshalb nicht zu Gunsten der Beklagten erfolgt.
78Das Arbeitsgericht hat weiter festgestellt, dass der Anspruch der Klägerin auch nicht durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen sei. Es fehle insoweit an einem Rückforderungsanspruch der Beklagten in Höhe von 97.584,15 €, der sich weder unmittelbar aus dem TV-ÜV noch aus § 812 Abs. 1 BGB ableiten ließe, so dass auch die Widerklage unbegründet wäre.
79Die darüber hinausgehenden Ansprüche der Klägerin auf Annahmeverzugslohn bis zum 17.12.2010, Ansprüche der Klägerin auf Zahlung weiterer Vergütung für die Monate Januar bis März 2011, der Anspruch auf anteiliges 13. Monatsgehalt und der Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestünden demgegenüber nicht.
80Die Beklagte hat gegen das ihr am 26.05.2011 zugestellte Urteil mit einem am 08.06.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.08.2011 - mit einem am 26.08.2011 eingegangenen Schriftsatz begründet.
81Die Klägerin hat gegen das ihr am 30.05.2011 zugestellte Urteil mit einem am 28.06.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.08.2011 - mit einem am 30.08.2011 eingegangenen Schriftsatz begründet.
82Die Beklagte wiederholt im Wesentlichen ihren Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und unterstreicht ihre Rechtsauffassung, wonach in der Zahlung der Versicherungssumme an die Klägerin eine Erfüllung etwaiger Vergütungsansprüche der Klägerin gelegen hätte, die nach der Zeit der an sich vorgesehenen tarifvertraglichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehen würden. Durch die Einbindung sowohl der Versicherung wie auch der Klägerin in den Zweck der Versicherungssumme sei hier gerade auch aus Sicht der Klägerin ein Fremdtilgungswille der Versicherung erkennbar gewesen.
83Darüber hinaus unterstreicht die Beklagte ihre Rechtsauffassung, wonach ein Rückforderungsanspruch bereits aus dem Tarifvertrag selbst abzuleiten sei, jedenfalls aber unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung festgestellt werden müsste. Der Rückforderungsanspruch folge vor allem aus Nr. 2 der Anlage 1 zum Tarifvertrag (Protokollnotiz vom 01.07.1987), wonach für den Fall, dass die vorgezogene Altersrente nicht in Anspruch genommen werde, der Anspruch auf Übergangsversorgung rückwirkend entfallen solle. Darüber hinaus sei die Klägerin aber auch ungerechtfertigt bereichert, weil mit der Weiterbeschäftigung der Klägerin über die tarifvertragliche Altersgrenze hinaus der spätere Wegfall des rechtlichen Grundes für die Leistungen auf der Grundlage des Tarifvertrages Übergangsversorgung eingetreten wäre.
84Die Beklagte behauptet schließlich, die in Streit stehenden Übergangsversorgungsansprüche bzw. die von der Beklagten geltend gemachten Rückforderungsansprüche seien ihr von der Allianz-Lebensversicherungs-AG abgetreten worden (vgl. hierzu die Kopie einer Vereinbarung zwischen der Allianz-Lebensversicherungs-AG und der Beklagten auf Bl. 310 d. A.).
85Zu den Annahmeverzugs- und sonstigen Vergütungsansprüchen betont die Beklagte ihre Rechtsauffassung, dass die Klägerin verpflichtet gewesen sei, ihre Arbeitsleistung nach dem 23.12.2010 tatsächlich anzubieten. Ein 13. Gehalt könne die Klägerin nur in Höhe des Grundgehalts von 2.072,-- € brutto beanspruchen; gezahlt seien darauf bereits 1.812,91 € brutto. Im Übrigen, so die Beklagte weiter, berufe sie sich auf die Verfallfrist des § 51 MTV.
86Die Beklagte beantragt,
871.in teilweiser Abänderung des angegriffenen Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 03.05.2011 - 7 Ca 341/11 - wird die Klage insgesamt abgewiesen.
882.Hilfsweise für den Fall, dass der Klage teilweise oder vollumfänglich stattgegeben wird:
89In Abänderung des angegriffenen Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 03.05.2011 - 7 Ca 341/11 - wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 94.899,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.
