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Die Fälschung von Unterschriften eines zuständigen Kreditkontrolleurs und die Gewährung von Krediten ohne Sicherheit durch den Geschäftsstellenleiter einer Bank, rechtfertigt grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Planmäßiges Vorgehen spricht gegen die Geschäftsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Ein wichtigter Grund für eine außerordentliche Kündigung ist auch bei Geschäftsunfähigkeit gegeben, da in dem Fall bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit weiteren Taten zu rechnen ist.
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3.Streitwert: 5.004,33.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
3Der am 13.7.1949 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 1.4.1969 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Geschäftsstellenleiter der Geschäftsstelle F.. Gemäß Altersteilzeitvertrag vom 4.8.2004 zum Arbeitsvertrag vom 25.3.1969 befindet sich der Kläger seit dem 1.8.2006 in der Arbeitsphase der Altersteilzeit im sog. Blockmodell. Auf die vorgenannten Verträge (Bl. 18 ff. d.A.) wird Bezug genommen. Sein monatliches Bruttogehalt beträgt 1.668,11 EUR.
4Zu den Kunden der Beklagten, für die der Kläger zuständig war, gehörte auch ein Herr N. Q.. Dieser war im Jahr 2005 arbeitslos und machte sich im Jahr 2006 selbständig. Inzwischen läuft über sein Vermögen ein Insolvenzeröffnungsverfahren.
5Der Dispositionskredit der Eheleute Q. wurde am 10.10.2005 zunächst auf 1.000,- gesenkt. Gleichzeitig wurde ein Geschäftskredit i.H.v. 45.000,- EUR durch den Kläger gewährt. Nach den Richtlinien der Beklagten hätte der Kläger nur Kredite bis zu 25.000,- EUR eigenständig bewilligen dürfen. Bis zum 1.3.2007 wurde der Dispositionskredit des Kontos der Eheleute Q. wieder in mehreren Schritten auf zuletzt 25.000,- EUR erhöht.
6Am 14.6.2006 eröffnete Herr Q. zudem ein Geschäftsgirokonto. Ihm wurde ein Überziehungskredit von 30.000,- EUR eingeräumt, der in Anspruch genommen wurde. In den anzufertigenden Überziehungsmeldungen hätten die Gesamtverpflichtungen des Herrn Q. angegeben werden müssen. Dies unterließ der Kläger. Außerdem gab der Kläger an, die Überziehung sei aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse gerechtfertigt. In den Überziehungsmeldungen vom 31.8.2006 fälschte der Kläger die Unterschrift des zuständigen Kreditkontrolleurs, Herrn L.. Auf die entsprechenden Unterlagen (Bl. 59, 61, 63 d.A.) wird Bezug genommen.
7Als die Kreditlinien auf den drei Konten des Herrn Q. ausgeschöpft waren, wurden die Kreditrahmen der Konten der Mutter des Herrn Q., Ingrid Q. und deren Lebensgefährtin erhöht. Obwohl der Dispositionskredit nach den Vorgaben der Beklagten den dreifachen Betrag des Nettoeinkommens nicht übersteigen darf, wurde bei Frau Q. ein Dispositionskredit von 25.000,- EUR bei einem Einkommen von 700,- EUR und bei Frau T. 30.000,- EUR bei einem Nettoeinkommen von 1.500,- EUR eingerichtet. Die Dispositionskredite wurden jeweils sofort in Anspruch genommen und erhebliche Beträge auf die Konten von Herrn Q. überwiesen. Zusätzlich wurde Frau Q. ein Darlehen i.H.v. 30.000,- EUR und Frau T. ein Darlehen i.H.v. 35.000,- EUR durch den Kläger bewilligt. Auch hierbei fälschte der Kläger die Unterschrift des Herrn L..
