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Einzelfallentscheidung zum Antrag des Betriebsrates auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Arbeitgeber auf Unterlassung der Durchführung eines Dienstplanes, der durch einen Einigungsstellenspruch zu Stande gekommen ist. Dem Betriebsrat steht ein allgemeiner Unterlassungsanspruch, der nicht von den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG abhängig ist, zusteht, wenn der Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG verletzt, indem er ohne Zustimmung des Betriebsrates einseitig Dienstpläne aufstellt und diese durchführt. Dieser Unterlassungsanspruch kann, sofern ein Verfügungsgrund vorliegt, im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens durchgesetzt werden. Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes setzt ein eindeutig überwiegendes Interesse des Betriebsrates an der Unterlassung voraus. Es kommt für den Verfügungsgrund nicht alleinentscheidend darauf an, ob dem Betriebsrat die Ausübung seiner Rechte ganz oder teilweise unmöglich gemacht wird. Maßgeblich ist in erster Linie, ob der Schutz der Arbeitnehmer in der Zeit bis zum Inkrafttreten einer mitbestimmten Regelung oder einer rechtskräftigen Entscheidung im arbeitsgerichtlichen Hauptsacheverfahren unwiderleglich vereitelt wird und dies zu wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft führt. Verletzt der Arbeitgeber fortgesetzt und eindeutig bestehende Mitbestimmungsrechte, bedarf es in diesem Zusammenhang keiner in die Einzelheiten gehende Feststellung der Nachteile für die Belegschaft.
Die Anträge des Betriebsrates werden zurückgewiesen
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über Unterlassungsansprüche wegen Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei der Aufstellung von Dienstplänen.
Der Antragsteller ist der im Betrieb der Arbeitgeberin gewählte Betriebsrat. Die Arbeitgeberin ist ein von der T. betriebenes Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs, das Bus- und Straßenbahnlinien betreibt.
Der Einsatz des Fahrpersonals im Nahverkehr wird über Dienstpläne geregelt. Die Zuordnung der Fahrer zu den einzelnen Dienstplänen erfolgte bisher durch den Arbeitgeber ohne weitere Beteiligung des Betriebsrates.
Die T. fasste u.a. den Beschluss, das Liniennetz im ×. zum 09.06.2013 "auszudünnen". Die Arbeitgeberin stellte deshalb im Juni 2013 veränderte Dienstpläne für den Bus- und Straßenbahnverkehr auf und setzte den sog. "Feriendienstplan" ohne Zustimmung des Betriebsrates in Kraft.
Der Betriebsrat leitet daraufhin vor dem Arbeitsgericht P. ein Beschlussverfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein, das unter dem Aktenzeichen 3 BVGa 4/13 anhängig war. Die Arbeitgeberin leitet vor dem Arbeitsgericht P. mit Schriftsatz vom 23.07.2013 ein Verfahren gemäß § 98 ArbGG auf Einsetzung einer Einigungsstelle über Dienstpläne für den Zeitraum vom 22.07.2013 bis 03.09.2013 ein. Das Verfahren 4 BV 38/13 endet durch einen Vergleich. Hinsichtlich des Inhalts dieses Vergleichs wird auf Bl. 9 R. d.A. verwiesen.
Am 06.08.2013 schlossen die Beteiligten im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens unter Vorsitz der Direktorin des Arbeitsgerichts Wuppertal, Frau S., eine Betriebsvereinbarung über die Dienstpläne für die Zeit vom 06.08.2013 bis einschließlich 03.09.2013 ab. Hinsichtlich des Inhalts dieser Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 11 d.A. verwiesen.
Die Arbeitgeberin leitetet dem Betriebsrat bereits mit Schreiben vom 24.07.2013 (Bl. 174 f. d.A.) für die Zeit ab dem 04.09.2013 einen Dienstplan Bus (Hauptturnus, Nebenturnus und Teilzeitturnus) zur Zustimmung zu, der, wie in diesem Schreiben ausgeführt ist, inhaltlich dem ursprünglichen Dienstplan vom 09.06.2013 bis zum 21.07.2013 entspracht, der vom Betriebsrat befristet genehmigt wurde. Mit einem Schreiben vom 07.08.2013 (Bl. 176 f. d.A.) übersandte die Arbeitgeberin für die Zeit ab dem 04.09.2013 den sog. Dienstplan "Strab" und den sog. "Kombidienstplan" mit Bitte um Zustimmung.