90Die Klägerin beantragt,
91die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
92Die Klägerin beantragt darüber hinaus,
93das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf - 7 Ca 341/11 - teilweise abzuändern und über die bereits ausgeurteilten Beträge hinaus die Beklagte wie folgt zu verurteilen:
941.Die Beklagte wird verurteilt, 735,-- € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 01.12.2011 an die Klägerin zu zahlen;
952.die Beklagte wird verurteilt, 1.741,55 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 01.01.2011 an die Klägerin zu zahlen;
963.die Beklagte wird verurteilt, 2.684,20 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus jeweils 1.242,-- € seit dem 01.03.2011, aus weiteren 437,40 € seit dem 01.04.2011 und aus 1.004,40 € seit dem 01.05.2011 an die Klägerin zu zahlen;
974.die Beklagte wird verurteilt, 1.337,09 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 01.12.2010 an die Klägerin zu zahlen.
98Die Klägerin wiederholt ebenfalls ihren Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und meint, dass sie nicht verpflichtet sei, die Übergangsversorgung an die Beklagte zurückzuzahlen bzw. sich anrechnen zu lassen. Sie bestreitet, dass Ansprüche der Allianz-Lebensversicherungs-AG an die Beklagte abgetreten worden seien und meint schließlich, dass der seit dem 01.08.2010 bestehende Annahmeverzug nach dem 23.11.2010 nicht beendet worden sei; es fehle insoweit an einer - erforderlichen - Zuweisung von Arbeit durch die Beklagte.
99Die Beklagte beantragt,
100die Berufung zurückzuweisen.
101Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
102E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
103I.
104Die Berufungen sind zulässig.
105Sie sind nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Ziffer b ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
106II.
107In der Sache selbst hatte die Berufung der Klägerin zu einem großen Teil Erfolg, die Berufung der Beklagten nur zu einem geringen Teil.
108Die Beklagte ist demnach verpflichtet, gemäß §§ 611, 615 BGB i. V. m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag und dem MTV die aus dem Tenor ersichtlichen Vergütungsbeträge und ein restliches 13. Monatsgehalt zu zahlen. Der weitergehende Anspruch der Klägerin auf ein höheres 13. Gehalt war demgegenüber unbegründet, so dass insoweit sowohl die Klage als auch die Berufung ab- bzw. zurückzuweisen waren.
109Die Berufung der Beklagten war insoweit erfolgreich, als sie sich auf das von der Klägerin geltend gemachte höhere 13. Monatsgehalt bezogen hat. Die weitergehende Berufung, die auf die Aufrechnung mit dem Betrag von 94.899,95 € gerichtet war und die sich hilfsweise auf eine entsprechende Widerklage stützt, musste als unbegründet zurückgewiesen werden.
1101.Der Klägerin steht gegen die Beklagte gemäß §§ 611, 615, 293 ff. BGB für die Zeit vom 01.08.2010 bis zum 17.12.2010 Vergütung aus Annahmeverzug zu.
1111.1Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gerät der Arbeitgeber sowohl bei einer ordentlichen als auch bei einer außerordentlichen Kündigung mit Beginn des Tages in Annahmeverzug, an dem das Arbeitsverhältnis nach dem Inhalt der Kündigung enden soll, soweit der Arbeitnehmer leistungsfähig und leistungsbereit ist. Der Arbeitgeber kommt bei einer Verweigerung der Weiterbeschäftigung seiner Pflicht zur Zuweisung der Arbeit und zur Bereithaltung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes nicht nach. Dies ist aber eine gemäß § 296 BGB nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung, weil der Zeitpunkt durch den Ablauf der Kündigungsfrist bzw. den Zugang der Kündigung aus wichtigem Grund festgelegt hat (BAG 27.11.2008 - 8 AZR 199/07 - AP Nr. 360 zu § 613 a BGB; BAG 21.03.1985 - 2 AZR 201/84 - AP Nr. 35 zu § 615 BGB). Die vorgenannten Grundsätze gelten auch dann, wenn sich die Parteien über die Wirksamkeit einer Befristung streiten (so ausdrücklich: ErfK/Preis, 11. Aufl., § 615 BGB Rdn. 41 m. w. N.).
112Das Arbeitsverhältnis der Parteien sollte ursprünglich gemäß § 47 MTV mit dem 31.07.2011 (befristet) enden. Mit dem Ablauf des 31.07.2010 war damit gemäß 296 BGB Annahmeverzug eingetreten, da es die Beklagte fortan unterlassen hatte, der Klägerin einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Hiernach ist sie grundsätzlich verpflichtet, die Vergütung der Klägerin seit dem 01.08.2010 nachzuzahlen.
