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Eine Betriebsvereinbarung begründet nicht deshalb, weil sie sich über die Verteilung eines jährlich vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Gehaltserhöhungsbudgets verhält, die Verpflichtung des Arbeitgebers, nach § 315 BGB ein solches Gehaltserhöungsbudget festzulegen.
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen des Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 31.05.2001 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G R Ü N D E :
2I.
3Die Beteiligten streiten darüber, ob der antragstellende Betriebsrat aufgrund einer Betriebsvereinbarung von der Arbeitgeberin verlangen kann, dass diese für die AT-Mitarbeiter ein Gehaltserhöhungsbudget von 3 % ab dem 01.01.2000 festlegt.
4Die Arbeitgeberin befasst sich mit der weltweiten Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und Erdgas (sog. Upstream-Geschäft ). Sie ist mit ihrer Konzernobergesellschaft, der V. Öl AG, durch einen Ergebnisabführungsvertrag verbunden.
5Nach der Gewinn- und Verlustrechnung 1999 (Bl. 135 d. A.) erzielte die Arbeitgeberin als Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit einen Verlust von über 55 Mio. DM. Die GuV-Rechnung enthält Rückstellungen für Restrukturierungsmaßnahmen in Höhe von 85,1 Mio. DM. Aufgrund steuerlicher Nutzung ihrer Verluste durch die Konzernobergesellschaft wurde der Arbeitgeberin konzernintern eine Steuergutschrift von ca. 147 Millionen DM erteilt, so dass die GuV-Rechnung einen Jahresüberschuss vor Gewinnabführung in Höhe von ca. 137 Mio. DM ausweist.
6Im Jahre 2000 führt die Arbeitgeberin die Restrukturierungsmaßnahmen durch, die
7begleitet von einem Sozialplan zu einem Personalabbau der ca. 240/250 Mitarbeiter, davon ca. 220 AT-Angestellte, auf derzeit 35 Mitarbeiter führte. Die in Höhe von 85,1 Mio. DM gebildete Rückstellung wurde im Jahre 2000 mit 12,1 Mio. DM in Anspruch genommen. Im Herbst 2000 veräußerte die Arbeitgeberin ihr Bürogebäude in E. zu einem Preis von ca. 35 Mio. DM.
8Ende 1999 beschloss die Arbeitgeberin, ein Budget für die Erhöhung der AT-Gehälter zum 01.01.2000 nicht zur Verfügung zu stellen. Der Betriebsrat widersetzte sich der Entscheidung und verlangte unter Hinweis auf eine am 05.09.1995 zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin, der Firma D., geschlossene Betriebsvereinbarung über das Gehaltssystem für Mitarbeiter mit außertariflichem Dienstvertrag (nachfolgend: BV-Gehaltssystem-AT-1995) die Beratung nach Ziff. 3.1 Abs. 2 Satz 4. Hiermit unterlag er vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Beschluss der 8. Kammer vom 30.01.2001, Geschäftsnummer 8 TaBV 83/00, Bl. 227 ff.). Er verlangt mit dem vorliegenden Antrag die Festlegung eines Gehaltserhöhungsbudgets von 3 %.
9Die BV-Gehaltssystem-AT-1995 bestimmt, soweit hier von Interesse, folgendes:
103. Gehaltsüberprüfung
113.1 Die Gehaltsüberprüfung findet jährlich zum 01. Januar statt.
1213
Die Geschäftsführung legt das Gehaltsbudget fest, das die
14allgemeine Gehaltserhöhung und das Leistungselement
15enthält. Dabei berücksichtigt sie die wirtschaftliche Lage
16der D. sowie die nationale bzw. branchenspezifische
17prozentuale Gehaltsentwicklung. Hierzu gehören sowohl
18die Gehaltsentwicklung für die AT-Mitarbeiter als auch die
19jeweiligen Tarifabschlüsse in der Branche. Zuvor beraten
20Geschäftsführung und Betriebsrat über das Verhältnis
21von allgemeiner Gehaltserhöhung und Leistungselement.
22Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass Ziff. 3.1 der Betriebsvereinbarung die Arbeitgeberin verpflichte, nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) das jährliche Gehaltserhöhungsbudget festzusetzen. Ihre Entscheidung, für das Jahr 2000 keine Gehaltserhöhung vorzunehmen, sei angesichts des in der GuV-Rechnung 1999 ausgewiesenen Jahresüberschusses unbillig. Zudem sei die für die Restrukturierung gebildete Rückstellung überdimensioniert gewesen. Daher hätte Ende 1999 eine günstige Prognose der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens gestellt werden müssen, zumal ein Erlös aus der beabsichtigten Veräußerung des Bürogebäudes zu erwarten gewesen sei. Entsprechend der allgemeinen und branchenspezifischen Gehaltsentwicklung im Jahr 1999 hätte die Arbeitgeberin das Gehaltserhöhungsbudget zum 01.01.2000 um 3 % erhöhen müssen.
23Der Betriebsrat hat beantragt,
24festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, das
25Gehaltserhöhungsbudget gem. Ziff. 3.1 der Betriebsvereinbarung
26vom 05.09.1995 betreffend das Gehaltssystem der außertariflichen
27Mitarbeiter ab dem 01.01.2000 auf 3 % der Gesamtheit der 1999
28den AT-Angestellten bei der Arbeitgeberin gezahlten Gehälter
29festzulegen.
30Die Arbeitgeberin hat beantragt,
31den Antrag zurückzuweisen.
32Sie hat die Auffassung vertreten, dass die BV-Gehaltssystem-AT-1995 sie nicht verpflichte, ein jährliches Gehaltserhöhungsbudget zur Verfügung zu stellen, und im Übrigen die Ende 1999 gestellte Prognose der schlechten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens verteidigt.
33Durch Beschluss vom 31.05.2001 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrates zurückgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde greift der Betriebsrat den Beschluss in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht an. Er verfolgt mit der Beschwerde seinen Antrag weiter. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
34Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt vollumfänglich Bezug genommen.
35II.
36Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Antrag des Betriebsrates zurückgewiesen.
371. Der Antrag des Betriebsrates ist zulässig.
38Er ist auf die Feststellung gerichtet, dass die Arbeitgeberin gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet ist, die BV-Gehaltssystem-AT-1995 mit dem reklamierten Inhalt, i. e. Festlegung eines Gehaltserhöhungsbudgets von 3 % für das Jahr 2000, durchzuführen. Der Betriebsrat kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG, Beschluss vom 27.10.1998, 1 ABR 3/98, AP Nr. 99 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung zu B I 3 a der Gründe, Beschluss vom 30.08.1994, 1 ABR 10/94, AP Nr. 132 zu Art. 9 GG Arbeitskamp zu B I) vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser eine Betriebsvereinbarung entsprechend ihrem Regelungsgehalt im Betrieb anwendet, und eine Meinungsverschiedenheit der Betriebspartner über den Regelungsgehalt durch die Gerichte klären lassen.
392. Der Antrag ist aber nicht begründet. Die BV-Gehaltssystem-AT-1995 begründet keine Verpflichtung der Arbeitgeberin, ein jährliches Gehaltserhöhungsbudget festzulegen. Dies ergibt die Auslegung der Betriebsvereinbarung.
40a) Betriebsvereinbarungen sind nach den für die Tarifauslegung geltenden Grundsätzen, die ihrerseits den für die Gesetzesauslegung geltenden Regeln folgen, auszulegen. Danach ist zunächst vom Wortlaut der Betriebsvereinbarung auszugehen. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den Regelungen der Betriebsvereinbarung seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelung, weil daraus auf den wirklichen Willen der Betriebspartner geschlossen werden und so der Zweck der Regelung ermittelt werden kann. Lassen sich auch so zuver-lässige Auslegungsergebnisse nicht finden, kann ohne die Bindung an eine Reihen-folge auf weitere Kriterien sowie die Entstehungsgeschichte der Betriebsvereinbarung, vorherige Betriebsvereinbarungen oder die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse zurückgegriffen werden (BAG, Urteil vom 16.09.1998, 5 AZR 598/97, AP Nr. 54 zu
41§ 242 BGB Betriebliche Übung, zu I 1 a, BAG, Urteil vom 15.12.1998, 1 AZR 332/98, AP Nr. 126 zu § 112 BetrVG 1972, zu I).
42b) Aus dem Wortlaut der BV-Gehaltssystem-AT-1995 ergibt sich keine Verpflichtung der Arbeitgeberin, ein jährliches Gehaltserhöhungsbudget festzulegen.
