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1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3.Der Streitwert wird auf 64.131,65 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über das Bestehen und die Voraussetzungen des dem Kläger eingeräumten Kapitalwahlrechts im Rahmen der ihm zugesagten betrieblichen Altersversorgung.
3Der am 06.04.1947 geborene Kläger war in der Zeit vom 18.04.1973 bis zum 31.03.2004 bei der Beklagten beschäftigt. Unter dem 10.01.2003 schlossen die Parteien eine Aufhebungsvereinbarung, die in Ziffer 5 vorsah, dass sich die Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung nach den gesetzlichen und betrieblichen Regelungen richten und der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 31.03.2004 ausscheidet (Anlage B1, Blatt 93 der Akte).
4Zum Zeitpunkt des Beschäftigungsbeginns des Klägers zum 18.04.1973 bestand bei der damaligen U. GmbH, der nunmehr verklagten Beklagten, zur Regelung der betrieblichen Altersversorgung ihrer Mitarbeiter ein Versorgungswerk gemäß Aktennotiz vom 15.05.1970, welche eine Aufnahme in das Versorgungswerk nach Ablauf von 5 Dienstjahren zur Mitte oder Ende eines Kalenderjahres und eine Altersrente sowie eine Hinterbliebenenversorgung vorsah und u.a. wie folgt lautete:
54. Höhe der Leistungen
6a)Altersrente und Hinterbliebenenrente entsprechen dem in der Versorgungszusage bzw. deren Ergänzungen genannten Kapitalbetrag. Bei Tod durch Unfall verdoppelt sich dieser Kapitalbetrag. Bei Tod durch Selbstmord entfällt jedoch jede Leistung.
7Die Verrentung des zugesagten Kapitalbetrages erfolgt nach den steuerlich zulässigen versicherungsmathematischen Grundsätzen, und zwar z.Z. nach den Richttafeln für die Pensionssicherung von Dr. Heubeck - Dr. Fischer mit dem derzeitigen Rechnungszins von 5,5 %.
8Die Rentenzahlungen (monatliche Zahlungen auf Lebenszeit des bzw. der Berechtigten) erfolgen wie die Gehälter jeweils am Monatsende. Anstelle der Rentenzahlungen kann die Auszahlung des entsprechenden Kapitelbetrages beantragt werden. Die U. behält sich vor dem Antrag in der für den Versorgungsberechtigten einkommens- und vermögenssteuerlich günstigsten Form zu entsprechen.
9Da das Versorgungswerk zum 31.12.1979 geschlossen wurde, schlossen die Betriebsparteien unter dem 28.09.1979 eine Betriebsvereinbarung, wonach für Betriebsangehörige, welche die erforderliche Wartezeit am 01.01.1980 erreicht hatten, die bisherige Versorgungsregelung weiter Bestand haben sollte. Gleichzeitig wurde die zugehörige Versorgungszusage wie folgt neu gefasst (Anlage K 5, Blatt 23 ff. der Akte):
102.Eintritt von Versorgungsfällen
11Als Eintritt von Versorgungsfällen gilt:
12a)Für die Altersrente die Vollendung des 65. Lebensjahres bei Männern bzw. des 60. Lebensjahres bei Frauen (Altersgrenze) [ ]
133.Höhe der Leistungen
14a)Altersrente und Hinterbliebenenrente entsprechen dem in der Versorgungszusage bzw. deren Ergänzungen genannten Kapitalbetrag. Bei Tod durch Unfall verdoppelt sich dieser Kapitalbetrag. Bei Tod durch Selbstmord entfällt jedoch jede Leistung. Der für die Invalidenrente maßgebende Kapitalbetrag ergibt sich nach Kürzung des zugesagten Kapitalbetrages um 0,5 % für jeden Monat des vorzeitigen Beginns.
15Die Verrentung des maßgebenden Kapitalbetrages erfolgt nach den steuerlichen zulässigen versicherungsmathematischen Grundsätzen, und zwar z.Z. nach den Richtlinien für die Pensionssicherung von Dr. Heubeck - Dr. Fischer mit dem derzeitigen Rechnungszins von 5,5 %. Die Rentenzahlungen (monatliche Zahlungen auf Lebenszeit des bzw. der Berechtigten) erfolgen wie die Gehälter jeweils am Monatsende.
