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Eine unterschiedliche Behandlung zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten bei Altersversorgungszusagen verstößt gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.Das Gebot zur Gleichbehandlung erfaßt auch zurückliegende Zeiträume. Die sich hieraus ergebenden Rückwirkungsfolgen führen nicht zu einem Ausschluß des Gleichbehandlungsgebots.
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.06.1997 - 3 Ca 3589/96 - teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine Besitzstandsgutschrift nach Ziffer 1 der Zusatzbetriebsvereinbarung vom 30.12.1993 in der Höhe zu erteilen, die ihr zusteht, nachdem ihre Teilzeitbeschäftigungszeit gemäß der Übergangsregelung A vom 11.11.1985 anerkannt wird.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteils des Arbeitsgerichts wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf DM 6.998,40 festgesetzt.
5. Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D
2Die Parteien streiten im Zusammenhang mit einer Teilzeitbeschäftigung der Klägerin über Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung.
3Die am 28.08.1938 geborene Klägerin - zur Zeit 59 Jahre alt - ist seit dem 01.03.1973 bei der beklagten Bank als Angestellte beschäftigt. In der Zeit vom 01.03.1973 bis 28.02.1984 betrug ihre Arbeitszeit fünf und vom 01.03.1984 bis 31.03.1992 7,5 Stunden pro Tag. Ab dem 01.04.1992 arbeitet sie wieder fünf Stunden pro Tag.
4Die Beklagte erteilte ab dem Jahr 1971 einzelnen Mitarbeitern Altersversorgungszusagen nach zunächst ungeschriebenen Richtlinien. Im Dezember 1975 erließ sie mit Fassung vom 16.12.1975 Richtlinien für die Ruhegehalts- und Hinterbliebenenversorgung von Betriebsangehörigen . In Ziffer I - Voraussetzungen - dieser Richtlinien heißt es:
51. Der Betriebsangehörige erhält die Anwartschaft auf die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrente zu Beginn des Kalenderjahres, das dem Eintritt der nachstehenden beiden Voraussetzungen folgt:
6a) Der Betriebsangehörige muß 5 Jahre bei der W...-Bank ganztägig tätig gewesen sein. In Ausnahmefällen kann eine Tätigkeit innerhalb der Genossenschaftsorganisation oder in der Bankwirtschaft ganz oder teilweise auf diese fünf Jahre angerechnet werden.
7b) Der Betriebsangehörige muß das 27. Lebensjahr vollendet und darf das 54. Lebensjahr nicht überschritten haben.
8Die Anwartschaft entsteht erst mit der schriftlichen Zusage des Vor-
9standes der W...-Bank und unter Übergabe eines Exemplares dieser
10Richtlinien.
112. Nach Ablauf einer Wartezeit von fünf Jahren - gerechnet vom Tage des Beginns der Anwartschaft - treten die Versorgungsrechte nach Maßgabe dieser Richtlinien in Kraft.
12Nach Ziffer II der Richtlinien konnte die Altersrente auf bis zu 90 % des letzten Jahresbruttogehalts steigen.
13Im Januar 1976 nahm die Beklagte mit Fassung vom 02.01.1976 eine Änderung und Neufassung dieser Richtlinien vor. Neben einer Änderung der Altersgrenzen - Ziffer I 1 b - erfolgte eine Herabsetzung der Höchstversorgung gemäß Ziffer VIII Nr. 1 der Richtlinien auf maximal 75 % des rentenfähigen Einkommens.
