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Urlaubsansprüche können nur dann verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen und ihn darauf hingewiesen hat, dass der Urlaubsanspruch mit Ablauf des Urlaubsjahres / Übertragungszeitraums sonst erlischt. Der nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstandene Urlaubsabgeltungsanspruch unterliegt den geltenden Verfall- und Verjährungsregelungen.
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt von der Beklagten die Abgeltung noch offener Urlaubsansprüche.
3Der Kläger war bei der Beklagten nach einem Volontariat in der Zeit von April 2007 bis Juni 2010 als Pauschalist, zunächst in Krefeld und dann in Düsseldorf auf der Grundlage eines Vertrags über eine freie Mitarbeit (Anlage 1, Blatt 33 ff. d. A.) beschäftigt. Der Kläger arbeitete hierbei 5 Tage pro Woche für die Beklagte, zunächst von 10.00 Uhr bis mindestens 18.30 Uhr. In Düsseldorf wurde in einem Schichtsystem gearbeitet, wobei jede Schicht 8 Stunden inklusive Pause dauerte. In der Redaktion der Beklagten war jeweils ein Arbeitsplatz für den Kläger eingerichtet. Zu den Aufgaben des Klägers gehörte auch die Organisation der Online-Redaktion. Der Kläger stimmte die Zeiten seiner Abwesenheit mit einem freien Mitarbeiter ab.
4Der Kläger stellte der Beklagten pauschal für jeden Arbeitstag im Jahr 2007 130 € und ab 2008 230,00 € zzgl. 7% Umsatzsteuer in Rechnung. Er hat während seiner Tätigkeit als Pauschalist keinen Urlaub erhalten.
5Ab dem 01.07.2010 bis zum 30.09.2014 stand der Kläger in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten. In dem diesem zugrunde liegenden Arbeitsvertrag vom 16.04.2010 (Kopie des Arbeitsvertrags, Bl. 37 ff. d. A.) regelten die Parteien eine Anrechnung der während der freiberuflichen Tätigkeit zurückgelegten Berufsjahre von 3 Jahren und 3 Monaten. Ferner vereinbarten die Parteien u.a., dass sich die Dauer des Urlaubs nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrags richtet. Zudem enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:
6„§ 5
7Gehalt
8Der Redakteur wird in Gehaltsgruppe II B des Gehaltstarifs vom 10.11.2008 eingestuft.
9Sein monatliches tarifliches Bruttogehalt beträgt 3.467,00 EUR
10Für das Vertragsverhältnis gelten im Übrigen die jeweiligen Tarifverträge für Redakteure an Tageszeitungen.“
11Der Kläger machte seine Urlaubsabgeltungsansprüche gegenüber der Beklagten erstmals mit anwaltlichem Schreiben vom 01.08.2018 geltend.
12Der Beklagtenvertreter hat die Einrede der Verjährung erhoben (Blatt 31 d. A.).
13Mit seiner am 27.12.2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 14.01.2019 zugestellten Klage begehrt der Kläger die Abgeltung noch offener Urlaubsansprüche für den Zeitraum 2007 bis 2010.
14Er ist der Auffassung, er sei entgegen der Vertragsbezeichnung in dem Zeitraum April 2007 bis Juni 2010 nicht als freier Mitarbeiter, sondern als Arbeitnehmer für die Beklagte tätig geworden, da er weder im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten noch seine Arbeitszeit frei bestimmen konnte. Es sei von ihm neben seiner Arbeit in einer 5-Tage-Woche eine ständige Dienstbereitschaft erwartet worden. Zudem sei eine arbeitsteilige Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern erforderlich gewesen. Jedenfalls sei er eine arbeitnehmerähnliche Person gewesen, da er im genannten Zeitraum überwiegend für die Beklagte tätig gewesen sei. Deshalb stünde ihm ein noch offener Urlaubsanspruch von 65 Urlaubstagen zu, welcher abzugelten sei.
15Darüber hinaus sei die Beklagte verpflichtet, auf diesen Betrag 7% Umsatzsteuer, mithin 941,50 € an den Kläger zu zahlen.