Der Betriebsrat stimmte diesen Dienstplänen nicht zu.
Mit Schreiben vom 14.08.2013 (Bl. 189 f. d.A.) teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat u.a. mit, dass diese die Einigungsstelle anrufe, die über die Dienstpläne "Bus" (Hauptturnus, Nebenturnus und Teilzeitturnus), den "Kombidienstplan" und den Dienstplan "Strab" ab dem 04.09.2013 entscheiden solle. Als Vorsitzende schlug die Arbeitgeberin Frau S. vor.
In einem weiteren Beschlussverfahren, das unter dem Aktenzeichen 3 BV 41/13 vor dem Arbeitsgericht P. zwischen den Beteiligten geführt wurde, stelle die Vorsitzende der 3. Kammer mit Beschluss vom 26.08.2013 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen eines Vergleichs fest, der u.a. den folgenden Inhalt hat:
1.Vorsitzende einer Einigungsstelle über die Verhandlung (i) der Dienstpläne Bus (Hauptturnus, Nebenturnus und Teilzeitturnus), (ii) den Kombidienstplan und (iii) den Dienstplan Strab, jeweils ab dem 04.09.2013, wird die Direktorin des Arbeitsgerichts Wuppertal, G..
2.Sollte G. den Einigungsstellenvorsitz ablehnen, sind sich die Parteien einig, dass die Bestimmung der Person des Einigungsstellenvorsitzenden G. übertragen wird.
[ ]
Da Frau Direktorin E. den Vorsitz der Einigungsstelle nicht übernehmen konnte, bestimmte sie den Richter am Arbeitsgericht Herrn K., der am Arbeitsgericht Düsseldorf tätig ist, zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand gemäß dem Vergleich vom 26.08.2013.
Die Einigungsstelle unter Vorsitz des Richters am Arbeitsgericht Herrn K. tagte erstmals am 11.09.2013. Am 16.09.2013 verkündete die Einigungsstelle um 23:00 Uhr gegen die Stimmen der Beisitzer des Betriebsrates gemäß dem Antrag der Arbeitgeberin den folgenden Spruch:
"Die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die
?Dienstpläne (Hauptturnuns, Nebenturnus und Teilzeitturnuns),
?Kombidienstplan
?Dienstplan Strab,
jeweils mit Gültigkeit ab dem 04.09.2013 wird gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG bis zum Abschluss des Einigungsstellenverfahrens durch diesen Spruch ersetzt."
Die in dem Spruch der Einigungsstelle genannten Dienstpläne wurden dem Betriebsrat bereits mit Schreiben vom 24.07.2013 und mit Schreiben vom 07.08.2013 zur Zustimmung zugeleitet.
Mit Schriftsatz vom 12.09.2013 hat der Betriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingeleitet. Mit Schriftsatz 17.09.2013 hat der Betriebsrat das Verfahren um den Antrag, die Arbeitgeberin "zu verurteilen", es zu unterlassen, Beschäftigte den Dienstplänen, die dem Betriebsrat mit Schreiben vom 24.07.2013 und vom 07.08.2013 zugeleitet wurden, zuzuordnen, erweitert.
Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, dass trotz des Spruches der Einigungsstelle vom 16.09.2013 die Anträge aus der Antragsschrift vom 12.09.2013, die er für zulässig hält, weiterhin begründet seien. Der Betriebsrat hält den Spruch der Einigungsstelle vom 16.09.2013 für offensichtlich rechtswidrig. Er habe dem Vorsitzenden der Einigungsstelle anhand der "Dienstanweisung für den Fahrdienst mit Bussen" (DF Bus) aufgezeigt, dass aufgrund der in der DF-Bus enthaltenen Verpflichtung, während der Wartezeit an Endhaltestelle bestimmte Tätigkeiten zu verrichten, die Pausenzeiten zu knapp bemessen seien. Da nur solche Unterbrechungen als Pause gelten könnten, die mindestens 10 Minuten dauerten und die Arbeitgeberin hier lediglich eine Minute pro Fahrt als Verspätung vorgesehen habe, müsse es zwangsläufig zu Eingriffen in die Pausenzeiten kommen. Auf den Vorhalt des Betriebsrates, dass die Leitstellenberichte zeigten, dass die vorgeschriebenen Pausen mit den Dienstplänen nicht eingehalten werden könnten, habe der Vorsitzende der Einigungsstelle erwidert, dass er nicht alle Anlagen lesen müsse. Es handele sich bei dem Spruch der Einigungsstelle weder um eine vorläufige Regelung, sondern um eine Einmischung in die Kompetenz des Arbeitsgerichts. Die getroffene Entscheidung sei eine spiegelverkehrte einstweilige Verfügung, mit der der Arbeitgeber eine einstweilige Regelung eines Zustandes habe erzielen wollen. In dem Beschlussantrag sei darauf hingewiesen worden, dass die Dienstpläne dem Betriebsrat mit Schreiben vom 24.07.2013 und mit Schreiben vom 07.08.2013 zur Zustimmung vorgelegen hätten. Ob dem Einigungsstellenvorsitzenden diese Dienstpläne vorgelegen haben, sei dem Betriebsrat nicht bekannt. Eine inhaltliche Diskussion habe - abgesehen von den Einwänden des Betriebsrats hiergegen - nicht stattgefunden. Der Einigungsstellenvorsitzende habe verlauten lassen, dass es ihm vor allem darum gegangen sei, den betriebsverfassungsrechtlichen Zustand zu beseitigen. Hierfür habe er auf eine inhaltliche Besprechung der Dienstpläne verzichten können, weil ihm auch von Seiten des Betriebsrates keine relevanten Einwände hiergegen bekannt gemacht worden seien. Die Dienstpläne enthielten lediglich die Dienstzeiten, die am jeweiligen Arbeitstag zu verrichten seien. Jeder Dienst habe einen anderen Zuschnitt, da andere Buslinien zu bedienen seien. Deshalb seien auch die Dienstzeiten in jedem Dienstplan anders. Jeder Dienstplan werde einem Fahrer/eine Fahrerin persönlich zugeordnet. Für die individuellen Arbeitszeiten sei daher einerseits die Zuordnung zu den Dienstplänen maßgeblich. Diese Zuordnung betreffe andererseits auch den Ablauf sowie die Reihenfolge, in denen die Dienste hintereinander gefahren werden müssten. Über beide Fragestellungen sei keine Festlegung der Einigungsstelle getroffen worden. Auch aus den vorgelegten Dienstplänen ergebe sich dieser Sachverhalt nicht. Die Einigungsstelle habe sich ohne erneute Terminierung auf unbestimmte Zeit vertagt. Da keine Zuordnung der Beschäftigten zu den Diensten existiert, sei hier keine Regelung getroffen worden, die den betriebsverfassungswidrigen Zustand beseitige. Zwar existierten jetzt von der Einigungsstelle abgestimmte Dienstpläne, jedoch sei, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden habe, die Zuordnung der Beschäftigten zu diesen Diensten in gleicher Weise mitbestimmungspflichtig. Es handele sich auch nicht um eine vorläufige Regelung. In den vergangen Jahren sei es jeweils zu den Herbstferien zu einer Veränderung der Dienstpläne gekommen, weil der Schülerverkehr wegfallen sei. Es sei damit zu rechnen, dass bereits Ende Oktober ein neuer Dienstplan vorgelegt werde. Da die Einigungsstelle trotz Bereitschaft der Beisitzer auf Seiten des Betriebsrates, im September 2013 einen weiteren Termin durchzuführen, sich hierzu nicht habe bereitfinden können, sei die Regelung als endgültige anzusehen. Eine solche Regelungskompetenz habe die Einigungsstelle nicht.
