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1.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.01.2008 nicht aufgelöst worden ist.
2.Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu den bislang geregelten Arbeitsbedingungen als kaufmännische Angestellte bis zum rechts-kräftigen Abschluss dieses Verfahrens weiter zu beschäftigen.
3.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4.Der Streitwert wird auf 10.250,00 EUR festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung der Beklagten vom 28.01.2008.
3Die am 27.05.1958 geborene, geschiedene Klägerin ist seit dem 01.09.1996 bei der Beklagten, welche regelmäßig mehr als 5 Mitarbeiter beschäftigt, als kaufmännische Angestellte zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von zuletzt 2.050,-- € beschäftigt.
4Die Klägerin erhielt unter dem 30.05.2007 ein mit Abmahnung überschriebenes Schreiben, in welchem auf eine extrem hohe Fehlerquote der Klägerin hingewiesen wurde und welches unter anderem wie folgt lautet:
53.Zu der Rechnung an das Hochbauamt der Stadt X. vom 10.01.2007, Rg.-Nr. 070018:
6Diese Rechnung war für die Stadtverwaltung überhaupt nicht nachvollziehbar, da der Ort der Kesselreinigung nicht angegeben wurde. Derlei führt selbstverständlich zu Rückfragen und zusätzlichem Arbeitsaufwand, der zu vermeiden ist.
7( )
88.Besonders ärgerlich empfand die Beklagte, dass die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung, den Notdienst für die Ostertage zu organisieren, dies eben nicht getan hat mit der Folge, dass schließlich Mitarbeiter, die Osterurlaub hatten, aus dem Osterurlaub zu Notfällen gerufen werden mussten
9( )
1010.Zu Ihren Aufgaben zählt es auch, Sonderangebote, die über Post oder Telefax eingehen, ihrem Arbeitgeber vorzulegen.
11Unsere Mandantin musste am 2.5.2007 feststellen, dass ein bis zum 30.4.2007 befristetes Sonderangebot der Firma S. & T. nicht vorgelegt worden war, welches besonders interessant war und dazu geführt hätte, mit erheblichem Preisnachlass Waren einzukaufen
12 13( )
1413.Abschließend noch folgendes Beispiel für unzureichende Arbeitsleistung:
15In der Auftragsbestätigung an den Kunden Q., Auftragsbestätigungs-Nr. 070034, vom 16.4.2007, haben Sie auf Seite 2 in der Position 1.4 und 1.5 bei den Materialkosten das zehnfache dessen berechnet, was tatsächlich in Auftrag gegeben wurde
16( )
17Sollte Ihre Arbeitsleistung weiterhin fehlerhaft bleiben, wird eine weitere Abmahnung mit Kündigungsandrohung die Folge sein.
18Unter dem 08.08.2007 erhielt die Klägerin eine erneute Abmahnung, in welcher der Klägerin wiederum eine extrem hohe Fehlerquote vorgeworfen wurde und 25 Vertragsverstöße der Klägerin aufgelistet sind, welche, soweit streiterheblich, wie folgt lauten:
191)
20Am 28.06.2007 haben Sie, entgegen wiederholter Bitten und Anweisungen, hinter den Arbeitsnachweis Angebote der Großhändler zu den jeweiligen Materialkosten beigefügt, so dass für den Kunden die Kalkulation transparent wurde.
21(...)
224)
23Wiederholt sind Sie gebeten worden, grundsätzlich Telefonate mit Mitarbeitern und Kunden, die über einen Festnetzanschluss verfügen, über den E-Plus-Base-Tarif abzuwickeln.
24Dessen ungeachtet musste wiederholt festgestellt werden, dass Sie nicht über E-Plus-Base telefonieren, sondern nach wie vor kostenungünstig über das Festnetz, so geschehen beispielsweise am 23.06.2007.
25(...)
268)
27Grundsätzlich ist zu beanstanden, dass die Kassenführung nicht korrekt ist. Die Kasse ist mindestens einmal im Monat ordentlich abzustimmen. Sollten dann die gebuchten Beträge nicht mit dem Kassenbestand identisch sein, ist dem sofort nachzugehen und unser Mandat hierüber zu informieren.
289)
29In jüngster Vergangenheit ist es vorgekommen, dass Kassenbelege nicht vorhanden waren.
30Hinsichtlich des genauen Wortlauts dieser Schreiben wird auf Blatt 37 - 48 der Akte verwiesen.
31Mit Schreiben vom 28.01.2008, welches der Klägerin am 31.01.2008 zuging, kündigte die Beklagte der Klägerin aus verhaltensbedingten Gründen zum 31.05.2008.
32Die Klägerin begehrt mit ihrer am 04.02.2008 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung, die sie für sozial ungerechtfertigt hält.
