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Eine Kustodin kann vom Träger eines Museums auch im Rahmen eines freien Dienstleistungsvertrages beschäftigt werden. Öffnungszeiten des Museums sind nicht mit vorgegebenen Arbeitszeiten gleichzusetzen.
Der Rechtsweg vor den Gerichten für Arbeitssachen ist nicht eröffnet. Das Verfahren wird an das zuständige Landgericht Wuppertal verwiesen.
Gründe:
2A.
3Die Klägerin fordert für das Jahr 2010 noch eine Restvergütung in Höhe von € 51.166,92 brutto abzüglich geleisteter € 4.020,--netto. Zudem begehrt sie die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand. Das Gericht hat mit Beschluss vom 30.09.2014 das Verfahren bezüglich des Feststellungsantrags gemäß § 145 ZPO abgetrennt.
4Die Klägerin war bei dem Beklagten vom 01. Juni 2006 bis zum 31. Mai 2014 als Kustodin auf Grundlage des Vertrages vom 25. April 2006 (Blatt 24 f. der Akte) tätig. Der Beklagte, ein gemeinnütziger Verein, betreibt ein Heimatmuseum, das im Eigentum der Stadt T. steht. Die Klägerin und ihr Ehemann waren Vereinsmitglieder. Die Öffnungszeiten des Museums sind dienstags bis sonntags von 10:00 bis 17:00 Uhr. Der Vertrag der Parteien wurde von dem Beklagten zum 31. Mai 2014 gekündigt.
5Der Vertrag lautet auszugsweise:
61."Frau T. übernimmt zum 01.06.2006 im C. L. die Aufgaben eines Custos. Zu diesen Aufgaben gehört insbesondere, dafür zu sorgen, dass das Heimatmuseum zu den üblichen Öffnungszeiten (dienstags bis sonntags 10:00 - 17:00 Uhr) besichtigt werden kann und sich den Besuchern stets in einem sauberen, gepflegten Zustand darbietet. Auch das regelmäßige Putzen der Fensterscheiben gehört zu diesen Aufgaben. Sollten Frau T. und ihr Ehemann gleichzeitig abwesend sein, sorgen sie in Abstimmung mit dem Kuratorium für eine Vertretung. Frau T. übernimmt während der Vertragsdauer alle sonstigen, dem Eigentümer obliegenden Pflichten, insbesondere die Reinigungspflicht für die dem Kotten vorgelagerten Bürgersteige- bzw. Wegebereiche und die Streupflicht bei winterlicher Glätte, das gilt auch für die Fläche vom Wegebereich bis zur Eingangstür des Museums und zur Haustür des Kottens.
72.Zu den weiteren Aufgaben gehört die Reinigung des Ober- und Untergrabens, insbesondere das Entfernen von losen Pflanzen und anderen Gegenständen.
83.In den Museumsräumen üben sie das Hausrecht für das Kuratorium aus. Den Vorstandsmitgliedern des Kuratoriums und den zuständigen Bediensteten ist nach vorheriger Terminvereinbarung jederzeit Zutritt zu den Museumsräumen zu gewähren.
94.Die Eheleute T. erhalten folgende Wohnung im Kotten zur Nutzung: Wohnraum, Küche, Bad, Elternschlafzimmer, Kinderzimmer nebst Diele und Abstellraum. Gesamtquadratmeterfläche 88,89, wobei die Diele einen Anteil von 23,33 qm hat, der nur zur Hälfte in die Berechnung einfließt, da es sich um einen übergroßen Raum mit 8 Türen handelt, der kein Tageslicht hat. Der Mietwert der Wohnung wird einvernehmlich auf 335,-- € je Monat festgelegt, anstelle einer Mietzahlung übernimmt Frau T. die oben genannten Pflichten.
10Der im Erdgeschoss rechts neben der Eingangstür liegende Werkraum, der bisher als Atelier diente, wird in Absprache mit dem VBS einer gewerblichen Nutzung zugeführt. Hier werden die Eheleute T. ihre Einrichtung einbringen, die sie für ihre Werbeagentur benötigen.
