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Eine inkongruente Deckung kann vorliegen, wenn Lohnansprüche nicht innerhalb tarifvertraglicher Ausschlussfristen geltend gemacht werden und zum Zeitpunkt ihres Ausgleichs bereits verfallen waren.
1.Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2008 zu zahlen.
2.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
4.Der Streitwert beträgt 7.507,50 €
5.Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
T A T B E S T A N D:
2Die Parteien streiten im Rahmen einer Teilklage über Rückgewähransprüche nach Insolvenzanfechtung.
3Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Q. GmbH & Co. KG, über deren Vermögen mit Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 01.02.2008 das Insolvenzverfahren zum Aktenzeichen 20 IN 169/07 eröffnet wurde. Wegen den Einzelheiten des Eröffnungsbeschlusses wird auf Bl. 7 f. der Gerichtsakte Bezug genommen.
4Persönlich haftende Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin war die Q. Verwaltungs- und Dienstleistungs-GmbH. Deren Geschäftsführerin D. Q. stellte mit Schreiben vom 10.12.2007, beim Insolvenzgericht Mönchengladbach eingegangen am 11.12.2007, einen Insolvenzantrag. Wegen der Einzelheiten des Antrages wird auf Bl. 10 der Gerichtsakte Bezug genommen.
5Der Beklagte war Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin. Sein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt lag bei 1.354,92 €.
6Am 27.11.2007 zahlte der Beklagte aus der Kasse der Insolvenzschuldnerin einen Betrag in Höhe von 15.300,00 € an sich selbst aus. Als Verwendungszweck vermerkte er auf einer von ihm unterschriebenen Quittung "N. Q., Lohnzahlungen offen" (Bl. 2. d. Gerichtsakte).
7In der Folge meldete der Beklagte keine Forderungen zur Insolvenztabelle an. Im Zeitraum November 2007 bis Januar 2008 bezog er Insolvenzgeld.
8Mit Schreiben vom 05.05.2010 fordert der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 20.05.2010 auf, den Betrag in Höhe von 15.300,00 € an die Insolvenzmasse zurück zu erstatten. Nach fruchtlosem Fristablauf beauftragte der Kläger seine Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Forderung. Mit Schreiben vom 28.05.2010 unter Fristsetzung zum 11.06.2010 forderten diese den Beklagten erneut zur Zahlung auf. Auch diese Frist verstrich fruchtlos.
9Der Kläger ist der Auffassung, dass er von dem Beklagten neben dem auf Grundlage der Insolvenzanfechtung eingeklagten Teilbetrag in Höhe von 7.000,00 € einen weiteren Betrag in Höhe von 507,50 € als Schadensersatzbetrag infolge der Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Rechtsverfolgung verlangen kann. Der geltend gemachte Betrag setzt sich zusammen aus einer 1,3 Geschäftsgebühr nach RVG aus einem Streitwert in Höhe von 7.000,00 € = 487,50 € sowie einem Postentgelt in Höhe von 20,00 €.
10Der Kläger geht davon aus, dass der Beklagte faktischer Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin war.
11Er beantragt im Wege der Teilklage,
12den Beklagten zu verurteilen, an ihn 7.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.02.2008 sowie sonstige Nebenkosten in Höhe von 507,50 € zu zahlen.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Er behauptet, dass im November 2007 Nettolohnrückstände der Insolvenzschuldnerin in Höhe von 15.300,00 € zu seinem Gunsten bestanden hätten. Diese setzten sich zusammen aus 17 Zahlungen in Höhe von jeweils 900,00 € netto für den Zeitraum Juli 2006 bis einschließlich November 2007.
16Ferner habe er das entnommene Geld zu einem Großteil zur Begleichung von Rückständen gegenüber der Krankenkasse als Einzugsstelle für Sozialabgaben verwendet.
17Gegen den Beklagten ist zum Az.: 19 C 152/10 vor dem Amtsgericht H. wegen Insolvenzverschleppung ein Strafverfahren geführt worden, das mit einer Verurteilung endete.
18Der Kläger hat die vorliegende Klage zunächst beim Landgericht Mönchengladbach anhängig gemacht. Dieses hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 19.01.2011 an das Arbeitsgericht Mönchengladbach verwiesen (Bl. 30 f. der Gerichtsakte)
19Im Verhandlungstermin vom 25.05.2011 erklärte der Beklagte auf die Frage nach der Verwendung des entnommenen Geldes, er habe einen Betrag in Höhe von 13.855,00 € unmittelbar im Anschluss an die Entnahme bei der AOK zur Einzahlung gebracht, um dortigen Forderungen gegen die Q. Verwaltungs- und Dienstleistungs- GmbH zu begleichen und nicht dem Vorwurf einer Insolvenzverschleppung ausgesetzt zu sein (nicht protokolliert).
