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Der BiGD (Beschäftigtenverband Industrie-Gewerbe, Dienstleistung e.V) ist nicht tariffähig und war es nicht zum 01.01.2010. Es fehlt vor allem an der Möglichkeit, die Aufgabe als Tarifpartner sinnvoll zu erfüllen und der sozialen Mächtigkeit.
1. Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 5) nicht tariffähig ist.
2. Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 5) am 1.1.2010 nicht
tariffähig war.
G r ü n d e:
2I.
3Die Parteien streiten um die aktuelle und zurückliegende Tariffähigkeit des Beteiligten zu 5), des BIGD.
4Die Antragstellerin zu 1) (IGM) ist eine Gewerkschaft, zu deren Aufgaben der Abschluss von Tarifverträgen für die Betriebe der Metall- und Elektroindustrie, der Textil- und Bekleidungswirtschaft sowie der Holzverarbeitung und Kunststoffverarbeitung satzungsgemäß gehört.
5Bei der Antragstellerin zu 2) (ver.di) handelt es sich um eine Gewerkschaft, deren satzungsmäßige Aufgaben den Abschluss von Tarifverträgen für den Dienstleistungssektor umfassen.
6Die Antragstellerinnen zu 3) und 4) sind die obersten Arbeitsbehörden der Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen.
7Die Beteiligte zu 4) ist mit Schriftsatz vom 25.04.2012, beim Arbeitsgericht Duisburg am 30.04.2012 eingegangen, dem Rechtsstreit auf Antragstellerseite beigetreten.
8Der Beteiligte zu 5) (Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung
9-BIGD- e.V.) stellt eine Arbeitnehmervereinigung dar, welche Mitglied im Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschland (CGB), dem Beteiligten zu 6), ist.
10Bei den weiteren Beteiligten handelt es sich um solche nach § 83 Abs. 3 ArbGG.
11Mit Beschluss vom 17.10.2002 ( AZ: 2 BV 3/2000 ) stellte das Arbeitsgericht Gera rechtskräftig fest, dass es sich bei der CGD ( Christliche Gewerkschaft Deutschlands ) nicht um eine tariffähige Gewerkschaft handelt.
12Im Anschluss daran wurden drei neue Organisationen im CGB gründet, der Beteiligte zu 5), desweiteren GKH ( zunächst GHK ) sowie die Gewerkschaft Trockenbau Ausbau e.V. (GTA).
13Der Beteiligte zu 5) wurde am 28.02.2003 in Duisburg gegründet. Die Eintragung ins Vereinsregister erfolgte am 22.09.2003. Nach der auf der Gründungsversammlung verabschiedeten und am 08.11.2008 geänderten Satzung bezeichnet sich der Beteiligte zu 5) als "unabhängige Gewerkschaft" mit Sitz in Duisburg, deren Organisationsbereich sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstreckt und mindestens die Bereiche der Industrie, der gewerblichen Wirtschaft, der Zeitarbeit und gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung und der sonstigen Dienstleistungsbetriebe, soweit nicht eine spezielle Zuständigkeit einer anderen Gewerkschaft in CGB vorliegt, umfasst ( vgl. § 1 der Satzung aus März 2003 / November 2008).
14An der Gründungsversammlung des Beteiligten zu 5) nahmen 8 Personen teil. Darunter waren der stellvertretende Vorsitzende der CGM, I., der zuvor als Tarifsekretär der CGB aufgetreten war; desweitern I., der seit 1993 Mitglied der CGM ist und dort verschiedene Ämter inne hatte; schließlich die weiteren Mitglieder bzw. Funktionsträger der CGM, e.. Ausweislich der Eintragung im Vereinsregister- Stand 20.02.2012- ist Bundesgeschäftsführer des Beteiligten zu 5) I. (vgl. Anl. zur Antragsschrift, Bl. 26 d.A.).
15Im März 2003 wurde von dem stellvertretenden CGM-Vorsitzenden, I., zumindest unter seiner Beteiligung, die GKH gegründet. Dieser wurde mit Entscheidung des LAG Hamm vom 23.09.2011 ( AZ: 10 Ta BV 14/11) die Tariffähigkeit abgesprochen.
16Nach § 7 Nr.2 der Satzung des Beteiligten zu 5) bestimmt jedes Mitglied die Höhe des monatlichen Mitgliedsbeitrages selbst, wobei der Mindestbeitrag
17€ 6,-- beträgt.
18Der Beteiligte zu 5) verfügt über keine eigene Internetpräsenz. Soweit eine Internetseite angegeben wird, handelt es sich um die des Landesverbandes NRW des CGB. Als offizielle e-Mail-Adresse wird die Adresse BIGD Bund@aol.com verwendet. Als Kontaktadresse dient die Anschrift der Geschäftsstelle Duisburg der CGM. Der Beteiligte zu 5) ist telefonisch unter derselben Nummer erreichbar wie der Landesverband Nordrhein-Westfalen der CGM ( 0203 23447 ).
19Die Mitglieder des Beteiligten zu 5) erhalten zweimonatlich die Zeitschrift "DGZ" (Deutsche Gewerkschafts-Zeitung). Diese wird im Impressum als "Magazin der christlichen Gewerkschaften" bezeichnet, wobei als Herausgeber die christliche Gewerkschaft Metall ( CGM ) sowie- als kooperierende Einzelgewerkschaften- die CGBCE, CGDE, KFG, Union Ganymed, nicht aber der Beteiligte zu 5), genannt sind.