115. .
126.Die üblichen Schönheitsreparaturen obliegen Frau T.. Die Eheleute T. übernehmen auch kleinere Reparaturen, die keine Fachleute erfordern. Soweit andere Reparaturen erforderlich werden, ist der Vorstand des Kuratoriums umgehend zu informieren.
137.Das Heizöl wird bei bedarf auf Rechnung des Kuratoriums erworben; das Kuratorium rechnet am Ende der Heizperiode mit den Eheleuten T. und Herrn N. ab. .
148.Die Eheleute T. tragen außer ihren eigenen Stromkosten auch diejenigen, die im Museumsbereich anfallen. Sie entrichten eine monatliche Heizkostenvorauszahlungspauschale von 180,-- €. Diese Pauschale ist nach Abschluss der jeweiligen Heizkostenabrechnung angemessen zu erhöhen oder zu senken.
159.Den sogenannten geldwerten Vorteil, den Frau T. auf diesem Wege erhält, versteuert das Kuratorium in den Grenzen des 400,---Gesetzes.
1610.Dieser Dienstleistungsvertrag wird zunächst auf die Dauer von drei Jahren fest abgeschlossen. Er verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn er nicht spätestens sechs Monate vor Ablauf von einem der beiden Partner gekündigt wird.
17..".
18Zwischen den Parteien ist strittig, welche Tätigkeiten die Klägerin konkret erbracht hat und ob diese im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder eines Dienstleistungsverhältnisses erbracht worden sind.
19Unter dem 13. März 2009 (Blatt 75 der Akte) schlossen die Klägerin, ihr Ehemann sowie der Beklagte einen Bewirtschaftungsvertrag. Dieser lautet auszugsweise:
20"Gegenstand dieses Bewirtschaftungsvertrages ist die Überlassung von Räumlichkeiten zur gastronomischen Bewirtschaftung und Kurzzeitvermietung des C. Kottens durch das Kuratorium C. L. e.V. (im Folgenden Kuratorium genannte) an das Ehepaar F. und N. T. (im Folgenden Kustoden genannt).
21§ 1 Geschäftsbeziehung
22Das Kuratorium schließt mit Herrn und Frau T. einen Bewirtschaftungsvertrag und stellt gleichzeitig die Räumlichkeiten des C. Kottens für gastronomische Veranstaltungen und Kurzzeitvermietungen zur Verfügung. Es wird bis auf Weiteres keine Raummiete fällig.
23§ 3. Nutzung der Räumlichkeiten und Einrichtungen
24Die Nutzung der überlassenen Räumlichkeiten hat mit großer Sorgfalt zu erfolgen. Die Kustoden haften gegenüber dem Kuratorium für alle Schäden, die in Verbindung mit der Nutzung gemäß § 1 bei eventuellen Veranstaltungen entstehen. Die Räumlichkeiten des C. Kottens werden durch die Kustoden stets in einem gereinigten und einwandfreien Zustand gehalten, eventuelle Mängel nach Veranstaltungen sind dem Kuratorium anzuzeigen, zu protokollieren und ggfs. derr Vesicherung zu melden.
25.
26Der Bewirtschaftungsvertrag gilt für alle Veranstaltungen seit dem 1. August 2008 im C. L.."
27In den Räumlichkeiten des Museums betrieb die Klägerin bis zum 31. Mai 2014 auch ihre Werbeagentur. Der Ehemann der Klägerin war dort als Fotograf tätig. Des Weiteren führte der Ehemann Haushaltsauflösungen durch und nutzte die Räume des Museums als Lagerplatz.
28Mit Schreiben vom 11. Dezember 2013 (Blatt 36 der Akte) forderte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Beklagten auf, das Arbeitsverhältnis für die Jahre 2010 bis 2013 auf Grundlage der Entgeltgruppe BAT 5c abzurechnen. Der Beklagte bat mit Email vom 26. Dezember 2013 um Fristverlängerung bis zum 31. Januar 2014 unter Verzicht auf die Einrede der Verjährung bis zum 31. März 2014 (Blatt 39 der Akte). Unter dem 30. Januar 2014 wies der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Ansprüche zurück (Blatt 40 der Akte).