14Mit Betriebsvereinbarung vom 11.11.1985 zwischen Vorstand und Gesamtbetriebsrat erfolgte in Ablösung dieser Richtlinien eine weitere Neuregelung der Versorgungsordnung. Sie erstreckte sich nunmehr auch auf Teilzeitbeschäftigte und bezeichnete in Ziffer 5.1.1. als anrechenbare Dienstzeit die Zeit, während der ununterbrochen ... ein Arbeitsverhältnis ... zur Bank bestanden hat . Daneben vereinbarten Vorstand und Gesamtbetriebsrat ebenfalls unter dem 11.11.1985 eine Übergangsregelung A sowie eine Übergangsregelung B. Die Übergangsregelung A sollte abweichend von der Betriebsvereinbarung vom 11.11.1985 für Arbeitnehmer gelten, deren Arbeitsverhältnis bereits vor dem 01.04.1982 zur Bank bestanden hat und die eine gültige schriftliche Zusage des Vorstandes nach den Richtlinien vom 16.12.1975 besitzen oder Anspruch auf eine solche Zusage erwerben können ... . Die Übergangsregelung B sollte unter anderem für Arbeitnehmer gelten, die die entsprechende Zusage nach den Richt-linien vom 02.01.1976 besitzen oder ... erwerben können . Beide Übergangsregelungen sahen näher bezeichnete Versorgungssicherungen der davon betroffenen Arbeitnehmer vor.
15Mit weiterer Betriebsvereinbarung vom 30.12.1993 zwischen der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat änderten diese die bisherige Versorgungsregelung erneut. In einer Zusatzbetriebsvereinbarung ebenfalls vom 30.12.1993 trafen sie in Ablösung unter anderem der bisherigen Übergangsregelungen A und B vom 11.11.1985 verschiedene Sonderregelungen in Form von näher bezeichneten Besitzstandsgutschriften für den davon betroffenen Personenkreis. Für Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich der bisherigen Übergangsregelung A fielen, wurde außerdem eine näher festgesetzte Erhöhung dieser Besitzstandsgutschrift vereinbart. Die Beklagte erteilte in der Folgezeit einem Teil ihrer Mitarbeiter jeweilige Besitzstandsgutschriften. Teilzeitbeschäftigte nahm sie hiervon aus.
16Mit Schreiben vom 02.02.1996 forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihr ebenfalls entsprechende Besitzstandsgutschriften nach der Zusatzbetriebsvereinbarung vom 30.12.1993 für die Zeit ihrer Teilzeitbeschäftigung ab Beginn ihres Arbeitsverhältnisses zu erteilen. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 15.03.1996 ab.
17Mit der am 10.05.1996 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht: Die Beklagte habe wegen der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin den Zeitraum ab Beginn ihrer Beschäftigung bis zum 11.11.1985 nicht als Versorgungsanwartschaftszeit berücksichtigt. Dies sei ein Verstoß gegen Art. 119 EG-Vertrag. Die Klägerin habe - zunächst - daher einen Anspruch darauf, daß sämtliche Beschäftigungszeiten auf der Grundlage der Ruhegehaltsrichtlinien vom 02.01.1976 in der Besitzstandsgutschrift berücksichtigt würden. Darüber hinaus falle sie auch unter den Geltungsbereich der Ruhegehaltsrichtlinien vom 16.12.1975. Die Beklagte habe nämlich sämtliche Vollzeitbeschäftigten, die bis zum 31.12.1975 eingestellt worden seien, auch bei Nichterfüllung der fünfjährigen Wartezeit und der sonstigen Voraussetzungen nach der für die Richtlinien vom 16.12.1975 geltenden Übergangsregelung A behandelt, während sie sämtliche Teilzeitbeschäftigten unzulässigerweise hiervon ausgeschlossen habe. Auch unabhängig von schriftlichen Zusagen des Vorstandes seien alle im Dezember 1975 und später noch vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer in der Folgezeit nach der Übergangsregelung A vom 11.11.1985 behandelt worden. Aus Gleichbehandlungsgründen könne die Klägerin daher nur wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung nicht anders behandelt und schlechtergestellt werden.
18Die Klägerin, die den monatlichen Differenzbetrag bei der Altersversorgung auf 194,40 DM beziffert, hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
191. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine Besitzstandsgutschrift nach Ziffer 1 der Zusatzbetriebsvereinbarung vom 30.12.1993 in der Höhe zu erteilen, die ihr zusteht, nachdem ihre Teilzeitbeschäftigungszeit gemäß der Übergangsregelung A vom 11.11.1985 anerkannt wird;
202. hilfsweise: festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine Besitzstandsgutschrift nach Ziffer 1 der Zusatzbetriebsvereinbarung vom 30.12.1993 in der Höhe zu erteilen, die ihr zusteht, nachdem ihre Teilzeitbeschäftigungszeit gemäß der Übergangsregelung B vom 11.11.1985 anerkannt wird.