33Sie ist der Auffassung, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam sei, da sie nicht fehlerhaft arbeite und die gerügten Fehlleistungen nicht aufgetreten seien. Da sie keineswegs eine durchschnittliche Fehlerhäufigkeit aller Arbeitnehmer, insbesondere im Vergleich zur anderen kaufmännischen Mitarbeiterin der Beklagten, überschreite, verstoße sie nicht gegen ihre Arbeitspflicht. Unabhängig davon seien die überwiegend in den beiden Abmahnungen aufgelisteten Beanstandungen unzutreffend, sodass die gesamten Abmahnungen unwirksam seien und nicht mehr für den Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung zu verwenden seien.
34So sei entgegen der Darstellung in der Abmahnung vom 30.05.2007 der Arbeitsort des jeweiligen Monteurs dem beigefügten Arbeitsbericht zu entnehmen (Vorwurf zu 3). Ferner sei ihr wiederholt mitgeteilt worden, dass sich die Monteure untereinander abstimmen und den Notdienst selber klären, da es in der Vergangenheit immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den Monteuren zur Frage des Notdienstes gekommen sei. Deshalb sei es nicht ihre Aufgabe gewesen, den Notdienst zu organisieren (Ziffer 8). Sie habe ferner das behauptete Telefax auch nicht ausgedruckt, wie unter Ziffer 10 von der Beklagten behauptet. Schließlich habe die Klägerin keine Auftragsbestätigung für einen Kunden Q. erteilt (Ziffer 13), da sie einen Kunden mit einem solchen Namen nicht kenne.
35Auch die Abmahnung der Beklagten vom 08.08.2007 leide unter mehreren Mängeln. So habe die Klägerin entgegen dem Vorwurf unter Ziffer 1 immer darauf geachtet, dass keine Informationen, welche nicht für Kunden gedacht waren, an diese weitergeben werden. Sie sei auch entgegen der Behauptung in Ziffer 3 keineswegs wiederholt aufgefordert worden, die Stundenlohnarbeiten in Angeboten und Rechnungen unter der Rubrik Stundenlohnarbeiten aufzuschlüsseln. Am 23.06.2007 habe sie entgegen dem Vorwurf der Beklagten nicht kostenungünstig telefoniert, da es sich hierbei um einen Samstag handele, an welchem sie nicht im Betrieb der Beklagten gewesen sei (Ziffer 4). Schließlich seien die Vorwürfe zu 8 und 9 völlig unsubstantiiert und entbehrten jeglicher Grundlage, da sie die Kasse völlig korrekt geführt habe und auch die andere Mitarbeiterin Zugang zur Kasse habe.
36Schließlich seien auch die in der Kündigung gemachten Vorwürfe überwiegend unzutreffend. So habe der Geschäftsführer der Beklagten entgegen dem unter Punkt 12 gemachten Vorhalt das Angebot selbst kalkuliert und sei für die ordnungsgemäße Kalkulation verantwortlich. Entgegen der unter der Ziffer 13 gemachten Behauptung habe der Kunde T. auf der Liste mit keine Wartung gestanden, sodass ihr kein Vorwurf zu machen sei. Ferner sei der Klägerin die Rechnung der Firma I. (Ziffer 14) nicht vorgelegt worden, sodass sie diese auch nicht bezahlen konnte. Als sie am 22.01.2008 die Büroräume verließ, seien schließlich sowohl der Geschäftsführer der Beklagten als auch die andere kaufmännische Mitarbeiterin noch anwesend gewesen, sodass es nicht ihre Aufgabe gewesen sei zu überprüfen, ob die Fenster geschlossen und die elektrischer Geräte abgestellt waren.
37Die Klägerin beantragt zuletzt,
381.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.01.2008, der Klägerin am 31.01.2008 zugegangen, nicht aufgelöst worden ist;
392.für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Kaufmännische Angestellte bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens weiter zu beschäftigen.
40 41Die Beklagte beantragt,
42die Klage abzuweisen.
43Sie ist der Auffassung, die Kündigung sei wirksam.
44Nachdem die Klägerin in den ersten 9 - 10 Jahren nahezu fehlerfrei gearbeitet habe, hätten sich ihre Arbeitsleistungen in den letzten 12 Monaten geradezu dramatisch verschlechtert, wohingegen die neben der Klägerin beschäftigte Mitarbeiterin nahezu fehlerfrei arbeite. Die Fehlerquote der Klägerin sei inakzeptabel hoch und führe zu finanziellen Schäden, Ansehensverlust und Spannungen innerhalb des Betriebes, da sich für die Mitarbeiter überflüssige Arbeitsgänge und peinliche Situationen bei Kunden ergäben.