29Zwischen den Parteien ist strittig, ob es sich um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat. Der Beklagte hatte die Klägerin bei der Bundesknappschaft im Rahmen eines Minijobs angemeldet. Eine Vergütung erhielt die Klägerin neben der mietfreien Wohnung nicht.
30Die Klägerin ist der Meinung, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat. Hierfür spreche bereits die Anmeldung als geringfügige Beschäftigung, was unstrittig ist (vgl. Meldebescheinigung Blatt 26 der Akte). Dies sei auch kein Versehen gewesen. Der Schriftführer des Beklagten sei Rechtsanwalt. Im Jahr 2010 habe sie einen Arbeitsunfall erlitten, der der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) gemeldet worden sei. In einer Pressemitteilung vom 18. Oktober 2013 (Blatt 31 der Akte) spreche der Beklagte selbst von einem Arbeitsverhältnis.
31Ihre Tätigkeiten habe sie weisungsgebunden ausgeübt. Sie habe aufgrund der Öffnungszeiten eine Arbeitspflicht von 42 Stunden gehabt. Dies ergebe sich bereits aus dem Vertrag. Während der Öffnungszeiten solle demnach immer ein Ansprechpartner anwesend sein. Sie habe regelmäßig to-do-Listen erhalten, wie etwa eine Email vom 28. August 2013 (vgl. Blatt 30 der Akte).
32In einer Email vom 28. August 2013 (Blatt 30 der Akte) der Vorstandsvorsitzenden des Beklagten heißt es auszugsweise:
33"Ich möchte Euch vor dem C. Kottentag bitten, folgende Aufgaben zu leisten - diese sind ein Teil der to-do-Liste, die wir nach dem vergangenen Kottentag aufgesetzt haben:
34?Infobanner zum C. Kottentag aufhängen
35?Wasserzu- und ablauf sicherstellen
36?Kotten & Fenster & Vitrinen putzen/Spinnweben entfernen
37?Pflasterfläche fegen/Sitzbänke reinigen
38?Blumendeko pflanzen
39Am Freitag wird der Kühlwagen geliefert und die Zelte - wahrscheinlich auch schon aufgestellt."
40In der Stellenbeschreibung des Beklagten vor der Einstellung der Klägerin heißt es auszugsweise (Blatt 35 der Akte):
41"Was wir von Ihnen erwarten
42?Der Kotten soll bewohnt und mit Leben erfüllt werden.
43?Das Museum ist zu den Besuchszeiten (ganzjährig jeweils Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr) offen zu halten.
44?Dass Sie sich mit der Wassermechanik vertraut machen, um das Wasserrad zu betätigen.
45?Während der Öffnungszeiten soll ein Ansprechpartner für die Museumsbesucher im Hause anwesend sein.
46?Sie sollten die Heimat, ihre Geschichte, die Geschichte der Kotten und Schleifer kennen oder bereit sein, sich dies anzueignen.
47?Sie bringen sich in bestehende und weiter auszugestaltende Museumskonzepte ein.
48Wir können Ihnen bieten:
49?Eine schöne Wohnung in der Natur.
50?Eine Werkstatt, ein Büro oder Atelier zum Arbeiten.
51?Ihre Wohn- und Arbeitsräume erhalten Sie als Gegenleistung zur Haus- und Museumsbetreuung. (Näheres später)
52?Einen Ausstellungs- oder Veranstaltungsraum.
53?Sie können auch ein Kleingewerbe betreiben, indem Sie den Besuchern etwas feil bieten.
54?Bei all Ihrem Tun für den Kotten und das Museum unterhalten Sie die Unterstützung des Vereins."
55In einer Email vom 19. Februar 2014 der Vorstandsvorsitzenden (Blatt 164 der Akte) heißt es:
56"Hallo N.,
57hallo F.!
