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Kein Anspruch auf eine Coronaprämie von Pflegekräften in psychiatrischen Abteilungen von Krankenhäusern.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits trägt die Klägerin.
Streitwert: 877,50 €, auch gemäß § 63 Absatz 2 GKG.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über die Zahlung einer Corona-Prämie für 2020.
3Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus in Velbert mit unter anderen vier Stationen der Abteilung für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie sowie einer Tagesklinik. Die Klägerin war auf einer psychiatrischen Station beschäftigt.
4Am 29.03.2021 trat § 26 d Krankenhausfinanzierungsgesetzes –KHG- in Kraft, der die Zahlung einer Corona-Prämie an Mitarbeiter von Krankenhäusern, die ihre Leistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz abrechnen, regelte. Die Beklagte erhielt nach § 26 d Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 KHG von den zur Verfügung gestellten 450 Millionen EUR 718.989,60 EUR, wobei sich ein Drittel des ihr zustehenden Betrages gem. § 26 d Abs. 1 Satz 4 a.E. KHG nach der Anzahl der im Jahr 2019 beschäftigten Pflegekräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen, umgerechnet in Vollkräfte, ergab. Für die Berechnung und Verteilung war das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus gem. § 26 d Abs. 1 Satz 6 KHG zuständig.
5Die Auswahl der Anspruchsberechtigten sollte nach § 26 d Abs.2 KHG auf lokaler Ebene zwischen den Betriebsparteien verhandelt werden. Vor Abschluss der entsprechenden Betriebsvereinbarung kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Betriebsparteien über die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung der Pflegekräfte auf den Psychiatrischen Stationen. Die Beklagte stellte sich nach Beratung durch die bei ihr bilanzierenden Wirtschaftsprüfer sowie ihrer Rechtsabteilung auf den Standpunkt, dass nach der Gesetzesbegründung die Mitarbeiter der psychiatrischen Abteilungen, die ihre Leistungen unstreitig nach der Bundespflegesatzverordnung abrechnen, nicht anspruchsberechtigt seien. Hierzu holte der Betriebsrat eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit ein, die am 27.05.201 erfolgte (Bl. 17 der Akten). Dort heißt es zu der Frage hinsichtlich einer Corona-Prämie auch für Pflegekräfte in psychiatrischen Betriebsteilen:
6„Gerade vor dem Hintergrund von pandemiebedingten internen Umschichtungen von Personal hat dieser weite Spielraum zur Folge, dass in anspruchsberechtigten Krankenhäusern Prämien auch an „eigenes“ Personal aus psychiatrischen bzw. psychosomatischen Fachabteilungen gezahlt werden können, wenn Krankhausträger und Beschäftigtenvertretung dessen besondere pandemiebedingte Belastung würden wollen.“
7Die Beklagte hielt auch nach Kenntnis des Schreibens und nach erneuter Beratung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft an ihrer Rechtsauffassung fest. Da als letztmöglicher Auszahlungstermin der 30.06.2021 vorgesehen war, kam es am 15.06.2021in Velbert zum Abschluss einer ‚Betriebsvereinbarung über eine einmalige Sonderleistung an Beschäftigte nach § 26d KHG‘ – „Erweiterte Corona-Prämie“ (Bl. 57f der Akten). In der Präambel heißt es:
8„Der Gesetzgeber hat mit § 26d Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) eine einmalige Sonderleistung für Beschäftigte in besonders mit Corona belasteten Krankenhäusern eingeführt, die aus Mitteln der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert ist. Der Krankenhausbetrieb Helios Klinikum Niederberg GmbH wurde als besonders von Corona betroffenes Krankenhaus im Sinne des Gesetzes qualifiziert, sodass dem Arbeitgeber ein EUR-Betrag bereit gestellt wird, den er unter den Pflegekräften und anderen Beschäftigten, die aufgrund der Versorgung von mit dem Coronavirus SARS-Cov-2 infizierten Patienten besonders belastet waren, zu verteilen hat. Bei dieser Auswahlentscheidung hat der Arbeitgeber nach § 26d Abs. 2 Satz 1 KHG das Einvernehmen mit dem Betriebsrat herzustellen. Aus Sicht des Arbeitgebers geht aus der Gesetzesbegründung der Ausschluss einzelner Berufsgruppen vor, im speziellen die Psychiatrie ist für den Betriebsrat nicht nachvollziehbar und enttäuschend. Um eine Auszahlung nicht gänzlich zu verhindern vereinbaren die Betriebsparteien das Nachfolgende:“
9In Ziffer 2 wurde auf eine anliegende Namensliste der Bezugsberechtigten verwiesen. Bezugsberechtigt waren neben den sonstigen Pflegekräften der Beklagten Mitarbeiter der Reinigung, der internen und externen Logistik sowie der Speiseversorgung. Eine Vollzeitkraft erhielt danach eine Sonderzahlung von 1.350,00 EUR, Teilzeitkräfte einen Betrag entsprechend ihrem Stellenanteil. Die Pflegekräfte der Psychiatrischen Abteilung, darunter auch die Klägerin, standen nicht auf der Liste.
10Die Klägerin machte zeitnah gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der Corona-Prämie in Höhe von 877,50 EUR entsprechend ihrem 65 %-igen Stellenanteil geltend.
11Mit ihrer am 24.02.2022 eingegangen verfolgt sie den Anspruch weiter, mit Schriftsatz vom 25.04.2022 hilfsweise einen etwas anders berechneten geringeren Betrag (Bl. 41 der Akten).
12Die Klägerin ist der Auffassung, dass es nicht rechtens sei, dass Mitarbeiter der psychiatrischen Abteilungen keine Corona-Prämie entsprechend § 26d KHG erhielten. Diese hätten unter gleichen Belastungen wie die berechtigten Pflegekräfte und sonstigen Mitarbeiter gearbeitet. Beim unmittelbaren Patientenkontakt habe es erhebliche Mehrarbeit durch die Einhaltung besonderer Vorschriften und Hygienemaßnahmen gegeben. Auch auf den psychiatrischen Stationen habe es Infektionsausbrüche gegeben, auch dort seien Corona-positive Patienten betreut und versorgt worden. Des Weiteren seien die Pflegekräfte zwar einer sogenannten Heimatstation zugewiesen, aufgrund der erheblichen Personalengpässe sei aber auch die Klägerin auf anderen Stationen eingesetzt worden.
13Die Beklagte habe den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, weil sie die Pflegekräfte der psychiatrischen Stationen von der Corona-Prämie ausgenommen habe. Außerdem habe sie sich schadensersatzpflichtig gemacht, da sie trotz Kenntnis der Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit vom 27.05.2021 eine Einbeziehung abgelehnt habe. Sie habe damit mindestens fahrlässig gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.
14Hinsichtlich der Berechnung sei hilfsweise der Gesamtbetrag, den die Beklagte zur Verteilung erhalten habe, unter Berücksichtigung der Arbeitszeitanteile der hier klagenden Mitarbeiter der psychiatrischen Stationen zu berechnen. Hieraus ergebe sich ein etwas geringerer Betrag von 859,30 EUR (zur Berechnung siehe Bl. 41 der Akten).
15Die Klägerin beantragt:
16Die Beklagte wird verurteilt, 877,50 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2021 an die Klägerin zu zahlen;
17hilfsweise:
18Die Beklagte wird verurteilt 859,30 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2021 an die Klägerin zu zahlen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Gesetzgeber es ihr aufgrund der getroffenen Regelungen, die sich auf Berechnungsgrundlagen des Krankenhaus- entgeltgesetzes stützen und Abteilungen, die nach der Bundespflegesatzverordnung finanziert werden, nicht berücksichtigt, verwehrt habe, die Pflegekräfte der psychiatrischen Stationen einzubeziehen.
22Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt, da ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung von Pflegekräften in der Psychiatrie zu anderen bestehe. Ebenso wenig bestehe ein Schadensersatzanspruch, da sie nach sorgfältiger Prüfung der Rechtslage ihre Rechtsauffassung gebildet und dann die Betriebsvereinbarung geschlossen habe.
23Jedenfalls sie die Berechnung der Klägerin aber nicht zutreffend. Hätten die Pflegekräfte der psychiatrischen Stationen mitberücksichtigt werden müssen, wären in die Verteilung der der Beklagten zugewiesene Gesamtsumme sämtliche Mitarbeiter einzubeziehen, also auf mehr als 60 Vollzeitstellen. Damit reduziere sich der Zahlungsanspruch entsprechend.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
26Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
27I.
28Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Corona-Prämie in Höhe von 877,50 EUR bzw. 859,30 EUR für 2020 gegenüber der Beklagten.
291.
30Die Klägerin kann ihren Anspruch nicht auf § 26 d KHG direkt stützen.
31a)
32§ 26 d Abs.1 S.1 KHG normiert:
331 Zugelassene Krankenhäuser, die ihre Leistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz abrechnen und die im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 durch die voll- oder teilstationäre Behandlung von mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Patientinnen und Patienten besonders belastet waren, haben für ihre Pflegekräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen, soweit diese durch die Versorgung von mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Patientinnen und Patienten einer erhöhten Arbeitsbelastung ausgesetzt waren, Anspruch auf eine Auszahlung aus den in Absatz 3 Satz 1 genannten Mitteln, mit der sie diesen Beschäftigten eine Prämie als einmalige Sonderleistung zu zahlen haben.
34Danach sind anspruchsberechtigt nur die zugelassenen Krankenhäuser, hier also die Beklagte als Arbeitgeberin der Klägerin. Die Vorschrift gibt der Klägerin keinen eigenständigen Anspruch auf eine individuelle Sonderleistung.
35b)
36Auch aus § 26 d Absatz 2 KHG folgt keine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Corona-Prämie an die Klägerin. Dort heißt es:
371Die Auswahl der Prämienempfängerinnen und Prämienempfänger sowie die Bemessung der individuellen Prämienhöhe entsprechend der Belastung durch die Versorgung von mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Patientinnen und Patienten obliegt dem Krankenhausträger im Einvernehmen mit der Arbeitnehmervertretung. 2Zudem sollen neben den in Absatz 1 Satz 1 Genannten auch andere Beschäftigte für die Zahlung einer Prämie ausgewählt werden, die aufgrund der Versorgung von mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Patientinnen und Patienten besonders belastet waren.
38Geregelt wird dort nur das Verfahren auf lokaler Ebene, mit dem die Prämienempfänger/innen sowie der Umfang der Prämie durch die Betriebsparteien bestimmt werden sollen, also kein Anspruch der einzelnen Pflegekraft.
392.
40Die Klägerin kann eine Zahlung auch nicht nach der Betriebsvereinbarung vom 15.06.2021 verlangen.
41Zwar ist der Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung nach Ziffer 1 auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Krankenhauses in Velbert erstreckt. Die Betriebsparteien haben aber in Ziffer 2 die namentliche Auswahl der prämienberechtigten Beschäftigten durch Erstellen einer Namensliste mit den Auszahlungsbeträgen genau definiert. Der Name der Klägerin findet sich unstreitig in diesen Listen nicht, sie zählt damit nicht zu den nach Ziffer 2 Prämienberechtigten.
