Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
xxxxxxxxxxxxxxxxxx
1.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.202,56 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 3.251,60 EUR seit dem 11.07.2007 sowie aus jeweils 325,16 EUR seit dem 01.08.2007, 01.09.2007, 01.10.2007, 01.11.2007, 01.12.2007, 01.01.2008 zu zahlen.
2.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab Januar 2008 einen Ortszuschlag gemäß Tarifklasse I c BAT, Stufe 5 zu zahlen und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen dem Ortszuschlag, Tarifklasse I c/BAT Stufe 1 zuzüglich des hälftigen Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 2 und 3 sowie dem Ortszuschlag der Stufe 5 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
3.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4.Der Streitwert wird auf 11.705,76 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Vergütung der Klägerin.
3Die am 29.07.1959 geborene, verheiratete und drei Kindern unterhaltspflichtige Klägerin ist seit dem 01.12.1990 bei der Beklagten als Violinistin in den 1. Violinen beschäftigt.
4Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beidseitiger Tarifbindung und kraft individualvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung, welcher, soweit streiterheblich, folgende Regelungen beinhaltet:
5§ 21
6Vergütung
7Die Vergütung des Musikers besteht aus
8a)Grundvergütung,
9b)Dem Ortszuschlag,
10c)(gestrichen)
11d)der Tätigkeitszulage.
12§ 23
13Grundvergütung
14(1)Die Grundvergütung wird nach der Vergütungsordnung (Anlage 2) *) unter Berücksichtigung der Dienstzeit des Musikers (§ 20) gezahlt. Sie steigt von zwei zu zwei Jahren bis zur Erreichung der Endgrundvergütung.
15(2)Abweichend von Absatz 1 kann der Arbeitgeber einem Musiker ohne anrechnungsfähige Dienstzeit oder mit einer Dienstzeit von weniger als zwei Jahren bei der Einstellung anstelle der Grundvergütung der stehen die Grundvergütung der zweiten oder dritten Dienstaltersstufe und mit einer Dienstzeit von weniger als vier Jahren anstelle der Grundvergütung der zweiten Dienstaltersstufe die Grundvergütung der dritten Dienstaltersstufe zahlen. In diesen Fällen steigt die Grundvergütung aus der Dienstaltersstufe 2 nach vier Jahren in die Dienstaltersstufe 3, aus der Dienstaltersstufe 3 nach sechs Jahren in die Dienstaltersstufe 4. Dabei ist eine anrechnungsfähige Dienstzeit zu berücksichtigen.
16(3)Die nächste Dienstaltersstufe wird vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem sie erreicht wird.
17§ 24 Ortszuschlag
18Für die Zahlung des Ortszuschlages gelten die für die unter den Bundes-Angestelltentarifvertrag fallenden Angestellten jeweils maßgebenden Bestimmungen. Die Tarifklasse des Ortszuschlages ergibt sich aus der Vergütungsordnung (Anlage 2).
19§ 55
20Anpassung der Grundvergütung
21Werden die Grundvergütungen der unter den Bundes-Angestelltentarifvertrag fallenden Angestellten des Bundes rechtsverbindlich allgemein abgeändert, sind die Grundvergütungen und Tätigkeitszulagen der Musiker diesen Veränderungen durch Tarifvertrag sinngemäß anzupassen.
22Nach der Ortszuschlagstabelle, welche Gegenstand der als Anlage 3 zum 27. Tarifvertrag zur Durchführung des § 55 TVK beigefügten Vergütungsordnung in der seit dem 01.05.2004 geltenden Fassung ist, ist den Orchestermusikern der Ortszuschlag der Stufe I c) zu gewähren, welcher bei Ledigen (Stufe I) 502,36 €, bei Verheirateten (Stufe II) 609,26 €, bei Verheirateten mit einem Kind (Stufe III) 699,83 €, bei Verheirateten mit zwei Kindern (Stufe IV) 790,40 € und bei Verheirateten mit drei Kindern (Stufe V) 880,97 € brutto monatlich beträgt.
