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Einzelfallentscheidung zu einem betrieblichen Zielvereinbarungssystem
1)Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 31.03.2011 - 1 Ca 2138/10 - teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 489.760,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2)Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.
3)Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 3/5, die Beklagte zu 2/5.
4)Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Frage, in welcher Höhe dem Kläger Vergütungsansprüche aus einer mit der Beklagten getroffenen Zielvereinbarung zustehen.
3Der Kläger ist seit dem 01.04.1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Arbeitnehmer beschäftigt. Die Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien bildet ein mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossene Anstellungsvertrag vom 27.09./01.10.1996, der unter anderem folgende Regelungen enthält:
4§ 1
5Mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 ist Herr T. zum Mitglied der Geschäftsleitung (Partner Stufe II) der Niederlassung Essen ernannt worden.
6Die C&L Deutsche Revision behält sich vor, Herrn T. - sofern die Geschäftsnotwendigkeiten dies erfordern - anderweitig einzusetzen und zu versetzen.
7Es bleibt weiter vorbehalten, die näheren Bestimmungen seines Aufgabengebietes und seiner Geschäftsbefugnis in einer Geschäftsanweisung zu regeln.
8§ 2
9Herr T. bezieht mit Wirkung vom 1. Januar 1996 ein Jahresgehalt von DM 162.000,-- (in Worten: Deutsche Mark einhundertzweiundsechzigtausend) zahlbar in monatlichen Raten postnumerando.
10Die Höhe der Bezüge ist vertraulich zu behandeln.
11...
12Unter dem 17.03.2006 vereinbarten die Parteien eine Vertragsänderung, die folgenden Wortlaut hat:
13Mit Änderung des Konsortialvertrages wurde vom Arbeitsausschusses des Country Leadership Teams (CLT) in Abstimmung mit dem Partnerrat beschlossen, das bestehende Partnervergütungssystem zu modifizieren. Die Änderung besteht zum einen im ersatzlosen Entfall der Responsibility Kategorien (RK) für Partner. Zum anderen werden alle Partner einheitlich in einem Verhältnis zum Zieleinkommen von 60 % fix und 40 % variabel vergütet. Die daraus resultierende Änderung des Anstellungsvertrages wird mit Wirkung ab 01. Juli 2006 wie folgt vereinbart:
141.Entfall der Responsibility Kategorien
15Die Einstufung in RK-Gruppen allgemein und damit speziell ihre bisherige vertragliche Zuordnung entfällt mit Wirkung ab dem 1. Juli 2006 ersatzlos.
162.Festbezüge und variable Vergütung
17Die Festbezüge (Gehalt) betragen 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens. Ein eventuell erworbener Besitzstand bleibt erhalten. Soweit aufgrund eines Besitzstandes die Festbezüge 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens überschreiten, verringert sich entsprechend der Anteil der variablen Bezüge.
18Die variablen Bezüge (Tantieme) betragen 40 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens.
193.Partnervergütungssystem
20Im Übrigen gilt zum 01. Juli 2006 das beigefügte Partnervergütungssystem.
21Soweit nicht durch diese Vereinbarung geändert, gelten die bisher mit Ihnen getroffenen Vereinbarungen unverändert fort.
22In dem Partnervergütungssystem vom 01.07.2006 finden sich unter anderem die nachfolgenden Regelungen:
23...
241.Gesamtbezüge
25Die Gesamtbezüge eines Partners / einer Partnerin der Q. AG bestehen aus den
26? Festbezügen (Gehalt) und den
27? variablen Bezügen (Tantieme).
28Die Gesamtbezüge werden bei Vertragsbeginn vereinbart und grundsätzlich jährlich für ein Geschäftsjahr neu festgelegt (Zieleinkommen).
29Die Gesamtbezüge orientieren sich an den von dem Partner / der Partnerin in dem jeweiligen Geschäftsjahr wahrgenommenen Aufgaben, an seiner / ihrer Verantwortung, an den in dem Geschäftsjahr erbrachten individuellen Leistungen des Partners / der Partnerin sowie an dem Erfolg des Unternehmens und der Einheit, in der der Partner / die Partnerin tätig ist.
30Festbezüge und variable Bezüge
31Die Festbezüge betragen 60 % des Zieleinkommens. Die Höhe des Zieleinkommens und damit die Höhe der Festbezüge bemisst sich nach dem Inhalt der Aufgabe und dem damit verbundenen Verantwortungsbereich.
32Die variablen Bezüge (Tantieme) betragen 40% des Zieleinkommens. Durch die Mitteilung der Gesamtvergütung (Zieleinkommen) wird auf Auszahlung der variablen Bezüge weder dem Grunde noch der Höhe nach ein Anspruch begründet. Vielmehr folgt sowohl aus der Leistungsbezogenheit der variablen Bezüge als auch aus der Anknüpfung an den Erfolg des Unternehmens bzw. der jeweiligen Unternehmenseinheit, dass sie den Charakter einer Tantieme haben und in jedem Jahr neu verdient werden müssen. Insbesondere begründet die Zahlung variabler Bezüge im Vorjahr keinen Anspruch auf Gewährung von variablen Bezügen für das Folgejahr; Besitzstände können nicht erdient werden. Außerdem liegt der Bemessung der Tantieme die Erwartung zu Grunde, dass der Partner / die Partnerin auch im Folgejahr weiter erfolgreich für das Unternehmen tätig ist (Betriebstreue). Dieser Aspekt bleibt im Falle planmäßigen altersbedingten Ausscheidens außer Betracht.
33Die Bemessung der variablen Bezüge berücksichtigt die individuellen Leistungen des Partners / der Partnerin im abgelaufenen Geschäftsjahr. Außerdem ist die Höhe der variablen Bezüge von dem Erfolg des Unternehmens Q. AG in der abgelaufenen Periode sowie dem Erfolg der Unternehmenseinheit, zu der der Partner / die Partnerin gehört, abhängig.
342.Zieleinkommen
35Ausgangspunkt der Vergütung ist das sog. Zieleinkommen, das sowohl die Festbezüge als auch die variablen Bezüge umfasst und bei Vertragsbeginn sowie zu Beginn des Geschäftsjahrs festgelegt wird. Bei der Bestimmung des variablen Teils (40 % der Gesamtbezüge) wird unterstellt, dass die individuelle Leistung den Erwartungen und der Erfolg des Unternehmens und der Unternehmenseinheit den budgetierten Beträgen entspricht. Das neue Zieleinkommen wird den Partnern / Partnerinnen zu Beginn jedes Geschäftsjahres mitgeteilt.
36Nach Ablauf des Geschäftsjahres wird das Isteinkommen festgelegt. Diese nachträgliche Festlegung betrifft den variablen Teil der Bezüge. Grundlage für die endgültige Festlegung der variablen Bezüge sind die mit Hilfe der Zielvereinbarung festgestellten individuellen Leistungen des Partners / der Partnerin im abgelaufenen Geschäftsjahr (Ergebnisse des Partnerzielvereinbarungs- und -beurteilungssystems) sowie der tatsächlich erzielte Erfolg des Unternehmens und der Unternehmenseinheit und die Betriebstreue.
37Unter Berücksichtigung der individuellen Leistungen und des Unternehmenserfolgs sowie der Betriebstreue kann der variable Teil der Bezüge niedriger, aber auch höher festgesetzt werden als mit dem Betrag, der als Teil des Zieleinkommens vorgesehen war.