21Die Beklagte hat beantragt,
221. die Klage abzuweisen;
232. hilfsweise: festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine Besitzstandsgutschrift nach Ziffer 1 der Zusatzbetriebsvereinbarung vom 30.12.1993 in der Höhe zu erteilen, die ihr zusteht, nachdem ihre Teilzeitbeschäftigungszeit unter Berücksichtigung der Übergangsregelung B vom 11.11.1985 anerkannt wird.
24Sie hat geltend gemacht: Mit der Betriebsvereinbarung vom 11.11.1985, die unstreitig auch für Teilzeitbeschäftigte gelte, habe bereits eine Gleichstellung zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten insofern stattgefunden, als gemäß der dortigen Ziffer 5.1.1. eine rückwirkende Einbeziehung sämtlicher Beschäftigungsjahre der Teilzeitbeschäftigten erfolgt sei. Ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung weiterer Besitzstandsgutschriften bestehe nicht. Dies ergebe sich auch nicht aus Gleichbehandlungsgründen. Einer Verpflichtung zur rückwirkenden Anwendung der Ruhegehaltsrichtlinien vom 16.12.1975 auf Teilzeitbeschäftigte stünden zwingende Gründe des Vertrauensschutzes entgegen. Soweit dies in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter anderem im Urteil vom 07.03.1995 - 3 AZR 282/94 - abweichend beurteilt worden sei, sei diese Rechtsprechung hier nicht einschlägig. Darüber hinaus müsse die in Maastricht beschlossene Protokollerklärung zu Art. 119 EG-Vertrag als primäres Gemeinschaftsrecht Vorrang vor der nationalen Vorschrift des Art. 3 GG haben. Hinzu komme, daß bei einer rückwirkenden Besitzstandsgutschrift für sämtliche Teilzeitbeschäftigten die Beklagte mit Kosten von mehr als 1 Mio. DM zusätzlich belastet werde. Dies widerspreche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie dem Grundsatz des Vertrauensschutzes. Auch habe die Klägerin allenfalls einen Anspruch, nach der Übergangsregelung B behandelt zu werden, keinesfalls nach der Übergangsregelung A, da sie deren Voraussetzungen zu keinem Zeitpunkt erfüllt habe. Auch sei es nicht richtig, daß sämtliche Vollzeitbeschäftigten, die bereits im Dezember 1975 in dem Dienst der Beklagten standen, eine Besitzstandsgutschrift nach der Übergangsregelung A erhalten hätten.
25Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat der Klage mit Urteil vom 24.06.1997 zum Hilfsantrag teilweise stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Gegen das ihnen jeweils am 03.07.1997 zugestellte Urteil haben beide Parteien zu den im Sitzungsprotokoll vom 02.12.1997 näher genannten Zeitpunkten Berufung eingelegt und diese entsprechend begründet.
26Die Klägerin macht geltend:
27Der Klage sei nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang stattzugeben. Dies folge aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Denn wie sich inzwischen herausgestellt habe, habe die Beklagte mit Ausnahme eines Arbeitnehmers sämtlichen übrigen 39 vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern, die sie in der Zeit vom 01.01.1971 bis 31.12.1975 eingestellt habe, Besitzstandsgutschriften nach der für die Ruhegehaltsrichtlinien vom 16.12.1975 geltenden Übergangsregelung A vom 11.11.1985 erteilt, obwohl bei keinem dieser Arbeitnehmer bis zum 31.12.1975 die seinerzeit geltenden Voraussetzungen der Ziffer I der Ruhegehaltsrichtlinien vom 16.12.1975 erfüllt gewesen seien. Demgegenüber seien sämtliche Teilzeitbeschäftigten aus diesem Zeitraum, insgesamt 11 Arbeitnehmerinnen, hiervon ausgenommen worden. Dies sei ein Verstoß gegen Art. 3 GG.