1131.2Dem kann die Beklagte zunächst nicht entgegenhalten, dass die Klägerin arbeitsunfähig und demgemäß nicht leistungsbereit gewesen sei. Allein der Hinweis darauf, dass die Klägerin ab dem 24.11.2010 ihre Arbeitskraft nicht unmittelbar angeboten hatte und dass sie sich danach nicht bereit erklären konnte, an dem ihr angebotenen Wiedereingliederungskurs teilzunehmen, folgt keine (rückwirkende) Arbeitsunfähigkeit oder fehlende Leistungsbereitschaft.
1141.3Der danach seit dem 01.08.2010 bestehende Annahmeverzug ist mit Abschluss der Vereinbarung vom 23.11.2010 nicht automatisch beendet worden.
1151.3.1Der Annahmeverzug wird nach allgemeiner Meinung ex nunc beendet, wenn der Arbeitgeber die Leistungen des Arbeitnehmers als Erfüllung annimmt bzw. die Mitwirkungshandlungen vornimmt (BAG 14.11.1985 - 2 AZR 98/84 - AP Nr. 39 zu § 615 BGB). Dabei ist die erkennende Kammer wegen der Besonderheiten des Einzelfalles für die vorliegende Fallkonstellation der Auffassung, dass die Beklagte ab dem 24.11.2010 verpflichtet gewesen wäre, der Klägerin einen funktionsfähigen Arbeitsplatz im Sinne des § 296 BGB anzubieten, also die erforderliche Mitwirkungshandlung vorzunehmen.
1161.3.2Zwischen den Parteien war am 23.11.2010 endgültig und rechtswirksam vereinbart worden, dass das Arbeitsverhältnis über den ursprünglichen Endtermin hinaus fortgesetzt werden sollte. Diese Fortsetzung war allerdings so lange nicht möglich, wie die Beklagte der Klägerin keine Arbeit zuwies. Zwischen den Parteien war und ist insoweit unstreitig, dass der Klägerin weder ein Dienstplan übersendet worden ist noch dass sie irgendwelche Anweisungen erhalten hatte, wo sie sich zu welcher Schicht als Flugbegleiterin einzufinden hatte. Hiernach war jedenfalls zum 24.11.2010 noch keine Beendigung des Annahmeverzugs eingetreten.
117Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist der Annahmeverzug aber auch nicht am 07.12.2010 beendet worden.
118Nach Darstellung der Beklagten sollte die Klägerin ab diesem Zeitpunkt zwar einen Wiedereinsteigekursus absolvieren. Aus der überreichten E-Mail-Korrespondenz ergibt sich dann aber, dass die Klägerin auf einen am 08.12.2010 in N. vereinbarten Arzttermin und auf den ab dem 09.12. beantragten und von der Bundesagentur für Arbeit auch genehmigten Urlaub verwiesen hatte. Von einer fehlenden Leistungsbereitschaft oder Leistungsfähigkeit kann deshalb nicht ausgegangen werden. Dies umso mehr, als die Beklagte die Hinweise der Klägerin offensichtlich akzeptierte und in Absprache mit der Schulungsabteilung den Wiedereinsteigekurs auf den 04. und 05.01.2011 verlegt hatte.
1191.4Die Beklagte befand sich nach allem in der Zeit vom 01.08.2010 bis zum 17.12.2010 in Annahmeverzug und ist deshalb verpflichtet, für die Zeit bis zum 30.11.2010 einen Betrag in Höhe von 12.600,-- € brutto und für die Zeit danach einen Betrag in Höhe von 1.741,55 € brutto zu zahlen. Hierauf muss sich die Klägerin die Zahlung von Urlaubsabgeltung und die Arbeitslosengeldzahlungen durch die Bundesagentur für Arbeit anrechnen lassen, und zwar in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.
1202.Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Gewährung eines weiteren Teils des 13. Monatsgehalts in Höhe von noch 259,09 € brutto.
1212.1Nach § 34 Abs. 1 MTV gewährt der Arbeitgeber den Arbeitnehmern ein 13. Gehalt auf der Basis der Grundgehälter nach dem jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag. Nach der von der Klägerin nicht bestrittenen Darstellung der Beklagten sind der Klägerin bereits 1.812,91 € brutto als 13. Gehalt gezahlt worden, so dass sich als Differenz zum Grundgehalt von 2.072,-- € brutto noch ein Betrag von 259,09 € brutto errechnet hat.
