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kein Leitsatz vorhanden
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.10.2007 - 10 Ca 3837/07 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird für die Klägerin erneut zugelassen.
T A T B E S T A N D :
2Die Klägerin ist seit 1974 als Verwaltungsangestellte bei der Bundeswehr beschäftigt. Sie ist mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt.
3Zunächst war die Klägerin örtliche Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im Depot C.-M.. Im Jahre 2004 wurde sie als stellvertretendes Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung beim Streitkräfteunterstützungskommando (SKUKdo) in L. gewählt. Am 04.10.2005 rückte sie in die Freistellung als erstes stellvertretendes Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung nach.
4Durch den zuständigen Befehlshaber, General M., wurde die Klägerin am 18.08.2005 gemäß § 96 Abs. 4 Satz 1 SGB IX i. V. m. § 97 Abs. 7 SGB IX von ihrer dienstlichen Verpflichtung freigestellt. Diese Freistellung bewirkte, dass sie während der Arbeitswoche am Sitz der Bezirksschwerbehindertenvertretung in L. anwesend sein musste. Vor diesem Hintergrund erging eine Verfügung der Standortverwaltung M. vom 28.09.2005, mit der die Klägerin mit Wirkung vom 04.10.2005 für die Dauer ihrer Amtszeit (längstens bis zum 31.01.2007), von C.-M. nach L. abgeordnet wurde. Ihren Wohnsitz behielt die Klägerin mit ihrem Ehemann in M.. Das Mandat der Klägerin lief im Herbst 2006 aus.
5Vom 04.10.2005 bis zum 19.10.2006 trat die Klägerin, die zunächst in L. in einem Hotel übernachtet und dann seit dem 01.03.2006 dort eine Wohnung angemietet hatte, diverse Heimfahrten, wie sie von ihr nach Datum und Entfernung in ihrer Klageschrift aufgelistet sind, nach M. an. Die Heimfahrten erfolgten teils mit dem privaten PKW, teils mit Bahn/Taxi.
6Die Beklagte erstattete der Klägerin Fahrtkosten als Reisebeihilfe nach § 5 der Trennungsgeldverordnung (TGV). Nach dieser Verordnung ist sowohl die Zahl der Heimfahrten (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 TGV) als auch die Höhe der hierfür vorgesehenen Fahrtkostenerstattung (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 TGV) begrenzt. Im Verlaufe ihrer Abordnung wandte sich die Klägerin mehrfach an die Beklagte, um eine vollständige Übernahme der Kosten für die Heimfahrten zu erreichen. Dies lehnte die Beklagte letztmals mit Schreiben vom 02.01.2007 ab.
7Mit ihrer am 20.02.2007 beim Verwaltungsgericht Köln eingereichten Klage hat die Klägerin zunächst die Zahlung von insgesamt 6.739,80 € Fahrtkosten entsprechend § 5 Abs. 2 Satz 1 Bundesreisekostengesetz (BRKG) auf der Basis von 0,30 € je gefahrenen Kilometer abzüglich der nach dem Vorbringen in der Klageschrift in Höhe von 859,50 € gewährten Reisebeihilfen sowie zuzüglich eines Betrages von 156,30 € für nicht erstattete Bahnfahrten und damit verbundene Taxifahrten errechnet. Hierzu hat sie die Fahrten nach Datum, Entfernung und Erstattungsbeträgen aufgeführt. Im Berufungsverfahren hat sie abweichend davon vorgetragen, Reisebeihilfen im Gesamtbetrag von 1.499,70 € erhalten zu haben. Nach Verweisung des Rechtsstreits zunächst an das Arbeitsgericht Köln und anschließend an das örtlich zuständige Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klägerin ihren Leistungsantrag auf einen Feststellungsantrag umgestellt, nachdem die Vorsitzende in der Güteverhandlung angeregt hatte, "dass sich die Parteien zur Entschlackung des Rechtsstreits jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht auf den Betrag bzw. auf die Anzahl der in Rede stehenden Reisen einigen."