28Die Klägerin beantragt,
29das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.06.1997 - 3 Ca 3589/96 - teilweise abzuändern und der Klage entsprechend den erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträgen stattzugeben.
30Die Beklagte beantragt,
311. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen;
322. das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf teilweise abzuändern und die Klage (insgesamt) abzuweisen.
33Sie macht geltend:
34Die Rechtsüberlegungen, mit denen das Arbeitsgericht der Klage teilweise stattgegeben habe, seien unzutreffend. Unzulässige Differenzierungen lägen nicht vor. Richtig sei zwar, daß von der Klägerin näher benannte vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter Besitzstandsgutschriften nach der Übergangsregelung A vom 11.11.1985 erhalten hätten, da sie bereits Zusagen des Vorstandes nach der Richtlinie vom 16.12.1975 innegehabt hätten. Das Vorbringen der Klägerin sei insoweit jedoch rechtsunerheblich, da die Zusatzbetriebsvereinbarung vom 11.11.1985 nicht mehr zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten unterscheide. Darüber hinaus müsse der Beklagten ein Vertrauensschutz zugute kommen. Die Beklagte habe in den Jahren 1975 und 1976 entsprechend der allgemeinen Rechtsüberzeugung zu Recht davon ausgehen dürfen, daß bei Altersversorgungsregelungen ein Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten zulässig sei. Erst im Jahr 1982 habe das Bundesarbeitsgericht dies im Urteil vom 06.04.1982 - 3 AZR 134/79 - als Verstoß gegen Art. 3 GG angesehen. Dies dürfe jedoch entgegen Art. 20 Abs. 3 GG und im Hinblick auf das Protokoll zu Art. 119 EG-Vertrag nicht rückwirkend zur Anwendung kommen, zumal die Beklagte ansonsten in unverhältnismäßiger Weise mit zusätzlichen Kosten von über 1 Mio. DM belastet werde.
35Die Klägerin, die angesichts der Gewinnsituation der Beklagten eine unverhältnis- mäßige Kostenbelastung bestreitet, beantragt ergänzend,
36die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
38E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
39I.
40Die Berufung der Klägerin ist zulässig: Sie ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO). Entsprechendes gilt für die Berufung der Beklagten. Zwar hat sie erstinstanzlich neben ihrem Antrag auf Klageabweisung einen Hilfsantrag gestellt, den auch die Klägerin als Hilfsantrag gestellt hatte und dem das Arbeitsgericht im wesentlichen entsprochen hat. Eine Auslegung des erst- und zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten ergibt jedoch, daß sie inhaltlich stets eine Abweisung der Klage insgesamt erstrebt hatte, so daß auch insoweit die erforderliche Beschwer zu bejahen ist.
41II.
42In der Sache hat jedoch nur die Berufung der Klägerin Erfolg, während die Berufung der Beklagten demgegenüber unbegründet ist.
431. Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Eine derartige Klage ist insbesondere dann zulässig, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozeßwirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur an sich vorrangigen Leistungsklage sprechen. Dies ist hier angesichts des differenzierten Systems der Versorgungsregelungen und der verschiedenen Geltungszeiträume mit ihren jeweiligen Änderungen zu bejahen, und zwar unabhängig davon, ob der Versorgungsfall bereits eingetreten ist oder erst künftig eintritt (vgl. auch BAG, Urt. vom 16.01.1996 - 3 AZR 767/94 - AP Nr. 222 zu Art. 3 GG, zu B II 2 der Gründe).
442. Die Klage ist bereits mit ihrem Hauptantrag auch begründet.
45a) Allerdings folgt der Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Besitzstandsgutschrift gemäß der Übergangsregelung A vom 11.11.1985 für die Ruhegehaltsricht-linien vom 16.12.1975 nicht schon aus einer unmittelbaren Anwendung dieser Richt-linien. Die Klägerin hat die persönlichen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Richtlinien zu keinem Zeitpunkt erfüllt. Weder war die Klägerin während der Geltung der Richtlinien bis zum 31.12.1975 bereits fünf Jahre beschäftigt, und zwar auch nicht als Teilzeitkraft. Ihr Eintritt bei der Beklagten war erst zum 01.03.1973 erfolgt; noch hatte sie eine schriftliche Zusage des Vorstandes der Beklagten. Darüber hinaus war die zusätzliche fünfjährige Wartezeit - gerechnet vom Tage des Beginns der Anwartschaft - nach Ziffer I Nr. 2 der Richtlinien 1975 nicht erreicht.