16Die Ansprüche seien auch nicht verjährt. Der EuGH habe in der Entscheidung „King“ festgestellt, dass die Urlaubsansprüche auch weit über Verjährungsfristen hinaus übertragen werden. Deshalb könne auch der Abgeltungsanspruch nicht der einfachen Verjährungsfrist unterliegen.
17Die Beklagte könne sich schließlich auch nicht auf die tarifvertraglichen Verfallfristen berufen, da es sich bei der Verweisung in § 5 um eine Einzelverweisung auf tarifliche Regelungen betreffend das Gehalt handele. Schließlich könne durch die Verfallklausel der dem Kläger nach der oben genannten Rechtsprechung des EuGH gegebene Anspruch nicht wieder entzogen werden.
18Der Klägervertreter beantragt,
19die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 14.391,50 EUR brutto Urlaubsabgeltung zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2018.
20Der Beklagtenvertreter beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger sei als Pauschalist weder Arbeitnehmer noch arbeitnehmerähnliche Person gewesen, da er selbstbestimmt, weisungsfrei und mit eigener Zeiteinteilung bei einer durchschnittlichen Beschäftigungszeit von 17 Tagen pro Monat beschäftigt gewesen sei.
23Unabhängig davon sei der Anspruch des Klägers verjährt. Der Urlaubsanspruch sei zwar nach der Rechtsprechung des EuGH nicht am Ende der jeweiligen Urlaubsjahre verfallen und habe sich zum Vertragsende in einen Abgeltungsanspruch umgewandelt. Dieser Anspruch sei demnach zum 30.06.2010 fällig geworden und damit am 31.12.2013 verjährt. Für den Abgeltungsanspruch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelte das normale Verjährungsrecht, da der mit dem Urlaub verfolgte Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers bei einem reinen Zahlungsanspruch nach beendetem Arbeitsverhältnis nicht mehr erforderlich sei. Selbst dann, wenn das freie Mitarbeiterverhältnis und das Arbeitsverhältnis als Einheit betrachtet würden, sei der Urlaubsabgeltungsanspruch zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig geworden und mit Ablauf des 31.12.2017 verjährt. Zudem sei der Anspruch in diesem Fall mit Ablauf des 31.03.2015 aufgrund der Verfallfrist des anzuwendenden Tarifvertrags verfallen.
24Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie den Inhalt der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Klage ist unbegründet.
27I.
28Der Kläger hat gegenüber der Beklagten gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG keinen Anspruch auf Abgeltung des ihm für die Jahre 2007 bis 2010 anteilig zustehenden gesetzlichen Urlaubs im Umfang von insgesamt 65 Tagen und damit auf Zahlung von insgesamt 13.450,00 EUR brutto zzgl. Umsatzsteuer.
291.
30Dem Kläger steht für seine bei der Beklagten als Pauschalist in dem Zeitraum 01.04.2007 bis 30.06.2010 erbrachte Arbeitsleistung, ausgehend von einer Fünftagewoche, ein gesetzlicher Urlaubsanspruch von 20 Tagen pro Jahr zu.
31a.
32Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub, welcher jährlich mindestens 24 Werktage beträgt, § 3 Abs. 1 BUrlG. Nach § 2 BUrlG gelten als Arbeitnehmer auch Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind.
33b.
34Der Kläger war entgegen der im Arbeitsvertrag getroffenen Bezeichnung nicht als freier Mitarbeiter, sondern als Arbeitnehmer oder jedenfalls arbeitnehmerähnliche Person für die Beklagte im Zeitraum April 2007 bis Juni 2010 tätig.
35aa.
36Ein freies Mitarbeiterverhältnis unterscheidet sich von einem Arbeitsverhältnis durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - juris; 16. Februar 2000 - 5 AZB 71/99 - juris). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 – aaO.). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben (vgl. BAG 22. August 2001 - 5 AZR 502/99 – juris). Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 – aaO.).
37bb.
38Dagegen sind arbeitnehmerähnliche Personen wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig. (LAG Köln 22.04.1999, 10 SA 722/99, juris). Das Bundesurlaubsgesetz definiert den Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person nicht. Zur Konkretisierung des Begriffs kann auf § 12 a Abs. 1 Nr. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) zurückgegriffen werden (Leinemann/Link, Urlaubsrecht, § 2 BUrlG Rn. 39).