58Ich bitte Euch, den 12. Mai 2014 für eine Veranstaltung eines Vorstandsmitgliedes den Kotten frei zu halten!"
59In einer Email vom 17. Februar 2014 der Vorstandsvorsitzenden (Blatt 166 der Akte) heißt es:
60Hallo N.,
61hallo F.!
62Ich habe von Euch auf meine unten stehende Mail leider keine Antwort erhalten. Ich bitte Euch zur Wahrung der Höflichkeit und einer ordnungsgemäßen Zusammenarbeit für den Kotten, meine Mails zu beantworten! Vielen Dank!
63Wir haben am Freitag unsere Vorstandssitzung und benötigen bis dahin dringend alle historischen Filme. Bitte gebt uns bitte an, wann und wo sie im Kotten abgeholt werden können.
64Weiter bitte ich Euch, dass Ihr mir kurz für den Tagesordnungspunkt "Erledigte und unerledigte Maßnahmen im Kotten." per Mail Auskunft gebt, was dort aus Eurer Sicht besprochen werden muss.
65Die (Druck-) Vorlagen für die Mitgliedsanträge, die Flyer und das Heft zum 50jährigen Bestehen würde ich weiter gerne als word und als pdf-Datei von Euch bekommen. Wir müssen alles noch nachdrucken lassen. Bitte sendet mir das per Mail zu. Sollte die Dateien zu groß zu versenden sein, besteht die Möglichkeit, und diese auf eine CD zu brennen und mit den Filmen bereit zu halten."
66Die Klägerin behauptet, für ihre Werbeagentur sei sie in der Regel vor 10:00 Uhr und nach 17:00 Uhr tätig geworden.
67Die Klägerin meint, sie sei in die Entgeltgruppe 13 einzugruppieren. Sie habe ein Diplom im Kommunikationsdesign, was unstrittig ist.
68Die Klägerin hat angekündigt zu beantragen:
69Der Beklagte wird verurteilt, an sie € 51.166,92brutto abzüglich gezahlter € 4.020,-- netto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2014 zu zahlen.
70Der Beklagte hat angekündigt zu beantragen,
71die Klage abzuweisen.
72Er meint, es habe kein Arbeitsverhältnis bestanden. Es habe bereits keine Pflicht zur persönlichen Erbringung der Arbeitsleistung bestanden. Die Klägerin habe nur dafür Sorge zu tragen gehabt, dass das Museum besichtigt werden könne. Der Vertrag sehe ausdrücklich vor, dass der Ehemann oder eine vom Ehepaar zu organisierende Vertretung die Öffnung sicherstellen könne. Dies sei im Urlaub der Eheleute auch erfolgt. Die Vertretung sei nicht vorab mit dem Beklagten besprochen worden. Für ihn sei entscheidend gewesen, dass der Kotten zugänglich gewesen sei.
73In der Woche und bei schlechter Witterung sei der Zugang zum Museum durch ein Schild gewährleistet worden, auf dem gestanden habe, "Bitte am Seiteneingang klingeln", was grundsätzlich unstrittig ist. Die Reinigungsleistungen seien ebenfalls nicht notwendig persönlich zu erbringen gewesen.
74Die Klägerin sei nicht eingegliedert gewesen. Sie habe völlig freie Hand gehabt bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Sie habe ihre Tätigkeiten frei von Weisungen und selbständig organisiert erbracht. Im Übrigen seien Öffnungszeiten nicht gleichzusetzen mit Arbeitszeiten. Sie habe nicht während der Wartezeiten allein auf Besucher gewartet, sondern in der Zeit dort gelebt und die Zeit für ihre Werbeagentur genutzt. Es habe zudem ein fließender Übergang zwischen den vertraglich geschuldeten Dienstleistungen und der ehrenamtlichen Tätigkeit bestanden. In diesem Rahmen seien auch Empfehlungen erfolgt.