16Anstelle der Rentenzahlung kann die Auszahlung des entsprechenden Kapitalbetrages beantragt werden. Die U. behält sich vor, dem Antrag in der für den Versorgungsberechtigten einkommens- und vermögenssteuerlich günstigsten Form zu entsprechen.
17Mit Schreiben vom 13.01.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Kapitalwert seiner betrieblichen Altersversorgung 64.131,65 € betrage. Unter dem 23.02.2007 kontaktierte die Beklagte den Kläger und teilte mit, dass sie diesem als Inhaber einer Rentenzusage der Beklagten im Rahmen der Pensionsordnung das Wahlrecht einräume, statt der Verrentung des zugesagten Kapitalbetrages die einmalige Auszahlung des Kapitalbetrags für den Zeitpunkt des Rentenbeginns zu beantragen (Anlage K 6, Blatt 26 der Akte).
18Weiter informierte die Beklagte den Kläger, dass das Wahlrecht bis spätestens sechs Monate vor dem voraussichtlichen Rentenbeginn ausgeübt und der Beklagten mitgeteilt werden müsse bzw. dass der Kläger seine Entscheidung umgehend mitteilen solle, wenn er dieses Schreiben weniger als 6 Monate vor Rentenbeginn erhalten habe. Mit Schreiben vom 01.03.2007 wandte sich darauf der Kläger an die Beklagte und begehrte weitere Informationen über die monatliche Rentenhöhe bzw. Höhe der Kapitalsumme. Die Beklagte bat daraufhin den Kläger unter dem 13.03.2007 um Erteilung zusätzlicher Informationen, damit sie eine Informationsberechnung durchführen könne. Mit Schreiben vom 23.04.2007 teilte die Beklagte dem Kläger schließlich mit, dass eine Auszahlung des Kapitalwertes als Abfindung nicht gewährt werden könne, da der Kläger keinen Antrag auf Kapitalauszahlung gestellt habe. Seit dem 01.05.2007 bezieht der Kläger Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
19Mit Schreiben vom 27.09.2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er die zugesagte Altersversorgung als Kapitalabfindung in Anspruch nimmt. Dies lehnte die Beklagte durch die X. X. I. GmbH X., welche von der Beklagten mit der Verwaltung der Rentenansprüche betraut wurde, unter dem 15.10.2007 erneut ab.
20Mit seiner am 30.11.2007 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung der Kapitalabfindung.
21Er ist der Ansicht, das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG stehe der Auszahlung des Kapitalbetrages nicht entgegen. § 3 BetrAVG sei vorliegend nicht einschlägig, da es weder um die Abfindung einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung noch der aus der Anwartschaft resultierenden laufenden Leistungen gehe. Vielmehr habe er nur von dem ihm nach der Versorgungsordnung zustehenden Kapitalwahlrecht Gebrauch gemacht. Hierin liege jedoch keine Abfindung, da diese eine Entschädigung für die Aufgabe einer Rechtsposition darstelle und einen Änderungsvertrag voraussetze. Den Mitarbeitern sei ein echtes Wahlrecht eingeräumt worden, welches nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft sei, da verschiedene Leistungen von der Beklagten geschuldet seien, von denen nach Wahl des Klägers nur eine zu erbringen sei.