43Nr. 3 regelt überschriftlich die Gehaltsüberprüfung und bestimmt in Nr. 3.1, dass die Gehaltsüberprüfung jährlich zum 01. Januar stattzufinden hat. Aus der Überprüfungspflicht folgt kein Anspruch auf Anpassung der AT-Gehälter (vgl. BAG, Beschluss vom 24.01.1996, 1 ABR 35/95, n. v., zu B I 2 a, Urteil vom 16.09.1998, a. a. O., zu I 1 b).
44Nr. 3.1 Abs. 2 Satz 1 BV-Gehaltssystem-AT-1995 überlässt ausdrücklich der Arbeitgeberin die Festlegung des Gehaltserhöhungsbudgets. Eine Verpflichtung wird nicht statuiert. Wenn die Arbeitgeberin nach Satz 2 bestimmte Kriterien (wirtschaftliche Lage des Unternehmens, allgemeine und branchenspezifische Gehaltsentwicklung) zu berücksichtigen hat, so bedeutet dies schon nicht zwingend, dass andere Gesichtspunkte außer Betracht bleiben müssen. Noch weniger ist erkennbar, dass die Arbeitgeberin mit der Berücksichtigung sachlicher Kriterien eine Rechtsverpflichtung zur Erhöhung der AT-Gehälter eingehen wollte. Die Regelung gibt lediglich eine rechtlich ungesicherte Exspektanz, begründet jedoch keinen Anspruch auf Gehaltserhöhung.
45Dieser Befund wird dadurch bestätigt, dass Nr. 3 BV-Gehaltssystem-AT-1995 keine Beteiligung des Betriebsrats bei der Festlegung eines Gehaltserhöhungsbudgets vorsieht und die Betriebsvereinbarung keine Vergütungsansprüche von AT-Angestellten statuiert, sondern es bei Informationsrechten belässt. Der Umstand, dass in Nr. 3
46Abs. 2 Satz 1 das (von der Arbeitgeberin festgelegte) Budget angesprochen und weder eine Dotierungs- noch Zahlungspflicht der Arbeitgeberin formuliert wird, spricht somit dagegen, dass die freie unternehmenspolitische Entscheidung, ob im AT-Bereich Gehaltserhöhungen gewährt werden, beschnitten und eine rechtliche Verbindlichkeit der Arbeitgeber, gemäß Nr. 3.1 Abs. 2 Satz 2 BV-Gehaltssystem-AT-1995 i. V. m. § 315 BGB die AT-Gehälter zu erhöhen, erzeugt werden soll.
47c) Der Gesamtzusammenhang, in dem Nr. 3.1 Abs. 2 Satz 1 u. 2 BV-Gehaltssystem-AT-1995 steht, macht ebenfalls nicht den Regelungswillen erkennbar, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, nach wirtschaftlicher Lage des Unternehmens und allgemeiner oder branchenspezifischer Gehaltsentwicklung ein Gehaltserhöhungsbudget jährlich bereit zu stellen.
48Das Arbeitsgericht hat aus der Bindung der Arbeitgeberin an bestimmte Prüfkriterien (Nr. 3.1 Abs. 2 Satz 2), den detaillierten Verteilungsregeln und der Abhängigkeit der Gehaltserhöhungsansprüche der AT-Angestellten von der Durchführung des Festlegungsverfahrens auf die Verpflichtung der Arbeitgeberin geschlossen, gem. § 315
49Abs. 1 BGB das Gehaltserhöhungsbudget festzusetzen.
50Richtig ist, dass die Verteilungs-(verfahrens-)regelungen der BV-Gehaltssystem-AT-1995 nur dann praktische Relevanz erhalten, wenn die Arbeitgeberin ein Gehaltserhöhungsbudget festgelegt hat. Daraus kann jedoch nicht der Rückschluss gezogen werden, dass die Arbeitgeberin jährlich das Budget erhöhen muss. Vielmehr wird die Betriebsvereinbarung mit ihren Verteilungsregelungen nicht sinnlos, wenn mangels zur Verfügungsstellung eines Budgets Gehaltserhöhungen ausbleiben. Die Betriebspartner können nämlich daran anknüpfen, dass in der Vergangenheit die Gehälter der AT-Mitarbeiter durchweg erhöht wurden (Aufstellung Bl. 27 d. A.) und angesichts der Wahrscheinlichkeit, dass auch in Zukunft die Arbeitgeberin positive Betriebsergebnisse erwirtschaften und ihr an der Anpassung der AT-Gehälter gelegen sein wird, prophylaktisch Verteilungs- und Verfahrensgrundsätze aufstellen.