42Zwar hat der Betriebsrat in der Präambel seinen Unmut über diese getroffene Vereinbarung deutlich zum Ausdruck gebracht und dargestellt, warum er auch die Mitarbeiter der psychiatrischen Stationen, für falsch hält, also die Auswahlentscheidung in Zweifel zieht, die Betriebsvereinbarung aber am Ende auch aufgrund des bestehenden Zeitdrucks - das Gesetz ist erst am 29.03.2021 in Kraft getreten, die Auszahlung musste nach § 26 d Absatz 4 KHG spätestens bis zum 30.06.2021 an die Beschäftigten erfolgen- trotzdem in der vorliegenden Form unterzeichnet.
433.
44Die Betriebsvereinbarung verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs.1 BetrVG, die Klägerin kann deshalb keine Gleichbehandlung mit den bisherigen Prämienberechtigten und also eine Zahlung in entsprechender Höhe verlangen.
45a)
46Zu den von den Betriebsparteien zu beachtenden Grundsätzen gehört insbesondere der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, der wiederrum der allgemeine Gleichheitssatz der Artikel 3 Absatz 1 GG zugrunde liegt. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Regelbildung auszuschließen. Er kommt insbesondere zur Anwendung, wenn die Betriebsparteien bei einer Regelung unterschiedliche Gruppen bilden. Eine unterschiedliche Gruppenbildung liegt vor, wenn für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen vorgesehen werden. Dann verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Unterscheidung sachlich gerechtfertigt ist. Dabei verstößt eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung erst dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Maßgeblich für das Vorliegen eines hinreichenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck. Unter Berücksichtigung dessen müssen die Merkmale, an welche die Gruppenbildung anknüpft, die Differenzierung bei den Rechtsfolgen rechtfertigen. Die Betriebsparteien haben dabei einen Beurteilungsspielraum und eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen und Folgen der von ihnen gesetzten Regelungen (BAG vom 16.10.2010 – 3 AZR 216/09 – in: NZA 2010, 701 ff.; BAG vom 25.01.2022 – 3 AZR 345/21 -, zitiert nach juris). Gerechtfertigt ist eine Gruppenbildung, wenn sie einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Der Differenzierungsgrund muss die in der Regelung getroffene Rechtsfolge tragen.
47Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppe unterschiedliche Rechtsfolgen – insbesondere unterschiedliche Leistungen – vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Diese Grundsätze gelten auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (LAG Düsseldorf vom 16.05.2014 – 6 Sa 1693/12 -, zitiert nach Juris).
48b)
49Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze verstößt die Betriebsvereinbarung vom 15.06.2021 nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn die Differenzierung zwischen den beiden Arbeitnehmergruppen folgt der Differenzierung des Gesetzes, nämlich den unterschiedlichen Finanzierungen der beiden Arbeitnehmergruppen.
50So wird die Coronaprämie wird nur an zugelassene Krankenhäuser, die nach dem Krankenhausentgeltgesetz abrechnen, gezahlt. Dem entgegengestellt werden schon in der Gesetzesbegründung Psychiatrische Einrichtungen, die nach der Bundespflegesatzverordnung abrechnen. Dazu heißt es in der Bundestags-Drucksache 19/27291 zur Einführung von § 26d Abs.1 KHG:
51Satz 1 gewährt zugelassenen Krankenhäusern, die in dem Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 durch die voll- oder teilstationäre Behandlung von mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Patientinnen und Patienten besonders belastet waren, für ihre Pflegekräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen einen Anspruch auf eine Auszahlung aus Bundesmitteln, um ihren Beschäftigten, die durch die Versorgung von mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Patientinnen und Patienten einer erhöhten Arbeitsbelastung ausgesetzt waren, eine Prämie als einmalige Sonderleistung zu zahlen. Anspruchsberechtigt sind nur Krankenhäuser, die ihre Leistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) abrechne.... Nicht anspruchsberechtigt sind demgegenüber psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen, Krankenhäuser und entsprechende Krankenhausabteilungen, die ihre Leistungen nach der Bundespflegesatzverordnung abrechnen.
