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Der Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Beibehaltung der bisherigen Arbeitszeiten setzt die Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes voraus.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.793,60 EUR festgesetzt.
TATBESTAND
2Die Verfügungsklägerin wendet sich mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die arbeitgeberseitige Anordnung einer fünftägigen Arbeitswoche von Montag bis Freitag.
3Zwischen den Parteien besteht seit Juli 2000 ein Arbeitsverhältnis, in dessen Rahmen die Verfügungsklägerin in der Zentralbuchhaltung der Verfügungsbeklagten gegen Zahlung eines Bruttomonatsgehalts in Höhe von 2.371,00 € tätig ist.
4Am 17.08.2004 schlossen die Parteien eine Vereinbarung, hinsichtlich deren konkreten Wortlauts auf die Anlage B 1 (Bl. 42 der Gerichtsakte) Bezug genommen wird. Zudem unterschrieben die Verfügungsklägerin und der Betriebsratsvorsitzende eine Aktennotiz vom 17.08.2004, hinsichtlich deren Wortlauts auf Bl. 6 d. GA verwiesen wird. Nach Abschluss der Vereinbarung vom 17.08.2004 war die Verfügungsklägerin an 32 Wochenstunden von Montag bis Donnerstag für die Verfügungsbeklagte tätig.
5Am 16.08.2006 erhielt die Verfügungsklägerin ein Schreiben der Verfügungsbeklagten vom 16.08.2006 (Bl. 7 GA). Die in diesem Schreiben erfolgte Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden auf eine Vollzeit von 38,5 Stunden hielt die Verfügungsbeklagte nach Einschaltung ihres derzeitigen Verfahrensbevollmächtigten durch die Verfügungsklägerin letztlich mit Schreiben vom 04.09.2006 (Bl. 11-13 GA) nicht weiter aufrecht. An einer Verteilung der Arbeitszeit von 32 Wochenstunden auf den Zeitraum von montags bis freitags hielt die Verfügungsbeklagte hingegen fest.
6Mit ihrem am 04.10.2006 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt die Verfügungsklägerin die Feststellung, dass die Verfügungsbeklagte nicht berechtigt sei, die Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Tage pro Woche anzuordnen.
7Die Verfügungsklägerin vertritt die Auffassung, die Verfügungsbeklagte übe ihr Direktionsrecht fehlerhaft aus. Aus der Vereinbarung vom 17.08.2004 sowie der Aktennotiz vom selben Tag ergebe sich, dass die Parteien nur in bestimmten eingeschränkten Fällen die Fünf-Tage-Woche vereinbart hätten. Diese Fälle lägen nicht vor. Zudem behauptet sie, sie müsse einen Tag in der Woche in Folge gesundheitlicher Beeinträchtigungen ärztliche und medizinische Einrichtungen in Anspruch nehmen. Außerdem betreue sie ihre gehbehinderten Eltern, unterstütze diese bei der Haushaltsführung und besorge die gesamten Einkäufe. Es sei zwar richtig, dass sie gebeten habe, in einem anderen Bereich als der Zentralbuchhaltung tätig zu werden. Dies sei auf Grund atmosphärischer Störungen mit der Vorgesetzten, der Gruppenleiterin Frau T., erfolgt. Mit Frau T. sei eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich gewesen. Diese Umsetzung habe jedoch zu den ursprünglichen Arbeitszeitbedingungen, d. h. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden und einer Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag, erfolgen sollen. Die Verfügungsklägerin meint, der Verfügungsgrund ergebe sich aus der Besorgnis der Erteilung einer Abmahnung oder des Ausspruchs einer Kündigung durch die Verfügungsbeklagte, die das Fernbleiben am Freitag durch die Verfügungsklägerin als Arbeitsverweigerung ansehen werde.
8Die Verfügungsklägerin beantragt,
9vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache festzustellen, dass die Verfügungsbeklagte nicht berechtigt ist, gegenüber der Verfügungsklägerin die Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit von ursprünglich 4 Tage/Woche (Montag bis Donnerstag) ab 01. Oktober 2006 auf 5 Tage/Woche (Montag bis Freitag) anzuordnen.
10Die Verfügungsbeklagte beantragt,
11den Verfügungsantrag zurückzuweisen.
12Die Verfügungsbeklagte vertritt die Auffassung, aus der Vereinbarung vom 17.08.2004 werde deutlich, dass kein vorbehaltlos freier Freitag zugesichert worden sei. Vielmehr habe die Verfügungsbeklagte von ihrem Direktionsrecht hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage nach billigem Ermessen Gebrauch gemacht. Hierzu behauptet sie, die Klägerin habe um Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs gebeten wegen Differenzen mit ihrer Fachvorgesetzten und Zimmerkollegin. Nun sei die Verfügungsklägerin für die Debitorenbuchhaltung der angeschlossenen Filial- und Franchise-Reisebüros zuständig, die auf der Basis einer Sechs-Tage-Woche arbeiten und eine durchgängige Erreichbarkeit der Buchhaltung an fünf Tagen in der Woche erwarten würden. Zudem fänden freitags die Mahnläufe statt. Von gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Verfügungsklägerin wisse sie nichts. Zudem vertritt die Verfügungsbeklagte die Auffassung, ein Verfügungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2006 Bezug genommen.
14ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
15Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zurückzuweisen. Er ist zwar gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V. mit §§ 935, 940 ZPO zulässig. Er ist jedoch in der Sache nicht begründet.
16Es kann für die Entscheidung dahinstehen, ob der Verfügungsklägerin der geltend gemachte Verfügungsanspruch zusteht, d. h. ob die Verfügungsbeklagte wegen der Vereinbarung vom 17.08.2004 gemäß § 106 GewO i. V. mit § 315 BGB berechtigt gewesen ist, gegenüber der Verfügungsklägerin eine Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Tage Montag bis Freitag anzuordnen. Denn es fehlt an dem nach §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsgrund. Einen solchen Verfügungsgrund hat die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft gemacht.
171.
18Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn objektiv die Besorgnis besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts ohne eine alsbaldige einstweilige Regelung vereitelt oder wesentlich erschwert wird, sog. Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit (Zöller, ZPO-Kommentar, § 935 Rnr. 10). Der Verfügungsgrund ergibt sich dabei nicht allein aus einem möglichen Verfügungsanspruch, vielmehr ist er gesondert darzulegen und glaubhaft zu machen. Dies gilt auch bei arbeitgeberseitigen Anordnungen, die der Arbeitnehmer für unwirksam hält.
19Anordnungen im Wege der einstweiligen Verfügung müssen auf einen vorläufigen Rechtsschutz gerichtet sein. Das summarische Erkenntnisverfahren soll grundsätzlich nicht zur Befriedigung des Anspruchs und zur Vorwegnahme der Hauptsache führen. Durch die einstweilige Verfügung soll lediglich ein Anspruch gesichert, nicht aber erfüllt werden. Eine Ausnahme wird bei sog. Leistungsverfügungen gemacht, wenn der Gläubiger auf die sofortige Anspruchserfüllung zur Abwendung wesentlicher Nachteile angewiesen ist. Einstweilige Verfügungen, die für die Vergangenheit einen irreversiblen Zustand schaffen, nehmen insoweit die Hauptsache vorweg. Bei derartigen Verfügungen werden an den Verfügungsgrund besonders strenge Anforderungen gestellt. Angesichts des Ausnahmecharakters einstweiliger Verfügungen müssen schwerwiegende Beeinträchtigungen drohen, deren Hinnahme dem Antragsteller bei Abwägung beiderseitiger Interessen auch nicht für einen vorübergehenden Zeitraum bis zum Abschluss der ersten Instanz zumutbar ist. Ein derartiger schwerwiegender Nachteil liegt nicht bereits bei einer zeitweiligen, möglicherweise vertragswidrigen Beschäftigung vor, die für die Vergangenheit nicht mehr rückgängig zu machen wäre (LAG Köln, 26.08.1992, 2 Sa 624/92, LAGE ZPO § 940 Nr. 1).
202.
21Bei Anwendung dieser Maßstäbe kann ein Verfügungsgrund nicht festgestellt werden. Es sind keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen ersichtlich, die von der Verfügungsklägerin nicht hinzunehmen wären, wenn sie vorübergehend der Anweisung der Verfügungsbeklagten Folge leistet. Die Verfügungsklägerin hat sich zwar insoweit auf die Notwendigkeit berufen, in Folge gesundheitlicher Beeinträchtigungen an einem Tag in der Woche ärztliche und medizinische Einrichtungen in Anspruch nehmen zu müssen. Zudem hat sie sich auf die Betreuung ihrer Eltern berufen. Diese Umstände sind jedoch zumindest von der Verfügungsklägerin nicht glaubhaft gemacht worden. Die Verfügungsklägerin hat diese lediglich behauptet. Mittel zur Glaubhaftmachung dieser Behauptung i. S. des § 294 ZPO wurden nicht gewählt. Aus dem Vorbringen der Verfügungsklägerin wird zudem nicht ersichtlich, warum es nicht möglich sein soll, die aus gesundheitlichen Gründen erforderlichen Maßnahmen sowie die Betreuung der Eltern an den Tagen Montag bis Freitag vor bzw. ab Leistung der 32-stündigen Wochenarbeitszeit durchzuführen. Die Verfügungsklägerin muss daher das Hauptsacheverfahren abwarten.
22Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG.
23Den im Urteil festzusetzenden Wert des Streitgegenstandes hat das Gericht auf 3.793,60 € festgesetzt, ausgehend von zwei Bruttomonatsgehältern abzüglich eines Abschlags in Höhe von 20 % wegen der Vorläufigkeit der angestrebten Regelung.
24Rechtsmittelbelehrung
25Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
26B e r u f u n g
27eingelegt werden.
28Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
29Die Berufung muss
30innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
31beim Landesarbeitsgericht E., Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 E., Fax: (0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.
32Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. § 9 Abs. 5 ArbGG bleibt unberührt.
33Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
34* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
35gez. Gruben-Braun