1222.2Hinsichtlich dieser Forderung kann sich die Beklagte nicht auf § 51 MTV und die dort vereinbarte Ausschlussfrist von sechs Monaten berufen. Der Anspruch auf Zahlung des restlichen 13. Monatsgehalts war am 30.11.2010 fällig. Die Klägerin hat den Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts mit Schriftsatz vom 27.04.2011 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Der Schriftsatz ist ihr am 03.05.2011 im Original übergeben worden, so dass die Ausschlussfrist des § 51 MTV eingehalten wurde.
1233.Schließlich ist die Beklagte gemäß § 611 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag verpflichtet, die für die Monate Januar bis März 2011 einbehaltene Vergütung in Höhe von insgesamt 2.684,20 € netto an die Klägerin zur Auszahlung zu bringen. Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Beklagten sind, wie weiter unten auszuführen sein wird, nicht geeignet, den jeweiligen Einbehalt zu begründen.
1244.Die Vergütungsansprüche der Klägerin sind zunächst nicht, wie von der Beklagten vorgetragen, gemäß § 362 BGB erloschen, weil die Prämienzahlung, die die Beklagte in der Vergangenheit unstreitig vorgenommen hat, nicht als Gehaltsvorschuss qualifiziert werden kann.
1254.1Eine Zahlung durch den Arbeitgeber ist regelmäßig dann ein Vorschuss, wenn sich beide Seiten bei der Auszahlung darüber geeinigt haben, dass es sich um eine Vorwegleistung handelt, die bei Fälligkeit der Forderung verrechnet wird (BAG 13.12.2000 - 5 AZR 334/99 - AP Nr. 31 zu § 394 BGB).
1264.2Eine solche einvernehmliche Festlegung einer Vorwegleistung ist hinsichtlich der Beitragszahlung der Beklagten aber gerade nicht erfolgt. Die Beitragszahlungen der Beklagten erfolgten gemäß § 2 Abs. 3 des TV-ÜV und damit aufgrund der tarifvertraglich festgelegten Verpflichtung, für eine angemessene Übergangsversorgung der Klägerin und ihrer Kolleginnen und Kollegen Sorge zu tragen. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 des TV-ÜV, wonach die Möglichkeit geschaffen werden sollte, im Rahmen eines Gruppenversicherungsvertrages eine persönliche Übergangsversorgung für die Zeit von der tarifvertraglichen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit vollendetem 60. Lebensjahr bis zum Beginn der Altersrente bzw. der vorgezogenen Altersrente aus der Angestelltenversicherung ... abzuschließen. Mit anderen Worten: Durch die Prämienzahlung dokumentierte die Beklagte eindeutig, dass sie ihren Verpflichtungen aus dem TV-ÜV ordnungsgemäß nachkommen wollte. Es finden sich aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie ausdrücklich oder konkludent mit der Klägerin zusätzlich vereinbart haben könnte, dass es sich hierbei um Vorschussleistungen für spätere Vergütungsansprüche der Klägerin handeln könnte. Eine solche Absicht ist weder aus dem TV-ÜV erkennbar, noch lässt sie sich daraus herleiten, dass beide Parteien in den Geltungsbereich des mehrfach genannten Tarifvertrages eingebunden waren. Darüber hinaus sind auch keine sonstigen Umstände erkennbar, aus denen auf eine Vereinbarung der Parteien geschlossen werden könnte, wie sie von der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefordert wird.
1275.Die Vergütungsansprüche der Klägerin sind auch nicht gemäß § 362 BGB dadurch erfüllt worden, dass die Allianz-Lebensversicherung-AG einen Betrag in Höhe von 97.584,15 € an die Klägerin zur Auszahlung gebracht hat. Diese Zahlung kann nicht als Erfüllungshandlung im Sinne der §§ 362, 267 BGB angesehen werden; es fehlt insoweit an einem Fremdtilgungswillen der Allianz-Lebensversicherung-AG.