75Durch den Vertrag sei der Klägerin gestattet worden, ihre Werbeagentur im Kotten einzurichten, was unstrittig ist. Die Eheleute hätten den Kotten aus eigenwirtschaftlichem Interesse genutzt. Der Ehemann habe ebenfalls eine Tätigkeit als Fotograf aus dem Kotten heraus betrieben. Die Klägerin habe im Museum zudem Messer sowie sonstige Artikel auf eigene Rechnung verkauft. Führungen habe sie ebenfalls auf eigene Rechnung durchgeführt. Etwaige Bewirtungskosten habe sie selbst abgerechnet und vereinnahmt.
76Schließlich habe der Ehemann der Klägerin Haushaltsauflösungen durchgeführt und die Räumlichkeiten des Kottens zur Lagerung genutzt, was im Grundsatz unstrittig ist. Soweit die Klägerin zur Entwicklung eines einheitlichen, konsistenten Erscheinungsbildes des Beklagten Plakate für Veranstaltungen, Museumsflyer, Visitenkarten, Karten, Banner und Ähnliches erstellt habe, seien diese Tätigkeiten im Rahmen selbständiger Dienstleistungen der Werbeagentur erbracht worden. Hierfür habe die Klägerin auch Rechnungen (Blatt 121 ff. der Akte) gestellt. Für die Betreuung der jährlichen Mitgliederversammlung habe die Klägerin ebenfalls Rechnungen gestellt.
77Grundreinigungen nach dem vorherigen zweijährigen Umbau seien von ihm und der Stadt T. durchgeführt worden.
78Die Organisation von Konzerten und Lesungen sowie von Adventsveranstaltungen und die Durchführung des jährlichen Museumstages seien von den Eheleuten aus eigenwirtschaftlichem Interesse erfolgt. Eintritts- und Bewirtungsgelder seien von ihnen einbehalten worden. Konzerte und Ausstellungen seien von ihm konzipiert und erstellt worden. Emails von interessierten Besuchern habe die Klägerin nicht an ihn aus angeblichen Datenschutzerwägungen weitergegeben. Mängelanzeigen bei Schäden bzw. Betreuung von Handwerkern erfolgten im Rahmen des Mietverhältnisses.
79Die Klägerin macht insoweit geltend, sie sei während dieser Jahre nur einmal während der Museumszeiten in Urlaub gewesen. Eine Vertretung hätte sie sich nicht leisten können. Sie habe nur an besucherschwachen Tagen das Museum abgeschlossen. Auch wenn Besucher hätten klingeln müssen, so wäre sie doch jederzeit ansprechbar gewesen. Sie habe Besucher nicht nur eingelassen, sondern habe diesen auch alles erklären müssen. Dies wäre auch Aufgabe einer Kustodin. In der Vergangenheit sei ihr mehrfach Arbeitsverweigerung vorgeworfen worden. Dies könne nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses möglich sein.
80Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe sie angewiesen, während der Öffnungszeiten im Museum anwesend zu sein. Dies ergebe sich aus der Stellenbeschreibung. Ihr sei zudem ausdrücklich vorgegeben worden, Infobanner aufzuhängen; dies ergebe sich aus der Email vom 28. August 2013.
81Auch die Email vom 19. Februar 2014 stelle eine Weisung dar. Gleiches gelte für die Email vom 17. Februar 2014 (Blatt 166 der Akte).
82Die Klägerin behauptet, nicht sie, sondern ihr Ehemann hätte Messer oder sonstige Artikel auf eigene Rechnung verkauft. Spontane Führungen seien unentgeltlich geleistet worden. Diese hätten sich aber beim Spendenaufkommen zu Gunsten des Beklagten niedergeschlagen. Nur im Voraus bestellte Führungen mit bis zu 25 Personen seien mit € 30,-- vom Ehemann oder einem Herrn S. in Rechnung gestellt worden.
83Die Klägerin meint, der Bewirtschaftungsvertrag schließe ein Arbeitsverhältnis nicht aus.
84Die Klägerin behauptet, die meisten Plakate habe sie nicht über die Werbeagentur in Rechnung gestellt.