23Die Beklagte gewährt der Klägerin bislang einen Ortszuschlag gemäß § 29 BAT Tarifklasse I c, Stufe 1 sowie die Hälfte des ehegattenbezogenen Ortszuschlags in Höhe von 53,45 € brutto zusätzlich zur bisherigen Grundvergütung nach dem TVK/BAT. Eine Anpassung der Vergütung nach der Tabellenvergütung des TVöD, welche den Ortszuschlag der Stufe 1 bei der Ermittlung der Tabellenwerte in vollem Umfang und den Ortszuschlag der Stufe 2 für Verheiratete teilweise berücksichtigt, ist bislang nicht erfolgt.
24Zum 31.07.2006 wurde der Ehemann der Klägerin, welcher ebenfalls im öffentlichen Dienst als Konzertmeister bei den C. Symphonikern beschäftigt war, pensioniert. Im Falle der Klägerin und ihres Ehemannes war der ehegattenbezogene Ortszuschlag bis zu diesem Zeitpunkt geteilt, die kindergeldbezogenen Ortszuschläge dem Ehemann ausgezahlt worden.
25Mit Schreiben vom 16.08.2006 teilte der Geschäftsführer der Beklagten der Klägerin mit, dass eine Rechtsgrundlage für die Zahlung der familienbezogenen Ortszuschläge nicht mehr bestehe. Unter dem 15.06.2007 forderte die Klägerin die Beklagte daraufhin auf, den Ortszuschlag in begehrter Höhe zu zahlen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagte dies in einem weiteren Schreiben ablehnte, begehrte die Klägerin mit ihrer am 04.07.2007 beim Arbeitsgerichts T. eingereichten Klage die Zahlung der Differenzbeträge zwischen dem Ortszuschlag der Stufe 1 und der Stufe 5 für den Zeitraum August 2006 bis Dezember 2007 sowie die Feststellung eines entsprechenden zukünftigen Zahlungsanspruchs.
26Sie ist der Auffassung, sie habe solange einen Anspruch auf den Ortszuschlag nach den weiterhin anzuwendenden Vorschriften des BAT, bis die Vergütung für Orchestermusiker insgesamt den Bestimmungen des TVöD angepasst worden sei. Da es sich bei dem TVK um eine eigenständige tarifliche Regelung handele, sei es irrelevant, dass die Beklagte die Bezüge für ehemals unter die Regelungen des BAT fallende Arbeitnehmer nunmehr nach dem TVöD gewährt. Die Tarifvertragsparteien hätten lediglich der Einfachheit halber auf entsprechende BAT-Regelungen Bezug genommen, beispielsweise auch bei der nur hälftigen Berücksichtigung des ehegattenbezogenen Ortszuschlagsanteils. Von einem Automatismus, nach dem das Schicksal der Zahlung von Ortzuschlägen von dem Bestand des BAT abhängig sein soll, könne keine Rede sein.
27Die Klägerin beantragt zuletzt,
281.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.202,56 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 3.251,60 EUR brutto seit Rechtshängigkeit sowie aus jeweils 325,16 EUR brutto seit dem 01.08.2007, 01.09.2007, 01.10.2007, 01.11.2007, 01.12.2007 sowie 01.01.2008;
292.festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab Januar 2008 einen Ortszuschlag gemäß Tarifklasse I c) BAT, Stufe 5 zu zahlen und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen dem Ortszuschlag Tarifklasse I c) BAT, Stufe 1 zuzüglich des hälftigen Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 2 und 3 sowie den Ortszuschlag der Stufe 5 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
30Die Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Sie ist der Auffassung, sie sei nicht verpflichtet, den Ortszuschlag in begehrter Höhe zu zahlen, da die Verweisung auf den konkret bezeichneten BAT leer laufe, nachdem dieser im Bereich der Kommunen und des Bundes durch den TVöD ersetzt wurde. Im neuen Tarifrecht des TVöD gebe es keine familienbezogenen Entgeltbestandteile mehr, die Ortszuschläge seien weggefallen. Höhere Ortzuschläge über die Stufe 1 hinaus würden, abgesehen von einer Besitzstandsregelung für bis zum 31.12.2005 geborene Kinder, nicht mehr bezahlt. Da die Norm des § 24 TVK von einem einheitlichen Tarifrecht ausgehe, welches nicht mehr existiere, sei eine unbewusste Regelungslücke entstanden, die geschlossen werden müsse. Es sei davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien diejenigen Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes zugrunde gelegt hätten, unter die der Arbeitgeber falle, mithin die des TVöD, welcher keine Ortszuschläge mehr vorsehe.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
34Entscheidungsgründe:
35Die Klage ist zulässig und begründet.