45So sei bei einer Überprüfung der Kasse, deren Führung der Klägerin oblag, festgestellt worden, dass diese nicht korrekt geführt worden sei. Hierzu habe die Steuerbeartungsfirma der Beklagten dem Geschäftsführer der Beklagten erklärt, dass die Kassenführung nicht in Ordnung sei und hier eng am Zahlungsverkehr gearbeitet werden müsse. Es sei sodann festgestellt worden, dass im aktuellen Kassenbuch andere Beträge vorhanden seien, als die Kasse tatsächlich aufgewiesen habe und wiederum andere Beträge in dem elektronischen Kassenbuch ausgewiesen gewesen seien. Deshalb sei die Klägerin unter anderem abgemahnt worden.
46Der Geschäftsführer habe die Klägerin am 19.03.2007 angewiesen, den Notdienstplan, der fortgeschrieben werde, zu verlängern. Am 30.03.2007, unmittelbar vor Urlaubsantritt, habe dieser die Klägerin gefragt, ob der Notdienstplan anweisungsgemäß verlängert worden sei und habe die Antwort erhalten, dass mit den Monteuren eine Vereinbarung getroffen worden sei, dass diese den Notdienst über die Ostertage untereinander regeln würden. Tatsächlich sei dies jedoch nicht abgesprochen worden.
47Da es um die hohe Fehlerquote der Klägerin bei der Arbeit gehe und nicht um einige wenige gravierende Vorfälle, könne es nicht darauf ankommen, ob die Beklagte sämtliche Vorfälle lückenlos beweisen könne.
48Die ausgesprochene Kündigung könne auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht unwirksam sein, da die ausgesprochenen Abmahnungen nicht zu einer Reduzierung der Fehlerquote bei der Klägerin geführt hätten.
49So habe der Geschäftsführer der Klägerin beispielsweise vorgegeben, wie das Angebot 070207 zu schreiben sei. Auf die Materialien sollte dabei ein Aufschlag von 25 % des Nettopreises im Angebot erfolgen. Ebenso sollte bei den Dienstleistungen von Subunternehmern kalkuliert werden. Stattdessen habe die Klägerin das Angebot mit Zuschlägen von 25 % auf den Bruttopreis kalkuliert. Zudem habe die Klägerin entgegen ihrer vertraglichen Aufgabe seit Januar 2007 keine Wartung bei dem Kunden T. veranlasst. Ferner habe die Klägerin die Rechnung der Firma I. Duschkabinen KG vom 31.07.2007 nicht bearbeitet, sondern unbearbeitet im Rechnungsordner abgeheftet.
50Schließlich habe die Klägerin am 22.1.2008 entgegen der betrieblichen Anweisung die elektrischen Geräte nicht abgestellt und das Dachlukenfenster nicht geschlossen, obwohl sie als letzte Mitarbeiterin das Büro verlassen habe.
51Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
52E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
53Die Klage ist zulässig und begründet.
54I.
55Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist durch die streitgegenständliche Kündigung nicht aufgelöst worden.
561.Der streitgegenständlichen Kündigung liegt kein verhaltensbedingter Grund im Sinne des § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz, welches auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unstreitig Anwendung findet, zugrunde.
57a.Ein die Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers rechtfertigender Grund liegt vor, wenn das dem Arbeitnehmer vorgeworfene Verhalten eine Vertragspflicht verletzt, das Arbeitsverhältnis dadurch konkret beeinträchtigt wird, keine zumutbare Möglichkeit anderweitiger Beschäftigung besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Parteien billigenswert und angemessen erscheint (BAG 22. Juli 1982 - 2 AZR 30/81 - DB 1983, 180; 5. November 1992 - 2 AZR 287/92 - ArbuR 1993, 124; 17. Juni 2003 - 2 AZR 62/02 - DB 2003, 2554). Entscheidend ist, ob das Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Einzelfall geeignet ist, einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber zur Kündigung zu bestimmen (vgl. BAG 2. November 1961 - 2 AZR 241/61 - BAGE 11, 357; 13. März 1987 - 7 AZR 601/85 - DB 1987, 1494; 21. Mai 1992 - 2 AZR 10/92 - BAGE 70, 262; KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 398).
