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Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG erfodert die Vergütung des Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln, die mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung versehen sind. Die für die Vergütung verfügbaren Haushaltsmittel müssen für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer vorgesehen sein (BAG 7. Mai 2008 - 7 AZR 198/07).
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 26.08.2009 vereinbarten Befristung zum 31.12.2010 beendet wird.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 9.168,84 € festgesetzt.
TATBESTAND
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung ihres Arbeitsvertrages.
3Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 18. Juni 2007 auf der Grundlage mehrerer befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Das letzte Bruttomonatsgehalt betrug 3.056,28 €. Am 18. Juni 2007 schlossen die Parteien einen kalendermäßig bis zum 31.12.2007 befristeten Anstellungsvertrag (Anlage RBJ 1, Bl. 31-32 d. GA). Die Beklagte übertrug dem Kläger die Tätigkeit eines Arbeitsvermittlers mit Beratungsaufgaben in der B. N. Geschäftsstelle O. (Bl. 33-34 GA). Gemäß Änderungsvereinbarung vom 12. November 2007 (Anlage RBJ 2, Bl. 35-36 GA) wurde der Kläger bis zum 31. Dezember 2008 kalendermäßig weiter beschäftigt. Am 3. Oktober 2008 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag bis zum 31. Dezember 2009 (Anl. RBJ 3, Bl. 38-41 GA). Als Befristungsgrund war im Vermerk zum befristeten Arbeitsvertag § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG angegeben. Einen letzten befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 schlossen die Parteien am 26. August 2009 (Anlage RBJ 4, Bl. 42-45 GA). In dem Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 45 GA) wird als Befristungsgrund § 14 Abs. 1 Nr. 8. TzBfG angegeben.
4Mit seiner am 13. September 2010 bei Gericht eingegangenen Klage, der Beklagten zugestellt am 24. September 2010, macht der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung zum 31. Dezember 2010 geltend.
5Der Kläger behauptet, er sei immer als arbeitnehmerorientierter Arbeitsvermittler in der Abteilung 5. mit Daueraufgaben betreut gewesen. Eine sogenannte Job-to-job-Vermittlung habe er hingegen nicht durchgeführt. Der Kläger vertritt die Auffassung, damit genüge die vereinbarte Befristung nicht den Anforderungen an eine wirksame Befristung i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8. TzBfG.
6Der Kläger beantragt
7festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 26. August 2009 vereinbarten Befristung zum 31. Dezember 2010 beendet wird.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie hat sich im Verlaufe des Rechtsstreits zur Begründung der Prognose eines nur vorübergehenden Arbeitsanfalls auf den Haushaltsplan der C. für das Haushaltsjahr 2010 (Bl. 68 ff. GA) berufen. Dieser Haushaltsplan wurde am 13. November 2009 aufgestellt, d. h. nach dem Vertragsschluss der Parteien vom 26. August 2009. Erstmals im Termin zur Verhandlung vor der Kammer am 18. November 2010 hat die Beklagte erklärt, die Wirksamkeit der Befristung ergebe sich aus dem Haushaltsplan für das Jahr 2009, aufgestellt am 27. Oktober 2008, genehmigt am 17. Dezember 2008, sowie gemäß Nachtragshaushalt, aufgestellt am 2. Februar 2009, genehmigt am 11. März 2009.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2010 sowie 18. November 2010 Bezug genommen.
12E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
13Die nach § 17 TzBfG rechtzeitig erhobene Befristungskontrollklage ist begründet, weil die im Arbeitsvertrag der Parteien vom 26. August 2009 vereinbarte Befristung rechtsunwirksam ist und somit das Arbeitsverhältnis nicht zum 31. Dezember 2010 beendet wird.
14Die Befristung ist nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8. TzBfG sachlich gerechtfertigt. Nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8. TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vor, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind und er entsprechend beschäftigt wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes erfordert der Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8. TzBfG die Vergütung des Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln, die mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zweckbesetzung versehen sind. Die für die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers verfügbaren Haushaltsmittel müssen für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer vorgesehen sein. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn Haushaltsmittel lediglich allgemein für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Rahmen von befristeten Arbeitsverhältnissen bereit gestellt werden (BAG 8.. Mai 2008 - 8. AZR 198/2007 - NZA 2008, 880). Daneben erfordert der hier streitige Sachgrund den Einsatz des befristet beschäftigen Arbeitnehmers entsprechend der Zwecksetzung der bereitstehenden Haushaltsmittel, wobei die Umstände bei Vertragsschluss maßgeblich sind.