Der Betriebsrat beantragt sinngemäß,
der Beteiligten zu 2.) aufzugeben,
1.die Dienste TA 11 im Bus-Dienstplan (Montag bis Donnerstag) ab 04.09.2013, bis auf die mit dem Feriendienstplan gültig ab dem 22.07.2013 identischen Dienste 114 in TA 11 und 523 in TA 11 zu unterlassen,
2.weiter sämtliche Dienste der Dienstgruppe TA 12 (Freitag) ab 04.09.2013 bis auf die mit dem Feriendienstplan Bus, gültig ab dem 22.07.2013, identischen Dienste
-Dienst 156 in TA 12 identisch mit Dienst 153 in TA 72
-Dienst 205 in TA 12 identisch mit Dienst 205 in TA 72
-Dienst 401 in TA 12 identisch mit Dienst 402 in TA 72
-Dienst 512 in TA 12 identisch mit Dienst 520 in TA 72
-Dienst 523 in TA 12 identisch mit Dienst 527 in TA 72 zu unterlassen,
3.weiter sämtliche Dienste des Bus-Dienstplans der Dienstgruppe TA 13 (Samstag) ab 04.09.2013, bis auf die mit dem Feriendienstplan, gültig ab dem 22.07.2013, identischen Dienste
-Dienst 111 in TA 13 identisch mit Dienst 111 in TA 73
-Dienst 113 in TA 13 identisch mit Dienst 114 in TA 73
-Dienst 313 in TA 13 identisch mit Dienst 312 in TA 73
-Dienst 412 in TA 13 identisch mit Dienst 410 in TA 73
-Dienst 501 in TA 13 identisch mit Dienst 502 in TA 73
-Dienst 517 in TA 13 identisch mit Dienst 521 in TA 73
-Dienst 520 in TA 13 identisch mit Dienst 524 in TA 73
-Dienst 524 in TA 13 identisch mit Dienst 528 in TA 73
-Dienst 527 in TA 13 identisch mit Dienst 532 in TA 73
-Dienst 606 in TA 13 identisch mit Dienst 606 in TA 73 zu unterlasen,
4.weiter die Dienste aus dem Strab-Dienstplan ab dem 04.09.2013 zu unterlassen,
5.ferner sämtliche Dienste nach dem sog. Kombi-Dienstplan ab dem 04.09.2013 zu unterlassen,
6.sämtliche Dienste aus dem Teilzeitdienstplan zu unterlassen,
7.es zu unterlassen, Beschäftigte den Dienstplänen, die dem Betriebsrat mit Schreiben vom 24.07.2013 und vom 07.08.2013 zugeleitet wurden, zuzuordnen,
8.für jeden Tag und Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anträge zu 1.) bis 7.) ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 10.000 € anzudrohen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hält die Anträge für unzulässig. Die Anträge seien auch unbegründet. Es liege kein Verfügungsgrund vor. Es sei offensichtlich nicht gerechtfertigt, die Zuständigkeit der eingerichteten Einigungsstelle durch den gerichtlichen Erlass einer einstweiligen Verfügung zu unterlaufen. Es könne vor diesen Erwägungen auch dahinstehen, dass auch die im Rahmen der Prüfung des Verfügungsgrundes notwendige vorzunehmende Interessenabwägung klar ergebe, dass das Interesse des Betriebsrates am Erlass der einstweiligen Verfügung nicht überwiege. Etwaigen - unbenannten - Beeinträchtigungen des Betriebsrates stünden erhebliche materielle Nachteile für die Arbeitgeberin gegenüber, wenn sie die von der T. vergebenen Verkehrsdienstleistungen nicht erbringe bzw. diese nicht erbringen könne. Darüber hinaus stünden mit der Zuverlässigkeit der öffentlichen Verkehrsbedienungen gewichtige Interessen der Allgemeinheit auf dem Spiel.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Gründe:
2Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war insgesamt zurückzuweisen, weil für sämtliche Anträge des Betriebsrates aus der Antragsschrift (1.) sowie für den Antrag aus dem Schriftsatz vom 17.09.2013 (2.) der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendige Verfügungsgrund fehlt.
31.)
4Die zulässigen Anträge aus der Antragsschrift vom 12.09.2013 sind unbegründet, weil kein Verfügungsgrund vorliegt.
5a.)