1285.1Nach herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung führt die Leistung eines Dritten nur dann zur Schulderfüllung, wenn der Dritte mit dem Willen leistet, die Verpflichtung des Schuldners zu tilgen, und dies auch zum Ausdruck bringt, wobei es genügt, wenn der Dritte die Leistung zumindest auch für den wahren Schuldner erbringen will. Maßgeblich kommt es dabei nicht auf den tatsächlichen inneren Willen des Dritten an, sondern darauf, wie dessen Verhalten bei objektiver Betrachtung aus der Sicht des Zuwendungsempfängers zu beurteilen ist (BGH 08.04.2003 - XI ZR 423/01 - BGHR BGB § 267 Abs. 1 Fremdtilgungswille 2; BGH 10.03.1993 - XII ZR 253/91 - BGHZ 122, 46, jeweils m. w. N.).
1295.2Hiernach kann dann aber von einem Fremdtilgungswillen der Allianz-Lebensversicherung-AG gerade nicht ausgegangen werden. Aus der Sicht der Klägerin stellte sich die Zahlung der Übergangsversorgung an sie allein als eine solche dar, mit der die Allianz-Lebensversicherung-AG ihre eigene Schuld tilgen wollte.
1305.2.1Bei der Beurteilung des nach außen zutage getretenen Leistungswillens der Allianz-Lebensversicherung-AG ist zunächst auf § 3 des TV-ÜV abzustellen, wonach Versicherungsnehmer hinsichtlich der Versicherungsleistungen der jeweilige Arbeitnehmer, also hier die Klägerin, sein sollte.
1315.2.2§ 5 des TV-ÜV sieht in Absatz 4 einen direkten Auszahlungsanspruch des Arbeitnehmers gegen die Allianz-Lebensversicherung-AG vor, ohne dass bei dieser Transaktion der Arbeitgeber eingeschaltet wäre. Auch hieraus muss demnach aus Sicht der Klägerin folgen, dass die Allianz-Lebensversicherung-AG allein ihrer Verpflichtung aus dem TV-ÜV nachkommen wollte.
132Ähnliches ergibt sich im Übrigen aus den entsprechenden Formulierungen des Gruppenversicherungsvertrags zwischen der Allianz-Lebensversicherung-AG und der Beklagten, die ebenfalls eine Direktauszahlung an die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Inhalt hat.
1335.2.3Dass die Allianz-Lebensversicherung-AG ausschließlich eine eigene Schuld gegenüber der Klägerin tilgen wollte, muss - gerade aus Sicht der Klägerin - auch aus dem konkreten Auszahlungsverhalten der Versicherung abgeleitet werden. Die Zahlung der Übergangsversorgung erfolgte zu drei Terminen, nämlich am 01.08., am 01.11. und am 01.12.2010. Dabei wird erkennbar, dass die Allianz-Lebensversicherung-AG ihre Zahlungspflicht allein von dem Erreichen des 31.07.2010 und damit dem vollendeten 60. Lebensjahr der Klägerin abhängig machen wollte. Sie war ohne besondere Aufforderung der Klägerin ihrer (vermeintlichen) Zahlungspflicht in vollem Umfang nachgekommen, und zwar selbst nach Abschluss der Weiterbeschäftigungsvereinbarung vom 23.11.2010.
1345.2.4Hinzu kommt in diesem Zusammenhang ganz entscheidend, dass die Beklagte nach ihrer eigenen Darstellung schon sehr früh eine Leistungspflicht in Abrede gestellt hatte und dass sie darüber hinaus bemüht war, die Allianz-Lebensversicherung-AG von etwaigen Zahlungen abzuhalten. Wenn die Versicherung dann gleichwohl, und zwar selbst nach der Vereinbarung vom 23.11.2010, umfangreiche Versicherungsleistungen vornahm, die von der Beklagten gar nicht gewünscht waren, so belegt dies in eindrucksvoller Art und Weise, dass es der Allianz-Lebensversicherung-AG nur um die Tilgung ihrer eigenen Schuld aus dem Gruppenversicherungsvertrag bzw. dem TV-ÜV ging. Fehlt es nach allem dann aber einem Fremdtilgungswillen, so tritt eine Erfüllung im Sinne des § 362 BGB i. V. m. § 267 BGB nicht ein.
1356.Der Beklagten ist es schließlich auch verwehrt, gegenüber den festgestellten berechtigten Vergütungsforderungen der Klägerin mit einem Rückforderungsanspruch aus dem TV-ÜV bzw. der Protokollnotiz vom 01.07.1987 aufzurechnen. Die Aufrechnungswirkungen der §§ 387, 389 BGB können schon deshalb nicht eintreten, weil es an einer Forderung der Beklagten fehlt, die zur Aufrechnung gestellt werden kann.