39cc.
40Hiernach war der Kläger auch in dem Zeitraum von April 2007 bis 2010 entgegen dem Wortlaut des vereinbarten Arbeitsvertrags als Arbeitnehmer bzw. als arbeitnehmerähnliche Person für die Beklagte tätig.
41Es ist unbestritten geblieben, dass der Kläger 5 Tage pro Woche für die Beklagte, zunächst von 10.00 Uhr bis mindestens 18.30 Uhr, zuletzt in einem Schichtsystem arbeitete und dass jeweils ein Arbeitsplatz für den Kläger eingerichtet war. Ferner musste der Kläger die Zeiten seiner Abwesenheit mit einem freien Mitarbeiter abstimmen. Der Kläger konnte demnach weder seine Arbeitszeit noch seinen Arbeitsort frei bestimmen und war zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet.
42Selbst dann, wenn zugunsten der Beklagten unterstellt würde, dass der Kläger weisungsfrei gearbeitet haben sollte, war er von der Beklagten wirtschaftlich abhängig, weil er seine Einkünfte ausschließlich oder nahezu ausschließlich von dem Beklagten bezog und war damit eine arbeitnehmerähnliche Person. Dies ergibt sich bereits aus dem Vortrag der Beklagten, wonach der Kläger zu einer durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit von 17 Tagen verpflichtet war.
43Er war aufgrund der hierfür bezogenen Vergütung auch einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig.
44Soziale Schutzbedürftigkeit ist anzunehmen, wenn das Maß der Abhängigkeit nach der Verkehrsanschauung einen solchen Grad erreicht, wie er im Allgemeinen nur in einem Arbeitsverhältnis vorkommt und wenn die geleisteten Dienste nach ihrer soziologischen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind. Der unbestimmte Rechtsbegriff der sozialen Schutzbedürftigkeit erfordert eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalles. Vergleichsmaßstab für die Frage der sozialen Schutzbedürftigkeit ist der typische Arbeitnehmer. Als typisch gilt dabei wirtschaftliche Schwäche und Unfähigkeit zur eigenen Daseinsvorsorge. Freie Mitarbeiter mit sehr hohem Einkommen sind aufgrund ihrer finanziellen Mittel zur Eigenvorsorge fähig (KR-Rost, Arbeitnehmerähnliche Personen, Rn. 22; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 12 a Rn. 32; Hromadka, NZA 1997, S. 1249, 1254; Seidel, BB 1970, S. 971, 972; vgl. auch BAG, aaO sowie die Anmerkung von Otto). Dass ein freier Mitarbeiter mit hohen Einkünften grundsätzlich nicht des sozialen Schutzes des Bundesurlaubsgesetzes bedarf, wird deutlich, wenn man sich die tatsächliche Bedeutung des Urlaubsanspruchs bei freien Mitarbeitern vergegenwärtigt. Der persönlich nicht abhängige Mitarbeiter unterliegt nicht wie ein Arbeitnehmer einer Arbeitspflicht, von der er durch Inanspruchnahme des gesetzlichen Urlaubs zu "befreien" wäre. Er kann den Urlaubszeitraum bzw. seine freie Zeit selbst bestimmen, auch wenn er - was grundsätzlich für jeden Dienstleister gilt - die freie Zeit mit dem Auftraggeber abstimmen wird. Sein Urlaubsanspruch bezieht sich im Wesentlichen auf die finanzielle Seite und geht dahin, dass ihm der Auftraggeber einen Beitrag zur Finanzierung seiner freien Zeit nach der Mindesturlaubszeit des Bundesurlaubsgesetzes gewährt (Seidel, aaO). Ob ein freier Mitarbeiter des sozialen Schutzes der Freizeitfinanzierung wie ein Arbeitnehmer bedarf, kann nicht unabhängig von der Höhe des Einkommens entschieden werden, ohne dass sich feste Einkommensgrenzen aufstellen lassen (vgl. LAG Köln 22.04.1999 - 10 Sa 722/97 – juris).