85Die Grundreinigung nach dem Umbau sei von ihr, ihrem Ehemann, von Freunden oder der Familie und Bekannten durchgeführt worden. Von der Stadt sei niemand anwesend gewesen, vom Beklagten nur ein Vertreter mit seiner Ehefrau.
86Bei Konzerten und Lesungen hätten sie regelmäßig draufgezahlt. Die Idee hierzu sei auch mit dem Beklagten besprochen und von diesem für gut befunden worden. Ausstellungen und Konzepte habe sie entworfen und umgesetzt.
87Auch die Durchführung des internationalen Museumstags sei nicht aus eigenwirtschaftlichem Interesse erfolgt. An diesem Tag habe sie nichts verdient. Sie habe zwar Kuchen verkauft, die Erlöse seien aber an den Beklagten gegangen.
88Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Parteienschriftsätze sowie den gesamten weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
89B.
90Der Rechtsweg vor den Gerichten für Arbeitssachen ist nicht eröffnet. Das Verfahren ist daher an das zuständige Landgericht Wuppertal zu verweisen.
91I. Zuständig für die Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit ist gemäß §§ 48 ArbGG, 17 a GVG die Kammer. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung erfolgen.
92II. Der Rechtsweg vor den Gerichten für Arbeitssachen ist nicht eröffnet. Zwischen den Parteien bestand kein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin ist keine Arbeitnehmerin im Sinne der §§ 2, 5 ArbGG.
931. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines Anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG, 26.09.2002 - 5 AZB 19/01). Das Arbeitsverhältnis ist ein auf den Austausch von Arbeitsleistung und Vergütung gerichtetes Dauerschuldverhältnis. Die vertraglich geschuldete Leistung ist im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. § 84 Abs. 1 S. 2 HGB enthält insoweit eine über seinen unmittelbaren Anwendungsbereich hinausgehende gesetzliche Wertung. Für die Abgrenzung von Bedeutung sind in erster Linie die tatsächlichen Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist. Erforderlich ist eine gesamte Würdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalles (vergl. etwa BAG, 09.03.2005 - 5 AZR 493/04).
94Dabei ist eine freie Zeiteinteilung ein starkes Indiz gegen eine Arbeitnehmereigenschaft (BAG, 05.04.1989 - 5 AZR 289/88). Eine persönliche Abhängigkeit folgt nicht allein daraus, dass die Tätigkeit nur in den Räumlichkeiten des jeweiligen Beklagten erbracht werden konnte (BAG, 05.04.1989 - 5 AZR 289/88). Eine Zuweisung bestimmter Aufgaben im Rahmen einer nur abstrakt vereinbarten Tätigkeit ist etwa auch gegenüber einem freien Mitarbeiter unerlässlich. Es handelt sich dabei um die notwendige Konkretisierung, der von dieser zu erbringenden vertraglichen Leistung. Sie betrifft nicht "die Gestaltung", sondern den Inhalt der geschuldeten Tätigkeit. Auch der freie Mitarbeiter muss mit einer Kontrolle der Qualität und Richtigkeit seiner Arbeit rechnen. Für eine persönliche Abhängigkeit kann der Umstand sprechen, dass Aufgaben in den Diensträumen des Auftraggebers wahrzunehmen sind. Dies berührt nämlich die freie Gestaltung der Tätigkeit. Diesem Umstand kann häufig jedoch nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen (BAG, 05.07.2000 - 5 AZR 888/98).
95Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen folgt nicht bereits aus der Geltendmachung einer Bruttoforderung. Hierin liegt kein Sic-Non-Fall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begründet, weil auch im Rahmen eines freien Dienstvertrages Bruttoentgeltforderungen erhoben werden können (BAG, 26.09.2002 - 5 AZB 19/01). Als Rechtsgrundlage für die Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit kommt auch die Mitgliedschaft in einem Verein in Betracht (BAG, 26.09.2002 - 5 AZB 19/01).
962. Unter Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich bei dem Vertragsverhältnis der Parteien nicht um ein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin hat keine weisungsgebundene Tätigkeit erbracht.