38...
39In dem hier streitigen Zeitraum galt im Übrigen bei der Beklagten, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein "Zielvereinbarungs- und Beurteilungssystem für Partner/Anwenderhandbuch" (im Folgenden nur noch "Handbuch" genannt), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (vgl. hierzu Bl. 524 bis 553 d. A.).
40Auf der Grundlage der oben dargestellten Vereinbarungen schlossen die Parteien, beginnend mit dem Geschäftsjahr 2006/2007, jährliche Zielvereinbarungen. Diese stellten sich, soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung, im Einzelnen wie folgt dar:
4117.06.2006: Zieleinkommen für das Geschäftsjahr 2006/2007: 400.000,-- €
4225.09.2007: Erreichtes Gesamteinkommen: 650.000,-- €
43Abschlussgratifikation: 410.000,-- €
44Wegen der zugrunde liegenden Beurteilung wird auf Blatt 65 bis 68 der Akten verwiesen.
4516.07.2007:Zieleinkommen für das Geschäftsjahr 2007/2008: 700.000,-- €
4601.10.2008:Erreichtes Gesamteinkommen: 600.000,-- €
47Abschlussgratifikation: 180.000,-- €
48Wegen der zugrunde liegenden Beurteilung wird auf Blatt 54 bis 57 der Akten verwiesen.
4921.07.2008:Zieleinkommen für das Geschäftsjahr 2008/2009: 740.000,-- €
5025.09.2009: Erreichtes Gesamteinkommen: 510.000,-- €
51Abschlussgratifikation: 66.000,-- €
52Wegen der zugrunde liegenden Beurteilung wird auf Blatt 69 bis 73 der Akten verwiesen.
5325.09.2009:Zieleinkommen für das Geschäftsjahr 2009/2010: 510.000,-- €
5420.09.2010:Erreichtes Gesamteinkommen: 450.000,-- €
55Abschlussgratifikation: 6.000,-- €
56Wegen der zugrunde liegenden Beurteilung wird auf Blatt 76 bis 79 der Akten verwiesen.
57Mit seiner am 22.07.2010 beim Arbeitsgericht Essen anhängig gemachten und am 03.01.2011 erweiterten Klage hat der Kläger im Wesentlichen die Nachzahlung von variabler Vergütung für die Jahre 2006 bis 2010 geltend gemacht, die Feststellung eines Zieleinkommens von jährlich 740.000,-- € begehrt und Auskunft über die Vergütung anderer Partner verlangt.
58Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte verpflichtet sei, sein jährlich zu errechnendes Zieleinkommen auf mindestens 740.000,-- € festzusetzen.
59Der Kläger hat hierzu ausgeführt, dass sich die Beklagte nicht auf den Freiwilligkeitsvorbehalt in Ziffer 1 des Partnervergütungssystems berufen könnte. Bei den dort geregelten Bezügen handelte es sich erkennbar um Leistungsentgelt, auf das der Kläger einen Rechtsanspruch besitze und der durch den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht ins Gegenteil verkehrt werden dürfte.
60Der Kläger hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass es sich bei den Regelungen im Partnervergütungssystem der Beklagten um allgemeine Geschäftsbedingungen handele, für die die Regelungen der §§ 305 ff. BGB heranzuziehen wären. Danach verstießen die Vergütungsregelungen zum einen gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil nicht klar sei, wie sich der variable Teil seiner Vergütung und damit auch das Gesamteinkommen errechnete. Zum anderen erweise sich die Bewertung und Benotung seiner Leistungen als willkürlich und widersprüchlich, zumal es an objektiv messbaren Kriterien für die Festsetzung des Zieleinkommens einerseits und der Berechnung des tatsächlich erreichten Gesamteinkommens fehle.
61Der Kläger hat hieraus folgende Konsequenzen abgeleitet:
62Er hat die Auffassung vertreten, dass ihm auf der Grundlage des Partnervergütungssystems und der bisherigen Handhabung ein Anspruch auf Festsetzung eines jährlichen Zieleinkommens in Höhe von 740.000,-- € zustehe. Da die Beklagte überdies seine Festvergütung mit 444.000,-- € (= 60 %) angegeben hätte, stünden ihm pro Jahr weitere 296.000,-- € als erreichbare variable Vergütung zu.
63Der Kläger hat behauptet, dass die für die Jahre 2007/2008 vorgegebenen Ziele, die er nicht habe beeinflussen können, nicht zu erreichen gewesen wären. Überdies, so der Kläger weiter, wäre auch seine Beurteilung als Grundlage für die Festsetzung des Gesamteinkommens nicht richtig gewesen.
64Gleiches gelte für die Ziele 2008/2009, die viel zu hoch angesetzt gewesen wären. Auch hier sei die Bewertung seiner Leistungen zu schlecht ausgefallen wie im Übrigen auch im Geschäftsjahr 2009/2010. Hier müsse seine Bewertung schon als willkürlich bezeichnet werden.
65Zur Begründung seines Feststellungsantrags hat der Kläger ausgeführt, aus dem Partnervergütungssystem ergebe sich ein Verhältnis von 60 % Fixbezug zu 40 % variabler Vergütung. Wenn die Beklagte dem Kläger dann ein Fixeinkommen von 444.000,-- € pro Jahr bestätige, so folge hieraus zwangsläufig ein Gesamtzieleinkommen von 740.000,-- € pro Jahr. Etwaige andere Regelungen im Partnervergütungssystem wären demgegenüber unklar und damit rechtsunwirksam.
66Auch der Auskunftsanspruch sei zulässig und begründet, weil er, der Kläger, die von ihm begehren Auskünfte zur Prüfung der Frage benötigte, ob bei der Ermittlung der Vergütung anderer Partner der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet und es nicht zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung im Bezug auf seine Person gekommen wäre.
67Der Kläger hat beantragt,
681.die Beklagte wird verurteilt, an ihn 620.000,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
692.es wird festgestellt, dass sein Zieleinkommen bei der Beklagten je Geschäftsjahr, beginnend mit dem Geschäftsjahr 2008/2009 mindestens 740.000,00 € beträgt.
703.die Beklagte wird - im Wege der Stufenklage - verurteilt,
713.1ihm
72a)Auskunft über die Höhe der Zieleinkommen sowie die von der Beklagten zur Ermittlung herangezogenen Kriterien sämtlicher bei ihr als Partner beschäftigter Arbeitnehmer - jeweils getrennt nach Geschäftsjahren - für die Zeiträume vom
7301.07.2006 bis 30.06.2007,
7401.07.2007 bis 30.06.2008,
7501.07.2008 bis 30.06.2009,
7601.07.2009 bis 30.06.2010 zu erteilen, wobei die Auskunft für den jeweiligen Partner im jeweiligen Zeitraum insbesondere folgende Angaben enthalten muss:
77- Name des Partners
78- Geburtsdatum des Partners
79- Eintrittsdatum des Partners bei der Beklagten
80- Funktion des Partners
81- Region, in der der Partner tätig war
82- Höhe des für den jeweiligen Partner festgesetzten Zieleinkommens
83b)Auskunft über die tatsächlich gezahlten Bruttovergütungen sowie die von der Beklagten zur Ermittlung herangezogenen Kriterien sämtlicher bei ihr als Partner beschäftigter Arbeitnehmer - jeweils getrennt nach Geschäftsjahren - für die Zeiträume vom
8401.07.2006 bis 30.06.2007,
8501.07.2007 bis 30.06.2008,
8601.07.2008 bis 30.06.2009,
8701.07.2009 bis 30.06.2010 zu erteilen, wobei die Auskunft für den jeweiligen Partner im jeweiligen Zeitraum insbesondere folgende Angaben enthalten muss:
88- Name des Partners
89- Umfang der Zielerreichung gemäß Zielvereinbarung
903.2an ihn einen nach erteilter Auskunft noch zu beziffernden Betrag zu zahlen.