36I.
371.Der Feststellungsantrag ist zulässig. Für den Antrag besteht das gemäß § 256 Abs. 2 ZPO erforderliche Rechtschutzinteresse, da die Klägerin eine ordnungsgemäße Eingruppierung festzustellen begehrt (Vgl. BAG, Urteil vom 19.01.2000, 4 AZR 752/98, § 4 TVG Bundespost Nr. 11).
382.Die Feststellungsklage ist auch begründet. Die Klägerin hat seit August 2006 einen Anspruch auf Zahlung eines Ortszuschlages der Stufe 5 aus §§ 21, 23 TVK i.V.m. Anlage 3 zum 27. Tarifvertrag zur Durchführung des § 55 TVK.
39a.Nach § 21 TVK, welcher kraft beidseitiger Tarifbindung auf das Arbeits-verhältnis Anwendung findet, besteht die Vergütung eines Musikers aus der Grundvergütung, der Tätigkeitszulage und dem Ortszuschlag.
40Aus den Vorschriften der §§ 21 ff. TVK und aus § 55 TVK ergibt sich, dass die Parteien dieses Tarifvertrags für die Orchestermusiker ein Vergütungssystem schaffen wollten, welches an das damals geltende Vergütungssystem des Bundesangestelltentarifvertrages angelehnt war und auch hinsichtlich der Entwicklung der Vergütung mit der Vergütung der übrigen Angestellten des öffentlichen Dienstes parallel laufen sollte. Diese von den Tarifvertragsparteien beabsichtigte teilweise Synchronisierung der Vergütungssystematik und Vergütungsentwicklung der Orchestermusiker mit derjenigen der übrigen Angestellten des öffentlichen Dienstes ist durch die Einführung einer völlig neuen Vergütungsstruktur im Rahmen der Regelungen des TVöD nicht mehr möglich.
41Dies führt jedoch nicht dazu, dass eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke im TVK besteht. Denn die Tarifvertragsparteien haben durch eine dynamische Verweisung in § 24 TVK auf § 29 BAT in der jeweils gültigen Fassung Bezug genommen und dadurch eine eigenständige Regelung für ihren Tarifbereich geschaffen. Auch aus § 21 TVK ergibt sich, dass der Ortszuschlag eigenständiger Bestandteil der Vergütung des Musikers sein soll. Die Höhe des Ortszuschlags richtet sich nicht nach der Vergütungsordnung im öffentlichen Dienst, sondern gemäß § 24 Satz 2 TVK nach der Vergütungsordnung, welche durch die Tarifvertragsparteien jeweils gesondert vereinbart wird. Der Ortszuschlag nach dem TVK stellt deshalb nicht nur einen Reflex der Vergütungsordnung des öffentlichen Dienstes dar, sondern vielmehr einen eigenständigen Vergütungsbestandteil (zutreffend: ArbG Dortmund, Urteil vom 27.11.2007, 7 Ca 3147/07).
42Endet die in Bezug genommene Tarifnorm, so bleibt bis zu einer Änderung des Rechtszustandes durch den verweisenden Tarifvertrag der Rechtszustand bestehen, der bei Ablauf der in Bezug genommenen Tarifnorm bestand, welche statisch weiter gilt (Kempen/Zachert, TVG, 4. Auflage 2006, § 1 TVG Rn. 800; Däubler/Reim, 2. Auflage 2006, § 1 TVG Rn. 189 mwN.). Die in Bezug genommene Regelung des BAT ist demnach nicht in Wegfall geraten, sondern gilt vielmehr inhaltlich in vollem Umfang fort, bis die Tarifvertragsparteien sich über eine Neuregelung der Vergütungssystematik geeinigt haben (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 13.09.2007, 17 Sa 765/07).