46b) Die Klägerin kann sich für die von ihr beanspruchte Besitzstandsgutschrift nach der Übergangsregelung A, für die die Ruhegehaltsrichtlinien 1975 gelten, jedoch mit Erfolg auf den Grundsatz der Gleichbehandlung berufen.
47aa) Spätestens in der Berufungsinstanz ist es als unstreitig geworden anzusehen, daß die Beklagte mit Ausnahme eines Arbeitnehmers bei allen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern, die von ihr in der Zeit vom 01.01.1971 bis 31.12.1975 eingestellt worden waren und die auch später noch als Vollzeitkräfte tätig waren, die Übergangsregelung A nach Maßgabe der Richtlinien vom 16.12.1975 zur Anwendung gebracht hat. Die Klägerin hat insgesamt 39 vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter unter Angabe ihres Eintrittsdatums und Lebensalters - Stichtag 31.12.1975 - namentlich aufgelistet. Von diesen 39 Arbeitnehmern erfüllte keiner der genannten Mitarbeiter am 31.12.1975 die Voraussetzungen nach Ziffer I der Ruhegehaltsricht-linien vom 16.12.1975. Entweder lag keine fünfjährige Betriebszugehörigkeit vor oder keine Vollendung des 27. Lebensjahres oder beide Voraussetzungen waren nicht gegeben. Gleichwohl erteilte die Beklagte in der nachfolgenden Zeit entsprechende Zusagen und wandte auf sie die für die Ruhegehaltsrichtlinien 1975 geltende Übergangsregelung A an, während sie die Teilzeitkräfte, unter ihnen die Klägerin, hiervon ausnahm. Dies widerspricht dem Gleichbehandlungsgebot und insbesondere dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
48bb) Dieser verbietet die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Eine Differenzierung ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BAG, Urt. vom 28.07.1992 - 3 AZR 173/92 - AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu B I 2 a der Gründe m. w. N.; BAG, Urt. vom 07.03.1995 - 3 AZR 282/94 - AP Nr. 26 a. a. O., zu B II 2 c der Gründe) sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern allein wegen ihrer Teilzeittätigkeit ist unzulässig (BAG, Urt. vom 28.07.1992, a. a. O.). Für den generellen Ausschluß unterhälftig beschäftigter Teilzeitkräfte aus der betrieblichen Altersversorgung gibt es keine sachlich vertretbaren Gründe (BAG, Urt. vom 07.03.1995 - 3 AZR 282/94 - a. a. O., zu B II 2 d der Gründe). Hier hat die Beklagte nach Teilzeit- und Vollzeitkräften unterschieden. Andere Gründe, die eine mögliche unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten, werden von ihr nicht geltend gemacht und sind nach eigenem Bekunden der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor der erkennenden Kammer auch nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte schriftsätzlich noch geltend gemacht hatte, die Anwendung der Übergangsregelung A auf die Vollzeitkräfte beruhe darauf, daß diese bereits eine Zusage des Vorstandes nach Ziffer I Nr. 1 der Richtlinien vom 16.12.1975 innegehabt hätten, ist dies zumindest mißverständlich. Schon die Unterscheidung bei Erteilung der Zusagen zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten beinhaltet den Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
49c) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf Ziffer 5.1.1. der Versorgungsregelungen gemäß der Betriebsvereinbarung vom 11.11.1985 berufen. Zwar wird hier die Dienstzeit auch der Teilzeitbeschäftigten rückwirkend ab ihrem Beschäftigungs-beginn einbezogen. Diese Einbeziehung erstreckt sich jedoch nicht auf die Besserstellung aus der Übergangsregelung A vom 11.11.1985, die die Beklagte insoweit den vollzeitbeschäftigten, nicht jedoch den teilzeitbeschäftigten Mitarbeitern zuteil werden ließ.