8Insgesamt ergaben sich durch dieses Vorgehensweise des Klägers Verbindlichkeiten der Familie Q. / T. von 220.000,- EUR gegenüber der Beklagten. Der Kläger fasste diese Verpflichtungen entgegen den bei der Beklagten gültigen Richtlinien nicht zusammen.
9Am 1.6.2007 veranlasste der Kläger selbst, nach seiner Behauptung auf Veranlassung von Herrn Q., eine Überweisung vom Konto der Frau Q. auf das Konto des Herrn Q. in Höhe von 7.700,- EUR.
10Am 18.6.2007 fiel dem Regionalvertriebsleiter die Überziehung auf dem Geschäftskonto Q. auf.
11Am 10.7.2007 wurde die Kreditrevision der Beklagten über die Kredite der Gruppe Q. informiert und um Untersuchung gebeten.
12Am 13.7.2007 entschied der Arbeitskreis Personalbesonderheiten bei der Beklagten, dass der Kläger sowie Herr T. über die Kredite der Familie Q. befragt werden sollten. Am 16.7.2007 fand eine erste Befragung des Klägers statt. Auf das Protokoll (Bl. 71 ff. d.A.) wird Bezug genommen. Am 17.7.2007 erklärte Herr L. in einem Gespräch, dass die fraglichen Unterschriften nicht von ihm stammten. In einem zweiten Gespräch mit dem Kläger vom 20.7.2007, auf das Bezug genommen wird (Bl. 75 ff. d.A.), gab der Kläger die Fälschungen der Unterschrift zu.
13Mit Schreiben vom 25.7.2007 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Personalrat zur fristlosen Kündigung des Klägers an. Auf das Anhörungsschreiben nebst Anlagen (Bl. 77 ff. d.A.) wird Bezug genommen. Nachdem der Personalrat am 31.7.2007 eine Anhörung des Klägers durchgeführt hatte, verzichtete er auf eine gesonderte Stellungnahme. Auf das Sitzungsprotokoll vom 31.7.2007 (Bl. 76 d.A.) wird Bezug genommen.
14Mit Schreiben vom 1.8.2007, dem Kläger am selben Tage zugegangen, kündigte die Beklagte dem Kläger fristlos. Auf das Kündigungsschreiben (Bl. 24 d.A.) wird Bezug genommen.
15Mit am 21.8.2007 beim Arbeitsgericht eingegangener und am 23.8.2007 zugestellter Kündigungsschutzklage wendet sich der Kläger gegen diese Kündigung.
16Der Kläger behauptet, er sei zum Zeitpunkt der Vorgänge geschäftsunfähig gewesen. Die mit seinem zwischenzeitlichen Aufenthalt in der Psychiatrie verbundene Untersuchung habe dies ergeben. Bei ihm habe sich eine beginnende demenzielle Entwicklung gezeigt. Die Schuldlosigkeit seines Handelns könne das vorgelegte Gutachten und ein gerichtliches Sachverständigengutachten belegen. Er ist der Auffassung, eine schuldlose Pflichtverletzung könne eine fristlose Kündigung nicht begründen und selbst wenn dies ausnahmsweise doch so sei, liege ein derartiger Ausnahmefall hier nicht vor. Er sei in seinem Beruf in der letzten Zeit überfordert gewesen. Auch im privaten Bereich sei es zu erheblichen Veränderungen der Persönlichkeit gekommen. Die Beklagte habe diese Probleme allerdings nicht erkannt, er selbst habe die Konsequenzen nicht erkennen können. Zu berücksichtigen sei bei der Beurteilung des Sachverhalts auch, dass der Kläger sich keinen eigenen Vorteil verschafft habe. Außerdem sei er nicht planmäßig vorgegangen und habe an der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt.