58Auf Pflichtverletzungen beruhende Schlechtleistungen sind grundsätzlich geeignet, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen (st. Rspr. , BAG, Urteil vom 26. Juni 1997 - 2 AZR 502/96 - RzK I 5i Nr. 126; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 1 Rn. 652 ff.; HWK/Quecke 2. Aufl. § 1 KSchG Rn. 239 f.; KR-Griebeling 8. Aufl. § 1 KSchG Rn. 448). Ob eine Leistung als Schlechtleistung anzusehen ist, beurteilt sich nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Der Arbeitnehmer muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Hierbei muss der Umstand, dass der Arbeitnehmer unterdurchschnittliche Leistungen erbringt, nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Arbeitnehmer seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft (BAG, Urteil vom 22. Juli 1982 - 2 AZR 30/81 - AP KSchG 196 9 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 5), da in einer Vergleichsgruppe stets ein Angehöriger der Gruppe das Schlusslicht ist. Andererseits ist das deutliche und längerfristige Unterschreiten des von vergleichbaren Arbeitnehmern erreichbaren Mittelwerts oft der einzige für den Arbeitgeber erkennbare Hinweis darauf, dass der schwache Ergebnisse erzielende Arbeitnehmer Reserven nicht ausschöpft, die mit zumutbaren Anstrengungen nutzbar wären.
59Dieser Konflikt zwischen den genannten widerstreitenden Gesichtspunkten kann nach den Regeln der abgestuften Darlegungslast angemessen gelöst werden (BAG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 2 AZR 667/02 - BAGE 109, 87, zu B I 2 d der Gründe).
60Dabei ist es zunächst Sache des Arbeitgebers, zu den Leistungsmängeln das vorzutragen, was er wissen kann. Kennt er lediglich die objektiv messbaren Arbeitsergebnisse, so genügt er seiner Darlegungslast, wenn er Tatsachen vorträgt, aus denen ersichtlich ist, dass die Leistungen des betreffenden Arbeitnehmers deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben, also die Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten. Davon kann dann gesprochen werden, wenn, gemessen an der durchschnittlichen Leistung der vergleichbaren Arbeitnehmer, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stark beeinträchtigt ist (BAG, Urteil vom 17.01.2008, 2 AZR 236/06).
61Hat der Arbeitgeber vorgetragen, dass die Leistungen des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum den Durchschnitt im vorgenannten Sinne unterschritten haben, ist es Sache des Arbeitnehmers, hierauf zu entgegnen, ggf. das Zahlenwerk und seine Aussagefähigkeit im Einzelnen zu bestreiten und/oder darzulegen, warum er mit seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft. Hier können altersbedingte Leistungsdefizite, Beeinträchtigungen durch Krankheit, aber auch betriebliche Umstände eine Rolle spielen. Legt der Arbeitnehmer derartige Umstände plausibel dar, so ist es alsdann Sache des Arbeitgebers, sie zu widerlegen. Trägt der Arbeitnehmer hingegen derartige Umstände nicht vor, so gilt das schlüssige Vorbringen des Arbeitgebers als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Bei einer Kündigung wegen qualitativer Minderleistung des Arbeitnehmers ist es demnach zunächst Sache des Arbeitgebers, zu den aufgetretenen Leistungsmängeln das vorzutragen, was er über die Fehlerzahl, die Art und Schwere sowie Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wissen kann (BAG, Urteil vom 17.01.2008, 2 AZR 236/06). Kann der Arbeitgeber darlegen, dass der Arbeitnehmer längerfristig die durchschnittliche Fehlerhäufigkeit aller mit vergleichbaren Arbeiten beschäftigter Arbeitnehmer erheblich überschreitet, so kann dies ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine vertraglichen Pflichten verletzt. Da jedoch der Vergleich durchschnittlicher Fehlerquoten für sich noch keinen hinreichenden Aufschluss darüber gibt, ob durch die fehlerhafte Arbeit des gekündigten Arbeitnehmers das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stark beeinträchtigt ist, muss der Arbeitgeber hier weitere Umstände darlegen. Anhand der tatsächlichen Fehlerzahl, der Art, Schwere und Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung des betreffenden Arbeitnehmers ist näher darzulegen, dass die längerfristige deutliche Überschreitung der durchschnittlichen Fehlerquoten nach den Gesamtumständen darauf hinweist, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine vertraglichen Pflichten verletzt (BAG, Urteil vom 17.01.2008, 2 AZR 236/06). Hierbei ist insbesondere darzulegen, welche betrieblichen Beeinträchtigungen durch die konkret darzulegenden Fehler verursacht werden und dass es sich insoweit nicht lediglich um Fehler handelt, die trotz einer gewissen Häufigkeit angesichts der konkreten Umstände der Arbeitsleistung vom Arbeitgeber hinzunehmen sind (BAG, Urteil vom 17.01.2008, 2 AZR 236/06).
62b.Diesen Anforderungen wird die ausgesprochene Kündigung nicht gerecht.
