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Liegen die Voraussetzungen des § 54 Abs. 5 ArbGG vor, so gilt die Klage als zurückgenommen. Es kommt nicht darauf an, ob die klagende Partei aus Nachlässigkeit untätig geblieben ist.
Die Klage gilt gem. § 54 Abs. 5 ArbGG i. V. m. § 269 Abs. 3 ZPO als zurückgenommen.
Der Antrag der Klägerin auf Anberaumung eines Verhandlungstermins wird zurückgewiesen.
Gründe:
2A.
3Die Parteien streiten darüber, ob die Kündigungsschutzklage der Klägerin als zurückgenommen gilt.
4Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 24.03.2015, bei Gericht am 25.03.2015 eingegangen, Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung der Beklagten vom 06.03.2015 (Bl. 5 d. A.) mit Wirkung zum 31.12.2015 erhoben. Die Parteien vereinbarten bereits zuvor, dass die Beklagte die Kündigung zum 31.12.2015 zurücknehmen wird, wenn sich bis zum Ablauf des Jahres das Arbeitsverhältnis der Klägerin deutlich verbessert und sie konkrete Maßnahmen ergreift, um ihren Gesundheitszustand langfristig zu verbessern und krankheitsbedingte Fehlzeiten zu vermindern. Die Rücknahme der Kündigung zum 31.12.2015 wurde unter den Vorbehalt gestellt, dass die Klägerin im Falle einer Kündigungsschutzklage der Ruhendstellung des Verfahrens bis zum 31.12.2015 zustimme (vgl. Email vom 02.03.2015, Bl. 22 d. A.).
5Im Gütetermin am 09.04.2015 erschienen beide Parteien nicht. Das Verfahren wurde durch verkündeten Beschluss zum Ruhen gebracht (vgl. Protokoll vom 09.04.2015, Bl. 14 d. A.).
6Mit Schriftsatz vom 21.12.2015 hat die Klägerin beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen. Mit Schriftsatz vom 06.01.2016 (Bl. 2. d. A.) hat sie zudem die Bestimmung eines Kammertermins beantragt.
7Das Gericht hat unter dem 23.12.2015 auf § 54 Abs. 5 ArbGG hingewiesen.
8Die Klägerin macht geltend, das Verfahren sei auf ausdrücklichen Wunsch der Beklagten zum Ruhen gebracht worden. In einem solchen Fall käme § 54 Abs. 5 ArbGG nicht zur Anwendung. Die Parteien hätten zunächst die Entwicklung eines bestimmten Sachverhalts abwarten wollen. Die Beklagte habe in einem Gespräch am 18.12.2015 erklärt, an der Kündigung festhalten zu wollen. Es handele sich nicht um einen Fall untätiger Parteien. Die Beklagte macht geltend, beim Personalgespräch am 16.12.2015 hätte man festgestellt, dass sich die Fehlzeiten im Jahr 2015 noch gegenüber dem Jahr 2014 erhöht hätten. Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung sei nicht einschlägig. Die Parteien seien nicht im Gütetermin erschienen und hätten auch nicht verhandelt. Es spiele keine Rolle, welche Erklärungen die Parteien außergerichtlich abgegeben hätten. Auf die Motivationslage komme es nicht an.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Parteienschriftsätze sowie den gesamten weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
10B.
11Der Antrag auf Anberaumung eines Kammertermins ist zurückzuweisen. Das Verfahren ist beendet. Dies wird durch § 54 Abs. 5 ArbGG i. V. m. § 269 Abs. 13 ZPO gesetzlich angeordnet.
12I. Die Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden ergibt sich aus §§ 53 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 269 ZPO (vgl. Germelmann, 8 Auflage 2013, § 54 ArbGG Rn. 61).
13II. Gemäß § 54 Abs. 5 ArbGG ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien in der Güteverhandlung nicht erscheinen oder verhandeln. Der Antrag auf Bestimmung eines Termins zur streitigen Verhandlung kann nur innerhalb von sechs Monaten nach der Güteverhandlung gestellt werden. Nach Auflauf der Frist ist § 269 Abs. 3 - 5 ZPO entsprechend anzuwenden.