17Der Kläger beantragt,
181) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die
19schriftliche Kündigung der Beklagten vom 01.08.2007, zuge-
20gangen am 01.08.2007, nicht aufgelöst worden ist,
212) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger für den Fall des Obsiegens
22mit dem Feststellungsantrag zu 1) bis zu einer rechtskräftigen Ent-
23scheidung über den Feststellungsantrag zu 1) unter den bisherigen
24Bedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den
25Feststellungsantrag weiter zu beschäftigten.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Die Beklagte behauptet, der Kläger habe neben den Pflichtverletzungen im Rahmen der Familie Q. / T. ähnliche Taten begangen, die insgesamt zu einem Schaden von ca. 700.000,- EUR geführt hätten. Die Art seiner Vorgehensweise zeige, dass er sich bewusst gewesen sei, was er getan habe. Die Beklagte ist im Übrigen der Auffassung, dass es auf die Frage der Geschäftsfähigkeit nicht ankomme. Abgesehen davon sei das vorgelegte Gutachten in sich widersprüchlich.
29Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
31Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
32I. Die Klage ist zulässig.
33Die Kammer ist von der Prozessfähigkeit des Klägers ausgegangen. Der Kläger selbst hat zwar behauptet, während der ihm zur Last gelegten Taten geschäftsunfähig gewesen zu sein. Er hat andererseits aber behauptet, der Zustande habe sich zwischenzeitlich gebessert. Die Beklagte hat die Geschäftsfähigkeit des Klägers zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt. Die Kammer sah folglich keinen Anlass, vom Gegenteil auszugehen.
34II. Die Klage ist unbegründet.
351. Der Kläger hat zwar fristgemäß Kündigungsschutzklage erhoben (§ 4 T.. 1 KSchG i.V.m. §§ 253 Abs. 1, 167 ZPO.
362. Die Klage war jedoch abzuweisen, weil ein fristloser Kündigungsgrund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vorliegt.
37a) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung oder zum Ablauf einer vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
38Nach der ständigen Rechtsprechung ist bei der Prüfung einer außerordentlichen Kündigung in zwei Stufen vorzugehen (vgl. etwa BAG, Urt. v. 29.1.1997 - 2 AZR 292/96, AP Nr. 68 zu § 626 BGB). Auf der ersten Stufe ist zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen.
39Stellt sich heraus, dass ein an sich für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung geeigneter Kündigungsgrund vorliegt, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips die berechtigten Interessen des Kündigenden als überwiegend anzusehen sind. Alle in diesem Rahmen vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände müssen vollständig berücksichtigt werden (BAG, Urt. v. 29.1.1997 - 2 AZR 292/96, AP Nr. 68 zu § 626 BGB).
40b) Nach den vorgenannten Maßstäben ist ein fristloser Kündigungsgrund gegeben.
41aa) Allein die Tatsache, dass der Kläger Unterschriften des zuständigen Kreditkontrolleurs gefälscht hat, ist geeignet, einen fristlosen Kündigungsgrund darzustellen. Denn damit hat er der Beklagten einen erheblichen Schaden zugefügt und gleichzeitig Verstöße gegen interne Anweisungen zum Verhalten bei der Gewährung von Krediten verschleiert. Darüber hinaus ist die Tatsache allein, dass er in erheblichem Umfang Kredite ohne jede Sicherheit eingeräumt hat und sogenannte "Strohmannkredite" eingeräumt hat, geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen. Denn diese Handlungen zerstören das notwendige Vertrauen des Arbeitgebers grundlegend und dauerhaft. Auch hat der Kläger nicht aufgezeigt, wie er sich eine störungsfreie Weiterbeschäftigung bei der Beklagten vorstellt. Gerade seine Einlassung hinsichtlich seiner Geschäftsunfähigkeit zeigt, dass bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit weiteren Taten zu rechnen wäre. Weder die Taten selbst noch die rechtliche Konsequenz einer fristlosen Kündigung hat der Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt des Verfahrens in Abrede gestellt.