45Hiernach ist von einer sozialen Schutzbedürftigkeit des Klägers auszugehen. Der Kläger hatte im Anspruchszeitraum zuletzt einen Verdienst in Höhe von 3.910,00 € monatlich (17 Tage x 230 €/Tag) und hatte damit arbeitnehmerähnliche Einkünfte, die es ihm gerade nicht ermöglichten zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er arbeiten will oder nicht und ihm nicht die finanziellen Mittel zur Eigenvorsorge gewährten.
462.
47Dieser Urlaub im Umfang von insgesamt 65 Tagen für die Jahre 2007 bis 2010 ist nicht gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG verfallen.
48Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 BUrlG kann der Verfall von Urlaub in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Diese Initiativlast des Arbeitgebers ist nicht auf den originären Urlaubsanspruch im jeweiligen Kalenderjahr beschränkt, sondern bezieht sich auch auf Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren. Seinen entsprechenden Obliegenheiten ist die Beklagte vorliegend nicht nachgekommen.
49a.
50Der gesetzliche Urlaubsanspruch aus § 1 BUrlG ist für die Dauer des Urlaubsjahres befristet, § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG. Grundsätzlich erlischt er mit Ablauf des Kalender-jahres, sofern kein Übertragungsgrund nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG gegeben ist. Bei Vorliegen eines Übertragungsgrundes ist dies spätestens mit dem Ende des Übertragungszeitraums der Fall, § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts trat dieser Verfall selbst dann ein, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos aufgefordert hatte, ihm Urlaub zu gewähren. Unter bestimmten Vorrausetzungen konnte der Arbeitnehmer jedoch vom Arbeitgeber insoweit Schadensersatz verlangen (vgl. BAG, Urteil vom 17.05.2011 - 9 AZR 197/10, Rn. 11 juris; vgl. Schinz in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Auflage 2018, § 7 BUrlG, Rn. 84).
51b.
52Unter Berücksichtigung der Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Entscheidung vom 06.11.2018 (C-684/16, juris) bedarf es einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 BUrlG. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ist es dem Arbeitgeber vorbehalten, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festzulegen. Damit obliegt dem Arbeitgeber unter Beachtung von Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Arbeitgeber gehalten, "konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn - erforderlichenfalls förmlich - auffordert, dies zu tun". Der Arbeitgeber hat klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt. Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 BUrlG kann der Verfall von Urlaub daher in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt (vgl. BAG, Pressemitteilung Nr.: 9/19 zu dem noch nicht veröffentlichen Urteil vom 19.02.2019 - 9 AZR 541/15). Die Beweislast trägt insoweit der Arbeitgeber. Kann er nicht nachweisen, dass er mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt hat, um den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage zu versetzen, den ihm zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, verstießen das Erlöschen des Urlaubsanspruchs am Ende des Bezugs- oder zulässigen Übertragungszeitraums und - bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses - das entsprechende Ausbleiben der Zahlung einer finanziellen Vergütung für den nicht genommenen Jahresurlaub gegen Artikel 7 Abs.1 und 2 der Richtlinie 2003/88 sowie gegen Artikel 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EuGH vom 06.11.2018 - C-684/16, Rn. 46 und 55 juris). Dem liegt der Zweck des Anspruchs auf Jahresurlaub zugrunde. Dem Arbeitnehmer soll ermöglicht werden, sich zum einen von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit verfügen. Der Arbeitnehmer soll zum wirksamen Schutz seiner Sicherheit und Gesundheit über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen (EuGH vom 06.11.2018 - C-684/16, Rn. 32 und 42 juris).
53c.