8Durch sein am 24.10.2007 verkündetes Urteil - 10 Ca 3837/07 - hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der näheren Begründung wird ausdrücklich Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des vorerwähnten Urteils.
9Die hiergegen von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat die erkennende Kammer durch Urteil vom 13.03.2008 - 11 Sa 2203/07 - zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, dass das Feststellungsbegehren der Klägerin gemäß § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zwar zulässig, jedoch unbegründet sei. Die Klägerin könne nämlich für die streitbefangenen Heimreisen während ihrer Amtszeit als Schwerbehindertenvertretung lediglich die in § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 TGV geregelte Reisebeihilfe geltend machen. Ein weitergehender Anspruch zugunsten der Klägerin, wie sie ihn mit ihrem Haupt- bzw. Hilfsantrag geltend gemacht habe, folge nicht aus § 96 Abs. 8 SGB IX. Wegen der näheren Einzelheiten wird ausdrücklich auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 13.03.2008 verwiesen.
10Die Klägerin hat die in dem vorerwähnten Urteil zugelassene Revision form- und fristgerecht bei dem Bundesarbeitsgericht eingelegt. Dieses hat daraufhin durch Urteil vom 11.11.2009 - 7 AZR 387/08 - das Urteil der erkennenden Kammer vom 13.03.2008 - 11 Sa 2203/07 - aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Begründet hat das Bundesarbeitsgericht sein Urteil damit, dass die hauptsächlich und hilfsweise gestellten Feststellungsanträge der Klägerin nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 unzulässig seien. Wegen der näheren Einzelheiten wird ausdrücklich auf die Entscheidungsgründe des Revisionsurteils verwiesen.
11Mit einem am 09.03.2010 bei Gericht eingereichten Schriftsatz vom 08.03.2010 hat die Klägerin die mit ihrer Klage ursprünglich geltend gemachte Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 6.739,80 € auf 6.486,30 € reduziert. Die Berechnung dieses Betrages im Einzelnen ergibt sich aus den in dem vorgenannten Schriftsatz aufgelisteten Fahrten nach Datum, Entfernung und Erstattungsbeträgen. Hierauf wird ausdrücklich Bezug genommen.
12Die Klägerin macht nunmehr im Wesentlichen geltend:
13Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts seien die Regelungen der Trennungsgeldverordnung (TGV) auf sie und ihr Erstattungsverlangen nicht anwendbar. Der in § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX für Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung enthaltene Verweis auf die gleiche Rechtsstellung u. a. eines Mitglieds der Personalvertretung beziehe sich ausweislich des Gesetzeswortlauts ausschließlich darauf, dass die Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung die gleichen "Rechte" wie Personalvertreter von Beamten haben sollten. Hierbei sei nicht zum Ausdruck gebracht worden, dass auch Schwerbehindertenvertreter den gleichen wirtschaftlichen "Einschränkungen" unterliegen sollten, wie diese sich für Personalvertreter von Beamten, z. B. aus dem BRKG ergäben. Aber selbst wenn über die Verweisung in § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX u. a. auf § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG die Regelungen des BRKG zur Anwendung kämen, habe es sich bei ihren Fahrten um eine Dienstreise im "dienstlichen Interesse" gehandelt, die zu einer Erstattung der Fahrtkosten gemäß § 5 Abs. 2 BRKG geführt hätte. Aber selbst wenn man die Regelungen des BRKG auf ihren Erstattungsanspruch für anwendbar halte, könne dieser nicht, wie von Arbeits- und Landesarbeitsgericht angenommen, auf eine Erstattung sowohl nach Häufigkeit als auch Höhe auf die Regelungen der TGV begrenzt werden. Sie könne nämlich nicht als "abgeordnete" Beamtin i. S. von § 15 BRKG behandelt werden. Zum einen lasse sich das System der TGV nur im Rahmen des gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnisses eines Beamten rechtlich vertreten. Zum anderen sei sie in dem Zeitraum, für den sie die Fahrtkosten geltend mache, nicht "abgeordnet" i. S. von § 15 BRKG gewesen.