91Die Beklagte hat beantragt,
92die Klage abzuweisen.
93Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass der Freiwilligkeitsvorbehalt im Partnervergütungssystem zulässig und rechtswirksam sei, weil die Zahlung der variablen Vergütung nach dem Partnervergütungssystem keinen Entgeltcharakter im engeren Sinne hätte.
94Die Beklagte hat weiter gemeint, dass die bei ihr praktizierte Vergütungsregelung auch nicht gegen das Transparenzgebot verstoße. So stünden die Kriterien zur Berechnung des Ziel- und des Gesamteinkommens fest. Überdies hätte es der Kläger selbst in der Hand, Einfluss auf die Festsetzung des jährlichen Zieleinkommens zu nehmen.
95Die Beklagte hat weiter behauptet, die Ziele für die streitbefangenen Jahre 2006 bis 2010 seien auch nicht unrealistisch und überhöht gewesen, sondern hätten sich an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientiert. Auch die jeweiligen Beurteilungen des Klägers seien nicht zu beanstanden, weil der Kläger zuletzt teilweise sehr schlechte Leistungen gezeigt hätte.
96Die Beklagte hat einen Anspruch des Klägers auf Festsetzung eines jährlichen Zieleinkommens von 740.000,-- € in Abrede gestellt und darauf verwiesen, dass nach den Regelungen des Partnervergütungssystems ein Anteil von 40 % des Gesamteinkommens variabel festgesetzt werden könnte.
97Zum Auskunftsanspruch hat die Beklagte schließlich vorgetragen, dass aus ihrer Sicht ein Anspruch auf Gleichbehandlung nicht in Betracht käme, da es bei der Festsetzung der Vergütung an einem abstrakt generalisierenden Prinzip fehle.
98Mit Urteil vom 31.03.2011 hat die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Essen - 1 Ca 2138/10 - dem Klagebegehren im Wesentlichen entsprochen.
99In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, bei den Regelungen der Vergütung im Partnervergütungssystem handele es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Diese verstießen, weil die Beklagte die Vergütung des Klägers zu einem erheblichen Anteil frei festlegen könnte, gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Regelungen im Partnervergütungssystem widersprächen nämlich dem Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, wonach der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung zu zahlen hätte. Auf den Freiwilligkeitsvorbehalt könne sich die Beklagte nicht berufen, weil die Vereinbarung insofern unklar und widersprüchlich sei.
100Darüber hinaus, so das Arbeitsgericht weiter, seien die Regelungen im Partnervergütungssystem auch deshalb unwirksam, weil sie nicht hinreichend klar und verständlich wären. Dies gelte insbesondere für die Frage, wie sich die variablen Bezüge jedes Jahr berechneten und verändern könnten.
101Folge der Unwirksamkeit der Regelungen zur Höhe des Zielgehalts sei es dann, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen wäre, das Zielgehalt des Klägers für die Jahre 2008/2009 und 2009/2010 abzusenken; dem Kläger stünde vielmehr auch für diese Jahre ein zu erreichendes Zieleinkommen von 740.000,-- € zur Verfügung.
102Darüber hinaus seien aber auch die Regelungen im Partnervergütungssystem unklar, soweit sie sich auf die Bewertung und Beurteilung der Leistungen des Klägers bezögen. Daraus wiederum folge, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger jeweils die volle variable Vergütung für die Geschäftsjahre 2007/2008, 2008/2009 und 2009/2010 zu zahlen. Hieraus errechne sich der ausgeurteilte Betrag in Höhe von 620.000,-- €.
103Das Arbeitsgericht hat dann unter Bezugnahme auf seine bisherigen Ausführungen auch den Feststellungsantrag für begründet erachtet. Den Auskunftsanspruch hat es dagegen abgewiesen, weil es insoweit an einer Anspruchsgrundlage fehle. Hinzu komme, dass es bei der Beklagten keine einheitliche Entgeltregelung zur Höhe der Vergütung gebe. Der Hinweis auf das Partnervergütungssystem reiche insoweit nicht aus.
104Der Kläger hat gegen das ihm am 05.04.2011 zugestellte Urteil mit einem am 05.05.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 06.06.2011 eingegangenen Schriftsatz begründet.
105Die Beklagte hat gegen das ihr am 07.04.2011 zugestellte Urteil mit einem am 20.04.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 07.06.2011 eingegangenen Schriftsatz begründet.
106Sie wiederholt im Wesentlichen ihren Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und meint, dass die vom Arbeitsgericht vorgenommene AGB-Kontrolle schon deshalb nicht zulässig gewesen sei, weil die jährlichen Ziele einvernehmlich durch die Parteien festgelegt würden. Auch der Freiwilligkeitsvorbehalt erweise sich als zulässig, weil es sich bei der variablen Vergütung nach dem Partnervergütungssystem um eine Sondervergütung handelte, für die Freiwilligkeitsvorbehalte vereinbart werden könnten.
107Die Beklagte vertritt überdies die Auffassung, dass das Partnervergütungssystem auch dem Transparenzgebot genüge. So ergebe sich aus dem System in Verbindung mit dem Handbuch im Einzelnen, wie die Zielvereinbarungen zu treffen wären, welche Kriterien beurteilt werden dürften, wie das Bewertungsverfahren laufe und welche Beurteilungsgrundsätze und Noten in Betracht kämen. Dann aber könne von einer widersprüchlichen oder nicht nachvollziehbaren Bewertung gerade nicht gesprochen werden. Die Beklagte bezieht sich insoweit auf die jährlichen Einzelbeurteilungen des Klägers in den hier streitbefangenen Jahren 2006 bis 2010 (vgl. hierzu Bl. 366 bis 377, Bl. 520 bis 522 sowie Bl. 554 bis 558 d. A.).
108Die Beklagte beantragt,
109das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 31.03.2011 - 1 Ca 2138/10 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat und die Klage insgesamt abzuweisen.