6Es ist zwar zutreffend, dass dem Betriebsrat ein allgemeiner Unterlassungsanspruch, der nicht von den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG abhängig ist, zusteht, wenn der Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG verletzt, indem er etwa ohne Zustimmung des Betriebsrates einseitig Dienstpläne aufstellt. Der aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG abgeleitete Unterlassungsanspruch kann, sofern ein sog. Verfügungsgrund vorliegt, auch im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens durchgesetzt werden (vgl. LAG Düsseldorf, Beschluss vom 12.12.2007 - 12 TaBVGa 8/07 - zitiert nach juris; LAG Köln, Beschluss vom 12.08.2004 .- 6 TaBV42/04 - zitiert nach juris; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren 2. Auflage, Abschnitt K, Rdnr. 110, 111 m.w.N.). Neben dem sog. Verfügungsanspruch bedarf der Erlass einer einstweiligen Verfügung der besonderen Darlegung und der Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes, der sich nicht ohne weiteres aus dem Verfügungsanspruch ergibt (vgl. Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren 2. Auflage, Abschnitt K, Rdnr. 110, 111 m.w.N.). Ein Verfügungsgrund liegt, unabhängig von der besonderen Konstellation des Verstoßes gegen § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, im Allgemeinen dann vor, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers ohne alsbaldige einstweilige Regelung vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Zur Abwendung dieser Gefahr muss die einstweilige Verfügung erforderlich sein (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 14.03.2005 - 10 TaBV 31/05 - in: NZA-RR 2005, Seite 373- 375).
7b.)
8Vorliegend scheidet ein Verfügungsgrund hinsichtlich der Anträge aus der Antragsschrift vom 12.09.2013 aufgrund des Spruches der Einigungsstelle vom 16.09.2013 aus. Der Spruch der Einigungsstelle vom 16.09.2013 hat die Dienstpläne für den Fahrdienst im Bereich "Bus" und "Straßenbahn" für die Zeit ab dem 04.09.2013 zum Inhalt. Diese Dienstpläne wurden dem Betriebsrat bereits mit Schreiben vom 24.07.2013 und vom 07.08.2013 zur Zustimmung vorgelegt und waren Gegenstand des Antrages der Arbeitgeberin vor der Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle vom 16.09.2013 ersetzt gemäß § 87 Abs. 2 Satz 2 BetrVG die fehlende Einigung zwischen dem Betriebsrat und der Arbeitgeber über die mit Schreiben vom 24.07.2013 und vom 07.08.2013 übermittelten Dienstpläne, die nunmehr ab dem 04.09.2013 für die Bereiche "Bus" und "Straßenbahn" maßgeblich sind. Es handelt sich bei § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG um ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt damit die fehlende Einigung zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber und entfaltet zwischen beiden eine Bindungswirkung. Bindungswirkung bedeutet, dass der Spruch der Einigungsstelle die gleiche Rechtswirkung hat, als wenn sich Betriebsrat und Arbeitgeber auf ihn geeinigt hätten (vgl. Richardi, BetrVG, 12. Auflage, § 76 BetrVG, Rdnr. 110 m.w.N.). Der Spruch der Einigungsstelle wirkt daher wie eine entsprechende Betriebsvereinbarung. Diese "ersetzte" Einigung lässt den Verfügungsgrund für sämtliche Anträge vom 12.09.2013, die darauf beruhen, dass gerade keine gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitbestimmten Dienstpläne für den Zeitraum ab dem 04.09.2013 vorliegen, entfallen. Solange der Spruch der Einigungsstelle vom 16.09.2013 nicht gemäß § 76 Abs. 5 BetrVG wirksam angefochten wurde, also kein rechtskräftiger Beschluss des zuständigen Arbeitsgerichts in einem solchen Anfechtungsverfahren existiert, der die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs vom 16.09.2013 feststellt, ersetzt der Einigungsstellenspruch gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG die fehlende Einigung der Beteiligten über die Dienstpläne für den Zeitraum ab dem 04.09.2013. Die Einwände des Betriebsrates gegen die inhaltliche Richtigkeit des Einigungsstellenspruchs sind nur im Rahmen des fristgebundenen Anfechtungsverfahrens gemäß § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG zu berücksichtigen. Sollte die Einigungsstelle mit ihrem Spruch vom 16.09.2013 die Grenzen des ihr gesetzlich eingeräumten Ermessens überschritten haben, kann dies nur verbindlich in einem Anfechtungsverfahren geklärt werden, nicht aber in dem vorliegenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung. Sollte die Arbeitgeberin im Oktober 2013 aufgrund der Herbstferien wieder ohne Beteiligung des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG für den Fahrdienst im Bereich "Bus" und "Straßenbahn" einseitig neue Dienstpläne aufstellen oder von den Einigungsstellenspruch ohne Zustimmung des Betriebsrates abweichen, steht es dem Betriebsrat frei, wiederum den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen.
