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Einzelfallentscheidung zur Frage, ob ein vor dem 01.01.2002 abgeschlossener Arbeitsvertrag eine Gleichstellungsabrede enthält. Im konkreten Fall lag stattdessen eine dynamische Verweisung auf die jeweils gültigen tariflichen Entgeltregelungen vor.
1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.161,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 774,00 € seit dem 23.02.2014 und aus einem Betrag von 387,00 € ab dem 22.05.2014 zu zahlen.
2.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger das jeweilige Tarifentgelt für den Einzelhandel NRW entsprechend den Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien zu zahlen.
3.Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
4.Der Streitwert beträgt 4.334,40 €.
5.Die Berufung wird, soweit sie nicht ohnehin zulässig ist, nicht gesondert zugelassen.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, Tariflohnerhöhungen an den Kläger weiterzugeben.
3Der Kläger trat als Lagerist/Schichtleiter zum 01.02.1998 in die Dienste der Beklagten, die ein Einzelhandelsunternehmen für Damenbekleidung mit bundesweitem Filialnetz betreibt.
4Im Änderungsvertrag vom 26.08.1999, der eine unbefristete Weiterbeschäftigung als Lagerleiter vorsieht und von seinen Formulierungen her dem Arbeitsvertrag vom 22.01.1998 weitgehend entspricht, wurde unter anderem folgendes vereinbart:
5"Herr/Frau ist in Gehaltsgruppe/Lohngruppe 4c/1.-3. Tätigkeitsjahr eingruppiert.
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Das Gehalt beträgt jeweils brutto: 4.777,-- DM monatlich.
8Insgesamt garantieren wir Ihnen das jeweils gültige Tarifgehalt gemäß dem Gehalts-/Lohntarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen. Das/der Tarifgehalt/Tariflohn aufgrund des Berufs-/Tätigkeitjahres beträgt zur Zeit DM 4.777,-- monatlich.
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17.
11Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen und die Vorschriften der jeweils bzw. der zuletzt gültigen Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen sowie evtl. tarifliche Zusatzabkommen."
12Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages, auch hinsichtlich der optischen Gestaltung, wird Bezug genommen auf die Anlage zum Schriftsatz vom 06.05.2014 (Bl. 37 f. d. Akte).
13Die Beklagte war seit 1964 Mitglied des Einzelhandels- und Dienstleistungsverbandes Niederrhein. Nachdem sie die Mitgliedschaft gekündigt hatte, begründete sie diese mit Wirkung ab 01.01.1992 neu. Mit Schreiben vom 23.12.1999 kündigte sie ihre Mitgliedschaft im Verband. Daraufhin wurde sie vom Einzelhandelsverband Niederrhein zum 31.01.2000 aus der Tarifbindung für die Tarifverträge für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen.
14Der Kläger erhielt seit Beginn des Arbeitsverhältnisses das jeweilige Tarifgehalt, das zwischen den Tarifvertragsparteien für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen ausgehandelt wurde. Die Beklagte zahlte auch ab dem Jahr 2000 das Tarifgehalt einschließlich der jeweils vereinbarten Erhöhungen weiter. Vereinzelt verzichteten Mitarbeiter auf Bitte der Beklagten auf eine Gehaltserhöhung.
15Die Tarifvertragsparteien einigten sich in der "Tarifvereinbarung zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vom 10.12.2013" (im Folgenden: "Tarifvereinbarung 2013") rückwirkend auf eine Gehaltserhöhung um 3 % ab dem 01.08.2013 sowie auf eine weitere Gehaltserhöhung um weitere 2,1 % ab dem 01.05.2014.
16Die Beklagte teilte den Mitarbeitern zunächst mit, dass sie die Tariferhöhungen erst ab dem 01.01.2014 auszahlen könne. Am 14.01.2014 teilte sie mit, dass für Arbeitnehmer mit Altverträgen aus der Zeit vor dem 01.01.2002 Tariferhöhungen nicht weitergegeben werden.
17Der Kläger ließ die Beklagte mit Schreiben vom 04.02.2014 vergeblich auffordern, die entsprechende Tariferhöhung zu zahlen.
18Der Kläger hat mit am 19.02.2014 eingegangener, der Beklagten am 22.02.2014 zugestellter Klage die Zahlung der Tariflohnerhöhung ab August 2013 geltend gemacht sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Tariflohnerhöhung weiterzugeben.