110Der Kläger beantragt,
111das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 31.03.2011 - 1 Ca 2138/10 - abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde und die Beklagte - im Wege der Stufenklage - zu verurteilen,
1121.dem Kläger
113a)Auskunft über die Höhe der Zieleinkommen sowie die von der Beklagten zur Ermittlung herangezogenen Kriterien sämtlicher bei ihr als Partner beschäftigter Arbeitnehmer - jeweils getrennt nach Geschäftsjahren - für die Zeiträume vom
11401.07.2006 bis 30.06.2007,
11501.07.2007 bis 30.06.2008,
11601.07.2008 bis 30.06.2009,
11701.07.2009 bis 30.06.2010
118zu erteilen, wobei die Auskunft für den jeweiligen Partner insbesondere folgende Angaben enthalten muss:
119- Name des Partners
120- Geburtsdatum des Partners
121- Eintrittsdatum des Partners bei der Beklagten sowie die
122Bewertungskriterien der daraus resultierenden Betriebs-
123treue nach dem Partnervergütungssystem
124- Aufgabeninhalt, Funktion und jeweiligen Verantwortungs-
125bereich des Partners sowie die Bewertungskriterien der
126daraus resultierenden Daten nach dem Partnervergü-
127tungssystem für den jeweiligen Partner
128- Region, in der der Partner tätig war
129- Höhe des für den jeweiligen Partner festgesetzten Zielein-
130kommens
131- Kriterien und Ergebnis der individuellen Leistungsbestim-
132mung des jeweiligen Partners
133- Unternehmenseinheit des Partners und deren Erfolg im
134Sinne des Partnervergütungssystems sowie die insoweit
135für den jeweiligen Partner zugrunde gelegten Kriterien
136- Unternehmenserfolg im Sinne des Partnervergütungssys-
137tems und die insoweit für den jeweiligen Partner zugrunde
138gelegten Kriterien
139b)Auskunft über die tatsächlich gezahlten Bruttovergütungen sowie die von der Beklagten zur Ermittlung herangezogenen Kriterien sämtlicher bei ihr als Partner beschäftigter Arbeitnehmer - jeweils getrennt nach Geschäftsjahren - für die Zeiträume vom
14001.07.2006 bis 30.06.2007,
14101.07.2007 bis 30.06.2008,
14201.07.2008 bis 30.06.2009,
14301.07.2009 bis 30.06.2010
144zu erteilen, wobei die Auskunft für den jeweiligen Partner im jeweiligen Zeitraum insbesondere folgende Angaben enthalten muss:
145- Name des Partners
146- Umfang der Zielerreichung gemäß Partnervergütungssys-
147tem getrennt nach
148- Unternehmenserfolg
149- Erfolg der Unternehmenseinheit
150- individuelle Leistung gemäß Zielvereinbarung (Ergebnis-
151se des Partnerzielvereinbarungs- und Beurteilungssys-
152tems)
153- Betriebstreue
1542.an ihn einen nach erteilter Auskunft noch zu beziffernden Betrag zu zahlen,
1553. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
156Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil, soweit er obsiegt hat und wiederholt ebenfalls seinen Sachvortrag aus der ersten Instanz. Er meint auch weiterhin, dass das Partnervergütungssystem unklar und vor allen Dingen nicht nachvollziehbar sei, wie sich sein Gesamteinkommen errechne.
157Die Beklagte beantragt,
158die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
159Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
160E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
161I.
162Die Berufungen sind zulässig.
163Sie sind nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Ziffer b ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
164II.
165In der Sache selbst war das Rechtsmittel der Beklagten teilweise erfolgreich, dass des Klägers musste als unbegründet zurückgewiesen werden.
166Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung zusätzlicher variabler Vergütung für die Geschäftsjahre 2007/2008, 2008/2009 und 2009/2010 in Höhe von insgesamt 489.760,-- € brutto gemäß § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Anstellungsvertrag vom 27.09./01.10.1996, der Änderungsvereinbarung vom 17.03.2006 und dem Partnervergütungssystem der Beklagten. Ein weitergehender Zahlungsanspruch steht dem Kläger ebenso wenig zu wie der Anspruch auf Auskunftserteilung. Auch der Feststellungsantrag des Klägers musste als unbegründet abgewiesen werden.
1671.Der dem Kläger zuerkannte Zahlungsanspruch in Höhe von 489.760,-- € steht ihm aufgrund der mit der Beklagten getroffenen Zielvereinbarungen für die oben genannten Geschäftsjahre zu und findet seine Rechtsgrundlage letztlich und vor allen Dingen in den Bestimmungen des Partnervergütungssystems. Dieses Partnervergütungssystem erweist sich nach Einschätzung der Berufungskammer als rechtswirksam und verstößt - insoweit entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts - nicht gegen die §§ 305 ff. BGB.
1681.1Bei dem Partnervergütungssystem der Beklagten und letztlich wohl auch bei dem Vertrag der Parteien vom 17.03.2006 handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen.
1691.1.2Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die der Verwender der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrags stellt. Gemäß § 310 Abs. 3 Ziffer 2 BGB sind zudem die Vorschriften der § 307 bis 309 BGB auch auf solche Vereinbarungen anwendbar, die nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Das Partnervergütungssystem, auf das der Änderungsvertrag der Parteien vom 17.03.2006 verweist, enthält demnach allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Beklagte hat diese Bedingungen hinsichtlich der Vergütung allen bei ihr als Partner beschäftigten Arbeitnehmern vorgegeben und ab dem 01.07.2006 alle Arbeitsverhältnisse mit den so genannten Partnern diesen Bedingungen unterworfen. Dabei ist maßgeblich, dass die Bedingungen eben nicht zwischen dem Kläger oder den anderen Partnern auf der einen Seite und der Beklagten auf der anderen Seite ausgehandelt wurden, sondern die Beklagte diese Bedingungen einheitlich für alle Partner und Partnerinnen vorgegeben hat.
1701.1.3Der Annahme allgemeiner Geschäftsbedingungen für das Partnervergütungssystem steht nicht entgegen, dass, jedenfalls nach Darstellung der Beklagten, der jeweilige Arbeitnehmer im Rahmen der Zielvereinbarungsgespräche über sein Zieleinkommen mitbestimmt. Hierbei geht es nicht um die "Mitbestimmung" bei den Regelungen des Partnervergütungssystems, sondern um die tatsächliche Umsetzung im Rahmen der jährlich durchzuführenden Zielvereinbarungsgespräche.
171Demgemäß können auch die Ziele, die in den Zielvereinbarungsgesprächen weitestgehend einvernehmlich ausgehandelt werden, nicht als Argument gegen die Annahme allgemeiner Geschäftsbedingungen herangezogen werden. Auch hier geht es um die konkrete Umsetzung von Bestimmungen des Partnervergütungssystems und nicht um das Vergütungssystem selbst.
1721.2Das Partnervergütungssystem verstößt nicht gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die dortige Regelung über die Festsetzung der variablen Vergütung stellt keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 2 BGB dar.
1731.2.1Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Die im Partnervergütungssystem enthaltene Regelung über die Festlegung des variablen Vergütungsbestandteils des Klägers weicht nicht von dem Grundgedanken des § 611 BGB ab, wonach der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung zu gewähren. Die entsprechenden Bestimmungen des Partnervergütungssystems gewähren dem Arbeitgeber gerade nicht das (vorbehaltlose) Recht, dem Kläger verdiente Vergütung vorzuenthalten; sie beschränken sich vielmehr darauf, die Voraussetzungen und Bedingungen zu formulieren, die der Kläger erfüllen muss, um den variablen Teil seiner Vergütung ausgezahlt zu bekommen. Dies ergibt eine umfassende Auslegung des Partnervergütungssystems.
1741.2.1.1Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist dabei in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 08.12.2010 - 10 AZR 671/09 - NZA 2011, 628; BAG 20.01.2010 - 10 AZR 914/08 - AP Nr. 12 zu § 305 c BGB).
1751.2.1.2Danach ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Partnervergütungssystems kein ausreichender Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte berechtigt sein könnte, einen Teil der dem Kläger zugesagten Vergütung einseitig zu entziehen und ihn damit unangemessen zu benachteiligen.