42Der Kläger hat sich allein auf die nach seinem Vortrag fehlende Geschäftsfähigkeit berufen. Nach Auffassung der Kammer kommt es aber auf die Frage der Geschäftsfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Taten nicht einmal entscheidend an. Zwar ist vom Ausgangspunkt her die Auffassung des Klägers zutreffend, der mit einer fristlosen Kündigung verbundene Vorwurf setze auch in rechtlicher Hinsicht die Vorwerfbarkeit der Tat und damit ein schuldhaftes Handeln voraus. Allerdings folgt die erkennende Kammer der Rechtsprechung des BAG, wonach dies nicht ausnahmslos gilt (BAG, Urt. v. 21.1.1999 - 2 AZR 665/98, AP Nr. 151 zu § 626 BGB). Das BAG hat sich in vorgenannter Entscheidung ausführlich mit den in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen auseinandergesetzt. Hierbei hat es deutlich gemacht, dass der Wortlaut der § 1 KSchG und § 626 BGB sich in entscheidender Weise unterscheide. In Bezug auf § 626 BGB werde erst im Rahmen der Folgevorschrift des § 628 BGB zwischen einem vorwerfbaren und einem schuldlosen Handeln unterschieden. Folglich dürfe dieser Umstand für § 626 BGB keine entscheidende Rolle spielen (BAG, Urt. v. 21.1.1999 - 2 AZR 665/98, AP Nr. 151 zu § 626 BGB mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Den insgesamt überzeugenden Erwägungen des BAG wäre nach Auffassung der Kammer nur noch hinzuzufügen, dass auch das anerkannte Rechtsinstitut der Verdachtskündigung dagegen spricht, schuldhaftes Handeln zur Voraussetzung für eine fristlose Kündigung zu machen. Denn eine Verdachtskündigung kann auch dann wirksam sein, wenn der Arbeitnehmer überhaupt nicht gehandelt hat. Damit setzt auch die Verdachtskündigung kein schuldhaftes Verhalten voraus. Folglich ist die Schuldhaftigkeit des Verhaltens auch kein taugliches Abgrenzungskriterium bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vorliegt. Vielmehr wird die Frage der persönlichen Vorwerfbarkeit richtigerweise erst bei der Interessenabwägung maßgeblich (s. dazu unten, bb).
43Doch selbst wenn man entgegen der Auffassung des BAG die Schuldhaftigkeit zur Voraussetzung machte, sprechen hier keine durchgreifenden Indizien gegen die Schuldhaftigkeit des klägerischen Handelns. Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers spricht sein gesamtes Handeln für ein planmäßiges Vorgehen. Dabei kann die Kammer die Motive, sei es nun bisher unentdeckt gebliebener Eigennutz oder schlichtweg eine Überforderungs- oder Drucksituation, der sich der Kläger möglicherweise nach einem einmaligen Verstoß gegen die Richtlinien ausgesetzt sah, ebenfalls dahinstehen lassen. Der Kläger hat über einen langen Zeitraum konsequent Herrn Q. immer neue Geldquellen erschlossen. Er hat sich dabei immer wieder und immer in der gleichen Weise über interne Anweisungen hinweggesetzt. Hierbei wusste er genau, wie er vorzugehen hatte, damit diese Vorgehensweise über einen möglichst langen Zeitraum nicht auffallen konnte. So muss ihm bewusst gewesen sein, dass er die Unterschrift des Herrn L. fälschen musste, um Herrn Q. den nächsten Kredit gewähren zu können. Für die Kammer ist schlechterdings undenkbar, dass Taten über einen derart langen Zeitraum, die immer wieder in der gleichen Weise vom Kläger vertuscht wurden, mit fehlender Geschäftsfähigkeit erklärt werden können oder im Zustand fehlender Geschäftsfähigkeit begangen worden sein können. Denn ein derartiger, auch intellektueller Aufwand, bestimmte Handlungen, die über Jahre hinweg vorgenommen werden, lassen sich mit den Symptomen eines demenziellen Syndroms kaum in Einklang bringen. Hiergegen spricht auch, dass der Kläger - wie er selbst vorträgt - an der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt hat. Er konnte sich ausweislich der Gesprächsprotokolle, deren Inhalt er nicht bestritten hat, auch an Einzelheiten erinnern. So konnte er Stellung nehmen zu der Überweisung von 7.700,- EUR vom Konto der Frau Q. auf das Konto ihres Sohnes. Diese Indizien sprechen sämtlich für die Geschäftsfähigkeit des Klägers.