19Der Kläger behauptet, über den Inhalt des Vertrages sei bei Abschluss am 22.01.1998 nicht gesprochen worden.
20Der Kläger ist der Ansicht, der Arbeitsvertrag enthalte eine Garantieerklärung. Aus der weiteren Regelung in Ziffer 17 ergebe sich, dass neben den Tarifverträgen die gesonderten Bestimmungen des Vertrages gelten würden.
21Der Kläger beantragt,
221.die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.161,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 774,00 € seit dem 23.02.2014 und aus einem Betrag von 387,00 € ab dem 22.05.2014 zu zahlen.
232.festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn das jeweilige Tarifgehalt für den Einzelhandel NRW entsprechend den Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien zu zahlen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Die Beklagte behauptet, sie habe bei Abschluss des Arbeitsvertrages eine Gleichstellung zwischen den tarifgebundenen und den nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern beabsichtigt. Eine Garantie dahingehend, dass unabhängig von einer bestehenden Tarifbindung der Beklagten stets das aktuelle Tarifgehalt gezahlt werde, habe zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen werden sollen. Hiervon sei auch der Kläger ausgegangen. Da es ihr nach Ablauf der Tarifbindung zunächst wirtschaftlich noch gut gegangen sei, habe sie sich in der Folgezeit jeweils entschlossen, die anstehenden Tariflohnerhöhungen trotz fehlender Verpflichtung an den Kläger weiterzuleiten. In Anbetracht der angespannten wirtschaftlichen Situation habe sie entschieden, keine Tariflohnerhöhung mehr an Mitarbeiter mit Gleichstellungsabreden aus vor dem 01.01.2002 vereinbarten Arbeitsverhältnissen zu zahlen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
29Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kläger steht die Tariferhöhung aus der Tarifvereinbarung 2013 zu. Entsprechendes gilt für künftige Tariferhöhungen.
30I.
31Die Klage ist zulässig.
321.Der Kläger kann im Wege der Leistungsklage ausstehendes und fälliges Entgelt für den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung, also für die Monate August 2013 bis April 2014, geltend machen.
332.Der Feststellungsantrag ist zulässig und bestimmt genug.
34a)Der Kläger hat das für eine Feststellungsklage gem. § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.
35Es ist anerkannt, dass die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann, obwohl es sich dabei nicht um das Rechtsverhältnis der Parteien insgesamt, sondern nur um einen Teil dieses Rechtsverhältnisses handelt (BAG, Urteil vom 03. Juli 2013 - 4 AZR 961/11 -, juris). Vorliegend geht es dem Kläger darum festzustellen, dass sich seine Vergütung weiterhin nach den Entgelttarifverträgen im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen richtet.
36b)Der Antrag ist auch im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ausreichend bestimmt.
37Er umfasst lediglich die Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien, auf die im Arbeitsvertrag Bezug genommen wird. Da offen ist, wie die Tarifvertragsparteien ihre Vereinbarungen in Zukunft nennen, war die vorliegende Fassung des Feststellungsantrags ausreichend, aber auch geboten, um diesen Teil des Rechtsverhältnisses auch für die Zukunft zu klären. Es wäre prozessökonomisch nicht sinnvoll, den Arbeitnehmer bei jeder neuen Tarifrunde auf ein neues Klageverfahren zu verweisen.
38II.
39Die Klage ist begründet.
40Der Kläger kann von der Beklagten aufgrund der Vereinbarung im Arbeitsvertrag die Weitergabe der Tariflohnerhöhung im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen ab August 2013 verlangen. Weiter ist festzustellen, dass die Beklagte auch künftig das jeweilige Tarifgehalt zu zahlen hat.
411.Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 1.161,00 € brutto für August 2013 bis April 2014 aus der im letzten Absatz des ersten Abschnitts des Änderungsvertrages vom 26.08.1999 enthaltenen Garantievereinbarung in Verbindung mit der Tarifvereinbarung 2013.