1366.1Bereits das Arbeitsgericht hat in seinem erstinstanzlichen Urteil mit zutreffenden Erwägungen dargestellt, dass sich der von der Beklagten für sich reklamierte Rückzahlungsanspruch weder unmittelbar noch mittelbar aus dem TV-ÜV ergibt. Dabei hat das Arbeitsgericht vor allen Dingen auf die Sonderregelungen in § 4 Abs. 3 des TV-ÜV verwiesen und hieran festgemacht, dass die Tarifvertragsparteien eine vergleichbare Regelung zur Rückzahlung der Übergangsversorgung in der hier zu entscheidenden Fallkonstellation gerade nicht festgelegt haben. Dem schließt sich die erkennende Berufungskammer in vollem Umfang an und verzichtet zur Vermeidung von Wiederholungen auf eine erneute Darstellung der Entscheidungsgründe.
1376.2Hinzu kommt aber entscheidend, dass auch hier hinsichtlich eines eventuellen Rückforderungsanspruchs auf das bereits oben unter Ziffer 5 dargestellte Leistungsverhältnis abgestellt werden muss. Aus dem systematischen Zusammenhang sowie Sinn und Zweck des TV-ÜV und des daran orientierten Gruppenversicherungsvertrags ergibt sich, dass die Allianz-Lebensversicherung-AG ihre Leistungen nur zum Zwecke der Erfüllung einer eigenen Schuld erbracht hat und gerade nicht mit Fremdtilgungswillen handelte. Sofern dann überhaupt ein Rückerstattungsanspruch bestehen sollte, würde dieser der Allianz-Lebensversicherung-AG gegenüber der Klägerin zustehen. Für eine Annahme, dass die Tarifvertragsparteien auch hier einen direkten Rückerstattungsanspruch etablieren wollten, ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte.
1387.Hieraus folgt gleichzeitig, dass sich die Beklagte auch nicht auf eine ungerechtfertigte Bereicherung im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB berufen kann, weil es insoweit an einem Leistungsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin fehlt.
1397.1Im Bereich der so genannten Dreiecksverhältnisse und der Frage, wie eine Leistungskondiktion im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB abzuwickeln ist, herrscht seit langem und nahezu uneingeschränkt Einigkeit, dass ein Bereicherungsanspruch grundsätzlich nur innerhalb des Leistungsverhältnisses stattfindet. Der Leistende kann sich zum Ausgleich einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung grundsätzlich nur an den Leistungsempfänger, nicht an einen Dritten halten. Aufgrund des Vorrangs der Leistungskondiktion gegenüber der Nichtleistungskondiktion kann ein Anspruch wegen Bereicherung in sonstiger Weise deshalb auch nur dann entstehen, wenn der Bereicherungsgegenstand dem Empfänger überhaupt nicht, also von niemandem geleistet worden ist (BAG 23.04.2008 - 10 AZR 108/07 - AP Nr. 300 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BGH 04.02.1999 - III ZR 56/98 - NJW 1999, 1393).
140Nach dem oben unter Ziffer 5. und 6. Gesagten steht auch für die Frage der hier zu beurteilenden Leistungskondiktionen fest, dass Leistender im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB die Allianz-Lebensversicherung-AG gewesen ist, soweit es um die Übergangsversorgung der Klägerin ging. Unabhängig von der Frage, ob diese Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt ist und unabhängig von der Frage, ob Rechtsgründe für die Prämienzahlung der Beklagten an die Allianz-Lebensversicherung-AG vorgelegen haben oder diese später weggefallen sind, ist deshalb festzuhalten, dass sich die Beklagte jedenfalls nicht an die Klägerin halten kann, sofern sie einen Ausgleich der von ihr angenommenen ungerechtfertigten Bereicherung vornehmen will. Bereicherungsansprüche gegenüber der Klägerin kann nur die Allianz-Lebensversicherung-AG geltend machen; insofern ist es der Beklagten auch verwehrt, sich auf die Grundsätze des Eingriffskondiktion zu berufen.
1418.Die Beklagte kann sich zur Begründung der Aufrechnung und zur Begründung der hilfsweise erhobenen Widerklage auch nicht auf Rückforderungsansprüche der Allianz-Lebensversicherung-AG berufen. Der Beklagten ist es nicht gelungen, im Berufungsrechtszug substantiiert vorzutragen und unter Beweis zu stellen, dass ihr derartige Ansprüche rechtswirksam abgetreten sind.