50d) Ebensowenig kann die Beklagte sich zur Abwehr der geltend gemachten Ansprüche mit Erfolg auf den von ihr herangezogenen Vertrauensschutz berufen. Zutreffend ist, daß sich aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG ein Ver-trauensschutz gegenüber rückwirkenden Belastungen ergibt. Dieser Vertrauensschutz gilt jedoch nicht uneingeschränkt.
51aa) Wie bereits das Bundesarbeitsgericht in der zitierten Entscheidung vom 07.03.1995 - 3 AZR 282/94 - ausgeführt hat (zu B II 2 a der Gründe), ist der allge-meine Gleichheitssatz stets Teil der objektiven Wertordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts Geltung beansprucht. Auch wenn der Ausschluß - unterhälftig - beschäftigter Teilzeitkräfte von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bis zur Verkündung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.04.1982 - 3 AZR 134/79 - (AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu III 1 b der Gründe) wohl gängiger Rechtsmeinung entsprach, wie die Beklagte betont, ergibt sich hieraus noch nicht ohne weiteres ein Vertrauens-tatbestand, der einer uneingeschränkten Verwirklichung des Gleichheitssatzes entgegenstünde (BAG, Urt. vom 07.03.1995, a. a. O., zu B IV 2 d der Gründe). So ist bei einer Änderung der Rechtsprechung mit Rückwirkungsfolgen neben dem Interesse der Beklagten, von zusätzlichen finanziellen Belastungen verschont zu bleiben, ebenso zu berücksichtigen und abzuwägen, daß der Gleichheitssatz und die materielle Gerechtigkeit gleichfalls wesentliche Bestandteile des Rechtsstaatsprinzips und der verfassungsmäßigen Ordnung sind, denen grundsätzlich Vorrang einzuräumen ist. Auf die Ausführungen hierzu in den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 07.03.1995 - 3 AZR 282/94 - (a. a. O.), vom 16.01.1996 - 3 AZR 767/94 - (AP Nr. 222 zu Art. 3 GG, zu C IV 1 der Gründe) und vom 12.03.1996 - 3 AZR 993/94 - (AP Nr. 1 zu § 24 TV Arb Bundespost, zu C I 4 a der Gründe) wird insoweit Bezug genommen. Ihnen schließt sich die erkennende Kammer trotz der von der Beklagten geltend gemachten und durchaus nachvollziehbaren Bedenken schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit an.
52bb) Darüber hinaus geht es im vorliegenden Fall nicht allein darum, daß die Ruhegehaltsrichtlinien der Beklagten vom Dezember 1975 und Januar 1976 für sich gesehen eine unzulässige Differenzierung zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten enthalten. Hinzu kommt, daß erst das Tätigwerden der Beklagten zu einer Ungleichbehandlung geführt hat, indem sie den am 31.12.1975 und auch später noch vollzeitbeschäftigten Mitarbeitern, auch soweit diese die persönlichen Voraussetzungen in Ziffer I der Ruhegehaltsrichtlinien vom 16.12.1975 nicht erfüllt hatten, entsprechende Anwartschaften hieraus zugesagt hat, während sie bei ansonsten gleichen Voraussetzungen die lediglich teilzeitbeschäftigten Mitarbeiter hiervon ausgenommen hat. Die hierin liegende Ungleichbehandlung ist erst durch das entsprechende Vorgehen der Beklagten entstanden. Der von ihr beanspruchte Vertrauensschutz dürfte angesichts dessen um so eher einzuschränken sein.
53cc) Auch handelt es sich bei der Klägerin nicht um eine unterhälftig beschäftigte Teilzeitkraft. Insoweit relativiert sich ebenfalls der geltend gemachte Vertrauensschutz.