42a)Außer Streit steht, dass der Kläger im genannten Zeitraum seine Arbeitsleistung erbracht hat und ihm deshalb gem. § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag der Anspruch auf die vereinbarte Vergütung zusteht, die die Beklagte im Wesentlichen auch bereits bezahlt hat. Streitig ist allein, ob diese Vergütung aufgrund der in der Tarifvereinbarung 2013 vorgesehenen Erhöhung von 3 % ab dem 01.08.2013 um 129,00 € brutto monatlich höher ausfällt. Diese Frage ist im Sinne des Klägers zu bejahen.
43b)Die Garantievereinbarung im Änderungsvertrag enthält eine dynamische Verweisung auf die tariflichen Entgeltregelungen im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweils gültigen Fassung. Diese Verweisung ist nicht als Gleichstellungsabrede auszulegen, nach der der Arbeitnehmer nur während der Dauer der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an der Entwicklung der in Bezug genommenen Tarifverträge teilnimmt.
44Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie sie die Parteien nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist zwar von dem Wortlaut auszugehen, aber zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände bei der Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BAG, Urteil vom 03. Juli 2013 - 4 AZR 476/12 -, juris; BAG, Urteil vom 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 -, juris).
45aa)Den letzten Absatz des ersten Abschnitts konnte der Kläger, aber auch die Beklagte, nur so verstehen, dass der Kläger ein Gehalt nach den jeweils gültigen Tarifvereinbarungen für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen erhalten sollte. Der Wortlaut umfasst damit auch die Tarifvereinbarung 2013, denn diese ist - unstreitig - die aktuelle tarifliche Entgeltregelung für die Beschäftigten im Einzelhandel.
46Der Begriff "Garantie" in Zusammenhang mit Bezugnahmeklauseln ist ungewöhnlich. Eine Bezugnahme kann durch zahlreiche Worte ausgedrückt werden, die nicht für sich genommen ein Versprechen enthalten. Beispielsweise bieten sich an "das Gehalt richtet sich nach den einschlägigen Tarifverträgen", "das Gehalt wird entsprechend den einschlägigen Tarifverträgen gezahlt" oder "für das Gehalt gilt folgende Regelung". Demgegenüber bedeutet "Garantie" (Synonyme: "Sicherstellung", "Gewähr", "verbindliche Zusage", vgl. Duden, Fremdwörterbuch, 10. Aufl., Stichwort "Garant"), dass ein eigenständiges Recht über das normale Maß der eigentlichen Haftung hinaus begründet wird. Bereits vom Wortlaut her kann der Vertrag mithin nur so verstanden werden, dass das Gehalt sich ohne weitere Voraussetzungen jeweils nach den aktuellen Entgelttarifverträgen für den Einzelhandel richten sollte.
47Dieses Ergebnis folgt auch aus einem Vergleich zur Formulierung in Nr. 17 des Änderungsvertrages, die die allgemeine Bezugnahme auf die Tarifverträge für den Einzelhandel enthält. Dort wird - im Sinne einer Gleichstellungsabrede - differenziert zwischen den "jeweils" bzw. den "zuletzt gültigen Tarifverträge(n)". Der Beklagten war demnach bei Abfassung des Arbeitsvertrages im Jahr 1998 bzw. des Änderungsvertrages im Jahr 1999 der Unterschied zwischen den verschiedenen Wirkungsmöglichkeiten von Verweisungsklauseln bekannt. Anderenfalls hätte die Differenzierung zwischen "jeweils" und "zuletzt gültigen Tarifverträgen" keinen Sinn. Die Bezugnahme auf den "zuletzt gültigen Tarifvertrag" beschreibt gerade den Zustand, der nach Austritt des Arbeitgebers aus der Tarifbindung gilt. Demgegenüber wird in der Garantieerklärung ausschließlich "das jeweils gültige Tarifgehalt" in Bezug genommen. Damit fehlt dort die Erwähnung, dass ggf. nur das "zuletzt gültige Tarifgehalt" garantiert werden würde. Dies spricht gegen eine Gleichstellungsabrede. Verwendet ein Arbeitgeber in demselben Arbeitsvertrag unterschiedliche Formulierungen, ist - sofern keine Anhaltspunkte für das Gegenteil bestehen - im Zweifel davon auszugehen, dass auch Unterschiedliches gemeint ist.
48bb)Ein vom Wortlaut abweichender Wille ist nicht ersichtlich. Ein eventuell bestehendes abweichendes Motiv der Beklagten ist unbeachtlich, da es sich weder im Wortlaut noch in den sonstigen Umständen bei Vertragsabschluss wiederfindet.