1428.1Die Beklagte hat erstmalig im zweiten Rechtszug im Rahmen der Berufungsbegründungsfrist vorgetragen, dass die Allianz-Lebensversicherung-AG Rückforderungsansprüche im Umfang von insgesamt 97.584,15 € an sie abgetreten worden seien. Sie hat hierzu für den Bestreitensfall die Vorlage einer entsprechenden Abtretungsvereinbarung in Aussicht gestellt, ohne diese in Kopie oder im Original zu den Akten zu reichen.
143Nachdem die Klägerin die Existenz der behaupteten Abtretung bzw. Abtretungsvereinbarung mehrmals und ausdrücklich bestritten hatte, hat die Beklagte erstmalig im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.12.2011 eine Kopie einer Abtretungsvereinbarung zu den Gerichtsakten gereicht, ohne in der Lage zu sein, dass Original vorzulegen. Die zu den Akten gereichte Kopie der Abtretungsvereinbarung enthält darüber hinaus kein Datum. Auf Nachfragen war die Beklagte im Termin vom 08.12.2011 auch nicht in der Lage, substantiiert vorzutragen und - zusätzlich - unter Beweis zu stellen, unter welchen Umständen die Abtretungsvereinbarung zu welchem Zeitpunkt zustande gekommen ist. Angesichts des bereits dargestellten, durchgängigen Bestreitens der Klägerin ist deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast schon nicht ausreichend nachgekommen ist.
1448.2Darüber hinaus meint die erkennende Berufungskammer, dass das Vorbringen als verspätet zurückzuweisen ist.
1458.2.1Nach § 67 Abs. 2 ArbGG sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt hat.
146Das Arbeitsgericht hatte der Beklagten bereits mit Beschluss vom 03.02.2011 aufgegeben, innerhalb einer dafür gesetzten Frist umfassend auch zu den Leistungen Stellung zu nehmen, die sich die Klägerin gegebenenfalls anrechnen lassen müsste. Die Parteien waren dabei auf die Folgen einer Fristversäumung ausdrücklich hingewiesen worden. Die Beklagte hat es im Berufungsrechtszug und auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.12.2011 unterlassen, das nunmehr verspätete Vorbringen zu entschuldigen. Da bei ordnungsgemäßer Sachbehandlung das Argument der rechtswirksamen Abtretung von Rückforderungsansprüchen bereits im ersten Rechtszug abschließend hätte behandelt werden können, führt die erst verspätete Einführung dieses Sachverhalts auch zu einer Verzögerung.
1478.2.2Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, erweist sich das Vorbringen als verspätet gemäß § 67 Abs. 4 ArbGG. Die Beklagte hatte im Rahmen der Berufungsbegründungsschrift zwar die Behauptung aufgestellt, dass eine Abtretungsvereinbarung geschlossen worden sei, es jedoch versäumt, diese ordnungsgemäß unter Beweis zu stellen. Dies ist, wenn überhaupt, erst im Termin vom 08.12.2011 geschehen, also außerhalb der Berufungsbegründungsfrist.
148Dieses verspätete Handeln ist auch keinesfalls entschuldigt, weil der Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag spätestens ab dem 18.10.2011 bekannt war, dass eine Abtretungsvereinbarung geschlossen worden war. Sie hatte seit diesem Zeitpunkt auch ohne weiteres die Möglichkeit, das Original der Abtretungsvereinbarung vorzulegen. Da sie dies nicht tat, kann zum einen nicht von einer ausreichenden Entschuldigung ausgegangen werden, zum anderen führt dieses Verhalten aber auch zu einer Verzögerung des Rechtsstreits.
149Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 Abs. 1 ZPO.
150Die erkennende Kammer hat die Revision für die Beklagte zugelassen, weil sie das Vorliegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bejaht hat, § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.
151R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
152Für die Klägerin ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben. Sie wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a Abs. 1 ArbGG verwiesen.
153Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten
154R E V I S I O N
155eingelegt werden.
156Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
157Bundesarbeitsgericht
158Hugo-Preuß-Platz 1
15999084 Erfurt
160Fax: 0361-2636 2000
161eingelegt werden.
162Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
163Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1641.Rechtsanwälte,
1652.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1663.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
167In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
168Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
169* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
170gez.: Göttlinggez.: Dr. Fülbier gez.: Vogt