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Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig.
Der Rechtsstreit wird an das zuständige Landgericht Wuppertal verwiesen.
I.
2Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche.
3Die am E. geborene Klägerin ist seit dem Jahr 1990 bei der Beklagten als Krankenschwester mit zusätzlichen Büroarbeiten zu einem Bruttomonatseinkommen von 4.500,00 € tätig. Sie ist Vereinmitglied der Beklagten, ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht nicht.
4Im März dieses Jahres wandte sich die Klägerin an ihre Vorgesetzten und führte ein Gespräch mit der Absicht, von der Pflege für zwei Tage in der Woche wegen ihrer Zusatztätigkeit als MPG-Beauftragte entbunden zu werden. Es kam aber dann zu einem weiteren Gespräch am 24.03.2023, in dessen Verlauf ihr eröffnet wurde, dass man ihr anriet, von sich aus ihr mehr als 30 Jahre bestehendes Arbeitsverhältnis zu kündigen.
5Die Klägerin sah sich daraufhin veranlasst, das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26.05.2023 zum 30.06.2023 zu kündigen. Den Zahlungsantrag stützt sie auf § 628 BGB.
6Die Klägerin kündigt den Antrag an, die Beklagte zu verurteilen, an sie 67.500,00 € brutto nebst 5% Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 01.07.2023 zu zahlen.
7Sie ist der Auffassung, dass der Rechtsweg zu Gerichten für Arbeitssachen eröffnet sei, da sie Arbeitnehmerin sei. Auch wenn sie Vereinsmitglied des Beklagten gewesen sei, träfen auf sie sämtliche einschlägige Merkmale einer Arbeitnehmereigenschaft zu. Es sei dafür auch offensichtlich nicht erforderlich, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden sei, sondern es gehe im Wesentlichen um die Merkmale persönlicher Abhängigkeit, Weisungsbindung, Fremdbestimmung und tatsächliche Vertragsdurchführung.
8Die Beklagte ist der Auffassung, dass die sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts nicht gegeben sei, da die Klägerin Vereinmitglied sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei das Mitgliedschaftsverhältnis maßgeblich. Rechtsstreitigkeiten aus einem solchen Mitgliedschaftsverhältnis seien in ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor den Zivilgerichten bzw. bei dem Beklagten bzw. dem Verband der DRK Schwesternschaften eingerichteten Schiedsgerichten auszutragen.
9Entgegen der Auffassung der Klägerin habe das Bundesarbeitsgericht in seiner zitierten Entscheidung vom 21.02.2017 dort in Randziffer 60 klargestellt, dass DRK- Schwestern keine Arbeitnehmer im Sinne des nationalen Rechtes seien. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung betreffe zudem nur den Ausnahmefall der Gestellung von DRK Schwesternschaft an Dritte. Dieser Fall liege hier jedoch nicht vor.
10Der Beklagte hat die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
12II.
13Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist nicht eröffnet.
141.
15Gemäß § 17 a Abs. 3 GVG hat das Gericht über die Zulässigkeit des bestrittenen Rechtsweges vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt. Die Beklagte hat die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes gerügt und beantragt, den Rechtsstreit an das Landgericht Wuppertal zu verweisen. Für die Klage ist der bestrittene Rechtsweg gem. § 17 a Abs. 2 unzulässig und der Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Wuppertal zu verweisen.
16a.
17Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis, die Klägerin ist keine Arbeitnehmerin. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Beschluss vom 06.07.1995 - 5 AZB 9/93; juris), des LAG Düsseldorf (vgl. Urteil vom 29.10.2012 - 9 Sa 1168/12; juris ; Beschluss vom 30.10.2008 - 15 TaBV 245/08; juris) sowie des Oberlandesgerichts Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (Beschluss vom 15.02.2023 - 9 U 127/22, juris) ist eine als Vereinsmitglied bei DRK tätige Person nicht als Arbeitnehmer, sondern als Vereinmitglied tätig. Hiernach erschöpft sich das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten in den vereinsrechtlichen Pflichten, die nicht zugleich auch arbeitsvertragliche Pflichten sind. Die Pflicht zur Arbeitsleistung liegt allein in dem Mitgliedschaftsverhältnis begründet. Dem steht auch die gewährte Vergütung nicht entgegen, weil es sich auch dabei um ein Recht aus der Mitgliedschaft handelt (vgl. LAG Düsseldorf 29.10.2012, aaO.). Eine Vergütung der Tätigkeiten wurde zwischen den Parteien auch zu keinem Zeitpunkt festgelegt sondern ergibt sich aus den Regelungen des Mitgliedschaftsverhältnisses selbst.