14Die Klägerin beantragt nunmehr,
15die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf zur Zahlung von 6.486,30 € zu verurteilen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Die Beklagte macht unter teilweiser Wiederholung ihres früheren Vorbringens im Wesentlichen geltend:
19Nach § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX würden Vertrauenspersonen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied des Personalrates besitzen. § 44 Abs. 1 BPersVG i. V. m. BRKG sei demnach die Grundlage für die von der Klägerin begehrte Reisekostenvergütung. Die Gewährung und Abrechnung der streitgegenständlichen Familienheimfahrten durch den Arbeitgeber hätten ihre Grundlage in § 5 TGV, der auf Arbeitnehmer des Bundes gemäß § 44 Abs. 1 TVöD BT-V anwendbar sei. Bei der Abrechnung der Familienheimfahrten sei auf L. als Dienstort abzustellen gewesen. Die von der Klägerin beantragte Übernahme der Kosten für den Transport von Gegenständen in ihre Unterkunft am Dienstort L. sei ebenfalls nicht möglich.
20Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.
21E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
22A.
23Wie schon im Urteil der erkennenden Kammer vom 13.03.2008 - 11 Sa 2203/07 - festgestellt - wenn auch mit anderer Begründung -, bleibt es auch nach Aufhebung dieses Urteils durch das Bundesarbeitsgericht dabei, dass die Berufung der Klägerin unbegründet ist.
24I.Mit dem Arbeitsgericht geht auch die erkennende Kammer davon aus, dass der Klägerin für die streitbefangenen Heimreisen während ihrer Amtszeit als Schwerbehindertenvertretung lediglich die in § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 TGV geregelte Reisebeihilfe zusteht. Dies ergibt sich aus der Verweisung in § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX auf § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG. Diese Bestimmung verweist wiederum auf § 15 BRKG, aus dessen Absatz 1 Satz 1 die Anwendung des § 5 TGV folgt.
25II.Ein weitergehender Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten, wie ihn die Klägerin nunmehr in ihrem Schriftsatz vom 08.03.2010 in Höhe von 6.486,30 € geltend gemacht hat, folgt nicht aus § 96 Abs. 8 SGB IX.
261.Hinsichtlich des Rückgriffs auf die allgemeine Kostenregelung in § 96 Abs. 8 SGB IX für Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung können aus der speziellen, die Reisekosten betreffenden Bestimmung in § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG i. V. m. § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX keine rechtssystematischen Bedenken hergeleitet werden. Die Grundregel in § 96 Abs. 8 SGB IX ist, wie die vergleichbare Grundregel in § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG, hinsichtlich aller Kosten einschlägig, die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehen. Ein Unterfall sind die Reisekosten, für die § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG - im Streitfall über die Verweisung in § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX - mit der Verweisung auf das Bundesreisekostengesetz eine ergänzende Regelung bereit hält (vgl. BVerwG 26.02.2003 - BVerwG 6 P 9.02-Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 31, S. 2, 4). Dies bedeutet zwar, dass die typisierenden und pauschalierenden Regelungen des Bundesreisekostengesetzes auch bei der Ermittlung des erstattungsfähigen Reisekostenaufwandes von Mitgliedern der Schwerbehindertenvertretung zu Grunde zu legen sind. Um eine von diesem Konzept abweichende Erstattung von Reisekosten geht es jedoch hier nicht.