51Ebenso wenig trägt Nr. 3.1 Abs. 2 Satz 2 mit der Benennung der Gesichtspunkte wirtschaftliche Lage und Gehaltsentwicklung die Annahme einer von der Arbeitgeberin eingegangenen Rechtsverpflichtung. Die genannten Gesichtspunkte liegen regelmäßig jeder Entscheidung des Unternehmers, ob und in welchem Umfang er die außertariflichen Gehälter erhöht, zugrunde. Indem die Arbeitgeberin angekündigt hat, unter Einbeziehung dieser Sachkriterien zu unterscheiden, hat sie nicht schon auf ihre genuine Entscheidungsfreiheit über Budget bzw. Dotierungsrahmen verzichtet.
52Tatsächlich macht die BV-Gehaltssystem-AT-1995 den Regelungswillen der Betriebsparteien erkennbar, den mitbestimmungsfreien Teil, nämlich die zur Verfügungsstellung des Gehaltserhöhungsbudgets, uneingeschränkt der Arbeitgeberin zu überlassen, hingegen den mitbestimmungspflichtigen Teil, die Verteilung des Budgets, mit dezidierten Vorgaben und obligatorischer Beteiligung des Betriebsrates gemäß Nr. 3.2 zu versehen. Mithin spiegelt die BV-Gehaltssystem-AT-1995 die betriebsverfassungsgesetzliche Rechtslage wider und muss vor diesem Hintergrund ausgelegt werden. Danach hatte der Betriebsrat bei der Festlegung der Lohnhöhe kein Mitbestimmungsrecht (z. B. BAG, Beschluss vom 20.07.1999, 1 ABR 66/98, AP Nr. 8 zu § 76 BetrVG 1972 Einigungsstelle). Dies schließt zwar nicht aus, dass der Arbeitgeber sich in einer freiwilligen Betriebsvereinbarungen zu Lohnerhöhungen verpflichtet. Jedoch bedarf es insoweit entweder einer Regelung, die den Verpflichtungswillen hinreichend klar zum Ausdruck bringt, oder es ergeben sich eindeutige Anhaltspunkte für einen solchen Willen etwa aus dem Interesse der Betriebsparteien, übertarifliche Ansprüche aus Verträgen, Gesamtzusage oder betrieblicher Übung mit dem Ziel der Vereinheitlichung, Vereinfachung oder größerer Sachgerechtigkeit in einer mitbestimmten Regelung einfangen zu
53wollen.
54Im Streitfall fehlt es sowohl an einer hinreichend klaren Regelung in der Betriebsvereinbarung als auch an Anhaltspunkten in der Entstehungsgeschichte der Vereinbarung und Zielsetzung der Betriebsparteien. Damit führt die Auslegung der BV-Gehalts-
55system-AT-1995 zu dem Befund, dass die Betriebsparteien die zwingende Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verwirklichen und nicht darüber hinaus die Grundlage für Rechtsansprüche der AT-Angestellten auf Gehaltserhöhung legen wollten (vgl. BAG, Urteil vom 18.06.1997, 5 AZR 208/96, n. v., zu I 1 c, Urteil vom 15.11.1994, 5 AZR 682/93, AP Nr. 121 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu I 1 a,
56Urteil vom 28.09.1994, 1 AZR 870/93, AP Nr. 68 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung).
57Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Abschluss von Betriebsvereinbarungen unter dem Gebot der Normenklarheit und der aktualisierten Ausübung der betrieblichen Regelungsmacht steht. Hiermit verträgt sich nicht die Konstruktion einer gem. § 315 Abs. 1 BGB dem Arbeitgeber obliegenden Budgetierung. Sie läuft praktisch darauf hinaus, dass sich die Vertriebsparteien mit einer unbestimmten Regelung begnügen und Meinungsverschiedenheiten über die Dotierung nicht auf betrieblicher Ebene (vgl. § 76 Abs. 1, § 112 Abs. 5 Nr. 3 BetrVG) klären, sondern schiedsgutachterlich dem Gericht überantworten. Es kann dahinstehen, inwieweit durch freiwillige Betriebsvereinbarung die Entscheidung des Arbeitgebers über Dotierung der gerichtlichen Nachprüfung unterworfen werden oder, falls der Arbeitgeber die Entscheidung verzögert, diese durch das Gericht getroffen werden lassen kann. Jedenfalls ist eine Betriebsvereinbarung mit diesem Regelungsinhalt untypisch, so dass bei der Auslegung von Regelungen, die sich über die zur Verfügungsstellung eines Budgets verhalten und daran anknüpfen, zunächst alles dafür spricht, dass es bei der freien, gerichtlich nicht auf Billigkeit nachprüfbaren Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers bleibt.