54Diese Obliegenheit des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer konkret aufzufordern, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt, ist nicht auf den originären Urlaubsanspruch im jeweiligen Kalenderjahr beschränkt, sondern bezieht sich auch auf Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren. Ein anderes Verständnis würde dem Zweck des Anspruchs auf Jahresurlaub, insbesondere dem des Gesundheitsschutzes, zuwiderlaufen. Auch die bei Arbeitsunfähigkeit eingezogene Begrenzung auf 15 Monate greift nach Bewertung der Berufungskammer in den Fällen, in denen der Arbeitgeber - anders als in Krankheitsfällen - von der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers profitiert hat, nicht (so auch Fuhlrott, EWiR 2018, 725, 726; andere Auffassung Powiethka, BB 2019, 52, 56; Arnold/Zeh, NZA 2019, 1, 3). Denn - anders als in den Fällen der Langzeiterkrankung - genießt der Arbeitgeber, der von der andauernden Anwesenheit des Arbeitnehmers profitiert hat, keinen Schutz (so auch Oberthür, ArbRB 2019, 13, 15). Ließe man ein solches Erlöschen der vom Arbeitnehmer erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub zu, würde man im Ergebnis ein Verhalten bestätigen, das zu einer unrechtmäßigen Bereicherung des Arbeitgebers führt und dem eigentlichen Zweck der Richtlinie, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen, zuwiderläuft (vgl. EuGH, Urteil vom 29.11.2017 - C-214/16, Rn. 64 juris).
55d.
56Seinen Obliegenheiten, den Kläger konkret aufzufordern, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt, ist der Beklagte hinsichtlich der Urlaubsansprüche des Klägers für die Jahre 2007 bis 2010 nicht nachgekommen.
573.
58Der Urlaubsanspruch des Klägers für die Jahre 2007 bis 2010 ist auch nicht durch Erfüllung erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat sich auf eine Erfüllung der Ansprüche auch nicht berufen.
594.
60Der Anspruch ist auch auf das aufgrund des Arbeitsvertrags vom 18.04.2010 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien übertragen worden.
61Die Parteien haben durch den Arbeitsvertrag das vorher von ihnen vereinbarte Vertragsverhältnis nahtlos und ohne (wesentliche) Änderung fortgeführt. Sie haben sogar vereinbart, dass die in dem zuvor vereinbarten Vertragsverhältnis zurückgelegte Betriebszugehörigkeit angerechnet werden soll, sodass nach Auffassung der Kammer davon auszugehen ist, dass die zu diesem Zeitpunkt bestehenden gegenseitigen Ansprüche auf das neue Vertragsverhältnis in seiner Gesamtheit übergegangen sind bzw. übergehen sollten.
62Hierfür spricht letztendlich auch eine richtlinienkonforme Auslegung des § 7 BUrlG.
63Dem Arbeitnehmer soll ermöglicht werden, sich zum einen von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit verfügen. Der Arbeitnehmer soll zum wirksamen Schutz seiner Sicherheit und Gesundheit über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen. Aus diesem Grund soll eine Urlaubsabgeltung während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses nicht möglich sein. Würde man im vorliegenden Fall nicht von einer Übertragung des Urlaubsanspruchs auf das neue Arbeitsverhältnis ausgehen, hätte der Kläger bereits im Jahr 2010 einen Urlaubsabgeltungsanspruch gegen die Beklagte gehabt, da es ihm nicht möglich gewesen wäre, über eine tatsächliche Ruhezeit im sich unmittelbar anschließenden Arbeitsverhältnis zu verfügen. Damit wäre der Schutzzweck der Norm, dem Arbeitnehmer eine Erholungsmöglichkeit einzuräumen, vereitelt worden. Nach dem europarechtlich zu berücksichtigen Grundsatz des effet-utile muss jedenfalls dann, wenn die Parteien das Vertragsverhältnis unmittelbar ohne wesentliche inhaltliche Änderung fortsetzen, eine Übertragung des Urlaubsanspruchs in das neue Arbeitsverhältnis erfolgen, damit der Urlaubsanspruch nicht durch eine von den Parteien gewählte Vertragsgestaltung untergehen kann.
645.
65Der Resturlaubsanspruch des Klägers aus den Jahren 2007-2010 ist allerdings verjährt, §§ 214, 199 Abs. 1 BGB.
66a.
67Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung die Verjährungseinrede erhoben, § 214 Abs. 1 BGB, welche sich auf Ansprüche des Klägers jedweder Art auf Urlaub, Urlaubsabgeltung oder -vergütung bezieht, §§ 133, 157 BGB.
68b.