22Durch Ausübung des Wahlrechts des Klägers, welches nicht an irgendwelche Fristen gebunden sei, werde die unbestimmte Leistung lediglich konkretisiert. Die Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung stelle keine Abfindung dar. Die Auffassung der Beklagten würde dazu führen, dass Altersversorgungssysteme, die eine Kapitalzahlung im Versorgungsfall gewähren, nicht mehr zulässig seien. Schließlich stehe dem Anspruch des Klägers auch nicht entgegen, dass er nicht bereits sechs Monate vor Eintritt des Versorgungsfalls von seinem Kapitalwahlrecht Gebrauch gemacht habe, da die Versorgungszusage eine solche Frist nicht vorsehe. Im Übrigen sei er auch daran gehindert gewesen, sein Wahlrecht früher auszuüben, da ihn die Beklagte erst zwei Monate vor Eintritt des Versorgungsfalles gebeten habe, sich im Hinblick auf sein Wahlrecht zu entscheiden. Insoweit könne sich die Beklagte auch nicht auf eine verspätete Ausübung des Wahlrechts berufen. Erst mit Schreiben der Beklagten vom 15.10.2007 habe man ihm verbindliche Informationen zur Höhe des Kapitalbetrages sowie der monatlichen Rentenzahlungen erteilt. Schließlich könne von laufenden Leistungen nicht die Rede sein, weil die Beklagte bislang keinerlei Zahlungen auf die Rentenansprüche des Klägers erbracht habe. Es wäre auch mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, wenn der Gesetzgeber durch das Abfindungsverbot in den vom Kläger erworbenen Anspruch auf Zahlung einer Kapitalabfindung eingreife.
23Der Kläger beantragt,
24die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 64.131,65 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.11.2007 zu zahlen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Sie ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Anspruch auf Kapitalauszahlung. Da er seine Kapitaloption erst nach Eintritt des Versorgungsfalles ausgeübt habe, verstoße eine Kapitalauszahlung gegen das Abfindungsverbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG. Mit Eintritt des Versorgungsfalles erhalte der Kläger laufende Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BetrAVG, unabhängig davon, ob die Beklagte die Betriebsrente ausgezahlt habe oder nicht. Eine nach diesem Zeitpunkt ausgeübte Kapitaloption stelle eine Abfindung dar, da dem Kläger in der Zusage lediglich eine Ersetzungsbefugnis eingeräumt worden sei, den Rentenanspruch in einen Kapitalanspruch umzuwandeln. Aus der Versorgungszusage ergebe sich, dass die Altersversorgung in Form einer Rente geleistet werden solle und lediglich auf Antrag und unter Vorbehalt durch eine Kapitalauszahlung ersetzt werden könne. Die Schuld der Beklagten sei mithin bereits konkretisiert gewesen, sodass dem Kläger nur das Recht eingeräumt worden sei, das bestehende Schuldverhältnis nachträglich zu verändern. Da der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 3 Abs. 1 BetrAVG vermeiden wollte, dass ein Rentner einen bestehenden Rentenanspruch zugunsten einer einmaligen Kapitalzahlung aufgebe, greife bei einer Ersetzungsbefugnis spätestens ab Eintritt des Versorgungsfalles das Abfindungsverbot ein. Es sei schließlich unzutreffend, dass die Beklagte den Kläger von der Ausübung seiner Kapitaloption abgehalten habe, da sie ihn bereits mit Schreiben vom 13.01.2007 auf die Möglichkeit einer Kapitalauszahlung hingewiesen habe und mit Schreiben vom 23.02.2007 gebeten habe, sich mit der Beklagten wegen des Wahlrechts umgehend schriftlich in Verbindung zu setzen. Im Übrigen könne auch ein Versäumnis der Beklagten im Hinblick auf eine rechtzeitige Information nicht dazu führen, dass der Kläger entgegen dem Abfindungsverbot einen Anspruch auf eine einmalige Kapitalzahlung habe.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe:
30Die zulässige Klage ist unbegründet.
31I.
32Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Kapitalauszahlung aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit der Versorgungsordnung vom 28.09.1979, da diesem Anspruch das gesetzliche Verbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG i.V.m. § 134 BGB entgegensteht.
331.Nach § 3 Abs. 1 BetrAVG dürfen unverfallbare Anwartschaften im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und laufende Leistungen nur unter den Voraussetzungen der folgenden Absätze abgefunden werden.
34Im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG, Gesetz vom 05.07.2004, BGBl. I, S. 1427) wurde das Abfindungsverbot nach § 3 BetrAVG mit Wirkung zum 01.01.2005 neu geregelt und - abweichend von der Rechtslage bis zum 31.12.2004 - auch auf laufende Leistungen erstreckt. Gesetzgeberisches Ziel war es sicherzustellen, dass bei Eintritt eines Versorgungsfalls die Leistungen aus unverfallbaren Anwartschaften aufgrund einer früheren Beschäftigung den Versorgungsberechtigten tatsächlich zur Verfügung stehen, und zu vermeiden, dass Rentner nach dem Rentenbezug sich den Kapitalwert der künftigen Rente auszahlen lassen und somit die dauerhafte Sicherung durch lebenslängliche Leibrenten verlieren (BT-Drucksache 15/2150, S. 52).