43b.Das gleiche Ergebnis ergibt sich auch aus einer Auslegung des § 24 TVK.
44Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, Urteil vom 19.01.2000, 4 AZR 814/98, EzA § 4 TVG Einzelhandel Nr. 41).
45Unter Berücksichtigung der vorgenannten Auslegungsregeln ergibt sich nach Auffassung der Kammer sowohl aus dem Sinn und Zweck der Regelung als auch aus dem Gesamtzusammenhang der Regeln des TVK, dass § 24 Satz 1 TVK auf die jeweils zuletzt gültigen Regelungen des BAT zum Ortszuschlag Bezug nimmt und nicht auf den TVöD bzw. ins Leere verweist.
46Bereits aus § 21 TVK ergibt sich, dass der Ortszuschlag eigenständiger Bestandteil der Vergütung des Musikers sein soll. Denn nach § 21 TVK ist der Ortszuschlag als ein fester Bestandteil der Vergütung eines Musikers geregelt, ohne dass diese Regelung auf irgendeinen anderen Tarifvertrag verweist oder von dessen Bestehen abhängig ist. Mithin regelt § 21 TVK die Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Ortszuschlag, mithin das ob eines solchen Anspruchs, welche nicht durch den zwischenzeitlichen Abschluss eines anderen Tarifvertrags zwischen anderen Tarifvertragsparteien, namentlich dem TVöD, beeinflusst werden kann, solange die Tarifvertragsparteien des TVK von ihrer Regelungskompetenz entsprechend § 55 TVK in Form einer Tarifvertragsanpassung Gebrauch machen, welche bislang nicht durchgeführt wurde.
47§ 24 Satz 1 TVK bestimmt dagegen lediglich, welche Stufe des Ortszuschlages der Musiker beanspruchen kann, dass wie des bestehenden Anspruchs, indem auf die für die unter den Bundesangestelltentarifvertrag fallenden Angestellten jeweils maßgebenden Bestimmungen verwiesen wird. Entgegen der Auffassung der Beklagten verweist § 24 Satz 1 TVK damit nicht auf die jeweils im öffentlichen Dienst geltenden tarifrechtlichen Vorschriften, sondern konkret auf die Regelungen zum Ortszuschlag im BAT, mithin auf § 29 BAT. Regelt § 24 Satz 1 lediglich die Stufe des anzuwendenden Ortszuschlags durch Verweis in die Regelungen des BAT, kann ein Wegfall desselben keine Auswirkung auf den Anspruch auf einen Ortszuschlag haben.
48Die Höhe des Ortszuschlags richtet sich nicht nach der Vergütungsordnung im öffentlichen Dienst, sondern gemäß § 24 Satz 2 TVK nach der Vergütungsordnung, welche durch die Tarifvertragsparteien jeweils gesondert vereinbart wird. Der Ortszuschlag nach dem TVK stellt deshalb nicht nur einen Reflex der Vergütungsordnung des öffentlichen Dienstes dar, sondern vielmehr einen eigenständigen Vergütungsbestandteil.
49Dem steht nicht entgegen, dass nach § 55 TVK die Tarifvertragsparteien verpflichtet sind, bei einer Änderung der Grundvergütung für die unter den Bundesangestelltentarifvertrag fallenden Angestellten des Bundes auch die Vergütung der Musiker entsprechend durch Tarifvertrag anzupassen. Denn die Umsetzung der Änderung der Grundvergütung bedarf für die Musiker der Kulturorchester eines eigenständigen Tarifvertrages; eine automatische Entgeltanpassung sieht der TVK gerade nicht vor. Solange jedoch ein entsprechender Tarifvertrag zur Durchführung von § 55 TVK nicht zustand kommt, ändert sich die Vergütung des Musikers auch bei einer Änderung der Entgelte im öffentlichen Dienst nicht automatisch. Da es mithin eines gesonderten Umsetzungsaktes der Tarifvertragsparteien bedarf, ist der Ortszuschlag im Bereich der Kulturorchester Teil einer eigenständig durch Tarifvertrag zugesagten Vergütung.