92.)
10Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 17.09.2013 mit dem Inhalt, der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, Beschäftigte den Dienstplänen, die dem Betriebsrat mit Schreiben vom 24.07.2013 und 07.08.2013 zugeleitet worden, zuzuordnen, war zurückzuweisen, weil kein Verfügungsgrund für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung vorliegt.
11Es kann dahinstehen, ob der behauptet Verfügungsanspruch gegeben ist. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG beinhaltet nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts neben der Aufstellung und der Ausgestaltung von Dienstplänen auch die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Schichtplänen (vgl. BAG, Urteil vom 29.09.2004 - 5 AZR 559/03 - zitiert nach juris). Hiernach wäre der Betriebsrat bei der Zuordnung der einzelnen Mitarbeiter zu den Dienstplänen im Fahrdienst für die Zeit ab dem 04.09.2013 gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu beteiligen. Eine Regelung hierzu hat die Einigungsstelle mit ihrem Spruch vom 16.09.2013 unstreitig nicht getroffen. Nach anderer Auffassung beinhaltet das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht die Zuordnung der einzelnen Mitarbeiter zu einem konkreten Schichtplan sondern lediglich die Aufstellung der allgemeinen Zuteilungsgrundsätze (vgl. Fitting, BetrVG, 26. Auflage, § 87 BetrVG, Rdnr. 123). Die bloße Zuordnung der Mitarbeiter zu dem jeweiligen Dienst gemäß dem Schicht-/Dienstplan sei, so die Vertreter dieser Ansicht, ggfs. ein Fall des § 99 BetrVG. Der Betriebsrat könnte, würde man dieser Ansicht folgen, seinen behaupteten Unterlassungsanspruch deshalb nur auf § 23 Abs. 3 BetrVG stützen. Diese Rechtsfrage kann jedoch offenbleiben, da in beiden Fällen der Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung bereits daran scheitert, dass kein Verfügungsgrund vorliegt. Es kann zugunsten des Betriebsrates unterstellt werden, dass die Arbeitgeberin die Mitarbeiter ohne seine Beteiligung den einzelnen Dienstplänen zuordnen wird. Dies allein begründet aber keinen Verfügungsgrund. Es ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Bei den Anforderungen, die an den Verfügungsgrund zu stellen sind, ist das Gewicht des drohenden Verstoßes und die Bedeutung der Maßnahme für den Arbeitgeber einerseits und für die Belegschaft andererseits angemessen zu berücksichtigen. Es kommt für den Verfügungsgrund nicht alleinentscheidend darauf an, ob dem Betriebsrat die Ausübung seiner Rechte ganz oder teilweise unmöglich gemacht wird. Maßgeblich ist in erster Linie, ob der Schutz der Arbeitnehmer in der Zeit bis zum Inkrafttreten einer mitbestimmten Regelung oder einer rechtskräftigen Entscheidung im arbeitsgerichtlichen Hauptsacheverfahren unwiderleglich vereitelt wird und dies zu wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft führt. Deshalb setzt eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der einseitigen Durchführung von Dienstplänen ohne Zustimmung des Betriebsrates ein eindeutig überwiegendes Interesse des Betriebsrates an der Unterlassung voraus. Verletzt der Arbeitgeber fortgesetzt und eindeutig bestehende Mitbestimmungsrechte, bedarf es in diesem Zusammenhang allerdings keiner in Einzelheiten gehende Feststellung der Nachteile für die Belegschaft (so Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren 2. Auflage, Abschnitt K, Rdnr. 113, 114, 115 m.w.N.).