176Das Partnervergütungssystem beschreibt nach einer Vorbemerkung zunächst sehr konkret die Zusammensetzung der Gesamtbezüge, die sich in Festbezüge und variable Bezüge aufteilen, wobei schon nach dem Wortlaut das jeweilige Zieleinkommen für jedes Geschäftsjahr neu festgelegt werden muss. Dabei wird bereits in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass sich die Gesamtbezüge auch an den im Geschäftsjahr erbrachten individuellen Leistungen des Partners sowie am Unternehmenserfolg und am Erfolg der Einheit orientieren, in der der Partner oder die Partnerin tätig ist. Hieraus lässt sich eindeutig ableiten, dass hiernach keine vorbehaltlose Zusage erfolgen sollte, die auf den Bezug von (variablen) Vergütungsbestandteilen gerichtet war.
177Im Folgenden wird im Partnervergütungssystem dann weiter herausgearbeitet und dargestellt, was Festbezüge und variable Bezüge sind und in welchem Umfang sie im Gesamteinkommen enthalten sein sollen. Auch in diesem Zusammenhang wird nochmals betont, dass die variablen Bezüge leistungsbezogen sein sollen und unter anderem auch am Erfolg des Unternehmens orientiert sind und deshalb in jedem Jahr neu verdient werden müssen. In einem späteren Absatz wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass die Bemessung der variablen Bezüge die individuellen Leistungen des Partners im abgelaufenen Geschäftsjahr berücksichtigt.
178Ist hiernach schon aufgrund des Wortlauts klar, dass der Kläger nicht von einer feststehenden zusätzlichen Vergütung ausgehen konnte, so ergibt sich der Wille der Vertragsparteien, 40 % des Gesamteinkommens tatsächlich variabel zu gestalten, aus Sinn und Zweck des Partnervergütungssystems in Verbindung mit dem Handbuch. Für beide Parteien war und ist erkennbar, dass sich die jährliche Gesamtvergütung erst auf der Grundlage von Zielvereinbarungen nach entsprechenden Zielvereinbarungsgesprächen und nach einer Beurteilung der Tätigkeit des Klägers richten sollte. Es war für die Parteien hinreichend erkennbar, dass sich damit die Höhe der Gesamtvergütung des Klägers variabel gestalten sollte und konnte und dass sie sich insbesondere auch an individuellen Leistungen des Klägers auf der Grundlage der jährlichen Zielvereinbarungen richten sollte. Dann aber kann von einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht gesprochen werden, weil sich die Regelungen des Partnervergütungssystems nicht in Widerspruch zu § 611 BGB setzen.
1791.3Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts erweisen sich die Regelungen zur Ermittlung der variablen Bezüge im Partnervergütungssystem auch nicht als unklar und unverständlich. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann nicht festgestellt werden.
1801.3.1Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmer auch daraus ergeben, dass die zu beurteilende Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB vor (BAG 10.12.2008 - 10 AZR 1/08 - DB 2009, 684).
1811.3.2Das Arbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Klägers vor allen Dingen moniert, dass angesichts der Regelungen im Partnervergütungssystem nicht hinreichend klar wäre, wie sich die Gesamtvergütung zusammensetzt und insbesondere welches Schicksal die variablen Bezüge dann erleiden sollen, wenn und soweit die Festbezüge mehr als 60 % des Zieleinkommens betragen sollten. Dem folgt die erkennende Berufungskammer nicht.
182In Ziffer 2 des Partnervergütungssystems ist die Berechnung des Zieleinkommens und des Isteinkommens im Einzelnen vorgegeben. Für den Normalfall wird dort festgelegt, dass bei der Bestimmung des Zieleinkommens 60 % als Festbezüge und 40 % als variable Bezüge anzugeben sind. Hier kann demgemäß überhaupt keine Unklarheit über die Höhe der variablen Vergütung entstehen. Gleiches gilt für die Festlegung des Isteinkommens, wobei hier im Grunde nur der variable Teil der Bezüge ermittelt und mitgeteilt wird. In diesem Zusammenhang ist bereits von Bedeutung, dass nach der ausdrücklichen Festlegung im Partnervergütungssystem die Möglichkeit beschrieben wird, dass der variable Teil der Bezüge niedriger aber auch höher festgesetzt werden kann als mit dem Betrag, der als Teil des Zieleinkommens vorgesehen war. Bereits hieraus folgt, dass die Beklagte mit dem Partnervergütungssystem beabsichtigte, einen Teil des Gesamteinkommens, nämliche den variablen Teil, von bestimmten Kriterien abhängig zu machen, die bereits oben näher beschrieben worden sind. Der Partner und somit auch der Kläger mussten sich deshalb bewusst sein, dass nach diesem System die Festschreibung eines jährlichen Gesamteinkommens (und nicht nur die Festschreibung eines Fixums) nicht erfolgen sollte, weil eine derartige Festschreibung mit Sinn und Zweck des Zielvereinbarungssystems nicht im Einklang steht.
1831.3.3Beachtet man diese Zielsetzung, so ergibt sich dann aber auch zwanglos, dass der Kläger unter Beachtung seiner Besitzstandsvergütung von 444.000,-- € pro Jahr nicht verlangen kann, jedes Jahr einen weiteren festen Bestandteil von 40 % als variable Vergütung in die Berechnung des Zieleinkommens einfließen zu lassen.
184Mit der Gewährung der Besitzstandszulage verfolgte die Beklagte das - angemessene und positiv zu bewertende - Ziel, dem Kläger für die Zukunft eine wirtschaftliche Absicherung auf hohem Niveau zukommen zu lassen. Er hatte damit die Gewissheit, dass ihm ein großer Teil seiner Bezüge, der in den Jahren davor im Rahmen der variablen Bezüge erst zu "verdienen" war, jährlich garantiert wurde. Würde man indessen der Auffassung des Klägers folgen, so wäre die Beklagte in der Zukunft nicht nur verpflichtet, dem Kläger die jährlich garantierte Festvergütung als Teil seiner Gesamtvergütung zur Verfügung zu stellen, sondern darüber hinaus auch noch einen weiteren, als variable Vergütung bezeichneten Teil fest in die Berechnung des Zieleinkommens zu implantieren. Damit hätte der Kläger eine weitere Absicherung erhalten, die erneut mit Sinn und Zweck des Zielvereinbarungssystems nicht korrespondieren würde und sich so auch nicht aus den Regelungen des Partnervergütungssystems herauslesen lässt. Dabei ist sich die erkennende Kammer bewusst, dass es auch bei der vom Kläger favorisierten Auslegung noch eines "Erdienens" der variablen Vergütung bedürfte. Gleichwohl würde ihm die Absicherung auch der variablen Vergütungsbestandteile bis zu einem jährlich festzusetzenden Zieleinkommen von 740.000,-- € einen Vorteil verschaffen, der zum einen nicht beabsichtigt war und zum anderen dem Sinn und Zweck einer variablen Vergütung nicht entspräche. Dies haben offensichtlich auch die Parteien erkannt und im Rahmen des am 17.03.2006 geschlossenen Änderungsvertrags die jetzt beim Kläger eingetretene Situation geregelt und deutlich festgelegt, dass sich für diesen Fall der Anteil der variablen Bezüge entsprechend verringert. Dann kann von einer Unklarheit im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB aber nicht gesprochen werden.