50Für die Verweisung in § 24 Satz 1 TVK ist infolge dessen nur noch insoweit Raum, als es um die Voraussetzungen für die Zuordnung des Musikers zu den einzelnen Stufen des Ortszuschlags geht. In diesem Zusammenhang macht die Regelung nur dann Sinn, wenn sie auf § 29 des zuletzt gültigen BAT Bezug nimmt, da es einen Ortszuschlag im TVöD nicht mehr gibt. Denn wenn § 21 TVK einen Anspruch festlegt, kann es nicht dem Sinn und Zweck der Tarifvertragsparteien entsprechen, diesen Anspruch durch einen Verweis ins Leere bzw. auf den TVöD in Wegfall geraten zu lassen.
51Schließlich spricht auch die praktische Anwendung des Tarifvertrages gegen die Auffassung der Beklagten. So ist bis heute die Vergütung der Musiker nicht entsprechend den Regelungen des TVöD der Höhe nach angepasst worden. Eine derartige zeitnahe Anpassung wäre jedoch nach § 55 TVK zwingend notwendig gewesen, wenn die Vergütungsordnung nach dem TVöD mit der Vergütungsordnung des BAT für den Bund im Sinne des § 55 TVK gleichzusetzen wäre. Solange die Tarifvertragsparteien die Vergütungsordnung des TVöD nicht übernommen haben ist jedoch kein Grund ersichtlich, weshalb durch einen Automatismus nach § 24 Satz 1 TVK der in Bezug genommene BAT in Wegfall geraten soll.
52Denn durch ein solches Verständnis würde es der Beklagten einerseits ermöglicht, Ortszuschläge nach dem bisherigen Vergütungssystem nicht mehr an die Musiker weitergeben zu müssen, ohne andererseits eine Anpassung der Grundvergütung entsprechend dem TVöD nach § 55 TVK vorzunehmen. Hierdurch würde die Klägerin als Musikerin jedoch schlechter gestellt als sämtliche Angestellten des öffentlichen Dienstes, bei denen der Ortszuschlag der Stufe 1 sowie anteilsmäßig der Stufe 2 in der Höhe der Grundvergütung berücksichtigt werden. Dies entspricht jedoch offensichtlich nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien des TVK.
53Auch der weitere Vortrag der Beklagten, die Klägerin würde doppelt profitieren, wenn sie neben der Grundvergütung nach dem neuen TVöD auch den Ortszuschlag bekäme, geht fehl. Denn solange die Beklagte die Grundvergütung der Klägerin nicht entsprechend den Regelungen des TVöD anpasst, kann es gar nicht zu dem Fall kommen, dass die Klägerin zusätzlich zur höheren Grundvergütung nach dem TVöD einen Anspruch auf Ortszuschläge geltend machen kann. Insoweit ist es unerheblich, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD die Ortszuschläge der Stufe 1 und teilweise der Stufe 2 in das Volumen der Tabellenwerte teilweise mit einbezogen haben, solange die Klägerin nicht nach diesen Tabellenwerten bezahlt wird. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien es selbst in der Hand, durch eine Anpassung der Grundvergütung einen Anspruch auf einen Ortszuschlag der Klägerin entfallen zu lassen. Denn aus dem Regelungssystem des TVK ergibt sich, dass der TVK auf die einheitlichen Regelungen des BAT verweist, mithin ein Anspruch auf einen Ortszuschlag nach dem BAT dann wegfällt, wenn insgesamt auf den TVöD, insbesondere auch bei der Frage der Grundvergütung nach § 55 TVK abgestellt wird und der BAT damit insgesamt auch für die Regelungsbereich des TVK abgelöst wird. Insoweit begehrt die Klägerin mit ihrer Klage lediglich eine Gleichstellung mit den anderen Angestellten des TVöD, welche bislang eine höhere Grundvergütung durch teilweise Einbeziehung des Ortszuschlags in den TVöD erhalten.
