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Arbeitsgericht Krefeld, 1 Ca 2401/10

Datum:
20.01.2011
Gericht:
Arbeitsgericht Krefeld
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 Ca 2401/10
ECLI:
ECLI:DE:ARBGKR:2011:0120.1CA2401.10.00
 
Schlagworte:
Rauchverbot Kündigung
Normen:
§ 626 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:

1. Verstößt ein Auslieferungsfahrer für Flüssigsauerstoff gegen ein mehrfach ausdrücklich mit ihm vereinbartes absolutes Rauchverbot, berechtigt dies den Arbeitsgeber grundsätzlich zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. 2. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es jedenfalls dann nicht, wenn noch 3 1/2 Monate vor dem Verstoß ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart worden ist, dass ein absolutes Rauchverbot gilt und ein Verstoß hiergegen zur fristlosen Kündigung berechtigt.

 
Tenor:

1.Die Klage wird abgewiesen.

2.Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.Streitwert: 8.500,00 €.

U. a t b e s t a n d :

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die arbeitgeberseitige außerordentliche fristlose Kündigung vom 07.10.2010 sowie über den Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers.

Der Kläger, 26 Jahre alt und ohne Unterhaltsverpflichtungen, war bei der Beklagten seit dem 01.01.2009 als Auslieferungsfahrer und Servicetechniker für die Region X. gegen ein monatliches Bruttoentgelt i. H. v. 1.700,00 € beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der schriftliche Arbeitsvertrag vom 27.12.2008, der auszugsweise wörtlich wie folgt wiedergegeben wird:

"§ 1 Beginn des Anstellungsverhältnisses/Tätigkeit

Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung zum 01.01.2009 als Auslieferungsfahrer und Servicetechniker für die Region X. eingestellt, die wie folgt definiert ist:

?Lieferung und Einweisung in die Handhabung von Sauerstoffgeräten (Gox und Konzentratoren), Flüssigsauerstoff (Lox) und Verbrauchsmaterial nach Disposition der Firma

?Wartung und Instandhaltung von Sauerstoffsystemen ...

§ 13 Betriebliche Bestimmungen

... Bezüglich der allgemeinen Sicherheitsvorschriften gilt ab sofort ein uneingeschränktes Rauchverbot in allen Auslieferungsfahrzeugen (im Führerraum sowie im Laderaum) und im Umkreis von ca. 10 Metern. Dies gilt bei allen Arten von Auslieferungen, also LOX, GOX und Konzentratoren und ist von jeder mitfahrenden Person zu beachten. ..."

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig ca. 20 Arbeitnehmer. Ihr alleiniger Auftraggeber ist die Firma W. E. GmbH, für die sie unter anderem unter Einsatz des Klägers Flüssigsauerstoff an Patienten ausliefert.

Am 05.06.2010 nahm der Kläger an einer Schulung der Firma W. teil, bei der unter anderem auch auf das von der Firma W. geforderte absolute Rauchverbot hingewiesen wurde.

Unter dem 24.06.2010 trafen die Beklagte und der Kläger eine schriftliche "Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag", die wörtlich wie folgt wiedergegeben wird :

"Rauchverbot

Bezüglich der allgemeinen Sicherheitsvorschriften gilt ein uneingeschränktes Rauchverbot in allen Auslieferungsfahrzeugen und im Umkreis von mindestens 10 Metern.

Bei Nichteinhaltung des Rauchverbotes berechtigt dies den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung.

Dies ist eine vertragliche Vereinbarung mit unserem Auftraggeber W. E. GmbH."

Am 06.10.2010 wurde der Kläger dabei beobachtet, wie er im Führerhaus seines Auslieferungsfahrzeuges eine Zigarette rauchte. Daraufhin wurde der Beklagten am 07.10.2010 von der W. E. GmbH mitgeteilt, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers für Fahrten der Firma W. untersagt sei. Hierüber verhält sich auch ein Schreiben der Firma W. E. GmbH an die Beklagte vom 08.10.2010, wegen dessen Wortlauts auf Blatt 15 der Akte Bezug genommen wird.

Mit Schreiben vom 07.10.2010, dem Kläger am gleichen Tage zugegangen, sprach die Beklagte die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus .

Mit der am 12.10.2010 bei dem Arbeitsgericht Krefeld eingegangenen Kündigungsschutzklage macht der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung geltend. Er ist der Ansicht, diese sei unverhältnismäßig. Er sei vor Ausspruch der Kündigung - insoweit unstreitig - noch nie abgemahnt worden. Daher sei die Reaktion der Beklagten, ihm wegen des einmaligen Vorfalls vom 06.10.2010 fristlos zu kündigen, überzogen. Der Kläger bestreitet, dass sich in dem Auslieferungsfahrzeug am 06.10.2010, als er geraucht habe, noch Flüssigsauerstoff befunden habe. Das Fahrzeug sei zu diesem Zeitpunkt vielmehr vollständig leer gewesen. Darüber hinaus bestreitet der Kläger, dass Flüssigsauerstoff hochexplosiv sei. Flüssigsauerstoff sei lediglich brandfördernd. Ein Rauchverbot, das wie hier absolut gelte, betreffe jedenfalls dann, wenn wie hier keine konkrete Gefährdungslage bestehe, allein das innerbetriebliche Ordnungsverhalten. Ein Verstoß hiergegen berechtige nicht zum sofortigen Ausspruch einer fristlosen Kündigung.

Der Kläger beantragt,

1.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 07.10.2010, zugegangen am gleichen Tage, nicht aufgelöst worden ist;

2.die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 07.10.2010 hinaus bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die fristlose Kündigung sei wirksam. Sie behauptet, zum Tatzeitpunkt sei das Auslieferungsfahrzeug des Klägers noch nicht vollständig leer gewesen. In dem Tank hätten sich vielmehr nach dem Auslieferungsbericht noch 66 Liter Flüssigsauerstoff als Restmenge befunden. Unabhängig davon sei das Rauchverbot absolut einzuhalten. Insoweit verweist die Beklagte auf einen Schadensfall aus dem Jahr 2001, in dem ein Auslieferungsfahrzeug der W. E. GmbH infolge unerlaubten Rauchens vollständig ausgebrannt sei und zwei Menschen erheblich verletzt worden seien. Wegen der Einzelheiten wird auf das von der Beklagten zur Akte gereichte Urteil des Amtsgerichts Neumarkt vom 01.08.2002 Bezug genommen. Die Beklagte behauptet weiter, dass sich Flüssigsauerstoff beim Befüllen des Fahrzeugs in diesem verteile, so dass eine ständige Explosionsgefahr gegeben sei. Sie verweist schließlich darauf, dass der Kläger mehrfach ausdrücklich auf das absolute Rauchverbot hingewiesen worden sei und hierzu zweimal vertragliche Vereinbarungen mit der Beklagten getroffen habe. Vor dem Hintergrund, dass ihr alleiniger Auftraggeber, die W. E. GmbH, den weiteren Einsatz des Klägers nach dem Verstoß gegen das absolute Rauchverbot untersagt habe, sei ihr eine Weiterbeschäftigung weder möglich noch zumutbar, so dass die fristlose Kündigung unumgänglich gewesen sei.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 20.01.2011 Bezug genommen.

 
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