1851.4Dies gilt gleichermaßen, soweit der Kläger und das Arbeitsgericht darauf verweisen, dass gerade die Ermittlung der Höhe der variablen Bezüge beim Kläger nicht klar und verständlich geregelt wäre. Sowohl das Arbeitsgericht wie auch der Kläger betonen dabei, dass es an nachvollziehbaren und verständlichen Regelungen fehlt, welche Kriterien bei der Ermittlung des Zieleinkommens und der Ermittlung der variablen Bezüge im Rahmen des Isteinkommens herangezogen werden sollen. Auch dem folgt die erkennende Berufungskammer so nicht.
1861.4.1Bereits im Partnervergütungssystem selbst wird an mehreren Stellen darauf hingewiesen, nach welchen Grundsätzen die Zielvorgaben, die Leistungsbeurteilungen und die Ermittlung des variablen Vergütungsbestandteils zu erfolgen haben. So weist das Partnervergütungssystem z. B. aus, dass sich die Gesamtbezüge an den vom Partner im jeweiligen Geschäftsjahr wahrgenommenen Aufgaben, an seiner Verantwortung, an den in dem Geschäftsjahr erbrachten individuellen Leistungen des Partners sowie am Erfolg des Unternehmens und der Einheit, in der der Partner tätig ist, orientieren sollen. An anderer Stelle werden erneut die individuellen Leistungen des Partners als für die Bemessung der variablen Bezüge mit maßgeblich genannt. Darüber hinaus findet sich in Ziffer 2 des Partnervergütungssystems die Feststellung, dass Grundlage für die endgültige Festlegung der variablen Bezüge die mit Hilfe der Zielvereinbarung festgestellten individuellen Leistungen des Partners im abgelaufenen Geschäftsjahr sowie der tatsächlich erzielte Erfolg des Unternehmens und der Unternehmenseinheit sowie die Betriebstreue sein sollen. Hiernach steht jedenfalls rahmenmäßig, aber doch mit hinreichender Deutlichkeit und Klarheit fest, welche Einzelkriterien bei der Vergütungsfindung insgesamt Beachtung und Berücksichtigung finden sollen.
1871.4.2Allerdings ist dem Kläger und auch dem Arbeitsgericht zuzugeben, dass das Partnervergütungssystem selbst keine konkreten Regelungen in sich trägt, mit welcher Wertigkeit und Wichtigkeit die oben beschriebenen grundsätzlichen Ziele in die Beurteilung der Partner eingehen sollen. Es fehlt überdies an der Benennung konkreter Beurteilungskriterien, die bei der Ermittlung insbesondere der variablen Vergütung von Bedeutung sein sollen. Indessen beruft sich die Beklagte hier zu Recht auf das Anwenderhandbuch zur Umsetzung des Partnervergütungssystems, aus dem sich in der Tat die konkrete Vorgehensweise ableiten lässt und dass in der Vergangenheit auch praktisch zur Anwendung gelangt ist.
188In dem Anwenderhandbuch wird zunächst ausführlich beschrieben, welche Ziele mit dem Zielvereinbarungs- und Beurteilungssystem verfolgt werden. Es folgt dann die Benennung von insgesamt acht Kriterien, die im Einvernehmen mit dem jeweiligen Partner als Beurteilungskriterien innerhalb des Zielvereinbarungsprozesses ausgewählt werden können. Dabei beschränkt sich das Anwenderhandbuch nicht nur auf die Nennung der Kriterien, sondern erklärt auch noch umfänglich die möglichen Inhalte und damit die möglichen Beurteilungsansätze bei den jeweiligen Partnern.
189Es folgen dann konkrete Bestimmungen zum Verfahren der Zielvereinbarungsgespräche und zum Beurteilungsverfahren. Das Anwenderhandbuch enthält darüber hinaus eine Beurteilungsskala, die fünf Benotungsmöglichkeiten enthält und erklärt auch hier konkret die Vorgehensweise bei der Anwendung der Skala. Dann kann aber auch insoweit von einer Unklarheit über die Bemessung der Höhe der variablen Bezüge des Klägers nicht mehr ausgegangen werden.
1901.4.3Dem steht schließlich auch nicht entgegen, dass auch das Anwenderhandbuch letztlich ein abschließendes Entscheidungsrecht der Beklagten vorsieht. Dieses Entscheidungsrecht bezieht sich, was im Übrigen auch mit dem Partnervergütungssystem korrespondiert, auf die Mitteilung des jeweiligen Zieleinkommens für jedes Geschäftsjahr und auf die endgültige Bewertung der Partner im jeweils abgelaufenen Geschäftsjahr. Dass damit ein Entscheidungsrecht des Arbeitgebers statuiert wird, lässt die Regelung als solche aber weder unklar noch unverständlich erscheinen und macht das Partnervergütungssystem nicht insgesamt rechtsunwirksam.
1911.5Ist hiernach die Beklagte berechtigt, aber auch verpflichtet, die variablen Bezüge des Klägers auf der Grundlage des arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, des Partnervergütungssystems und des Anwenderhandbuchs zu ermitteln und entsprechende Auszahlungen an den Kläger vorzunehmen, so kann sie sich zur Begründung ihres Verhaltens in den hier streitbefangenen Jahren und möglicherweise in der Zukunft nicht auf den Freiwilligkeitsvorbehalt im Partnervergütungssystem berufen. Dieser Freiwilligkeitsvorbehalt hält, wie das Arbeitsgericht zu Recht betont hat, einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1921.5.1Das Bundesarbeitsgericht hat in der Vergangenheit bei der Prüfung der Zulässigkeit von Freiwilligkeitsvorbehalten entweder daran angeknüpft, inwieweit die zu bewertende Leistung im Gegenseitigkeitsverhältnis steht (BAG 25.04.2007 - 5 AZR 627/06 - NZA 2007, 853) oder aber darauf abgestellt, ob die zu beurteilende Zahlung zusätzlich zum laufenden Entgelt erfolgt und damit Sonderzahlungscharakter hat (BAG 30.07.2008 - 10 AZR 606/07 - NZA 2008, 1173). Sofern in beiden Entscheidungen der Entgeltcharakter der in Streit stehenden Vergütung betont worden ist, hat das Bundesarbeitsgericht hierzu neuerdings ausgeführt, dass die erfolgsabhängige Vergütung in der Regel eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die Erreichung der mit den Mitarbeitern vereinbarten Ziele ist. Vereinbaren deshalb die Betriebspartner in einer Betriebsvereinbarung die Zahlung erfolgsabhängiger Vergütung auf der Grundlage von Zielvereinbarungen, so hängt die Höhe der variablen Erfolgsvergütung unter anderem auch von der persönlichen Arbeitsleistung der Mitarbeiter im jeweiligen Geschäftsjahr ab. Darüber hinaus kann sich die Zahlung nach einer individuellen Zielvereinbarung richten, einem Leistungsfaktor, sowie einem Ergebnisfaktor, der sich nach dem wirtschaftlichen Erfolg der Arbeitgeberin in dem jeweils maßgeblichen Geschäftsjahr ausrichtet. Dabei ist der Leistungsfaktor Ausdruck der individuellen Leistung des Mitarbeiters gemessen am Zielerreichungsgrad und bemisst sich nach einer zwischen den Arbeitsvertragsparteien abzuschließenden Zielvereinbarung und nicht nach der einseitigen Festlegung von Zielen, die vom Arbeitgeber in Ausübung seines Direktionsrechts einseitig bestimmt werden können. Solche Vergütungsbestandteile, die vom Erreichen von persönlichen Zielen und dem Unternehmenserfolg abhängen, sind dann aber keine anlass- oder stichtagsbezogenen Sonderzuwendungen des Arbeitgebers, sondern unmittelbare Gegenleistung für eine vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung, die diese als Arbeitsentgelt für den vereinbarten Zeitraum erhält (BAG 12.04.2011 - 1 AZR 412/09 - zitiert nach juris).