44Das im Auftrag des Klägers erstellte und von ihm im Prozess vorgelegte Gutachten ist nicht geeignet, substantielle Zweifel an der Schuldfähigkeit des Klägers zu hegen. Das Gutachten kommt nämlich zu einer aus dem Inbegriff des Gutachtens nicht nachvollziehbaren Abschlussbeurteilung und ist daher als substantiierter Tatsachenvortrag nicht verwertbar. Über mehrere Seiten beschreibt das Gutachten zwar bestimmte Verhaltensauffälligkeiten und Verhaltensveränderungen des Klägers im Laufe der Zeit. Die medizinische Untersuchung, die ebenfalls ausführlich dargestellt wird, ergibt ebenfalls kleinere Auffälligkeiten. Auf Seite 14 des Gutachtens ist dann davon die Rede, dass die Voraussetzungen des § 21 StGB gegeben sein können. Ferner heißt es, es ließe sich nicht klären, ob die Voraussetzungen des § 20 vorgelegen hätten. Es sei nicht auszuschließen, dass die Voraussetzungen des § 20 StGB vorgelegen hätten. Ohne dass dies aufgrund der vorangegangenen Erläuterungen nachvollziehbar wäre, kommt das Gutachten letztlich zu dem Schluss, von einer Geschäftsunfähigkeit sei aus ärztlicher Sicht zum damaligen Zeitpunkt auszugehen. Interessant ist, dass das Gutachten in keiner Weise deutlich macht, was es mit "zum damaligen Zeitpunkt" meint. Das ganze Gutachten nimmt zum Zeitpunkt der Verstöße, die sich immerhin über knapp zwei Jahre erstreckten, nicht Stellung. Insofern erschließt es sich der Kammer nicht, wie das Gutachten ohne Kenntnis der konkreten Abläufe zwar von einer "demenziellen Entwicklung" sprechen kann, ohne Stellungnahme zu bestimmten Zeiträumen aber pauschal hinsichtlich eines nicht näher definierten Zeitpunkts in der Vergangenheit von Geschäftsunfähigkeit ausgehen kann. Dies ist nicht nachvollziehbar und in sich widersprüchlich. Dies gilt umso mehr, beruht das Gutachten nach Auffassung der Kammer auch auf einem irreparablen Zirkelschluss. Aus den Angaben des Klägers, keine Erinnerungen bzw. einen "Blackout" zu haben, wird auf einen Verlust der Steuerungsfähigkeit geschlossen, ohne die Angabe des Klägers zu hinterfragen oder zu versuchen, dies mit der medizinischen Diagnose in Einklang zu bringen. Letztlich wendet das Gutachten auch den falschen Maßstab an. Auf die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB kommt es nämlich nicht an. Denn diese Vorschriften sind schon anwendbar, wenn eine entsprechende Störung nicht ausgeschlossen werden kann. Die Voraussetzungen für § 104 BGB sind anderer Natur und höher (Vgl. die Beispiele bei Palandt/Heinrichs, § 104 BGB Rn. 5), sodass für deren Vorliegen erst recht keine Indizien sprechen.