52Auch bei der zu berücksichtigenden Datengrundlage für die Anspruchshöhe des einzelnen Krankenhauses wird auf Daten abgestellt, die im Rahmen des Krankenhausentgeltgesetzes erhoben werden. Die Bundestagsdrucksache 19/27291 erläutert dazu:
53„Weitere 150 Millionen Euro werden nach der Anzahl des im Jahr 2019 beschäftigten Pflegepersonals in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen, umgerechnet in Vollkräfte, verteilt. Dabei werden Angaben nicht berücksichtigt, die in der Datei „Pflegepersonal“ des Datensatzes gemäß § 21 KHEntgG für das Datenjahr 2019 in psychiatrischen oder psychosomatischen Fachabteilungen gemeldet wurden (Fachabteilungsschlüssel 29** bis 31**).“
54Das nach § 26 d Abs.1 S.6 KHG für die Verteilung der Prämie zuständiges Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus führte bei der Begründung der Verteilung in seinen zu § 26 d KHG veröffentlichten Erläuterungen hierzu aus:
55„Bei der Berechnung des Prämienvolumens ist die Anzahl der im Jahr 2019 beschäftigten Pflegekräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen zu berücksichtigen (umgerechnet in Vollkräfte). Herangezogen wurden dementsprechend die Angaben der Krankenhäuser zum Pflegepersonal au der Datenlieferung gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1 e KHEntgG für das Datenjahr 2019. Dabei werden Angaben nicht berücksichtigt, die in der Datei „Pflegepersonal“ des Datensatzes gem. § 21 KHEntgG für das Datenjahr 2019 in psychiatrischen oder psychosomatischen Fachabteilungen gemeldet wurden (Fachabteilungsschlüssel 29xx bis 31xx).“
56Durch die gesamte Ausgestaltung wird damit deutlich, dass die Sonderleistung sich im Rahmen des Krankenhausentgeltgesetzes findet. Der Gesetzgeber hat an die Art ihrer Finanzierung angeknüpft und Mittel in diesem Rahmen zur Verfügung gestellt, anders finanzierte Bereiche aber nicht einbezogen. Schon die gesetzliche Regelung ermöglicht damit die Gruppenbildung von Pflegekräften, die im Bereich des Krankenhausfinanzierungsgesetzes tätig sind und solchen, deren Arbeitsbereiche nach der Bundespflegesatzverordnung bewertet werden.
57Die Beklagte durfte an diese Unterscheidung anknüpfen. Denn sie war für die Auszahlung zuständig und konnte sich darauf berufen, dass die Prämie für die Mitarbeiter zur Verfügung gestellt wird, die in Rahmen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes arbeiten. Die hier getroffene Gruppenbildung entspricht der Unterscheidung des Gesetzes, ihr liegt mithin ein vernünftiger Grund für die Differenzierung zugrunde.
58Damit sind durch die Betriebsvereinbarung nicht Gruppen vergleichbarer Arbeitnehmer ungleich behandelt worden, vielmehr sind die prämienberechtigten Pflegekräfte schon bei der Gruppenbildung nicht mit den Mitarbeitern der psychiatrischen und psychosomatischen Stationen aus den genannten Gründen vergleichbar.