97a) Gegen ein Arbeitsverhältnis spricht bereits die Vertragsvereinbarung. Zwar kommt es bei der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis besteht, letztlich auf die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses an. Vertraglichen Regelungen kann aber eine indizielle Bedeutung zukommen. In Nr. 10 des Vertrages heißt es, dass es sich um einen Dienstleistungsvertrag handelt. In Nummer 1 des Vertrages ist geregelt, dass die Klägerin bei Abwesenheit für eine Vertretung zu sorgen hat.
98Insoweit hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe es sich nicht leisten können, in den Jahren mehr als einmal Urlaub zu machen. Sie hat aber nicht vorgetragen, wer in diesem Urlaub die Vertretung geregelt hat. Deshalb ist insoweit vom Vortrag des Beklagten auszugehen, dass die Klägerin selbst für Vertretung gesorgt hat.
99b) Nicht entscheidend ist, dass der Beklagte das Vertragsverhältnis bei der Minijobzentrale angemeldet hat. Entscheidend sind vielmehr die vertragliche Vereinbarung sowie die tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses. Der (einseitigen) sozialrechtlichen und steuerrechtlichen Meldung kann allenfalls eine indizielle Bedeutung zukommen, die aber nicht von großer Bedeutung ist. Ebenso wenig ist die (einseitige) Wertung des Beklagten in seiner Pressemitteilung entscheidend.
100c) Entgegen der Auffassung der Klägerin waren ihr aufgrund der Öffnungszeiten des Museums auch keine Arbeitszeiten vorgeschrieben. Die Öffnungszeiten sind auch nicht gleichzusetzen mit Arbeitszeiten (vergl.BAG, 13.08.1980 - 4 AZR 590/78). Die Klägerin hat insoweit selbst vorgetragen, dass sie bei schlechter Witterungslage das Museum geschlossen ließ. Diese Entscheidung hat anscheinend sie selbst getroffen. Solange kein Besucher kam, konnte die Klägerin auch während der Öffnungszeiten ihre Zeit eigenverantwortlich und selbstbestimmend nutzen. Insoweit hat sie vortragen lassen, sie habe in der Regel Tätigkeiten für ihre Werbeagentur vor 10:00 und nach 17:00 Uhr durchgeführt. Der Vortrag ist pauschal und letztlich unbeachtlich. Er erscheint nicht nur lebensfremd zu sein, vielmehr ergibt sich bereits daraus, dass Klägerin auch Zeiten während der Öffnungszeiten für ihre selbständige Tätigkeit genutzt hat. Konkrete Weisungen, dass bestimmte Tätigkeiten zu bestimmten Uhrzeiten durchzuführen waren, sind nicht ersichtlich.
101d) Auch die der Klägern übertragenen Reinigungsarbeiten bzw. sonstige übertragene Kontrollpflichten sprechen nicht für ein Arbeitsverhältnis. Auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses können zur Bestimmung des Inhalts der Dienstleistungen Weisungen erteilt werden. Bereits aus § 84 Abs. 1 HGB ergibt sich, dass auch in einem freien Dienstverhältnis der freie Mitarbeiter nur im Wesentlichen frei von Weisungen tätig werden muss.
102Im Übrigen ergeben sich bestimmte Pflichten auch aus dem "Mietanteil" des Vertragsverhältnisses. Auch in einem Mietrechtsverhältnis können bestimmte Pflichten des Vermieters auf den Mieter übertragen werden.
103e) Auch aus den von der Klägerin vorgelegten Emails ergibt sich nichts anderes. Zum Einen hat die Vorstandsvorsitzende des Beklagten ausdrücklich lediglich Bitten vorgetragen. Zum Anderen ist auch insoweit darauf hinzuweisen, dass im freien Dienstverhältnis der Inhalt der Dienstpflicht durch Weisung konkretisiert werden kann. Der Beklagte hat insbesondere keine Weisung bezüglich der Arbeitszeit erteilt. Schließlich weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass womöglich auch ein ehrenamtliches Engagement der Klägerin nicht auszuschließen ist, da sie Mitglied war. Die Email vom 19.02.2014 betrifft womöglich allein das "Mietverhältnis" der Parteien.