20E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
21I.
22Für die Klage ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.
23Zu der Frage, der bislang durch das Bundesarbeitsgericht und den Bundesgerichtshof kontrovers bewerteten Zuständigkeit für Klagen aus Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes mit Beschluss vom 27.09.2010 (Az.: GmS-OGB 1/09 in NZA 2011, 534 f.) entschieden, dass derartige Streitigkeiten in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen.
24II.
25Die zulässige Klage ist jedoch nur insoweit begründet, als der Kläger eine Zahlung an sich in Höhe von 7.000,00 € verlangt.
261.
27Der Kläger kann von dem Beklagten nach Auffassung der Kammer eine Teilzahlung in Höhe von 7.000,00 € nach erfolgter Insolvenzanfechtung auf Grundlage von §§ 129, 131 Abs. 1 Nr. 1, 143 Insolvenzordnung (InsO) verlangen. Die unstreitig durch den Beklagten vorgenommene Auszahlung an sich selbst in Höhe von 15.300,00 € erfolgte am 27.11.2007 und damit weniger als einen Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 10.12.2007.
28Zudem lag auch eine inkongruente Deckung im Sinne von § 131 InsO zum Zeitpunkt der Auszahlung vor. Eine solche ist gegeben, wenn der Gläubiger eine Sicherung oder Befriedigung erhält, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit beanspruchen konnte.
29Nach Auffassung der Kammer konnte der Beklagte zum Entnahmezeitpunkt 27.11.2007 rückständigen Lohn in Höhe von 15.300,00 € nicht von der Insolvenzschulderin fordern. Der Kläger hat nach dem Vortrag des Klägers zu seiner fehlenden Berechtigung insoweit in keiner Weise näher dargelegt und begründet, woraus sich seine angebliche Forderung ergeben soll. Nachdem er im Verfahren zunächst nur den Gesamtbetrag behauptet hat ohne diesen näher zu konkretisieren, hat er in seinem Schriftsatz vom 09.05.2011 (Bl. 82 d. GA) vorgetragen, dass sich die Forderung zusammensetze aus 17 Einzelforderungen in Höhe von jeweils 900,00 € netto für die Monate Juli 2006 bis einschließlich November 2007. Dabei hat er in keiner Weise die Grundlage seiner Lohnforderungen gegenüber der Insolvenzschuldnerin - also das Bestehen eines gelebten Arbeitsverhältnisses zu näher bezeichneten Konditionen - dargelegt, noch hat er sich dazu erklärt, warum in den betreffenden 17 Monaten angeblich keine monatlichen Leistungen durch die Insolvenzschuldnerin erfolgt sein sollen.
30Ferner dürfte auf ein etwaiges Arbeitsverhältnis des Beklagten der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in der Bundesrepublik Deutschland vom 20.12.1995 anwendbar sein. Dieser sieht in § 14 Ausschlussfristen für die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis - und damit auch für Lohnforderungen - innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Fälligkeit einer Forderung vor. Zu einem substantiierten Vortrag des Beklagten hätte nach Auffassung der Kammer zumindest eine Erläuterung zur etwaigen Wahrung der Fristen bzw. zu deren etwaigen Unanwendbarkeit gehört.
31Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Anfechtungsvoraussetzungen grundsätzlich beim Insolvenzverwalter und damit beim Kläger liegt (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster InsO 2010, § 131 Rn. 27); allerdings geht die Kammer davon aus, dass der Beklagte, wenn er die Voraussetzungen der Anfechtung bestreitet, lediglich substantiiert bestreiten kann. Ein solches substantiiertes Bestreiten konnte von der Kammer jedoch im Vortrag des Klägers nicht gefunden werden.
322.
33Darüber hinaus sieht die Kammer jedoch selbst für den Fall, dass der Beklagte die vorgenommene Auszahlung in Höhe von 7.000,00 € tatsächlich für sich beanspruchen konnte jedenfalls auch die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung nach §§ 129, 130 Abs. 1 Nr. 1, 143 Abs. 1 S. 1 InsO erfüllt.
34Die Auszahlung an den Beklagten erfolgte unproblematisch innerhalb der letzten drei Monate vor Stellung des Insolvenzantrages.
