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Die Beschwerde der Rechtsanwälte L. u. a. vom 22.07.2009 gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 08.07.2009 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
G R Ü N D E :
2I.
3Die 33jährige Klägerin war bei der Beklagten zuletzt als Teilzeitbeschäftigte mit 20 Wochenstunden zu einem durchschnittlichen Bruttogehalt von 1.275,14 € beschäftigt.
4Nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 23.03.2009 zum 30.06.2009 gekündigt hatte, hat die Klägerin beim Arbeitsgericht Essen Klage erhoben mit folgenden Anträgen:
51. | es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 23.03.2009 zum 30.06.2009 aufgelöst wird; |
2. | es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch sonstige Beendigungstatbestände aufgelöst wird und über den 30.06.2009 hinaus zu unveränderten Bedingungen entsprechend des Arbeitsvertrages der Parteien vom 01.01.1999 in Form des Ergänzungsvertrages vom 11.01.2007 fortbesteht; |
3. | die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin für den Fall des Obsiegend betreffend Antrag zu 1.) ab dem 30.06.2009 als Packerin gemäß des Arbeitsvertrages der Parteien vom 24.02.2007 in Form des Ergänzungsvertrages vom 11.01.2007 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits weiter zu beschäftigen. |
Der Rechtsstreit wurde durch einen gerichtlich festgestellten Vergleich vom 09.06.2009 mit folgendem Inhalt beendet:
71. | Die Beklagte leitet aus der streitgegenständlichen Kündigung vom 23.03.2009 zum 30.06.2009 keine Rechte mehr her. |
2. | Die Klägerin erklärt sich daher damit einverstanden, dass die streitgegenständliche Kündigung gegenstandslos ist. |
3. | Damit ist der Rechtsstreit erledigt. |
Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für das Verfahren und für den Vergleich auf 3.825,42 € (3 Monatsverdienste) festgesetzt.
9Gegen diese Streitwertfestsetzung wendet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer wollen alle Anträge gesondert bewertet wissen.
10II.
11Die zulässige Beschwerde konnte keinen Erfolg haben. Die Streitwertfestsetzung durch das Arbeitsgericht ist nicht zu beanstanden.
121.Für den Klageantrag zu 1. hat das Arbeitsgericht zu Recht gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG den dreifachen Monatsverdienst der Klägerin in Ansatz gebracht. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer auch nicht.
132.Offensichtlich wollen die Beschwerdeführer auch den Feststellungsantrag zu 2. gesondert bewertet wissen. Allerdings haben sie zur Begründung insoweit nichts vorgetragen. Insoweit kann deshalb auf die ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammer, insbesondere den Beschluss vom 08.05.2007 - 6 Ta 99/07 - juris Rdn. 111/114 Bezug genommen werden.
14In einem Fall, wie dem vorliegenden, in dem keine weiteren Kündigungen ersichtlich sind und nur - offensichtlich geschäftsmäßig - der allgemeine Feststellungsantrag nach § 256 ZPO erhoben wird, ist dieser Antrag nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen.
153.Hauptsächlich wenden sich die Beschwerdeführer dagegen, dass der als "unechter Hilfsantrag" gestellte Klageantrag zu 3. streitwertmäßig nicht berücksichtigt worden ist.
16Auch nach erneuter Überprüfung bleibt die Beschwerdekammer bei ihrer Rechtsauffassung, dass der unechte Hilfsantrag ebenso wie ein echter Hilfsantrag, über den weder durch Urteil noch durch Vergleich befunden worden ist, streitwertmäßig nicht zu berücksichtigen ist.
17Dies folgt aus § 45 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit Abs.4 GKG.
18Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch nur dann zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Dies gilt auch für einen unechten Hilfsantrag (vgl. LAG Düsseldorf vom 27.07.2000 - 7 Ta 249/00 - NZA RR 2000, 2613; Beschlüsse vom 09.12.2002 - 17 Ta 516/02 -, 08.04.2003 - 17 Ta 139/03 und 02.11.2005 -17 Ta 616/05 -; Beschlüsse der erkennenden Kammer vom 06.07.2006, - 6 Ta 371/06 -, vom 02.03.2006 - 6 Ta 113/06 - und 09.08.2007- 6 Ta 417/07 -; zuletzt 29.07.2009 -6 Ta 459/09 -).
19Die Beschwerdekammern des LAG Düsseldorf vertreten die Auffassung, dass unter dem in § 19 Abs. 1 GKG a. F. = 45 Abs. 1 GKG n. F genannten "hilfsweise geltend gemachten Anspruch" auch ein zulässiger (BAG vom 08.04.1988 - 2 AZR 777/87 - NZA 1988, 741) uneigentlicher Hilfsantrag fällt. Zur Begründung dieser von der 7. Kammer zu § 19 GKG a. F. begründeten Auffassung wird auch auf die veröffentlichten Entscheidungen vom 13.07.1989 - 7 Ta 165/89 - JurBüro 1990, 243 = NZA 1989,862 und vom 08.11.1990 - 7 Ta 356/ 90 - LAGE § 19 GKG Nr. 10 verwiesen. Nach wie vor gilt insbesondere, dass es keinen Sinn macht, die Zulässigkeit eines uneigentlichen Hilfsantrags zu begründen, wenn er nicht zu der nunmehr in § 45 Abs.1 GKG genannten kostenrechtlichen Besserstellung für die Partei führen würde. Nach der Neufassung der Vorschrift durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 und der Neufassung ab 01.07.2004 erweist sich diese Auffassung umso mehr als richtig, weil der Gesetzgeber, dem die Kontroverse um den uneigentlichen Hilfsantrag bekannt sein musste, diesen Antrag nicht aus dem Geltungsbereich der Vorschrift herausgenommen hat.