104Weiterhin ist im Rahmen der Bewertung zu berücksichtigen, dass die Parteien nebst Ehemann der Klägerin noch ein Rechtsverhältnis aufgrund des abgeschlossenen Bewirtschaftungsvertrages hatten. Aus dem Bewirtschaftungsvertrag erfolgte auch die Pflicht der Klägerin und ihres Ehemannes, die Räumlichkeiten des C. Kottens in einem gereinigten und einwandfreien Zustand zu halten.
105f) Gegen die Einordnung des Rechtsverhältnisses als Arbeitsverhältnis spricht vor allem, dass die Klägerin nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden war. Eine irgendwie erfolgte Eingliederung in den "Betrieb" des Beklagten ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Klägerin hat insoweit auch keine weiteren betrieblichen Strukturen dargelegt. Sie konnte, sofern keine Besucher vor Ort waren, ihre Zeit gerade für ihre selbständige Tätigkeit im Rahmen ihrer Werbeagentur nutzen.
106g) Des Weiteren hatten die Klägerin und ihr Ehemann auch eigenwirtschaftliche Interessen an der Öffnung des Museums sowie an der Durchführung von Veranstaltungen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin oder ihr Ehemann Messer, andere Artikel oder Getränke und Speisen auf eigene Rechnung verkauft haben. Die Klägerin kann insoweit auch im Rahmen eines Familienverhältnisses ihrem Mann geholfen haben. Sämtliche Tätigkeiten, die letztlich der Tätigkeit ihres Ehemannes zugutekamen, wird man nicht als Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zu Gunsten des Beklagten werten können. Im Übrigen ist auch insoweit nochmals auf den Bewirtschaftungsvertrag hinzuweisen. Dieser ist nicht nur vom Beklagten und dem Ehemann der Klägerin, sondern auch von ihr selbst abgeschlossen worden.
107h) Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch die Grenzen der Tätigkeiten für den Beklagten und Tätigkeiten im Rahmen der eigenen Werbeagentur verschwimmen. Unstreitig hat die Klägerin jedenfalls auch Tätigkeiten im Rahmen ihrer Werbeagentur dem Beklagten in Rechnung gestellt. Reinigungs- und Instandhaltungstätigkeiten kamen der Klägerin auch als Mieterin zugute und damit letztlich auch im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit als Inhaberin der Werbeagentur.
108i) Vor diesem Hintergrund spricht aus Sicht der Kammer alles dafür, dass die Tätigkeiten der Klägerin auch auf wirtschaftliche Überlegungen sowie auf ehrenamtliches Engagement beruhten. Die Klägerin war letztlich bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten nur in geringem Umfang an Weisungen des Beklagten gebunden. Gerade im Bereich der Arbeitszeit war sie im Wesentlich frei von Weisungen.
1093. Der Rechtsweg vor den Gerichten für Arbeitssachen ist auch nicht deshalb eröffnet, weil es sich bei der Klägerin um eine arbeitnehmerähnliche Person handelt. Die Klägerin hat dies nicht geltend gemacht. Vor dem Hintergrund, dass sie noch selbständig ihre Werbeagentur betreibt, ist eine derartige wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin auch nicht zu erkennen.
110RECHTSMITTELBELEHRUNG
111Gegen diesen Beschluss kann von der Klägerin
112Sofortige Beschwerde
113eingelegt werden.
114Für den Beklagten ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
115Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von zwei Wochen schriftlich oder in elektronischer Form beim
116Landesarbeitsgericht Düsseldorf
117Ludwig-Erhard-Allee 21
11840227 Düsseldorf
119Fax: 0211 7770-2199
120eingegangen und begründet worden sein.
121Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 3.. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
122Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
123Die Beschwerdeschrift und die Begründung der Beschwerde müssen von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1241.Rechtsanwälte,
1252.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1263.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 3. bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
127Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
128* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
129Dr. Hamacher