35Hiernach steht dem geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Kapitalbetrages das Abfindungsverbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG entgegen, da die Ausübung der Kapitaloption nach Eintritt des Versorgungsfalles einer Abfindung einer unverfallbaren Anwartschaft i.S.d. § 3 Abs. 1 BetrAVG gleichsteht.
36a.Zugunsten des Klägers besteht eine unverfallbare Anwartschaft aus der Versorgungsordnung der Beklagten vom 28.09.1979. Da er mit Eintritt des Versorgungsfalles am 01.05.2007 laufende Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BetrAVG bezog, ist auch der zeitliche Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 BetrAVG eröffnet.
37Der Begriff laufende Leistung ist dabei mit dem aus § 16 BetrAVG identisch und umfasst regelmäßig wiederkehrende Leistungen unabhängig von der Dauer der Zahlungsperiode und der Dauer der Leistungen (Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 4. Auflage 2006, § 3 Rn. 33). Hierbei kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf den Zeitpunkt der erstmaligen Auszahlung an. Vielmehr entscheidend ist, wann die Leistung nach der Versorgungszusage erstmals zu bewirken war (Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 4. Auflage 2006, § 3 Rn. 36; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Bode/Pühler, Kommentar zum Betriebsrentengesetz, 3. Auflage, 2008, § 3 Rn. 28).
38Für dieses Verständnis der laufenden Leistung spricht auch, dass es die Vertragsparteien sonst selbst in ihrer Hand hätten, den Beginn der laufenden Leistungen und damit des gesetzlichen Abfindungsverbotes hinauszuzögern, wenn es auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung ankäme. Dies würde jedoch dem oben genannten Willen des Gesetzgebers, die Möglichkeit einer Kapitalzahlung zur Sicherstellung einer monatlichen Rentenzahlung zu beschränken, entgegenlaufen.
39Nach der insoweit einschlägigen Versorgungsordnung bei der Beklagten aus dem Jahr 1979 trat die Leistungsverpflichtung der Beklagten, mithin der Eintritt des Versorgungsfalles, mit Vollendung des 65. Lebensjahres entsprechend dem Beginn der gesetzlichen Rente am 01.05.2007 ein. Ab diesem Zeitpunkt erhält der Kläger regelmäßig wiederkehrende Leistungen und damit eine laufende Leistung i.S.d. § 3 Abs. 1 BetrAVG unabhängig davon, ob die Beklagte tatsächlich bereits Zahlungen auf den Rentenanspruch des Klägers erbracht hat oder nicht.
40b.Die Ausübung der Kapitaloption durch den Kläger stellt auch eine verbotene Abfindung i.S.d. § 3 BetrAVG dar.
41Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass eine Abfindung zum einen eine Änderungsvereinbarung und zum anderen eine Verfügung über das Recht auf Versorgung in Gestalt eines Verzichts voraussetzt und eine solche (ausdrückliche) Änderungsvereinbarung vorliegend nicht gegeben ist.
42Nach Eintritt des Versorgungsfalls stellt jedoch grundsätzlich jede Verfügung, durch welche ein bestehender Rentenanspruch zugunsten einer einmaligen Kapitalzahlung aufgegeben wird, einer verbotenen Abfindung im Sinne des § 3 Abs. 1 BetrAVG gleich.