59Dem steht auch nicht entgegen, dass Arbeitnehmer der Servicegesellschaften in der Betriebsvereinbarung bedacht wurden. Die Gesetzesbegründung in der Bundestagsdrucksache 19/27291 zeigt diese Möglichkeit ausdrücklich auf. Dort heißt es:
60„Die Prämie soll sich grundsätzlich an Pflegekräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen richten und damit an Pflegefachkräfte und Pflegehilfskräfte sowie weiteres in der Pflege am Bett ein-gesetztes Personal. Abhängig von den jeweiligen Umständen und Gegebenheiten während der SARS-CoV-2-Pandemie werden die Krankenhausträger zudem ausdrücklich dazu aufgefordert, Prämien auch an sonstiges Personal auszuzahlen, das von der SARS-CoV-2-Pandemie besonders betroffen war. Dies können zum Beispiel Beschäftigte in der Notaufnahme, Reinigungskräfte oder Freiwilligendienstleistende sein, nicht aber Ärztinnen und Ärzte. Sollten der Krankenhausträger und die Interessenvertretung der Beschäftigten einvernehmlich der Überzeugung sein, dass die Prämiensumme unter allen Beschäftigten zu gleichen Teilen aufzuteilen ist, weil sich die Belastung gleichermaßen auf alle Beschäftigten verteilt hat, so wäre auch dies nach der Vorschrift nicht ausgeschlossen.“
61Den Betriebsparteien war es also freigestellt, nach den individuellen lokalen und sonstigen Gegebenheiten für die einzelnen Krankenhäuser Regelungen zu finden und einen sehr weiten Ermessensspielraum zu nutzen. Dies ist hier in der Form geschehen, dass die Arbeitnehmer der Servicegesellschaften nach Auffassung beider Betriebsparteien die verlangten Voraussetzungen erfüllten.
62Die Prämiensumme hätte ausdrücklich auch unter allen Beschäftigen zu gleichen Teilen aufgeteilt werden können. Im Ergebnis haben die Betriebsparteien dann jedoch eine andere Regelung getroffen, die den Anforderungen des Gesetzes Rechnung trägt und -wie oben dargelegt- sachlich begründet zwischen den Arbeitnehmergruppen differenziert und nicht gleichheitswidrig ist.
63Unter Berücksichtigung des weiten Ermessensspielraums, den der Gesetzgeber den Betriebsparteien zur Einbeziehung von Mitarbeitergruppen eingeräumt hat, war die hier getroffene Regelung, die an die Zuordnung zu bestimmten Stationen anknüpft, möglich und zulässig.
64Dass der Betriebsrat sie als ungerecht empfunden und sich unter Druck gesetzt gefühlt hat, ist nachvollziehbar. Hier hätten aber betriebsverfassungsrechtlich Mittel und Wege zur Verfügung gestanden, dies vorab zu prüfen und rechtlich zu klären.
654.
66Die Klägerin hat auch keinen Anspruch aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz auf Zahlung der Prämie.
67Sie wird in ihrer – richtig gebildeten- Vergleichsgruppe, nämlich den Pflegekräften der psychiatrischen und psychosomatischen Stationen, gleichbehandelt, da keiner eine Corona-Prämie erhalten hat.
685.
69Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der geltend gemachten Corona Prämie. Denn die getroffene Regelung verletzt keine Rechte der Klägerin.
706.
71Auf die Frage, wie eine mögliche Sonderleistung zu berechnen wäre, kommt es nicht mehr an.
72II.
73Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO. Der Streitwert war gemäß § 61 Absatz 1 ArbGG, § 63 Absatz 2 GKG im Urteil festzusetzen.
74V.
75am 17.10.2022
77ohne mündliche Verhandlung
78durch die Richterin am Arbeitsgericht Q.
79b e s c h l o s s e n :
80Der Tatbestand des Urteils vom 22.08.2022 wird wie folgt berichtigt:
81- Auf Seite 2 wird im 3. Absatz in der drittletzten Zeile das Datum geändert in „27.05.2021“;
82- auf Seite 2 werden im vorletzten Absatz die letzten Worte durch „würdigen wollen“ ersetzt;
83- auf Seite 3 wird im 2.Absatz in Zeile 3 das Wort „Speisenversorgung“ abgeändert;
84- auf Seite 3 wird der 3. Absatz in Zeile 1 wie folgt ergänzt und geändert: „Mit ihrer am 24.02.2022 eingegangenen Klage…“
85G r ü n d e :
86Der Tatbestand des Urteils vom 22.08.2022 war gemäß § 319 Abs.1 ZPO zu berichtigen.
87Es handelt sich jeweils um offensichtliche Schreibfehler und Unrichtigkeiten, die zu korrigieren waren.
88V.