45bb) Auch die vorzunehmende Interessenabwägung führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Es kann nach Auffassung der Kammer auch hier zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass er geschäftsunfähig war. Zwar würde dies dagegen sprechen, dem Kläger einen Vorwurf im Sinne schuldhaften Verhaltens zu machen. Gleichzeitig wäre aber auch in diesem Fall nach Auffassung der Kammer eine Weiterbeschäftigung des Klägers als Geschäftsstellenleiter ebenso wenig noch denkbar. Hinzu kommt, dass gegen den Kläger die hohe Schadenssumme spricht, welche sich durch die zwischenzeitliche Einleitung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Herrn Q. realisieren dürfte. Darüber hinaus spricht auch die Dauer der Verletzungen des Arbeitsvertrags und deren Schwere gegen den Kläger. Letztlich ist die Kammer auch hier zu der Auffassung gelangt, dass die Interessen der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses höher zu bewerten sind.
46c) Die Beklagte hat auch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten. Zumindest die Urkundenfälschungen sind vom Kläger erst im Rahmen seiner zweiten Anhörung am 20.7.2007 zugegeben worden. Aber auch unabhängig hiervon hat die Beklagte nachvollziehbar den Ablauf der Ermittlungen dargestellt, bei denen die Kammer keinen Zweifel hatte, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB als gewahrt anzusehen. Die 2-Wochen-Frist ist vom Kläger darüber hinaus auch nicht gerügt worden.
47d) Die Beteiligung des Personalrats war ordnungsgemäß. Nach der Rechtsprechung gelten für die Beteiligung des Personalrats (§ 72 Abs. 4 LPersVG) die für die Betriebsratsanhörung geltenden Grundsätze entsprechend (vgl. zuletzt BAG, Urt. v. 2.3.2006 - 2 AZR 53/05, AP Nr. 14 zu § 626 BGB Krankheit). Die Darlegungs- und Beweislast für eine ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats trägt im Kündigungsschutzprozess der Arbeitgeber. Dies gilt allerdings nur soweit der Arbeitnehmer die Existenz eines Personalrats behauptet und dessen ordnungsgemäße Anhörung bestritten hat. Sodann muss der Arbeitgeber den Ablauf des Beteiligungsverfahrens im Einzelnen darlegen und erläutern, welche Informationen dem Personalrat mitgeteilt wurden. Hat der Arbeitgeber im Prozess den Ablauf des Beteiligungsverfahrens dargestellt, so ist der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des BAG (BAG, Urt. v. 16.3.2000 - 2 AZR 75/99, AP Nr. 114 zu § 102 BetrVG 1972) gehalten, anzugeben, "welche Angaben er aus welchem Grund weiterhin bestreiten will" (BAG, Urt. v. 16.3.2000 - 2 AZR 75/99, AP Nr. 114 zu § 102 BetrVG 1972). Erst dann muss der Arbeitgeber die noch bestrittenen Punkte beweisen.
48Auf die Rüge des Klägers, die Anhörung werde "einstweilen" bestritten, hat die Beklagte das Beteiligungsverfahren nach Auffassung der Kammer schlüssig dargelegt. Sie hat den Personalrat über die Person des Klägers informiert und über die Kündigungsgründe einschließlich der entsprechenden Gesprächsprotokolle und Übersichten. Ferner hat sie dem Personalrat die Gelegenheit gegeben, sich durch Anhörung des Klägers selbst ein Bild von der Sachlage zu machen. Damit war die Anhörung des Personalrats ordnungsgemäß. Der Kläger hat dies auch nicht mehr gerügt.
49Die Klage war daher abzuweisen.
50III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO, die gem. § 61 Abs. 1 ArbGG erforderliche Streitwertentscheidung folgt aus § 3 ZPO in Anlehnung an § 42 Abs. 4 GKG.
51Rechtsmittelbelehrung
52Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
53B e r u f u n g
54eingelegt werden, weil es sich um eine Bestandsschutzstreitigkeit handelt.
55Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
56Die Berufung muss
57innerhalb einer N o t f r i s t * von einem Monat
58beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax: (0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.
59Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
60Die Berufungsschrift muss von einem Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
61* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
62gez. Dr. Clemens