18Auch ist es nicht ausreichend, dass Dienste in persönlicher Abhängigkeit geleistet wurden. Denn auch diese Dienste sind Ausfluss der Mitgliedschaft bei dem Beklagten. Insoweit obliegt es aber dem Beklagten als Verein, sich eine Satzung in freier Selbstbestimmung zu geben. Diese Pflichten sind Teil der Vereinsautonomie, nicht Teil eines Arbeitsverhältnisses (vgl LAG Düsseldorf 29.10.2012 - 9 Sa 1168/12; juris).
19b.
20Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus dem von ihr zitierten Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.02.2017 (1 ABR 62/12, juris) nichts anderes. In diesem hatte das Gericht unter dem 17.03.2015 zunächst festgestellt:
21„[…] Nach dem von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Arbeitnehmerbegriff ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 17. September 2014 - 10 AZB 43/14 - Rn. 18, BAGE 149, 110). Mitglieder der DRK-Schwesternschaften sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch keine Arbeitnehmer in diesem Sinne. Sie erbringen ihre Arbeitsleistung zwar in fremdbestimmter persönlicher Abhängigkeit. Rechtsgrundlage der geschuldeten Dienste ist aber der privatautonom begründete Vereinsbeitritt zu der Schwesternschaft und die damit verbundene Pflicht, den Vereinsbeitrag in der Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit zu erbringen (BAG 17. März 2015 - 1 ABR 62/12 [A] - Rn. 12 mwN, BAGE 151, 131).“
22Von dieser Bewertung der fehlenden Arbeitnehmereigenschaft ist das Bundesarbeitsgericht auch nachfolgend nicht abgerückt, sondern traf in dem Beschluss vom 21.02.2017 unter dem gleichen Aktenzeichen lediglich die Entscheidung, dass eine Beschränkung des Begriffs der Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG auf die Überlassung solcher Personen, die die Voraussetzungen des Arbeitnehmerbegriffs iSd. nationalen Rechts erfüllen, nicht mit Art. 1 Abs. 1 Richtlinie 2008/104/EG zu vereinbaren sei, sondern eine unionsrechtskonforme Auslegung der Vorschrift erfordere:
23„In Anwendung dieser Grundsätze ist § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass eine Überlassung von Arbeitnehmern auch dann gegeben ist, wenn ein Verein seine Vereinsmitglieder, die aufgrund ihrer Arbeitsleistung ähnlich einem Arbeitnehmer sozial geschützt sind, an ein entleihendes Unternehmen überlässt, damit sie bei diesem hauptberuflich eine weisungsabhängige Tätigkeit gegen Entgelt verrichten. Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG steht einer solchen unionsrechtskonformen Auslegung nicht entgegen. Die dort verwendeten Begriffe „Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“ knüpfen zwar an den von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Arbeitnehmerbegriff an. Allerdings erlaubt ein am Wortsinn orientiertes Verständnis auch die Einbeziehung von Vereinsmitgliedern, die an einen Dritten überlassen werden, um dort weisungsabhängig gegen Entgelt tätig zu sein, wenn sie aufgrund ihrer Arbeitsleistung ähnlich einem Arbeitnehmer sozial geschützt sind. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz definiert die Begriffe Arbeitnehmer oder Leiharbeitnehmer nicht und gibt auch nicht vor, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer zwingend um ein Arbeitsverhältnis handeln muss.“
24Daraus folgt zwar, dass bei Vereinmitglieder, die aufgrund ihrer Arbeitsleistung ähnlich einem Arbeitnehmer sozial geschützt sind, der Schutzbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG eröffnet ist, da eine europarechtskonforme Auslegung der zugrunde liegenden Richtlinie einen anderen, europarechtlichen Arbeitnehmerbegriff erfordert. Dies ändert aber nichts daran, dass bei der Frage der sachlichen Zuständigkeit weiterhin der (enger gefasste) nationale Arbeitnehmerbegriff zum Tragen kommt, wonach eine Krankenschwester, welche Mitglied des beklagten Vereins ist, aufgrund ihrer Mitgliedschaft und nicht als Arbeitnehmer Dienste erbringt und deshalb das Arbeitsgericht nicht sachlich zuständig ist.
252.
26Es kommt deshalb auch nicht entscheidend darauf an, ob die Klägerin die übrigen Kriterien, welche Voraussetzung für die Annahme einer Arbeitnehmereigenschaft sind, erfüllt oder nicht, da der Zweck der Tätigkeit, die Erfüllung der Mitgliedschaftsverpflichtungen, maßgebend ist.
27Nach alledem ist der Rechtsweg zu Gerichten für Arbeitssachen unzulässig und die Klage an das zuständige Landgericht Wuppertal zu verweisen.
28Q.