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Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 09.05.2000 - 5 Ca 748/00 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger war vom Jahre 1990 an bei dem Beklagten, der in L. eine Steuerberatungspraxis betreibt, als Angestellter mit steuerberatender Tätigkeit beschäftigt. Am 15.11.1999 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.1999. Seit dem 01.01.2000 ist der Beklagte Angestellter der Steuerberaterkanz-
3lei K. & Partner, die sich ebenfalls in L. befindet. In Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Beklagten wechselten verschiedene Mandanten, die von diesem betreut worden waren, zu dessen neuem Arbeitgeber. Unter dem 15.01.2000 bestätigte der Kläger der Kanzlei K. & Partner den Empfang von 24 Vertretungs-
4vollmachten und eines Anschreibens wegen Mandatsübernahme. Mit einem Schreiben vom 18.01.2000 wurde der Kläger von dieser Kanzlei sodann unter Fristsetzung aufgefordert, die sich bei ihm befindlichen mandatsrelevanten Unterlagen, Akten, Belege und Datenbestände herauszugeben.
5Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger den Ersatz eines Schadens verlangt, der seiner Ansicht nach durch den Wechsel der in der Empfangsbestätigung genannten Mandanten zur Kanzlei K. & Partner eingetreten ist.
6Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe noch während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses in unredlicher und sittenwidriger Weise gezielt Einfluss auf Mandanten genommen und diese veranlasst, zur Kanzlei K. & Partner zu wechseln. Bei den Abwerbungen habe der Beklagte unter anderem sein Steuerberaterbüro schlecht gemacht und unrichtige Behauptungen über seine persönlichen Fähigkeiten und geschäftlichen Verhältnisse aufgestellt. Da der Beklagte ihm die Mandanten weggenommen habe, sei der verloren gegangene Wert auszugleichen. Dieser müsse ihn so stellen, als wenn eine Teilveräußerung der Praxis unter Berücksichtigung der betroffenen Klientel stattgefunden hätte. Der Verkaufserlös würde sich in diesem Fall auf 140 % des Jahresumsatzes belaufen.
7Der Kläger hat beantragt,
8den Beklagten zu verurteilen, an ihn 422.520,-- DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 10.03.2000 zu zahlen.
9Der Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er hat vorgetragen, er habe nach seiner Kündigung lediglich sukzessive langjährige Mandanten, zu denen ein persönlicher Kontakt bestanden habe, über sein bevorste-
12hendes Ausscheiden informiert. Allein diese Mitteilung habe in Verbindung mit einer Unzufriedenheit über den Kläger dazu geführt, dass sich diese Mandanten dazu entschlossen hätten, das Mandatsverhältnis zum Kläger zu beenden und ihm zur Steuerberaterkanzlei K. & Partner zu folgen. Freunden und guten Bekannten unter den Mandanten habe er mitgeteilt, wo er zukünftig arbeiten werde. Weiteren Wechslern habe er auf Anfrage den neuen Arbeitgeber genannt. Der von dem Beklagten geltend gemachte Schaden sei nicht nachzuvollziehen.
13Das Arbeitsgericht Krefeld hat die Klage durch Urteil vom 09.05.2000, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, abgewiesen. Gegen das ihm am 05.06.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.07.2000 Berufung eingelegt und diese am 31.07.2000 begründet.
14Der Kläger wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen in Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung.
15Er beantragt,
16das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 422.520,--DM zu zahlen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Er verteidigt das angefochtene Urteil.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
22I.Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Beklagte ist aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, dem Kläger den hier geltend gemachten Schaden zu ersetzen.
231.Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wertersatz für die an die Kanzlei K. & Partner verlorenen Mandate wegen einer Verletzung des vertraglichen Wettbewerbs-
24verbots durch den Beklagten. Dabei kann offenbleiben, ob ein Anspruch gegen den Beklagten insoweit auf § 61 Abs. 1 HGB analog oder auf positiver Vertragsverletzung beruhen würde.