141. Die Voraussetzungen der Klagerücknahmefiktion liegen vor. Die Parteien sind im Gütetermin am 09.04.2015 nicht erschienen. Es wurde entsprechend nicht verhandelt. Das Gericht hat mit Beschluss vom selben Tag das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Innerhalb von sechs Monaten hat keine der Parteien die Anberaumung eines Termins beantragt.
152. Nicht einschlägig sind Entscheidungen, bei denen es darum geht, ob die Regelung des § 54 Abs. 5 ArbGG auf ähnliche Sachverhalte entsprechend anzuwenden ist. Dies gilt etwa auch für die Entscheidung des LAG München vom 11.09.2006 (6 Sa 1089/05). In diesem Verfahren ist das Gericht zuvor unterrichtet worden. Die klägerischen Prozessbevollmächtigten hatten per Fax beantragt, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen und den Termin zur Durchführung der Güteverhandlung aufzuheben. Bei einem solchen Antrag können womöglich die Voraussetzungen des § 251 ZPO vorliegen. Einer Entscheidung bedarf es insoweit nicht, da dem vorliegenden Verfahren ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt. Das Gericht ist vor dem Termin und vor der Anordnung des Ruhens des Verfahrens nicht unterrichtet worden, auch nicht über eine etwaige Vereinbarung der Parteien.
163. Soweit zum Teil vertreten wird, dass mit der Regelung des § 54 Abs. 5 ArbGG untätig bleibende Parteien sanktioniert werden sollen, sodass die Regelung nur bei Versäumung des Termins aus Nachlässigkeit zur Anwendung kommen soll (vgl. LAG Saarland, 09.06.2000 - 2 Ta 2/00; vgl. auch LAG München, 11.09.2006 - 6 Sa 1089/05), schließt sich das Gericht dieser Auffassung nicht an. Es folgt vielmehr der Ansicht des LAG Baden-Württemberg (04.12.2014 - 13 Ta 27/14). § 54 Abs. 5 ArbGG will nicht nur die untätig bleibenden Parteien sanktionieren. Die Vorschrift ist vielmehr Ausdruck des Beschleunigungsgrundsatzes. Auf die Motivationslage der Parteien kommt es nicht an. Voraussetzung ist allein, dass beide Parteien im Termin nicht erscheinen. Für diesen Fall sieht die gesetzliche Regelung zwingend die Anordnung des Ruhens des Verfahrens und nach sechs Monaten die Fiktionswirkung vor. Ebenso wenig kann es auf außergerichtliche Erklärungen oder Vereinbarungen der Parteien ankommen; dies gilt jedenfalls für den Fall, dass diese dem Gericht nicht mitgeteilt werden. Bei einer entsprechenden Mitteilung können auch die Voraussetzungen des § 251 ZPO vorliegen, falls die Erklärungen entsprechend auszulegen sind. Dies ist aber nicht der Fall, falls ohne jegliche Mitteilung an das Gericht die Parteien schlichtweg nicht erscheinen.
174. Die Klagerücknahmefiktion ist zwingend. Ob aufgrund außergerichtlicher Vereinbarungen der jeweilige Kläger einen sonstigen Anspruch gegenüber der gegnerischen Partei hat, kann dahingestellt bleiben. Dieses Problem ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
18RECHTSMITTELBELEHRUNG
19Gegen diesen Beschluss kann von der klagenden Partei sofortige Beschwerde eingelegt werden.
20Für die beklagte Partei ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
21Die sofortige Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von zwei Wochen entweder beim Arbeitsgericht Solingen, Wupperstraße 32, 42651 Solingen, Fax: 0212-2809 61 oder beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax: 0211 7770-2199 eingelegt werden. Die Notfrist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses.
22Die Beschwerde kann schriftlich oder in elektronischer Form eingelegt oder zu Protokoll der Geschäftsstellen erklärt werden.
23Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
24* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
25Dr. Hamacher