49Anerkannt war, dass es sich bei einer dynamischen Bezugnahmeklausel auf die einschlägigen Tarifverträge in einem vom tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Vertrag typischerweise um eine Gleichstellungsabrede handelt. Diese Gleichstellung hatte insbesondere zur Folge, dass bei einem Verbandsaustritt des Arbeitgebers die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer ebenso wenig wie die tarifgebundenen Arbeitnehmer an zukünftigen Tariflohnerhöhungen teilnahmen. Nach dieser Auffassung war eine abweichende Auslegung der Klausel als "feste" Bezugnahme in dem Sinne, dass die Anwendbarkeit der Tarifverträge in der jeweiligen Fassung unabhängig von für deren normative Geltung relevanten Veränderungen erfolgen soll, nur gerechtfertigt, wenn dies in der Vereinbarung seinen Ausdruck gefunden hatte oder sonstige Umstände dafür sprachen (vgl. BAG, Urteil vom 06. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 -, BAGE 138, 269-286; BAG, Urteil vom 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 -, BAGE 99, 120-131). Diese Auslegungsregel wurde zwischenzeitlich aufgegeben, ist aber aus Gründen des Vertrauensschutzes auf bis zum 31.12.2001 abgeschlossene Arbeitsverträge weiterhin anzuwenden (BAG, Urteil vom 06. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 -, BAGE 138, 269-286; BAG, Urteil vom 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 -, BAGE 122, 74; BAG, Urteil vom 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 -, BAGE 116, 326).
50Die vorgenannten Voraussetzungen für eine Anwendung der Auslegungsregeln bei Bezugnahmeklauseln aus Gründen des Vertrauensschutzes liegen demnach vor, da der Änderungsvertrag am 26.08.1999, und damit vor dem 31.12.2001, abgeschlossen wurde.
51Auch bei Anwendung dieser Auslegungsregeln ist aber entgegen der Ansicht der Beklagten eine Beschränkung der Bezugnahme im Sinne einer Gleichstellungsabrede vorliegend gerade nicht ersichtlich. In der Vereinbarung der "Garantie" kommt gerade zum Ausdruck, dass die Zahlung des Tarifgehalts unabhängig von der normativen Bindung des Arbeitgebers erfolgen sollte.
52Für die Bezugnahme als solche hätte die Regelung über die Zahlung des Gehalts gemäß der Tarifgruppe im ersten Abschnitt des Arbeitsvertrages sowie die Bezugnahme unter Nr. 17 auf die Tarifverträge des Einzelhandels bereits ausgereicht. Über diese Regelung hinaus ist aber als weiterer Satz aufgenommen worden, dass das Tarifgehalt garantiert wird.
53Diese Regelungstechnik bringt zum Ausdruck, dass eine "feste" Bezugnahme in dem Sinne gemeint gewesen ist, dass die Anwendbarkeit der Tarifverträge in der jeweiligen Fassung unabhängig von für deren normative Geltung relevanten Veränderungen erfolgen soll. Der Vertrag enthält in zwei aufeinanderfolgenden Abschnitten eine eigenständige Bezifferung des Gehalts. Zunächst ist das Gehalt angegeben bei der Regelung über das dem Kläger zustehende Entgelt. Im folgenden Absatz, der die Garantie erhält, ist der Betrag nochmals wiedergegeben. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn sich der Satz lediglich darauf hätte beschränken sollen, für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer eine Gleichstellung mit tarifgebundenen Arbeitnehmern sicherzustellen.
54Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits einmal aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten war.
55Damit folgt auch aus den sonstigen Umständen, dass hier eine feste Bezugnahme gemeint war.
56Die Annahme, dass es sich bei Bezugnahmeklauseln auch ohne ausdrückliche wörtliche Formulierung um Gleichstellungsabreden handelt, beruht auf der Annahme, dass damit typischerweise für die nichttarifgebundenen Arbeitnehmer der Anlass genommen werden soll, die - normative - Geltung der Tarifregelungen durch einen Gewerkschaftsbeitritt herbeizuführen. Daraus ergibt sich, dass der Zweck der Bezugnahme sich typischerweise darauf beschränkt, die - möglicherweise - fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers zu ersetzen, d. h. ihn einem tarifgebundenen Arbeitnehmer gleichzustellen, nicht aber dem nichttarifgebundenen Arbeitnehmer unabhängig von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers eine dauernde Teilhabe an der Tarifentwicklung zu gewährleisten (BAG, Urteil vom 06. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 -, BAGE 138, 269-286; BAG, Urteil vom 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 -, BAGE 99, 120-131).