69Die Verjährung der Urlaubsansprüche aus den Jahren 2007 bis 2010 ist mit Ablauf des 31.12.2017 eingetreten, §§ 199 Abs. 1, 195, 194 Abs. 1 BGB. Die dreijährige Verjährung ist nicht gehemmt gewesen. Mit der im Dezember 2018 beim Arbeitsgericht eingereichten und der Beklagten zugestellten Klage ist der Kläger zu spät gekommen. Infolge der Verjährung des Urlaubsanspruchs ist der Resturlaubsanspruch nicht mehr nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.
70c.
71Nach der oben zitierten Entscheidung des EuGH (5. Kammer 29.11.2017 – C 214/16 (King) - juris) unterliegt der Urlaubsanspruch zwar während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses nicht der Verjährung, sodass er bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.09.2014 fortbestand und sich dann in einen Urlaubsabgeltungsanspruch transformierte.
72Für diesen nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Urlaubsabgeltungsanspruch bestand aber entgegen der Auffassung des Klägers, auch unter Berücksichtigung des zitierten Urteils des EuGH, keine Bestandsschutzgarantie. Dies ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut der zitierten Entscheidung, wonach der Urlaub „bis zum Zeitpunkt der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zu übertragen“ ist und eben nicht auf unbestimmte Zeit danach. Hieraus ist im Umkehrschluss zu folgern, dass der nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus dem angesammelten Urlaubsanspruch entstandene Urlaubsabgeltungsanspruch den für das Arbeitsverhältnis geltenden tariflichen Verfallklauseln und dem gesetzlich geregelten Verjährungsrecht wie jeder Zahlungsanspruch auch unterliegt. Dafür streitet auch der in der Entscheidung des EuGH zur Begründung der Unverjährbarkeit des Urlaubsanspruchs genannte Zweck, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen, da dieser Zweck nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schlechterdings nicht mehr zu erfüllen ist und den Bestand des Arbeitsverhältnisses vielmehr voraussetzt.
73Es entspricht ständiger Rechtsprechung (EuGH, Urteile vom 19. November 1991 – C-6/90 und C-9/90, Francovich – Slg.1991, 5357), dass die Vollziehung des Unions-rechts den Mitgliedstaaten obliegt und nach den formellen und materiellen Bestimmungen des nationalen Rechts zu erfolgen hat, soweit das Unionsrecht hierfür keine gemeinsamen Vorschriften enthält und die Verwirklichung des Unionsrechts hierdurch nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (Effizienzgebot) sowie sich im Vergleich zum Vollzug nationalen Rechts nicht ungünstiger gestaltet (Äquivalenzgebot). Die Anwendung der dreijährigen Verjährungsfrist auf ggf. aus dem Unionsrecht ableitbare Urlaubsabgeltungsansprüche wird diesen Prämissen gerecht. Sie hindert weder die praktische Wirksamkeit des europäischen Rechts, noch macht sie die Rechtsverwirklichung für den Einzelnen schwerer, als sie auf Grundlage einer nationalrechtlichen Bestimmung wäre. Im Hinblick auf den mit der Verjährung verfolgten Zweck, Rechtssicherheit zu schaffen, ist eine dreijährige Verjährungsfrist auch angemessen (EuGH, Urteil vom 24. März 2009 – Rs. C-445/06, Danske Slagterier – Slg. 2009, I-2119; vgl. für § 7 Abs. 4 BUrlG LAG Düsseldorf, Urteil vom 25. Februar 2011 – 9 Sa 258/10 -, ZTR 2011, 506).
74Dieses Ergebnis entspricht vorliegend auch den vom Europäischen Gerichtshof speziell zur Richtlinie 2003/88 aufgestellten Grundsätzen. Danach steht die Arbeitszeitrichtlinie grundsätzlich einer nationalen Regelung nicht entgegen, wonach für die Ausübung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub gewisse Modalitäten zu beachten sind. Hat der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit gehabt, den ihm von der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben, so darf die Nichtbeachtung solcher Modalitäten auch den Verlust des Anspruchs am Ende eines Bezugs- oder Übertragungszeitraums zur Folge haben (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 – Rs. C-350/06 und 520/06, Schultz-Hoff –, Slg. 2009, I-179). Dasselbe muss sinngemäß für einen ggf. aus Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie folgenden Anspruch auf finanzielle Vergütung nicht genommenen Urlaubs gelten. Auch dessen Geltendmachung kann nationalen Ausübungsregelungen, wie beispielsweise Verjährungsvorschriften, unterworfen werden.