1931.5.2Nach dieser Rechtsprechung, der sich die erkennende Berufungskammer in vollem Umfang anschließt, bleibt dann aber festzuhalten, dass auch der variable Vergütungsteil, den der Kläger beanspruchen kann, Entgeltcharakter im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufweist und eben keine Sonderzuwendung darstellt. Dann aber ist es der Beklagten verwehrt, sich auf den Freiwilligkeitsvorbehalt zu berufen.
1941.6Als Zwischenergebnis ist demgemäß festzuhalten, dass die Beklagte verpflichtet ist, die variable Vergütung des Klägers für die hier in Streit stehenden Geschäftsjahre auf der Grundlage des Partnervergütungssystems, an dessen Rechtswirksamkeit keine Bedenken bestehen, zu berechnen und auszuzahlen. Ihr ist es demgegenüber verwehrt, sich auf den Freiwilligkeitsvorbehalt im Partnervergütungssystem zu berufen.
1952.Die Beklagte hat bei der Festlegung des jährlichen Zieleinkommens des Klägers (teilweise) und bei der Festlegung der variablen Bezüge in den im Streit stehenden Geschäftsjahren das ihr zustehende Bestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB nicht nach billigem Ermessen ausgeübt. Demgemäß war die Entscheidung gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu treffen.
1962.1In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, inwieweit im Rahmen von umzusetzenden Zielvereinbarungen § 315 BGB und insbesondere § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB überhaupt Anwendung finden können.
197Soweit ersichtlich, wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass bei einer unterbliebenen Aufstellung von Zielen die Festlegung der Ziele bei Zielvorgaben gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und bei Zielvereinbarungen in analoger Anwendung dieser Vorschrift durch Urteil erfolgen darf (vgl. hierzu: LAG Hessen 29.01.2002 - 7 Sa 836/01 - AIB 2002, 575; LAG Düsseldorf 29.10.2003 - 12 Sa 900/03 - zitiert nach juris). Nach anderer Auffassung entspricht es in diesen Fällen nicht dem Willen der Parteien, dass die Ziele durch einen der Vertragsschließenden allein bestimmt werden. Dann aber soll auch die in § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB geregelte richterliche Ersatzleistungsbestimmung nicht für eine allgemeine richterliche Vertragshilfe nutzbar gemacht werden können (so wohl: BAG 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - AP Nr. 7 zu § 280 BGB).
1982.2Im vorliegenden Rechtsstreit bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, welcher der genannten Meinungen der Vorzug einzuräumen ist. In der vorliegenden Fallkonstellation geht es nicht um die Frage, ob das Arbeitsgericht tätig werden darf, wenn und soweit Zielvereinbarungen - aus welchem Grund auch immer - unterlassen worden sind. Vorliegend geht es vielmehr um die rechtliche Beurteilung der Situation, dass die Beklagte nach den zulässigen Vorgaben des Partnervergütungssystems berechtigt war, dem Kläger sein jährliches Zieleinkommen mitzuteilen und dass die Beklagte darüber hinaus berechtigt war, auf der Grundlage der jeweils getroffenen Zielvereinbarung und auf der Grundlage der gemeinsam durchgeführten Beurteilungen des Klägers seine variable Vergütung konkret zu bestimmen. In diesem Falle handelt es sich aber um ein Leistungsbestimmungsrecht im Rahmen des § 315 Abs. 1 BGB, das dann durch gerichtliches Urteil gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB korrigiert werden kann, wenn und soweit der Arbeitgeber nicht nach billigem Ermessen entschieden hat. Die Grenzen billigen Ermessens sind immer dann gewahrt, wenn der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (BAG 15.09.2009 - 9 AZR 643/08 - AP Nr. 44 zu § 1 TVG Altersteilzeit).
1992.3Die Berufungskammer meint, dass die Beklagte ihr Ermessen nicht interessengerecht ausgeübt hat, als sie für das Geschäftsjahr 2009/2010 ein zu niedriges Zieleinkommen festgelegt hat. Billiges Ermessen hat sie auch nicht ausgeübt, als sie die variablen Bezüge in den streitbefangenen Geschäftsjahren zu Lasten des Klägers zu niedrig angesetzt hat.
2002.3.1Für alle genannten Fälle gilt zunächst, dass die Beklagte - auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.08.2011 - letztlich nicht in der Lage war, ihre hier zu beurteilenden Entscheidungen konkret zu begründen. So fehlte es z. B. an einer nachvollziehbaren Rechtfertigung der jeweils eingesetzten Zieleinkommen und an der Darlegung irgendwelcher Eckpunkte, an denen die Entscheidung der Beklagten auch nur ansatzweise orientiert werden konnte. Dann aber war es gerade hier nicht erkennbar, dass die Interessen des Klägers in rechtserheblicher Art und Weise gewahrt wurden. Gleiches gilt, soweit sich die Beklagte auf ihre Entscheidungen zur Festsetzung der jeweiligen variablen Bezüge beruft. Auch hier sind keine Eckdaten genannt worden, die etwa erkennen lassen, in welchem Verhältnis die Beurteilungskriterien bei der Gesamtbewertung berücksichtigt wurden. Es wird überhaupt nicht erkennbar, nach welchem System Abschläge vorgenommen worden sind und inwieweit hierbei - erneut - die Interessen des Klägers ausreichend berücksichtigt worden sind.
2012.4Es ist deshalb in den genannten Fällen davon auszugehen, dass eine Entscheidung nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht festgestellt werden kann. Die Kammer hat alsdann gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB eine eigene Bestimmung vorgenommen und sich hierbei an den ihr bekannten Fakten und Umständen orientiert. Im Einzelnen gilt hiernach folgendes:
2022.4.1Geschäftsjahr 2007/2008
203Für dieses Geschäftsjahr hat das Gericht ein Zieleinkommen von 700.000,-- € zugrunde gelegt, weil es von beiden Parteien als solches akzeptiert worden ist.
204Bei der Bewertung des Klägers fehlt es, wie bereits aufgezeigt, an einem nachvollziehbaren System, wie die Einzelkriterien zueinander in Beziehung zu setzen und zu bewerten sind und wie sich aus der Gesamtbeurteilung Zu- oder Abschläge ergeben sollen, bei denen dann auch die Höhe der von der Beklagten vorgenommenen Abschläge praktisch nicht nachvollziehbar ist.
205Auf der Grundlage der sich bei den Akten befindlichen Zielvereinbarungsabrede und der durchgeführten Beurteilung (Bl. 54 ff. d. A.) wird darüber hinaus nicht erkennbar, weshalb die Beklagte zu einer Gesamtbeurteilung Minus kommt. Gelangt man nämlich - mangels anderer Angaben - zu einer möglichst einheitlichen oder gleichen Bewertung aller Beurteilungskriterien, so erscheint ein Gesamtergebnis von "gut" als interessengerecht, weil die Erwartungen und Ziele nahezu durchgehend als erfüllt betrachtet worden sind.