54dd) Auch soweit die Beklagte sich auf eine hierdurch entstandene unzumutbare finanzielle Mehrbelastung - nach ihren Angaben mehr als 1 Mio. DM - beruft, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar sind diese Umstände in die Erwägungen für die Entscheidung der hier streitigen Angelegenheit einzubeziehen. Die Klägerin hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, daß sich die Gesamtpersonalkosten der Beklagten auf 120 Mio. DM jährlich belaufen und die Beklagte im Jahr 1995 einen Bilanzgewinn in Höhe von 29,3 Mio. DM erwirtschaftet hat. Demgegenüber verteilt sich die von der Beklagten angegebene Mehrbelastung nach Eintritt der betreffenden Versorgungsfälle auf entsprechende Rentenjahre. Eine nähere Darlegung, aus der eine Unverhältnismäßigkeit der finanziellen Mehrbelastung zu bejahen wäre, ist von der Beklagten nicht erfolgt.
55e) Auf Art. 119 EG-Vertrag und auf die zum Maastricht-Vertrag - EUV - vom 07.02.1992 geschlossene Protokollerklärung Nr. 2 zu Art. 119 EG-Vertrag kann die Beklagte sich zur Begründung ihres Anspruchs auf Vertrauensschutz nicht berufen. Die vorliegende Entscheidung der erkennenden Kammer beruht nicht auf dem Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen aus Art. 119 EG-Vertrag, sondern ausschließlich auf der Ungleichbehandlung zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten. Hierfür spielt das Geschlecht der Klägerin keine Rolle. Darüber hinaus ist die vorerwähnte Protokollerklärung Nr. 2 hier nicht einschlägig. Es geht in dieser Bestimmung nur um eine Beschränkung der rückwirkenden Belastungen aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 119 EG-Vertrag. Auf die Ausführungen hierzu in dem BAG-Urteil vom 16.01.1996 - 3 AZR 767/94 - (a. a. O., zu C IV 2 der Gründe) und 12.03.1996 - 3 AZR 993/94 - (a. a. O., zu C I 4 b der Gründe), denen sich die erkennende Kammer anschließt, wird verwiesen. Im übrigen gilt auch nach der EuGH-Rechtsprechung die zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Barber-Urteils vom 17.05.1990 (AP Nr. 20 zu Art. 119 EWG-Vertrag) nicht für den Zugang zu einem Rentensystem. Insoweit beansprucht das Bilka-Urteil des EuGH vom 13.05.1986 (AP Nr. 10 zu Art. 119 EWG-Vertrag), wonach der Ausschluß der Teilzeitkräfte von einer Betriebsrente gegen Art. 119 EG-Vertrag verstößt, weiterhin uneingeschränkt Geltung (EuGH, Urt. vom 28.09.1994 - Rs. C 128/93 - Fisscher , AP Nr. 56 zu Art. 119 EWG-Vertrag; erneut EuGH, Urt. vom 24.10.1996 - Rs. C 435/93 - Dietz , AP Nr. 75 zu Art. 119 EWG-Vertrag).
563. Ob der Anspruch der Klägerin darüber hinaus auch wegen einer möglichen Diskriminierung aus Art. 119 EG-Vertrag zu bejahen wäre, da entweder ausschließlich oder ganz überwiegend teilzeitbeschäftigte Frauen betroffen waren, kann dahingestellt bleiben. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kommt es hierauf nicht mehr an.
57III.
58Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Zulassung der Revision auf § 72 Abs. 2 ArbGG. Sie wurde von der Kammer angesichts der vor dem Bundesarbeitsgericht anhängigen Sachen (3 AZR 197/97, 198/97, 199/97 und 200/97) zur Übergangsregelung B vom 11.11.1985 bejaht.
59RECHTSMITTELBELEHRUNG
60Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten
61REVISION
62eingelegt werden.
63Für die Klägerin ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
64Die Revision muß
65innerhalb einer Notfrist von einem Monat
66nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
67Bundesarbeitsgericht,
68Graf-Bernadotte-Platz 5,
6934119 Kassel,
70eingelegt werden.
71Die Revision ist gleichzeitig oder
72innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung
73schriftlich zu begründen.
74Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
75Dr. Kaup Schöps Kork