57Dieser Argumentation ist zuzustimmen für einen Arbeitgeber, der in der Vergangenheit ununterbrochen tarifgebunden war. Einem solchen Arbeitgeber kann ohne weiteres unterstellt werden, dass er sämtliche Arbeitnehmer stets nur einheitlich behandeln will und nicht für den - in der Regel fernliegenden - Fall eines Verbandsaustritts besser stellen will.
58Nach Auffassung der Kammer verliert die genannte Argumentation aber ihre Überzeugungskraft, wenn der Arbeitgeber bereits einmal aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten ist und damit seine Tarifbindung beseitigt hat. Dieser Arbeitgeber gibt zu erkennen, dass er sich auch eine alternative Regelung der Arbeitsbedingungen vorstellen kann. Auch wenn dieser Arbeitgeber wieder in den Verband eintritt und damit seinerseits die Tarifbindung wieder herstellt, ist zumindest vorstellbar, dass er die Gestaltungsfreiheit aus der Zeit ohne Tarifbindung erhalten oder jedenfalls als Alternative nutzen will. Wenn der Arbeitgeber selbst unterschiedlich über seine Tarifbindung disponiert, kann nicht davon ausgegangen werden, sein Wille beschränke sich bei einer Zusage, das Gehalt entsprechend der jeweils gültigen Entgelttarife zu zahlen, darauf, seine Arbeitnehmer durchgängig nur so zu behandeln, als ob diese ihrerseits ausnahmslos tarifgebunden wären.
59b)Die Tariflohnerhöhung beträgt für die Zeit ab 01.08.2013 bis zum 30.04.2014 für den Kläger monatlich 129,00 € brutto.
60Die Tarifvereinbarung 2013 sieht in Teil 1 unter Nr. 1 vor, dass sich die Tarifentgelte mit Wirkung zum 01.08.2013 um 3 % erhöhen.
61Für den Kläger, der in die Gehaltsgruppe IV (Leiter) und dort in die Gehaltsstaffel c) mit mehr als fünf Tätigkeitsjahren eingruppiert ist, bedeutet dies, dass sich das Tarifgehalt von 4.285,00 € auf 4.414,00 € und damit um 129,00 € erhöht hat.
62Da die Erhöhung zum 01.08.2013 erfolgte, sind für die Zeit bis zum 30.04.2014 insgesamt neun Monate angefallen, so dass sich der Betrag von 9 * 129,00 € brutto = 1.161,00 € brutto ergibt.
63c)Dem Kläger stehen jedenfalls Prozesszinsen gem. § 291 ZPO in gesetzlicher Höhe ab Klageerhebung in dem beantragten Umfang zu.
642.Der Feststellungsantrag ist aus den vorgenannten Gründen begründet. Aufgrund der Garantieerklärung hat die Beklagte das jeweilige Tarifgehalt im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen zu zahlen.
65III.
66Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 91 ZPO.
67Der Streitwert ist gem. §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3, 9 ZPO im Urteil festzusetzen und beträgt das 3,5fache der jährlich anfallenden Differenz abzüglich eines Abschlags von 20 % im Hinblick auf den Feststellungsantrag.
68Gem. § 64 Abs. 3a ArbGG ist im Urteilstenor klarzustellen, ob die Berufung gesondert zugelassen wird. Für eine besondere Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 ArbGG bestand keine Veranlassung. Hiervon unberührt bleibt die Zulässigkeit der Berufung aus anderen Gründen, insbesondere gem. § 64 Abs. 2 Buchstabe b) ArbGG für den Fall, dass der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 € übersteigt (vgl. hierzu die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung).
69RECHTSMITTELBELEHRUNG
70Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden. Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
71Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
72Landesarbeitsgericht Düsseldorf
73Ludwig-Erhard-Allee 21
7440227 Düsseldorf
75Fax: 0211 7770-2199
76eingegangen sein.
77Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
78Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
79Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
801.Rechtsanwälte,
812.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
823.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
83Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
84* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.