272.Nach § 96 Abs. 8 SGB IX hat der Arbeitgeber die Kosten zu tragen, die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehen. Zu den Aufwendungen gehören auch die in Ausübung ihres Amtes anfallenden Reisekosten der Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung (zu § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG vgl. BVerwG 14.02.1990 - 6 P 13/88 - AP Nr. 7 zu § 44 BPersVG m. w. N.). Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG i. V. m. § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX sind die Reisekostenvergütungen bei Reisen, die zur Erfüllung personalvertretungsrechtlicher Aufgaben notwendig sind, nach den für Beamte der Besoldungsgruppe A 15 geltenden Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) zu bemessen. Damit findet das Bundesreisekostengesetz in vollem Umfang auf Reisen von Mitgliedern der Schwerbehindertenvertretung Anwendung, wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind (BVerwG 14.02.1990 - 6 P 13/88 - a. a. O.).
283.Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, die Anwendbarkeit des BRKG sei deshalb ausgeschlossen, weil sich der Verweis in § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX - wie eben dargestellt auf § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG - ausschließlich darauf beziehe, dass die Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung die gleichen "Rechte" wie Personalvertreter von Beamten haben sollten. Hier übersieht die Klägerin, dass auf die "Rechtsstellung" u. a. der Mitglieder eines Personalrates, zu dem auch Beamte gehören können (vgl. § 5 BPersVG i. V. m. § 17 BPersVG), verwiesen ist. Damit sind aber nicht nur die Rechte, sondern auch die Pflichten der Personalratsmitglieder gemeint, unter die auch die Einschränkung von Fahrtkostenerstattung, wie sie für diesen Personenkreis gelten, fallen. Soweit die Klägerin zusätzlich meint, über § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG sei die Anwendbarkeit des unmittelbar nur für Beamte geltenden BRKG ausgeschlossen, übersieht sie, dass sogar tarifliche Verweisungen auf beamtenrechtliche Vorschriften zulässig sind (vgl. nur BAG 21.04.2009 - 3 AZR 285/07 - juris Rz. 23 und 34; BAG 15.09.2009 - 9 AZR 645/08 - Rz. 20 juris). Dies muss erst Recht gelten, wenn der Gesetzgeber selbst für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes auf beamtenrechtliche Vorschriften verweist.
29d)Die von der Klägerin beanspruchten Fahrtkosten für ihre Heimreisen würden ihr in entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 1, 2 Abs. 1 BRKG nur dann zustehen, wenn diese Fahrten mit Dienstreisen vergleichbar wären. Dienstreisen sind nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BRKG) Reisen zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb des Dienstortes. Dienstort im reisekostenrechtlichen Sinne ist grundsätzlich die politische Gemeinde, in der die Behörde oder Dienststelle ihren Sitz hat, der der Beamte als Inhaber einer Planstelle oder aufgrund Abordnung zugewiesen ist (vgl. BVerwG 21.06.1989 - 6 C 4.87 - ZBR 1990, 49).
30e)Wendet man diese Grundsätze entsprechend auf die Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung an, müssten die Heimfahrten der Klägerin in Erfüllung ihrer Aufgaben als Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung unternommen worden sein, also Dienstreisen darstellen, um einen Anspruch auf Reisekostenvergütung zu begründen. Das ist indessen nicht der Fall.
31aa)Der dem "Dienstort" im vorliegenden Fall vergleichbare Ort, an dem die Klägerin ihre Tätigkeit als Schwerbehindertenvertretung ausübte, war L. als Sitz der Bezirksschwerbehindertenvertretung. M. war ihr Dienstort, solange sie dort tätig war. Infolge der Freistellung von dieser Tätigkeit für ihre Aufgaben in der Schwerbehindertenvertretung hat die Klägerin, wenn auch nur vorübergehend, den Schwerpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit und damit ihren "Dienstort" nach L. verlagert. Dies gilt erst recht deshalb, weil der zuständige Befehlshaber, General M., der Klägerin für die Dauer ihrer Freistellung als Dienstort L. zugewiesen hat. Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, dies sei arbeitsvertraglich nicht zulässig. Zum einen ergibt sich diese Befugnis der Beklagten aus dem auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren § 4 Abs. 1 TVöD BT-V. Zum anderen war hier nicht der Ort der Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung der Klägerin angesprochen. Vielmehr ergab sich die Änderung des Dienstortes aus dem von der Klägerin wahrgenommenen Amt als Mitglied der Schwerbehindertenvertretung. Ihre Fahrten von M. nach L. und zurück sind demnach keine Reisen, die Dienstreisen entsprechen. Das gilt auch für die im Schriftsatz der Klägerin vom 08.03.2010 angegebenen Reisen ihres Ehemannes auf dieser Strecke.