63Denn die Beklagte hat bereits nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass die Leistungen der Klägerin deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben und dadurch die Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten. Sie hat lediglich vorgetragen, dass bei der Klägerin eine inakzeptable Fehlerquote bestehe und sich die Arbeitsleistung in den letzten 12 Monaten geradezu dramatisch verschlechtert habe und diese Behauptung auf die in den beiden an die Klägerin adressierten Schreibe sowie die in der Kündigung aufgelisteten Vorwürfe gestützt. Dagegen hat die Beklagte weder die behauptete absolute Fehlerzahl der Klägerin in Relation zu den von der Klägerin erbrachten Arbeitsleistungen, gerade im Hinblick auf die ordnungsgemäß erbrachte Aufgabenerfüllung im Vergleichszeitraum, gesetzt noch konkret dargelegt, mit welcher Fehlerhäufigkeit die mit der Klägerin vergleichbare andere kaufmännische Angestellte im Vergleichszeitraum arbeitete. Nach Auffassung der Kammer lässt sich hieraus jedoch kein Rückschluss auf eine erhöhte Fehlerhäufigkeit der Klägerin bilden, da alleine die bloße Angabe der Anzahl der Fehler kaum Aussagekraft für die Frage der Fehlerhäufigkeit hat, da diese maßgeblich von der Anzahl der zu bearbeitenden Aufgaben abhängt. Nur dann wenn ein deutliches Missverhältnis von Fehleranzahl zur Anzahl der zu erledigenden Aufgaben besteht, kann sich hieraus eine überdurchschnittliche Fehleranzahl ergeben. Der entscheidende Wert des Fehlerquotienten lässt sich aber aus den von der Beklagten aufgelisteten Fehler gerade nicht erkennen
64Im Übrigen hat die Beklagte nicht ausreichend zur Fehlerhäufigkeit der anderen Mitarbeiterin vorgetragen, indem sie behauptete, die andere Mitarbeiterin habe im Vergleichszeitraum nahezu fehlerfrei gearbeitet, da die Verwendung des Begriffs nahezu nicht oder nur schwer quantifizierbar ist und damit kein ausreichender Rückschluss auf die Fehlerquote der anderen Mitarbeiterin möglich ist. Es stellt sich hierbei die Frage, welche Fehlerhäufigkeit bei einer nahezu fehlerfreien Arbeitsleistung vorliegt. In diesem Zusammenhang wäre die Beklagte nach Auffassung der Kammer verpflichtet gewesen darzulegen, wie viele Fehler die andere Beschäftigte im Verhältnis zu den von ihr bearbeiteten Aufgaben im Vergleichszeitraum tatsächlich gemacht hat um zu verdeutlichen, was die Beklagte konkret unter dem Begriff nahezu fehlerfrei versteht. Nichts anderes ergibt sich schließlich aus der abschließend getroffenen Behauptung der Beklagten, die Anzahl der Fehler in der Arbeitsleistung der Klägerin liege extrem über der Fehlerquote der anderen Mitarbeiterin, da es sich hierbei lediglich um eine pauschale, dem Beweis nicht zugängliche Behauptung handelt.
65Ferner hat die Beklagte nicht substantiiert zu den Folgen der behaupteten fehlerhaften Arbeitsleistung der Klägerin Stellung genommen. Sie hat lediglich pauschal vorgetragen, dass die Fehlerquote zu finanziellen Schäden, Ansehensverlust und Spannungen innerhalb des Betriebes aufgrund überflüssiger Arbeitsgänge und peinlichen Situationen bei Kunden geführt habe, ohne konkret darzulegen, welcher finanzielle Schaden der Beklagten durch die Fehler der Klägerin tatsächlich entstanden sind, in welcher Form sich der behauptete Ansehensverlust gezeigt und gegebenenfalls niedergeschlagen hat und in welchen Situationen es tatsächlich zu welchen konkreten Spannungen innerhalb des Betriebs aufgrund der Fehler der Klägerin gekommen ist.
66Soweit das Bundesarbeitsgericht in seiner neuesten Entscheidung (BAG, Urteil vom 17.1.2008, 8 AZR 236/06) zusätzlich fordert, dass der Arbeitgeber neben der tatsächlichen Fehlerzahl, der Art, Schwere und Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung des betreffenden Arbeitnehmers weiter darzulegen hat, dass die längerfristige deutliche Überschreitung der durchschnittlichen Fehlerquoten nach den Gesamtumständen darauf hinweist, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine vertraglichen Pflichten verletzt, fehlt hierzu jeder substantiierte Vortrag der Beklagten. Denn sie hat weder vorgetragen, welche betrieblichen Beeinträchtigung durch die Fehler verursacht wurden noch, dass es sich nicht nur um Fehler handelt, die trotz einer gewissen Häufigkeit angesichts der konkreten Umstände der Arbeitsleistung vom Arbeitgeber hinzunehmen sind.
67Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Kündigung auf einige, von der Beklagten zur Rechtfertigung der Kündigung vorgebrachte Vorwürfe nach Auffassung der Kammer nicht gestützt werden kann.