43aa.Nach der herrschenden Auffassung in der Literatur, welcher sich die Kammer anschließt, steht die Ausübung einer Kapitaloption nach Eintritt des Versorgungsfalls einer Abfindung i.S.d. § 3 Abs. 1 BetrAVG gleich, soweit die Schuld bereits auf die Zahlung einer Rente konkretisiert ist und dem Arbeitnehmer lediglich eine Ersetzungsbefugnis zugunsten eines Kapitalanspruchs eingeräumt wurde (Andresen/Förster/Rößler/ Rühmann, Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung, Loseblattsammlung, Teil 10 D Rn. 50; Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 4. Auflage 2006, § 3 Rn. 35; Matthießen, AuR 205, 81 (85); Schnittker/Grau, NJW 2005, 10 (14); ähnlich Langohr-Plato, betriebliche Altersversorgung, 4. Auflage 2007, Rn. 465). Dies wird damit begründet, dass die Ausübung der Ersetzungsbefugnis eine Verfügung in Form einer unmittelbaren Änderung des bestehenden Rechts, welches durch die Kapitaloption eingeräumt wurde, darstellt, durch welche der Tatbestand der Abfindung vervollständigt werde (Andresen/Förster/Rößler/Rühmann, aaO., Rn. 50). Etwas anderes gelte im Falle eines echten Wahlrechts i.S.d. § 262 BGB zugunsten des Versorgungsempfängers, da der Arbeitgeber den Rentenanspruch des Arbeitnehmers in diesem Fall nicht abfinde, sondern diesen erfülle, solange der Arbeitnehmer nicht von seinem Wahlrecht zugunsten einer laufenden Leistung Gebrauch gemacht habe (Blomeyer/Rolfs/Otto, § 3 Rn. 35).
44bb.Nach anderer Ansicht, welche nicht zwischen Ersetzungsbefugnis und Wahlschuld im Sinne des § 262 BGB unterscheidet, darf eine laufende Leistung unabhängig von der Art der Gestaltung der Kapitaloption mit Eintritt des Versorgungsfalls nicht mehr kapitalisiert werden (Höfer, aaO., § 3 BetrAVG Rn. 3551.9; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Bode/Pühler, aaO., § 3 Rn. 45).
45cc.Nach beiden Auffassungen stellt die Ausübung der Kapitaloption des Klägers am 27.09.2007 einen Verstoß gegen das Abfindungsverbot dar. Denn bei der dem Kläger eingeräumten Kapitaloption handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine Wahlschuld, sondern um eine Ersetzungsbefugnis.
46Eine Wahlschuld gemäß § 262 BGB liegt nur dann vor, wenn mehrere verschiedene bestimmbare Leistungen (bzw. Leistungsgegenstände) in der Weise geschuldet werden, dass nach späterer Wahl nur eine von ihnen zu erbringen ist (Palandt/Heinrichs, 67. Auflage 2008, § 262 Rn. 1; Münch, Komm. BGB/Krüger, 5. Auflage 2007, § 262 Rn. 2). Kennzeichnend für eine Wahlschuld ist, dass die Schuld zunächst lediglich bestimmbar ist, bis der Gläubiger von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat. Da der Schuldner bis zu diesem Zeitpunkt mangels Konkretisierung der Schuld nicht erfüllen kann, kann er gemäß § 264 Abs. 2 Satz 1 BGB dem Gläubiger eine Frist zur Wahl setzen, nach deren Ablauf das Wahlrecht auf ihn übergeht. Daraus folgt, dass ohne Ausübung des Wahlrechts keine bestimmte Schuld besteht, die erfüllt werden kann. Hiervon zu unterscheiden ist die Ersetzungsbefugnis, bei welcher die Schuld von Anfang an einen bestimmten Inhalt hat, der Gläubiger aber berechtigt ist, anstelle der an sich geschuldeten Leistung eine andere zu fordern. Der Schuldner kann die Verbindlichkeit erfüllen, ohne die Wahl des Gläubigers abwarten zu müssen (Palandt/Heinrichs, § 262 Rn. 7 ff., m.w.N.).
47Im vorliegenden Fall wird dem Versorgungsberechtigten, falls dieser keinen Antrag auf Umwandlung in eine Kapitalzahlung stellt, automatisch eine Altersrente ausgezahlt. Es kommt mithin nicht auf die Wahl des Klägers an, da die Schuld von vornherein bestimmt und nicht nur bestimmbar ist.