25a)Die Vorinstanz hat zutreffend erkannt, dass es seitens des Klägers an ausreichendem Vortrag dafür mangelt, dass der Beklagte in unzulässiger Weise Einfluss auf die hier in Rede stehenden Mandanten genommen hat, um diese zu dem Wechsel zur Steuerberaterkanzlei K. & Partner zu veranlassen. Die Angriffe der Berufung gegen die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils schlagen fehl.
26aa)Während des Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer aufgrund der ihm obliegenden Treuepflicht grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt (vgl. BAG, Urteil vom 17.10.1969, AP Nr. 7 zu § 611 BGB Treuepflicht; Urteil vom 26.03.1965, AP Nr. 1 zu § 306 BGB). Für Handlungsgehilfen ist dies in § 60 HGB ausdrücklich geregelt. Ohne Einwilligung des Prinzipals darf der Handlungsgehilfe in dem Handelszweig des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Jede unerlaubte Konkurrenztätigkeit zu Lasten des Arbeitgebers ist dem Handlungsgehilfen während des (rechtlichen) Bestandes des Arbeitsverhältnisses untersagt. Da die Norm die geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers vor Beeinträchtigungen schützen will, ist jede Wettbewerbstätigkeit unzulässig, auch wenn konkret keine Vertragsabschlüsse erfolgen. Deshalb stellt sich auch schon der Versuch der Abwerbung von Geschäftsverbindungen oder Kunden stets als eine Verletzung des Wettbewerbs-verbots gemäß § 60 Abs. 1 HGB dar; d.h. alle Tätigkeiten, die geeignet sind, die Geschäftsverbindungen des Arbeitgebers zu Kunden, Lieferanten usw. zu beeinträchtigen, sind dem Handlungsgehilfen untersagt. Dem Arbeitgeber soll der Marktbereich voll und ohne die Gefahr der nachteiligen, zwielichtigen oder zweifelhaften Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen (vgl. BAG, Urteil vom 24.04.1970, AP Nr. 6 zu § 60 HGB; Urteil vom 21.11.1996, EzA Nr. 162 zu § 626 BGB n.F.). Für den Bereich der sogenannten freien Berufe (Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater etc.) fehlt es insoweit an einer konkreten gesetzlichen Regelung. Es ist aber anerkannt, dass sinngemäß die gleichen wettbewerblichen Beschränkungen wie für Handlungsgehilfen gelten. § 60 Abs. 1 HGB konkretisiert inso-
27weit einen allgemeinen Rechtsgedanken, der seine Grundlage in der Treuepflicht des Arbeitnehmers hat. Der Arbeitgeber soll grundsätzlich vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitgebers geschützt sein. Deshalb schließt der Arbeitsvertrag für die Dauer seines Bestehens über den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich des § 60 HGB hinaus ein Wettbewerbsverbot ein (ständige Rechtsprechung des BAG: vgl. Urteil vom 17.10.1969, AP Nr. 7 zu § 611 BGB Treuepflicht; Urteil vom 26.01.1995, EzA Nr. 155 zu § 626 BGB n.F.). Aufgrund der allgemeinen Treuepflicht sind auch die Arbeitnehmer im Bereich der sogenannten freien Berufe gehalten, alles zu unterlassen, was den von ihnen wahrzunehmenden Interessen des Arbeitgebers zuwiderläuft; sie dürfen insbesondere nicht im Geschäftszweig des Arbeitgebers konkurrierend tätig werden, Kunden bzw. Klienten des Arbeitgebers abwerben oder einen Konkurrenten des Arbeitgebers unterstützen (vgl. BAG, Urteil vom 16.06.1976, AP Nr. 8 zu § 611 BGB Treuepflicht; Urteil vom 23.05.1985 - 2 AZR 268/84 - n.v.).