35Auch liegen die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor, denn die Insolvenzschuldnerin war zum Zeitpunkt der Auszahlung am 27.11.2007 und damit nur 14 Tage vor Insolvenzantragsstellung zahlungsunfähig.
36Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 InsO liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster InsO 2010, § 17 Rn. 7). Sie ist gemäß S. 2 der Vorschrift in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Hierzu hat der Insolvenzverwalter ausgeführt, dass sich die Insolvenzschuldnerin zum 31.10.2007 Forderungen in Höhe von mindestens 189.551,49 € ausgesetzt sah und diese nicht mehr beglichen wurden. Dabei reicht nach der Rechtsprechung des Bundegerichtshofes die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten für eine Zahlungseinstellung aus (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.2006, Az.: IX ZR 228/03, zitiert nach Juris).
37Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 28.03.2011 (Bl. 71 ff. d. GA) in Einzelnen ausgeführt, welche Forderungen zum Stichtag 31.10.2007 fällig waren und als Anlage die jeweiligen Forderungsanmeldungen im Insolvenzverfahren nebst Belegen beigefügt. Auf die dortige Aufstellung nebst Anlagen wird ausdrücklich Bezug genommen.
38Zu diesem Vortrag des Klägers hat der Beklagte sich nach Auffassung der Kammer nicht in einer Weise eingelassen, die einer erforderlichen substantiierten Einlassung im Sinne von § 138 ZPO entspricht. Insbesondere erachtet die Kammer das von dem Beklagten vorgenommene pauschale Bestreiten der Fälligkeit der dargestellten Ansprüche zum 31.10.2007 für unzulässig, nachdem der Kläger die Ansprüche im Einzelnen dezidiert und unter Übermittlung von Belegen dargelegt hat. Hier hätte sich der Beklagte zumindest dazu erklären müssen, warum er trotz der vorgelegten Insolvenzanmeldungen nebst Belegen davon ausgeht, dass die Forderungen im Einzelnen nicht fällig waren. Dies hat er nicht getan. Zur Darlegungslast gilt insoweit das zu § 131 InsO Gesagte entsprechend.
39Ferner hat der Beklagte den Vortrag des Klägers, wonach er aufgrund seiner Einbindung in das Unternehmen der Insolvenzschuldnerin Kenntnis von ihrer Zahlungsunfähigkeit hatte nicht bestritten. Dieser wird damit als zugestanden im Sinne von § 138 Abs. 3 ZPO bewertet.
403.
41Zuletzt ist auch der Vortrag des Beklagten, wonach er das entnommene Geld in Höhe eines Betrages von 13.855,00 € zur Begleichung von offenen Forderungen der AOK verwendet habe nicht geeignet, die Forderung des Klägers zu Fall zu bringen. Dies insbesondere deshalb, weil der Beklagte nach eigenen Angaben im Kammertermin vom 25.05.2011 mit der Zahlung nicht etwa eine Schuld der Insolvenzschuldnerin begleichen wollte, sondern eine Schuld der Q. Verwaltungs- und Dienstleistungs-GmbH. Dies muss sich die Insolvenzschuldnerin in keiner Weise entgegen halten lassen.
42III.
43Im Übrigen ist die Klage unbegründet und unterliegt der Abweisung.
44Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu. Dieser ist gemäß § 12 a ArbGG ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt dabei der Ausschluss der Kostenerstattung im Urteilsverfahren sowohl für den prozessualen wie auch für den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch z.B. aus Verzug oder Schadensersatz (vgl. BAG Urteil v. 27.10.2005, Az.: 8 AZR 546/03, zitiert nach Juris).
45IV.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V. mit § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
47Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG.
48Gemäß § 64 Abs. 2a ArbGG ist im Urteilstenor klarzustellen, ob die Berufung gesondert zugelassen wird. Für eine besondere Zulassung der Berufung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ArbGG bestand keine Veranlassung. Hiervon unberührt bleibt die Zulässigkeit der Berufung aus anderen Gründen, insbesondere gemäß § 64 Abs. 2b ArbGG für den Fall, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 € übersteigt (vgl. hierzu die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung).
49RECHTSMITTELBELEHRUNG
50Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden. Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
51Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
52Landesarbeitsgericht E.
53Ludwig-Erhard-Allee 21
5440227 E.
55Fax: 0211-7770 2199
56eingegangen sein.
57Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
58Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
591.Rechtsanwälte,
602.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
613.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
62Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
63* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
64Abeln