48Der Anspruch ist grundsätzlich auf die Zahlung einer Rente gerichtet, vorbehaltlich einer späteren Änderung in eine Kapitalzahlungspflicht durch Ausüben der Option. Für das Vorliegen einer Ersetzungsbefugnis sprechen auch der Wortlaut und die Systematik der Versorgungszusage, wonach zunächst als Leistungen im Versorgungsfall die Alters- und Hinterbliebenenrente sowie deren Höhe geregelt sind. Lediglich anstelle der Rentenansprüche, und damit nicht von vornherein geschuldet, kann die Auszahlung eines entsprechenden Kapitalbetrages beantragt werden, wobei der Beklagten hierbei sogar ein Vorbehaltsrecht eingeräumt wird. Aus der Systematik der Versorgungsregelung ergibt sich, dass in erster Linie eine Alters- und Hinterbliebenenrente im Falle des Versorgungseintritts geschuldet war, da diese Form der Altersversorgung zuerst und im Zusammenhang mit deren Berechnung geregelt wurde, wohingegen die Kapitalauszahlung im letzten Abschnitt behandelt wird. Dies spricht nach Auffassung der Kammer für ein Stufenverhältnis zwischen Rente und Kapitalzahlung, nach welcher vordringlich eine Rente und nur auf ausdrücklichen Antrag ein Kapitalbetrag geschuldet sein sollte. Bei einer echten Wahlschuld wäre dagegen zu erwarten gewesen, dass beide Versorgungsformen nebeneinander in unmittelbarem Zusammenhang dargestellt werden.
49Demnach verstößt die Ausübung der dem Kläger eingeräumten Ersetzungsbefugnis nach Eintritt des Versorgungsfalles gegen das Abfindungsverbot nach § 3 Abs. 1 BetrAVG dar. Dieses Ergebnis wird durch Sinn und Zweck der Neuregelung, das Abfindungsverbot extensiv auszudehnen um zu verhindern, dass ein Rentner einen Betriebsrentenanspruch aufgibt, um eine einmalige Kapitalzahlung zu erhalten, gerechtfertigt.
50c.Die Voraussetzungen für die in den Absätzen 2 bis 4 des § 3 BetrAVG geregelten Ausnahmen des Abfindungsverbots liegen ebenfalls nicht vor.
512.Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen auch keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs. 1 BetrAVG.
52Denn zum einen verbleibt dem Kläger ein Anspruch auf Altersrente, welcher abhängig von der Lebenszeit des Klägers, den Kapitalbetrag bei weitem übersteigen kann. Zum anderen hätte der Kläger spätestens nach Hinweis der Beklagten mit Schreiben vom 23.02.2007 ohne weiteres die Kapitalzahlung vor Eintritt des Versorgungsfalles beantragen können.
533.Schließlich ergibt sich kein anderes Ergebnis aus der Behauptung des Klägers, die Beklagte habe die rechtzeitige Geltendmachung der Kapitaloption vereitelt. Denn bereits in dem Schreiben vom 23.02.2007 hatte die Beklagte den Kläger auf die Möglichkeit eines entsprechenden Antrags auf Kapitalzahlung ausdrücklich aufmerksam gemacht, auf das Abfindungsverbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG hingewiesen und um eine umgehende Mitteilung der Entscheidung über die Ausübung der Kapitaloption gebeten. Der Kläger hatte demnach gut 2 Monate Zeit, von seiner Kapitaloption Gebrauch zu machen. Da sich bereits aus der Versorgungsregelung vom 31.12.1979 (Anlage K 4, II d) die Höhe der monatlichen Rentenzahlung überschlagsmäßig errechnen ließ und die Höhe der Kapitalzahlung bereits mit Schreiben der Beklagten vom 13.01.2004 mitgeteilt wurde, verfügte der Kläger auch über alle erforderlichen Informationen, um von seinem Recht Gebrauch machen zu können. Dennoch hat er bis zum Eintritt des Versorgungsfalles von seiner Kapitaloption keinen Gebrauch gemacht.
54Nach alledem war die Klage abzuweisen.
55III.
56Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt. Er gilt zugleich als Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren im Sinne des § 63 Abs. 2 GKG.
57Rechtsmittelbelehrung
58Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
59B e r u f u n g
60eingelegt werden.
61Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
62Die Berufung muss
63innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils
64beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax: (0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.
65Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
66* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
67Gironda