583. Selbst wenn man annimmt, dass die Entscheidung der Arbeitgeberin über ein Gehaltserhöhungsbudget der gerichtlichen Nachprüfung auf ihre Billigkeit unterliegt, hat der Betriebsrat mit seinem Antrag keinen Erfolg. Die Entscheidung der Arbeitgeberin, die Gehälter im AT-Bereich zum 01.01.2000 nicht zu erhöhen, ist nicht zu beanstanden. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Kammer macht sich daher insoweit die Ausführungen des erstinstanzlichen Beschlusses zu eigen.
59Zu den Einwänden der Beschwerde ist lediglich das Folgende anzumerken.
60Zu Recht orientiert die Arbeitgeberin die Einschätzung ihrer wirtschaftlichen Lage
61(Nr. 3.1 Abs. 2 Satz 2 BV-Gehaltssystem-AT-1995) an handelsrechtliche Jahresabschlüsse, insbesondere an der Gewinn- und Verlustrechnung (vgl. BAG, Urteil vom 23.01.2001, 3 AZR 287/00, z. V. v., zu 2 c [4]). Die dort erfolgte Ausweisung von Unternehmenserfolg und Betriebsergebnissen ist zwar den betriebswirtschaftlich gebotenen Korrekturen zugänglich. Soweit im vorliegenden Fall solche Korrekturen in Betracht kommen, führen sie jedoch nicht zu einer derart günstigen Beurteilung, dass die Arbeitgeberin für 2000 ein Gehaltserhöhungsbudget hätte bereitstellen müssen. Vielmehr hält sie sich mit der beschlossenen Nullrunde im Rahmen des ihr nach § 315 Abs. 1 zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraums. So ist es sachgerecht, dass sie auf das (negative) operative Ergebnis abstellte und die konzerninterne Steuergutschrift ausklammerte. Ebenso durfte die Arbeitgeberin aus den von ihr dargelegten Erwägungen (Schriftsatz vom 16.11.2001, dort unter III 7) einen Rückstellungsbedarf von 85,1 Mio. DM annehmen. Ein Arbeitgeber, dem an dem Fortbestand des Unternehmens gelegen ist, muss das worst-case-scenario bedenken und darf aus Gründen größtmöglicher Vorsicht dafür Rückstellungen treffen. Dass später der angenommene schlimmste Fall nicht eintritt, macht seine Entscheidung nicht sachwidrig. Noch weniger brauchte die Arbeitgeberin prognostisch den Erlös der im zweiten Halbjahr 2000 erfolgten Veräußerung ihres Bürogebäudes einzukalkulieren. Zum Zeitpunkt der Gehaltsüberprüfung (01.01.2000) stand nicht fest, wann und zu welchem Preis das Gebäude veräußert werden würde. Der Umstand, dass die Veräußerung möglich und sogar wahrscheinlich und ein Mindesterlös absehbar war, ersetzte nicht die für eine betriebswirtschaftlich vernünftige Prognose erforderliche Sicherheit, dass der Erlös aus dem Verkauf des Bürogebäudes der Arbeitgeberin noch im Jahre 2000 zufließen würde. Dabei kann dahinstehen, ob dieser außergewöhnliche Ertrag überhaupt bei der Entscheidung über das Gehaltserhöhungsbudget zu berücksichtigen wäre.
62III.
63Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher für den Betriebsrat die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.
64RECHTSMITTELBELEHRUNG
65Gegen diesen Beschluss kann von dem Betriebsrat
66RECHTSBESCHWERDE
67eingelegt werden.
68Für die weiteren Beteiligten ist gegen die Entscheidung kein Rechtsmittel gegeben.
69Die Rechtsbeschwerde muss
70innerhalb einer Notfrist von einem Monat
71nach der Zustellung dieses Beschlusses schriftlich beim
72Bundesarbeitsgericht,
73Hugo-Preuß-Platz 1
7499084 Erfurt,
75eingelegt werden.
76Die Rechtsbeschwerde ist gleichzeitig oder
77innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung
78schriftlich zu begründen.
79Die Rechtsbeschwerdeschrift und die Rechtsbeschwerdebegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
80gez.: Dr. Plüm gez.: Brandenberg gez.: Crepaz-Ruhr