15Ausgehend von diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Streitfall die Voraussetzungen für eine nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8. TzBfG gerechtfertigte Befristung nicht gegeben. Dies gilt auch dann, wenn der Kläger aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für die befristete Beschäftigung bestimmt sind und er entsprechend beschäftigt wird.
16Für den Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8. TzBfG müssen im Haushalt Mittel mit einer nachvollziehbaren Zweckfestsetzung für eine Aufgabe von vorübergehender Dauer ausgewiesen sein. Erforderlich ist dabei, dass die Zwecksetzung aus Gründen des Europäischen Gemeinschaftsrechts so bestimmt sein muss, dass sie eine Kontrolle ermöglicht, ob die befristete Beschäftigung der Deckung eines vorübergehenden Bedarfs dient (vgl. BAG 17. März 2010 - 8. AZR 843/08 - NJW 2010, 2536-2538, zu I 1 a der Gründe, Rn. 11). Daran fehlt es hier.
17Auf den Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2010 kann sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Befristung bereits deshalb nicht berufen, weil dieser Haushaltsplan zur Zeit des Vertragsabschlusses der Parteien am 26. August 2009 noch gar nicht existierte.
18Jedoch genügen auch die Bestimmungen im Haushaltsplan der C. für das Jahr 2009 (Kapitel 5 Titel 42507, Erläuterungen zu f) diesen Anforderungen nicht, nach der für das Jahr 2009 Ermächtigungen für Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag vorgesehen sind. Sie ermöglichen keine Prüfung, ob die Beschäftigung von befristet eingestellten Arbeitnehmern mit Aufgaben von vorübergehender Dauer erfolgt oder ob damit ein ständiger Bedarf abgedeckt wird. Dies gilt auch im Hinblick auf die im Haushaltsplan enthaltene Formulierung, die zeitliche Befristung sei erforderlich zur ggf. notwendigen Forcierung der Job-to-job-Vermittlung, um einen vorübergehenden Anstieg der Eintritte in die Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Vielmehr fallen im Bereich der Arbeitsvermittlung Daueraufgaben an. So hat der Kläger dort auch bereits vor Abschluss des zuletzt abgeschlossenen Vertrages seit dem 18. Juni 2007 gearbeitet. An der erforderlichen Bestimmtheit, die die Feststellung ermöglicht, ob die Beschäftigung des Klägers vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 zur Deckung eines vorübergehenden Bedarfs oder aber zur Erledigung von Daueraufgaben erfolgt ist, fehlt es. Aus Kapitel 5 des Haushaltsplanes ergibt sich nicht, von welchem Mehrbedarf bei der Mittelzuweisung ausgegangen wurde. Die Formulierung zur ggf. notwendigen Forcierung der Job-to-job-Vermittlung zeigt zudem, dass der Haushaltsgeber nicht unbedingt davon ausgegangen ist, dass es überhaupt zu einem Anstieg des Arbeitsanfalls kommen würde. Da es im Haushaltsplan an einer für eine Bedarfskalkulation erforderlichen Angabe von Parametern fehlt, anhand welcher der befristete Mehrbedarf ermittelt wurde, fehlt es an der hinreichend bestimmten Zweckfestsetzung der Haushaltsmittel für eine Aufgabe von vorübergehender Dauer.
19Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Den gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzenden Wert des Streitgegenstandes hat das Gericht für die Befristungskontrollklage auf den Betrag einer Vierteljahresvergütung des Klägers festgesetzt. Die Statthaftigkeit der Berufung ergibt sich für diese Bestandsstreitigkeit bereits kraft Gesetzes gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG.
20RECHTSMITTELBELEHRUNG
21Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden.
22Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
23Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
24Landesarbeitsgericht E.
25Ludwig-Erhard-Allee 21
2640227 E.
27Fax: 0211-7770 2199
28eingegangen sein.
29Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
30Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein.
31Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
321. Rechtsanwälte,
332. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
343. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
35Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
36* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
37gez. Gruben-Braun