75d.
76Die Verjährung des Urlaubsabgeltungsanspruchs beginnt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Schluss des Urlaubsjahres. Die Gesetzesbestimmung setzt das 'Entstehen' des Anspruchs voraus. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
77Die dreijährige gesetzliche Verjährung ist auch nach ihrem Zweck anzuwenden, weil nach den Zeitabläufen des § 195, 199 Abs. 4 BGB Rechtssicherheit und Rechtsfrieden geschaffen und dem Bedürfnis des Schuldners Rechnung getragen werden soll, aus lange zurückliegenden Sachverhalten nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, (LAG Düsseldorf 8. August 2010 - 12 Sa 650/10 – juris, mwN.)
78§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände voraus und stellt der positiven Kenntnis die grob fahrlässige Unkenntnis gleich. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH 19.03.2008 – III ZR 220/07 – juris Rn. 8) genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände; anders könne es sich verhalten, wenn es sich um eine unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage handele, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermöge.
79Der Kläger hat seine Abgeltungsforderung erstmals nach dem EuGH-Urteil vom 29.11.2017 – C-214/16 – King erhoben. Insoweit mag er reklamieren wollen, dass vor der EuGH-Entscheidung die neue Urlaubsrechtsprechung für ihn nicht vorhersehbar gewesen sei.
80Dieser Einwand verfängt nicht.
81Er reklamiert Gläubigerschutz für das in eine bisherige ständige Rechtsprechung gesetzte und enttäuschte Vertrauen. Ein solcher Schutz ist nicht Anliegen des gesetzlichen Verjährungsrechts (LAG Düsseldorf – 8. August 2010 – 12 Sa 650/10 – juris).
82Es ist zunächst unzutreffend, von einer 'Rückwirkung' von EuGH-Rechtsprechung auf die durch Verjährungsfristen gestellten Anforderungen an die Erhebung von Ansprüchen zu schließen (vgl. EuGH 15.04.2010 – C-542/08 Barth – Rn. 30). Dass eine entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der Urlaubsansprüche spätestens zum Ende des Übertragungszeitraums erlöschen, sofern sie vom Arbeitnehmer nicht geltend gemacht wurden, bestand, reicht nicht aus, um nach § 206 BGB (dazu BAG 06.12.1961 – 4 AZR 297/60 – Juris Rn. 16) oder nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Verjährung zu hemmen (vgl LAG Düsseldorf 8. August 2010, 12 Sa 650/10 juris). Die letztgenannte Vorschrift hat die verschuldensabhängige Verjährung allein hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachenlage eingeführt. Was die Beurteilung der Rechtslage anbelangt, verbleibt es dabei, dass namentlich die 'Unvorhersehbarkeit einer Rechtsprechungsänderung' nicht die Anspruchsverjährung hemmt (ebenso LAG Düsseldorf 8. August 2010 - 12 Sa 650/10 - juris). Dem Gläubiger obliegt es, angesichts einer ihm bekannten Sachlage seine möglichen Ansprüche auch gegen eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung und herrschende Rechtsmeinung zu verfolgen. Sieht er davon ab, ist im Licht und unter Abwägung des nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geschützten Schuldnervertrauens die Forderungsverjährung hinzunehmen. Insoweit ist dem Arbeitnehmer ebenso wenig verjährungsrechtlich 'Vertrauensschutz' zu gewähren wie dem Arbeitgeber Vertrauensschutz zugestanden wird, wenn dieser sich in der Vergangenheit auf die Urlaubsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verlassen und seine Befreiung von der Urlaubsschuld mit Ablauf der Fristen des § 7 Abs. 3 BUrlG angenommen hatte (LAG Düsseldorf 05.05.2010, ).
83Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
84II.
85Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert hat das Gericht gemäß §§ 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt. Er gilt zugleich als Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren, § 63 Abs. 2 GKG.