12Ein solches eindeutig überwiegendes Interesse des Betriebsrates ist nicht erkennbar. Hier ist zunächst festzuhalten, dass den schutzwürdigen Belangen der im Fahrdienst eingesetzten Mitarbeiter durch den Spruch der Einigungsstelle vom 16.09.2013 insoweit Rechnung getragen wurde, dass nunmehr überhaupt Dienstpläne für die Zeit ab dem 04.09.2013 existieren. Hierauf kann sich die Belegschaft zunächst einstellen. Der Betriebsrat hat vorgetragen, dass die Dienstplangestaltung dazu führe, dass in die Pausenzeiten der Mitarbeiter eingegriffen werde. Selbst wenn man dies als zutreffend unterstellt, liegt kein Verfügungsgrund vor. Die Mitarbeiter der Arbeitgeberin haben zwar ein Recht darauf, dass ihre Pausenzeiten eingehalten werden. Sollte es in Einzelfällen oder in einer Vielzahl von Fällen dazu kommen, dass Pausenzeiten aufgrund der Gestaltung der Dienstpläne faktisch reduziert werden, begründet dies allein aber noch keinen Verfügungsgrund. Den berechtigten Interessen der Mitarbeiter im Fahrdienst, dass die ihnen zustehenden Pausenzeiten eingehalten werden, stehen überwiegende Interessen der Arbeitgeberin gegenüber. Die Arbeitgeberin dürfte aufgrund des begehrten Unterlassungstitels die Dienstpläne, welche aufgrund des Einigungsstellenspruchs vom 16.09.2013 gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG "genehmigt" sind, nicht vollziehen. Dies hätte für die Arbeitgeberin aber auch für den Bereich des ×. in P. gravierende Konsequenzen. Würde die Arbeitgeberin ihren Mitarbeiter trotzdem Schichten aus diesen Dienstplänen zuweisen, würde sie sich der Gefahr aussetzen, dass das Arbeitsgericht gemäß § 890 ZPO Ordnungsgelder in nicht unerheblicher Höhe verhängt. Die Arbeitgeberin kann ihren Fahrbetrieb im Bereich ×. in P. ohne die Umsetzung der Dienstpläne nicht aufrechterhalten. Könnte die Arbeitgeberin die Dienstpläne wegen des begehrten Unterlassungstitels nicht umsetzen, würde dies zu erheblichen Störungen im Bus- und Straßenbahnverkehr führen, deren Leittragende die Fahrgäste wären. Zu nennen sind hier insbesondere die Berufspendler und Schüler, die dringend auf zuverlässige und pünktliche Bus- und Straßenbahnverbindungen angewiesen sind. Diese "Fernwirkung", die erheblich über den betrieblichen Bereich hinausgeht, sind bei der vorzunehmenden Interessenabwägung zu Lasten des Betriebsrates und der Belegschaft zu berücksichtigen. Es sind zudem erhebliche wirtschaftliche Einbußen auf Seiten der Arbeitgeberin zu erwarten, wenn sie die genehmigten Dienstpläne nicht umsetzten dürfte. Zu nennen sind hier entgehende Beförderungsentgelte auf der einen Seite und wirtschaftliche Belastungen der Arbeitgeberin in Gestalt von Verzugslohnansprüchen ihrer Mitarbeiterin im Fahrdienst auf der anderen Seite, denen kein wirtschaftlicher Ausgleich gegenüberstehen würde. Diese zu erwartenden erheblichen negativen Konsequenzen überwiegen nach Auffassung der Kammer die vom Betriebsrat vorgetragenen möglichen Beeinträchtigungen der Mitarbeiter im Fahrdienst, weshalb kein Verfügungsgrund vorliegt.
13RECHTSMITTELBELEHRUNG
14Gegen diesen Beschluss kann von dem Betriebsrat Beschwerde eingelegt werden.
15Für die Arbeitgeberseite ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
16Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
17Landesarbeitsgericht Düsseldorf
18Ludwig-Erhard-Allee 21
1940227 Düsseldorf
20Fax: 0211-7770 2199
21eingegangen sein.
22Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
23Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
24Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
251.Rechtsanwälte,
262.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
273.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
28Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
29* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
30E.