68So ist die Beklagte der Erwiderung der Klägerin, der Geschäftsführer der Beklagten habe entgegen dem unter Punkt 12 der Kündigung gemachten Vorhalt das Angebot selbst kalkuliert und sei deshalb für die ordnungsgemäße Kalkulation verantwortlich, nicht substantiiert entgegen getreten. Sie hat zwar vorgetragen, dass die Klägerin das Angebot zu erstellen hatte, ohne allerdings für diese Behauptung ordnungsgemäß Beweis anzutreten. Aus der beigefügten Fotokopie lässt sich jedenfalls die von der Beklagten aufgestellte Behauptung nicht entnehmen. Gleiches gilt für den weiteren Vorwurf, die Klägerin habe entgegen der Wartungsliste nicht für die Wartung bei dem Kunden T. gesorgt. Entgegen der Ankündigung der Beklagten hat diese keine Wartungsliste, welche unstreitig maßgeblich für das Bestehen eines Wartungsauftrags sein sollte, zur Akte gereicht. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, nachdem die Klägerin ausdrücklich in Abrede gestellt hat, dass der Kundenname auf der Liste stand. Der Beweisantritt der Beklagten durch Zeugnis des Kunden ist für die Frage, ob dieser Kunde auf der Wartungsliste stand, jedenfalls untauglich. Schließlich hat die Beklagte für ihren Vortrag, die Klägerin habe am 22.01.2008 als Letzte die Büroräume verlassen und entgegen ihrer Aufgabe weder die Fenster geschlossen noch die elektrischen Geräte abgestellt, keinerlei Beweis angetreten, weder durch das Zeugnis derjenigen Mitarbeiter, welche die Büroräume vor der Klägerin verlassen haben sollen noch durch Vorlage der angekündigten Fotokopien der Arbeitsnachweise der Mitarbeiter.
69Nach alledem erfüllt der Vortrag der Beklagten nicht die von der Rechtsprechung gesetzten Voraussetzungen, welche an die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes gestellt werden.
702.Die ausgesprochene, verhaltensbedingte Kündigung ist zudem deshalb unwirksam, da die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung keine wirksame Abmahnung ausgesprochen hat.
71a.Grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer, der wegen eines nicht vertragsgerechten Verhaltens gekündigt werden soll, zunächst abzumahnen; das gilt ins-besondere bei Störungen im Verhaltens- und Leistungsbereich (BAG, Urteil vom 17. Februar 1994, Az. 2 AZR 616/93, AP Nr. 115 zu § 626 BGB). Für Arbeitsverhältnisses ergibt sich dies aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und aus § 314 Abs. 2 BGB (vgl. statt aller: ErfK/Müller-Glöge, § 626 BGB Rn. 45). Abmahnung bedeutet, dass der Arbeitgeber in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise seine Beanstandungen vorbringt und damit deutlich - wenn auch nicht expressis verbis - den Hinweis verbindet, im Wiederholungsfall sei der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet (BAG, Urteil vom 17. Februar 1994, AP BGB § 626 BGB Nr. 116; BAG, Urteil vom 18. Januar 1980 - 7 AZR 75/78 - AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, unter 2 a der Gründe). Die Abmahnung muss geeignet sein, die mit ihr bezweckte Ankündigungs- und Warnfunktion dem Arbeitnehmer zweifelsfrei zu verdeutlichen (KR-Fischmeier, § 626 BGB Rn. 273).
72Wenn in einem Abmahnungsschreiben gleichzeitig verschiedene Pflichtverletzungen gerügt werden, von denen aber nur einzelne (und nicht alle) zutreffen, so kann das Abmahnungsschreiben nicht teilweise aufrechterhalten und insoweit vom Gericht neu gefasst werden, sondern die Abmahnung muss in diesem Fall vollständig aus der Personalakte entfernt werden (ebenso LAG Köln Urteil vom 12. März 1986 - 5 Sa 1191/85 - LAGE Nr. 3 zu § 611 BGB Abmahnung; LAG Düsseldorf Urteil vom 18. November 1986 - 3 Sa 1387/86 - LAGE Nr. 7 zu § 611 BGB Abmahnung = NZA 1987, 354; LAG Hamm Urteil vom 3. November 1987 - 13 Sa 96/87 - LAGE Nr. 9 zu § 611 BGB Abmahnung). BAG, Urteil vom 13.03.1991, 5 AZR 133/90.
73b. Diesen Anforderungen genügen die Schreiben den Beklagten vom 30.5.2007 und vom 08.08.2007 nicht.
74aa. Nach den oben genannten Voraussetzungen handelt es sich bei dem Schreiben vom 30.05.2007 nicht um eine Abmahnung, da diese keine Warnfunktion beinhaltet.