206Eine Gesamtbewertung "gut" würde nach der zu den Akten gereichten Bandbreitenregelung der Beklagten aber dann zu keinem Abschlag führen. Hieraus wiederum folgt, dass der in diesem Geschäftsjahr einbehaltene Betrag von 100.000,-- € zu Unrecht erfolgt ist und dem Kläger noch ausgezahlt werden muss.
2072.4.2Geschäftsjahr 2008/2009
208Auch insoweit folgt das Gericht dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien, wonach für dieses Geschäftsjahr 740.000,-- € als Zieleinkommen in Ansatz zu bringen sind.
209Aus dem bereits oben unter Ziffer 2.4.1 dargelegten Gründen ist dann aber erneut eine Gesamtbeurteilung, die mit dem Ergebnis "Minus" endet, nicht nachvollziehbar und entspricht nicht billigem Ermessen. Auch hier erscheint es interessengerecht, zu einer Gesamtnote "gut" zu gelangen, die nach der Bandbreitenregelung der Beklagten zu einem Abschlag von 20 % führt.
210Das Gericht hat diesen Abschlag nicht, wie von der Beklagten vorgenommen, auf das Gesamteinkommen bezogen, sondern auf den variablen Teil der Vergütung, weil nur dieser durch die Leistung des Klägers und durch die Erreichung der anderen Kriterien beeinflusst werden kann. 20 % der erreichbaren variablen Vergütung von 296.000,-- € ergibt einen Betrag von 236.800,-- €. Da der Kläger bereits 66.000,-- € als variable Vergütung erhalten hat, verbleiben 170.800,-- € für das Geschäftsjahr 2008/2009 und die Feststellung, dass für das nächste Geschäftsjahr ein Fixgehalt von 444.000,-- € (Besitzstand) in Ansatz zu bringen ist.
2112.4.3Geschäftsjahr 2009/2010
212Für dieses Geschäftsjahr hat die Beklagte nicht ausreichend darlegen und begründen können, weshalb ein Zieleinkommen von nur 520.000,-- € zugrunde gelegt worden ist. Unterstellt man zu ihren Gunsten, dass sie sich hierbei an dem ermittelten Gesamteinkommen von 510.000,-- € für das Geschäftsjahr 2008/2009 orientierte, so führt dies bei der Neuberechnung des Zieleinkommens für das Geschäftsjahr 2009/2010 zu folgenden Werten:
213Es ist zunächst ein Fixum von 444.000,-- € zugrunde zu legen und - orientiert am vorherigen Geschäftsjahr - eine erreichbare variable Vergütung von 236.800,-- €. Hiernach ergibt sich ein Zieleinkommen von 680.800,-- €.
214Bei der Beurteilung des Klägers wird erneut auf die Darlegungen oben zu Ziffer 2.4.1 verwiesen. Auch hier ergibt sich aus den Einzelbewertungen nicht das von der Beklagten verwendete Gesamtergebnis "Minus Minus". Auch hier muss anhand der Einzelergebnisse und fehlenden Sachvortrags zur Gewichtung von einem Gesamtergebnis "Minus" ausgegangen werden, dass nach der Bandbreitenregelung der Beklagten zu einem Abzug von 5 % führt.
215Reduziert man die zu erreichende variable Vergütung von 236.800,-- € um 5 %, so verbleibt ein Betrag von 224.960,-- €, der erneut um 6.000,-- € zu vermindern ist, die der Kläger erhalten hat. Es verbleibt ein Betrag für das Geschäftsjahr 2009/2010 in Höhe von 218.960,-- € und für alle drei Geschäftsjahre ein Gesamtbetrag in Höhe von 489.760,-- € brutto.
2163.Der Feststellungsantrag des Klägers, wonach ihm pro Geschäftsjahr ein Zieleinkommen von mindestens 740.000,-- € zustehen, ist als unbegründet abzuweisen.
217Es wird hierzu auf die umfangreichen Ausführungen oben unter Ziffer 1 und 2 verwiesen, aus denen sich gleichzeitig ergibt, dass ein uneingeschränkter Anspruch, in jedem Geschäftsjahr zusätzlich zu dem Fixgehalt von 444.000,-- € eine (feste) variable Vergütung von 296.000,-- € ins Zieleinkommen hineingerechnet zu bekommen, nicht besteht.
2184.Der Auskunftsanspruch des Klägers ist ebenfalls unbegründet.
2194.1Eine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Pflicht zur Auskunftserteilung besteht im Arbeitsverhältnis nicht. Auch die Zivilprozessordnung kennt keine - über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende - Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindert den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Darauf beruht die Regelung der Behauptungs- und Beweislast im Zivilprozess. Im Grundsatz gilt danach, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen Prozesssieg zu verschaffen. Allerdings ist gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Ein Ungleichgewicht kann etwa aus einer wirtschaftlichen Übermacht oder aus einem erheblichen Informationsgefälle resultieren. Eine solche Situation kann es erfordern, Auskunftsansprüche zu statuieren, die eine Vertragspartei zur Wahrnehmung ihrer materiellen Rechte aus dem Vertrag benötigt. Im Regelfall setzt das aber dann einen dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch voraus (BAG 01.12.2004 - 5 AZR 664/03 - AP Nr. 38 zu § 242 BGB Auskunftspflicht; BAG 21.11.2000 - 9 AZR 665/99 - BAGE 96, 274).
2204.2Hiernach ist der Auskunftsanspruch des Klägers unbegründet. Bereits das Arbeitsgericht hat in seiner erstinstanzlichen Entscheidung mit zutreffenden Erwägungen und umfänglicher Begründung dargestellt, dass es bereits an einer rechtlichen Grundlage für die Auskunftserteilung fehlt. Insbesondere kann sich der Kläger eben nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen, weil die Beklagte nicht nach abstrakten Regeln generell bestimmte Arbeitnehmer höher vergütet als andere und damit möglicherweise gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt. Dem Kläger ist im Übrigen das System zur Vergütungsfindung bei den Partnern bekannt, weil sich dieses aus dem Partnervergütungssystem und dem Anwenderhandbuch unschwer erkennen lässt. Darüber hinaus stellt aber jede einzelne Zielvereinbarung mit anderen Partnern eine einzelvertragliche Abrede dar, die es nicht erlaubt, Ansprüche aus Gleichbehandlung geltend zu machen. Im Übrigen wird zur Vermeidung einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit auf die Ausführungen im arbeitsgerichtlichen Urteil verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
221Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 Abs. 1 ZPO.
222Die erkennende Kammer hat die Revision für beide Parteien zugelassen, weil sie das Vorliegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bejaht hat, § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.
223R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
224Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien
225REVISION
226eingelegt werden.
227Die Revision muss
228innerhalb einer Notfrist von einem Monat
229nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
230Bundesarbeitsgericht,
231Hugo-Preuß-Platz 1,
23299084 Erfurt,
233Fax: (0361) 2636 - 2000
234eingelegt werden.
235Die Revision ist gleichzeitig oder
236innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils
237schriftlich zu begründen.
238Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
239gez.: Göttlinggez.: Dr. Merten gez.: Dick