28bb)Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze käme ein Schadenser-
29satzanspruch des Klägers wegen eines Wettbewerbsverstoßes nur dann in Betracht, wenn der Beklagte vor seinem Ausscheiden aus der Steuerberaterpraxis des Klägers die im Empfangsbekenntnis vom 15.01.2000 aufgeführten Mandanten abgeworben oder zumindest in unzulässiger Weise bei diesen Mandanten zu Gunsten der Steuerberaterkanzlei K. & Partner vorgefühlt hätte. Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass in der bloßen Mitteilung des Arbeitgeberwechsels durch den Beklagten noch keine unzulässige Aufforderung an die betreffenden Mandanten lag, in Zukunft die Steuerberaterkanzlei K. & Partner zu beauftragen. Das von dem Beklagten diesbezüglich eingeräumte Verhalten bietet keinen Anlass für die Annahme, dieser habe gegenüber den genannten Mandanten eine ernsthafte und den allgemeinen Grundsätzen zuwiderlaufende Abwerbungsabsicht bekundet. Es fehlt an einem in diese Richtung zielenden Tun (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 23.05.1985 - 2 AZR 268/84 - n.v.). Auch der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Wechsel der vom Beklagten betreuten Mandanten und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vermag nicht für den Kläger zu streiten. Insoweit ist es verfehlt, von einer Indizwirkung zu sprechen. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der von den Mandanten vorgenommene Wechsel des Steuerberaters nicht zwingend von ihm initiiert sein muss, sondern gerade auch darauf zurückzuführen sein kann, dass eine gewisse persönliche Bindung zwischen den Mandanten und ihm bestand, die bei der Art des Geschäftsgegenstandes des Klägers nicht ungewöhnlich, sondern eher - bei zufriedenstellender Dienstleistung - alltäglich ist (vgl. dazu: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.07.2000 - 7 Sa 1431/99 - n.v.). Es war danach Sache des Klägers, zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten des Beklagten gegenüber dem hier in Rede stehenden Mandantenkreis nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiert vorzutragen. Dies ist jedoch nicht in dem prozessual erforderlichen Umfang geschehen. Der Kläger bezieht sich zum einen lediglich auf Mandanten, die gerade nicht zur Kanzlei K. & Partner gewechselt sind (I. GbR, City B.). Daraus kann für etwaige Pflichtwidrigkeiten des Beklagten im Verhältnis zu denjenigen Mandanten, die den Wechsel zur Steuerberaterkanzlei K. & Partner vollzogen haben, nichts hergeleitet werden. Der sonstige Vortrag des Klägers beschränkt sich, wie das Arbeitsgericht richtig gesehen hat, im Wesentlichen darauf, allgemein darzustellen, dass der Beklagte unzulässig auf die hier in Rede stehenden Mandanten Einfluss genommen habe. Soweit zu einem geringen Teil überhaupt ein Bezug zu einem bestimmten Mandat hergestellt werden kann, fehlt es beim Vorbringen des Klägers letztlich an einer hinreichend konkreten Darstellung nach Ort, Zeitpunkt und näheren Umständen des Verstoßes gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot (S., I. GmbH). Die Berufung wirft dem Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang zu Unrecht vor, eine Beweisaufnahme unterlassen zu haben. Eine solche Beweisaufnahme wäre eine unstatthafte Ausforschung. Sie würde nämlich darauf hinauslaufen, die für einen Erfolg des Klagebegehrens erforderlichen Tatsachen erst zu Tage zu fördern.
30b)Es braucht danach nicht mehr entschieden zu werden, ob bereits mit dem Verlust der einzelnen Mandate ein ersatzfähiger Schaden im Sinne von §§ 249 ff. BGB vorliegt.
312.Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung (§§ 823, 826 BGB) scheidet nach alldem gleichfalls aus. Auch sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.
32II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Da der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Voraussetzungen einer Divergenzrevision nicht vorliegen, bestand keine Veranlassung, die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, § 72 Abs. 2 ArbGG.
33R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
34Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Der Kläger wird wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde auf § 72 a ArbGG hingewiesen.
35SauerlandHöchstWiese