75Denn dieser Abmahnung fehlt der Hinweis darauf, dass im Wiederholungsfall Inhalt oder Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Vielmehr weist dieses Schreiben am Ende lediglich darauf hin, dass im Wiederholungsfall eine weitere Abmahnung mit Kündigungsandrohung die Folge sein wird. Hieraus wird für den Empfänger dieses Schreibens gerade nicht deutlich, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Wiederholungsfall gefährdet sein soll, sondern lediglich eine echte Kündigungsandrohung in Form einer Abmahnung erfolgen soll. Da dieses Schreiben mithin keine Warnfunktion enthält, stellt dieses Schreiben lediglich eine Ermahnung und keine Abmahnung i.S.d. § 314 BGB dar.
76Davon abgesehen ist das als Abmahnung überschriebene Schreiben nicht aufrechtzuerhalten, da mehrere Vorwürfe gegenüber der Klägerin nicht ausreichend bestimmt sind bzw. nicht zutreffen.
77So ist die Beklagte der Behauptung der Klägerin, bei der Rechnung an das Hochbauamt vom 10.01.2007 ergebe sich der Arbeitsort aus dem anhängenden Arbeitsnachweis, nicht entgegengetreten. Aus den von der Beklagten zur Akte gereichten Arbeitsnachweisen ist stets der Arbeitsort und die durchzuführende Arbeit zu entnehmen. Sofern aber der Arbeitsort aus dem der Rechnung beigefügten Arbeitsnachweis ersichtlich ist, stellt die fehlende Angabe des Arbeitsortes auf der Rechnung kein abmahnungswürdiges Fehlverhalten der Klägerin dar.
78Hinsichtlich der von der Klägerin bestrittenen Behauptung, der Geschäftsführer der Beklagten habe diese angewiesen, den Notdienstplan zu verlängern, hat die Beklagte keinen Beweis angetreten.
79Die Beklagte hat auch nicht dargelegt und bewiesen, dass die Klägerin das Angebot per Telefax der Firma S. ausgedruckt hat (Ziffer 10). Auf den Vorhalt der Klägerin wäre jedoch ein Vortrag seitens der Beklagten dazu erforderlich gewesen, dass die Klägerin Kenntnis von dem Fax nehmen konnte und dennoch dieses nicht vorgelegt hat. Ein derartiger Vortrag der Beklagten fehlt jedoch.
80Schließlich ist der der Klägerin unter Ziffer 13 gemachte Vorwurf, sie habe eine Auftragsbestätigung für den Kunden Q. fehlerhaft erstellt, nicht aufrecht-zuerhalten, da es einen Kunden mit diesem Namen unstreitig nicht gibt.
81bb. Auch die unter dem 08.08.2007 der Klägerin erteilte Abmahnung ist unwirksam, da mehrere Vorwürfe nicht ausreichend konkret bestimmt oder von der Beklagten nicht bewiesen wurden.
82So hat die Beklagte nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass die Klägerin am 28.06.2007 Angeboten von Großhändlern über Materialkosten Arbeitsnachweisen für Kunden beigefügt habe. Weder aus der Abmahnung, noch aus dem weiteren Vortrag der Beklagten ergibt sich, bei welchem konkreten Kunden dies tatsächlich erfolgt sein soll. Einen Beweisantritt für den konkret gerügten Vorfall ist die Beklagte schuldig geblieben.
83Auch der unter Ziffer 3 gemachte Vorhalt, die Klägerin habe entgegen widerholter Aufforderung die Stundenlohnarbeiten in Angeboten und Rechnungen unter Materialkosten statt unter Stundenlohnarbeiten aufgeschlüsselt, ist nicht hinreichend bestimmt. Denn die Beklagte hat nicht ausgeführt, bei welchem konkreten Angebot/Rechnung die Klägerin diesen behaupteten Fehler tatsächlich gemacht hat und wann genau diese Arbeitsanweisung gegenüber der Klägerin erfolgt sein soll. Die Vorlage einer Fotokopie eines handschriftlichen Hinweises des Geschäftsführers der Beklagten vom 15.6.2007 reicht weder für die Bestimmtheit der Abmahnung noch im Rahmen der Darlegungs-. Und Beweislast aus.
84Entgegen der mit der Abmahnung unter Ziffer 4 gerügten Verhaltensweise der Klägerin konnte diese am 23.06.2007 auch nicht kostengünstig über Festnetz telefonieren, da es sich hierbei um einen arbeitsfreien Samstag handelte.