54Die Beklagte handelt dagegen inkonsequent, wenn sie zwar einerseits die Regelungen über den Ortszuschlag nicht weiter fortführt, andererseits aber auch die Tabellenvergütung nach dem TVöD, die den Wegfall des Ortszuschlages teilweise kompensiert, nicht anwenden will. Im Übrigen verhält sich die Beklagte auch widersprüchlich, wenn sie einerseits den Ortszuschlag nach BAT an die Klägerin sowie die anderen Musiker der Kulturorchester unter Berücksichtigung einer Besitzstandsregelung weiterzahlt, obwohl sie andererseits behauptet, die Verweisung des 24 TVK hinsichtlich des Ortszuschlags gehe ins Leere. Woraus sich dann nach Auffassung der Beklagten ein Anspruch auf Ortszuschlag ergeben soll und aus welcher Rechtsgrundlage die Besitzstandsregelung herrührt, ist nicht nachvollziehbar.
55c.Selbst wenn der Auffassung der Kammer, wonach keine Regelungslücke besteht, nicht gefolgt wird, ist der Klageantrag der Klägerin begründet, da sich der geltend gemachte Anspruch der Klägerin auch aus einer ergänzenden Auslegung der §§ 21, 24, 55 TVK ergibt.
56Denn die Auffassung der Beklagten, wonach die Regelung des § 29 BAT in der Form anzuwenden ist, dass Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen der Arbeitnehmer, die sich vergütungserhöhend auswirken, nicht mehr berücksichtigt werden, übersieht, dass auch die Vergütungsregelungen im BAT und im TVK ein System darstellen, bei dem nicht einzelne Elemente herausgegriffen und im Wege der ergänzenden Auslegung verändert werden können. § 21 TVK legt unmissverständlich fest, dass die Vergütung des Musikers aus verschiedenen Elementen besteht, u.a. dem Ortszuschlag. Aus der Zusammenschau der Regelungen der §§ 21, 23, 24 und 55 TVK ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien des TVK ein eigenständiges Tarifwerk geschaffen haben, welches bis auf vereinzelte Regelungen völlig autark ist. Wenn die Tarifvertragsparteien, wie § 55 TVK zeigt, bei der Veränderung der Grundvergütung eine eigene Regelung für notwendig erachtet haben, muss dies erst recht gelten, wenn das Vergütungssystem des öffentlichen Dienstes als Ganzes einen Systemwechsel erfährt. Insoweit geht der erkennbare, mutmaßliche Wille der Tarifvertragsparteien dahin, die bisherigen Regelungen über Grundvergütung und Ortszuschlag in vollem Umfang bis zu einer eigenen tariflichen Vereinbarung fortzuführen (ebenso: Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 19.12.2007, 4 Ca 2173/07, nv.).
57Ist mithin § 24 Satz 1 TVK § 29 BAT in der zuletzt gültigen Fassung weiter anwendbar, hat die Klägerin als Verheiratete mit 3 Kindern einen Anspruch auf Zahlung eines Ortszuschlages der Stufe 5. Der geltend gemachte Zinsanspruch auf den Differenzbetrag zwischen bisher gezahltem und geschuldetem Ortszuschlag ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB.
58II.
59Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Zahlung eines Ortszuschlages in Höhe der Differenz zwischen dem Ortszuschlag der Stufe 1 zuzüglich dem hälftigen Differenzbetrag zwischen dem Zuschlag der Stufe 1 und der Stufe 2 und dem Ortszuschlag der Stufe 5 für die Monate August 2006 bis Dezember 2007 aus § 611 BGB iVm. §§ 21, 24 TVK. Die Höhe der Forderung ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288, 286 BGB.
60III.
61Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG, § 42 Abs. 4, 5 GKG im Urteil festgesetzt.
62Rechtsmittelbelehrung
63Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten
64B e r u f u n g
65eingelegt werden.
66Für die Klägerin ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
67Die Berufung muss
68innerhalb einer N o t f r i s t * von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils
69beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf Fax: 0211-7770-2199 eingegangen sein.
70Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
71* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
72Gironda