20Die Gesetzesbestimmung unterscheidet nicht zwischen Hilfs- und Eventualhilfsanträgen. Da der Eventualantrag ein Unterfall des Hilfsantrages ist, hätte der Gesetzgeber dies, wollte er den Eventualhilfsantrag kostenrechtlich anders behandeln, gesondert regeln müssen. Das hat er aber nur für die Hilfsaufrechnung getan. Die Argumentation der auch von den Beschwerdeführern zitierten gegenteiligen Rechtsauffassung, eine Zusammenrechnung der Werte habe deshalb zu erfolgen, weil entgegen dem Hilfsantrag beim Eventualhilfsantrag die vorbehaltlose Verurteilung, eingeschränkt für den Fall des Obsiegens im Hauptantrag, begehrt werde, kann nicht gefolgt werden. Hierbei wird einerseits übersehen, dass begrifflich ein Eventualhilfsantrag als Unterfall des Hilfsantrages zu sehen ist und deshalb ohne Gesetzeskorrektur nur hiernach bewertet werden kann, andererseits, dass es gerade das Anliegen der klagenden Partei ist, in beiden Fällen nicht das volle Kostenrisiko tragen zu müssen.
21Auch das LAG Hamm hat in seiner Entscheidung vom 04.04.2007 - 6 Ta 40/07 - die Auffassung der Beschwerdekammern des LAG Düsseldorf bestätigt.
22Es sei ausdrücklich nochmals unter Bezugnahme auf diese Entscheidung darauf hingewiesen, dass für eine Differenzierung zwischen "echten" und "uneigentlichen" Hilfsanträgen nach wiederholter Befassung des Gesetzgebers mit dieser Frage kein Raum mehr ist. Ob ein Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens oder Unterliegens gestellt wird, ändert nichts an dem Charakter als Hilfsantrag; entscheidend für die Anwendung von § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG ist nicht das wirtschaftliche (End-)Ziel der klagenden Partei, sondern die Abhängigkeit einer gerichtlichen Entscheidung von einer innerprozessualen Bedingung (vgl. auch Creutzfeld, NZA 1996, 961 m. w. N.).
23Auch für die Rechtsanwaltsgebühren kann nichts Abweichendes gelten. Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert ist nach § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend, unabhängig davon, ob die Gerichtsgebühren auch tatsächlich erhoben werden (vergl. LAG Düsseldorf vom 08.05.2007 - 6 Ta 99/07 - juris Rdn. 104/107). Weiter wird gesetzlich nicht danach differenziert, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Hinblick auf eine Eventualklagehäufung mit besonderen anwaltlichen und/oder richterlichen Vorbereitungsarbeiten verbunden ist. Zugleich ist die Beobachtung zu machen, dass der Weiterbeschäftigungsantrag vielfach nur routinemäßig - gewissermaßen wie ein Textbaustein neben einem Kündigungsschutzantrag herläuft, ohne dass in dem gesamten Rechtsstreit auch nur ein Wort zur Begründung eines solchen Antrags oder der zur Rechtsverteidigung gegen ihn verloren wird ( so LAG Köln vom 21.06.2002 - 7 Ta 59/02 -).
24Auch im Streitfall ergibt sich aus der Klageschrift vom 08.04.2009 mit keinem einzigen Satz eine Begründung für den Antrag zu 3. in der Klageschrift.
25Soweit die Beschwerde darüber hinaus zur Stützung ihrer Rechtsauffassung auf zwei Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.10.1980 - 8 Sa 251/80 - und 11.02.1985 - 7 Ta 55/85 - Bezug nimmt ist darauf hinzuweisen, dass bei den diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Anträgen kein unechter Hilfsantrag gestellt worden war, sondern neben dem Feststellungsantrag ein - unbedingter - Weiterbeschäftigungsantrag. In derartigen Fällen vertritt auch die jetzige Beschwerdekammer die Auffassung, dass für den Weiterbeschäftigungsanspruch ein Wert von regelmäßig zwei Monatsverdiensten gemäß § 5 ZPO hinzuzurechnen ist.
26Im Streitfall kann der unechte Hilfsantrag streitwertmäßig demnach nicht berücksichtigt werden, weil über ihn keine Entscheidung ergangen ist. Der Rechtsstreit ist durch Vergleich beendet worden, der hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsanspruchs keine Regelung enthält.
27R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
28Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 32 Abs.1 RVG, § 68 Abs.1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
29Goeke