85Ferner sind die unter Ziffer 8 und 9 gemachten Vorwürfe, dass die Kassenführung der Klägerin nicht korrekt gewesen sei sowie Kassenbelege fehlten, wiederum nicht ausreichend bestimmt, da die Beklagte nicht benannt hat, zu welchem Zeitpunkt die Kassenführung welchen konkreten Fehler aufwies sowie welche konkreten Kassenbelege über welche Summen tatsächlich fehlten. Dem Einwand der Klägerin, wonach auch andere Mitarbeiter Zugang zur Kasse hatten und damit die Urheberschaft für die Fehler unklar sei, ist die Beklagte ebenfalls nicht substantiiert entgegengetreten. Ein ordnungsgemäßer Beweisantritt der Beklagten für die von ihr gemachten Behauptungen fehlt ebenfalls.
86Schließlich ist der Vorhalt der fehlerhaften Frankierung (Ziffer 25) völlig un-bestimmt, da nicht ein einziger konkreter Fall benannt wurde.
87Aufgrund der benannten Fehler bzw. der fehlenden Bestimmtheit war deshalb auch diese Abmahnung unwirksam.
88c.Entgegen der Auffassung der Beklagten sind sämtliche gegenüber der Klägerin gemachten Vorwürfe von der Beklagten auch lückenlos zu beweisen. Es ist nicht Aufgabe des Arbeitnehmers, sich aus einer Vielzahl von Vorwürfen diejenigen herauszusuchen, welche tatsächlich zutreffen, um sich gegen diese konkret zur Wehr zu setzen. Denn hierdurch würde es der Beklagten ermöglicht, sämtliche möglichen Vorwürfe einfach im Rahmen einer Abmahnung gegenüber dem Arbeitnehmer vorzubringen, ohne diese vorher auf den Inhalt und Wahrheitsgehalt zu überprüfen in der Hoffnung, dass zumindest ein abgemahnter Sachverhalt tatsächlich zutrifft und eine nachfolgende Kündigung ausreichend vorbereitet. Dies würde faktisch zu einer Verlagerung der Darlegungs- und Beweislast vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer bedeuten, da der Arbeitgeber sämtliche auch noch so unsubstantiierten Vorwürfe erheben könnte, gegen welche sich der Arbeitnehmer in jedem einzelnen Fall verteidigen müsste. Dies widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach den Kündigenden die Darlegungs- und Beweislast für alle Umstände, die als Kündigungsgrund geeignet sein können, trifft (BAG, Urteil vom 06.08.1987, AP BGB § 626 BGB Rn. 97) und die Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe des Arbeitnehmers entkräften muss (BAG 17.6.2003, AP ZPO 1977 § 543 Rn. 13). Im Übrigen war es der Beklagten möglich, die Unwirksamkeit der Abmahnungen dadurch zu vermeiden, dass sie jeden einzelnen Vorwurf gegenüber der Klägerin separat abgemahnt hätte.
89d.Eine Abmahnung war auch keinesfalls entbehrlich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Abmahnung lediglich dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer zu erkennen gibt, dass er nicht willig ist, sich vertragstreu zu verhalten (BAG, Urteil vom 17.2.1994, AP § 626 BGB Nr. 115) oder weiß, dass der Arbeitgeber das gezeigte Verhalten unter keinen Umständen hinnehmen wird (BAG, Urteil vom 10.2.1999 - AP KSchG 1969, § 15 Nr. 42). Beide Alternativen liegen hier nicht vor.
903.Schließlich überwiegen die Interessen der Klägerin an einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses das Interesse der Beklagten an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses deutlich. Zugunsten der Klägerin sprechen ihre lange und bis Anfang 2007 beanstandungsfreie Betriebszugehörigkeit. Dagegen sind die von der Beklagten behaupteten betrieblichen Störungen durch die von ihr behauptete Fehlerquote der Klägerin mit einem geringeren Gewicht zu bemessen.
914.
92II.
93Da die Klägerin mit dem Antrag zu 1 obsiegte, ist über den aufschiebend bedingten Weiterbeschäftigungsantrag zu entscheiden.
94Der zulässige Weiterbeschäftigungsantrag ist auch begründet. Denn der Arbeitgeber ist nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Großes Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 27.2.1985, EzA Nr. 9 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) verpflichtet, den Arbeitnehmer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreites zu den bisherigen Konditionen weiterzubeschäftigen, nachdem festgestellt wurde, dass die ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Besondere Umstände, die ein überwiegendes Interesse der Beklagten bilden, die Klägerin nicht zu unveränderten Bedingungen als kaufmännische Angestellte weiterzubeschäftigen, wurden von ihr nicht vorgetragen.
95III.
96Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 42 Abs. 4 GKG im Urteil festgesetzt. Er gilt zugleich als Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren im Sinne des § 63 Abs. 2 GKG.
97Rechtsmittelbelehrung
98Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten
99B e r u f u n g
100eingelegt werden.
101Für die Klägerin ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
102Die Berufung muss
103innerhalb einer N o t f r i s t * von einem Monat
104beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax: (0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.
105Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
106Die Berufungsschrift muss von einem Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
107* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
108Gironda