32bb)An der Feststellung, dass die von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 08.03.2010 aufgeführten Fahrten von M. nach L. und zurück keine Dienstreisen i. S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 BRKG darstellen, ändert nichts der Umstand, dass sie auf diesen Fahrten, wie von ihr in ihrem Schriftsatz vom 08.03.2010 angegeben, vertrauliche Personalunterlagen, über die sie verfügen musste, mitzuführen hatte. Die Klägerin hat weder dargelegt, wieso sie verpflichtet war, diese Personalunterlagen auf ihren Heimreisen mitzunehmen, noch hat sie angegeben, wieso diese Unterlagen einen Umfang hatten, der es ihr unzumutbar machte, sie auf einer Zugfahrt mitzunehmen. Zudem stand im Vordergrund der streitbefangenen Pkw-Fahrten von M. nach L. die Aufrechterhaltung familiärer Kontakte. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe bei den streitgegenständlichen Reisen Gepäck in so großem Umfang mitführen müssen, dass sie auf die Nutzung ihres Pkw angewiesen sei, hat sie diesen Umfang nicht im Einzelnen dargelegt und insbesondere nicht begründet, wieso diese Menge an Gepäck dienstlich veranlasst gewesen sei.
33III.Schließlich ergibt sich der von der Klägerin zuletzt geltend gemachte Anspruch auf Fahrtkostenersatz in Höhe von 6.486,30 € nicht aus dem in § 96 Abs. 2 1. Halbs. SGB IX enthaltenen Benachteiligungsverbot. Dieses bedeutet, dass Vertrauenspersonen, d. h. Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung, nicht schlechter behandelt werden dürfen als vergleichbare Beschäftigte ohne dieses Amt.
341.Wäre die Klägerin nicht Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung, ginge sie ihrer dienstlichen Tätigkeit in ihrer früheren, unweit ihrer Wohnung gelegenen Dienststelle nach. Fahrtkosten für Heimreisen würden nicht anfallen. Von einer Benachteiligung i. S. von § 96 Abs. 1 1. Halbs. SGB IX könnte aber nur die Rede sein, wenn die Klägerin unvermeidbare Aufwendungen für ihre Fahrten vom Sitz der Bezirksschwerbehindertenvertretung nach Hause zu erheblichen Teilen nicht erstattet bekommen würde (vgl. BVerwG 21.05.2007 - 6 P 5/06 - PersR 2007, 387).
352.Hiervon kann aber vorliegend nicht die Rede sein. Da ein freigestelltes Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung doch einen Großteil seiner Fahrtkosten, die es für Heimreisen aufwendet, erstattet bekommt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der dann noch übrig bleibende Zuschuss aus privaten Mitteln geeignet ist, qualifizierte Personen von der Wahrnehmung des Amtes eines von der dienstlichen Tätigkeit freigestellten Mitglieds der Bezirksschwerbehindertenvertretung abzuhalten.
36B.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.
38Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG erneut - das Bundesarbeitsgericht hat das frühere Urteil der Kammer lediglich aus prozessualen Gründen aufgehoben - zugelassen.
39R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
40Gegen dieses Urteil kann von der Klägerin
41R E V I S I O N
42eingelegt werden.
43Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
44Bundesarbeitsgericht
45Hugo-Preuß-Platz 1
4699084 Erfurt
47Fax: 0361 2636 2000
48eingelegt werden.
49Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
50Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
511.Rechtsanwälte,
522.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
533.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
54In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
55Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
56* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
57gez.: Prof. Dr. Vossengez.: Zihlagez.: Schulz