20In der Zeit vom 15.03.2010 bis 04.11.2010 schloss der Beteiligte zu 5) an 5 Tagen Tarifvertragswerke ab, die zumeist aus verschiedenen Einzeltarifverträgen bestanden. Dabei handelte es sich um mehrgliedrige Tarifverträge, die auf Seiten der Arbeitnehmervereinigungen zumindest fünf Vertragspartner aufführten. Neben dem Beteiligten zu 5) war ganz überwiegend auch die CGZP genannt, der vom Bundesarbeitsgericht mit Beschlüssen vom 14.12.2010 ( AZ: 1 ABR 19/10) sowie vom 03.05.2012 ( AZ: 1 AZB 67/11) die Tariffähigkeit abgesprochen wurde. Die Tarifverträge entfalteten - zumindest teilweise- ihre Wirkung bereits ab dem 01.01.2010 und wurden alle für das Tarifgebiet "Deutschland" abgeschlossen. Auf Arbeitgeberseite waren ausschließlich unterschiedliche Zeitarbeitsunternehmen sowie die Tarifgemeinschaft Zeitarbeitsunternehmen beteiligt ( vgl. i. E. Aufstellung S. 7 der Antragsschrift, Bl. 7 d.A.).
21Ab März 2011 gab es Medienberichte, wonach die Unternehmensgruppe Artos, ein Unternehmen der Leiharbeitsbranche, dafür gesorgt habe, dass bei dem Unternehmen beschäftigte Leiharbeitnehmer im großen Umfang Mitglieder des Beteiligten zu 5) geworden seien. Dabei seien sie zur Unterzeichnung eines Aufnahmeantrages gedrängt oder ohne ihr Wissen als Mitglieder bei dem Beklagten zu 5) angemeldet worden. Auch seien die Mitgliedsbeiträge unmittelbar vom Lohn abgezogen und an den Beteiligten zu 5) abgeführt worden.
22Die Antragstellerinnen behaupten, der Beteiligte zu 5) sei als gezielte Maßnahme der CGM sowie der CGD gegründet worden und damit als "verlängerter Arm" der CGM zu betrachten. Zweifel ergäben sich auch an seiner Gegnerunabhängigkeit, was sich bereits aus der fehlenden finanziellen Leistungskraft herleiten lasse. Der satzungsmäßig vorgesehene Mindestbeitrag von € 6,-- monatlich ohne eine üblicherweise vorliegende gestaffelte Beitragsstruktur, welche sich am Einkommen der Mitglieder orientiere, sei nicht vorgesehen. Der Beteiligte zu 5) habe bei Nichtberücksichtigung der über Artos eingebrachten Mitglieder lediglich 100 selbst geworbene Mitglieder, sodass von monatlichen Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen in Höhe von lediglich € 600,-- ausgegangen werden könne. Diese Summe sei nicht ausreichend, um Personalkosten sowie die laufenden Ausgaben einer tariffähigen Arbeitnehmervereinigung zu decken. Es gebe erhebliche Bedenken an der finanziellen Unabhängigkeit des Beteiligten zu 5). Denn nach den Medienberichten aus dem Jahr 2011 sei davon auszugehen, dass der Beteiligte zu 5) in einer Größenordnung von 1500 Mitgliedern seine Einnahmen in erheblichem Maße der Leiharbeitsfirma Artos zu verdanken habe, welche die Mitgliedsbeiträge vom Entgelt ihrer Leiharbeitnehmer abgezogen und dem Beteiligten zu 5) zugeführt habe.
23Der Beteiligte zu 5) könne seine Aufgaben als Tarifpartner auch nicht sinnvoll erfüllen, da es ihm an der erforderlichen Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler fehle. Dies ergebe sich aus der geringen Zahl der Mitglieder im Verhältnis zu dem selbst gewählten Zuständigkeitsbereich. Nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit - Stand 30.09.2010- seien in der Bundesrepublik 28.268.615 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, bei Weglassen der Bereiche Landwirtschaft und der Rohstoffgewinnung verbleibe eine Zahl von etwa 28 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigter, für die sich der Beteiligte zu 5) als zuständig betrachte. Selbst ausgehend davon, dass es lediglich auf die Wirtschaftsbereiche ankomme, für welche der Beteiligte zu 5) in seiner Funktion als "Auffangvereinigung" des CGB zuständig sei, verbleibe eine von ihm beanspruchte Zuständigkeit für etwa 600.000 Beschäftigungsverhältnisse. Bei tatsächlich etwa 100 Mitgliedern des Beteiligten zu 5) könne kein nennenswerter Druck gegenüber dem sozialen Gegenspieler aufgebaut werden.
24Entsprechendes gelte auch für die mangelnde organisatorische Leistungsfähigkeit des Beteiligten zu 5).
25Auch fehle es an der sozialen Mächtigkeit.
26Die Satzung des Beteiligten zu 5) genüge im Übrigen nicht den Anforderungen an eine tariffähige Vereinigung, da sie soweit umschrieben sei, dass letztlich eine Zuständigkeit für alle Arbeitnehmer hergeleitet werden könne. Im Übrigen lege die Satzung nicht, wie es erforderlich sei, den Organisationsbereich des Beteiligten zu 5) selbst fest, sondern mache sich im Ergebnis von der Bestimmung Dritter abhängig, da der Zuständigkeitsbereich von dem Nichtvorliegen einer speziellen Zuständigkeit einer anderen Gewerkschaft im CGB abhänge.
27Die Antragstellerin zu 4.) behauptet, der Beteiligte zu 5) spiele selbst im eigenen Umfeld keine Rolle. In der deutschen Gewerkschaftszeitung (DGZ) gebe es mit Ausnahme eines Artikels im Heft 1 - 2/2009 - über den Bundesgewerkschafstag vom 08.11.2008 keinerlei Hinweis auf den Beteiligten zu 5). Soweit dieser Bericht auf "stabile Mitgliederzahlen" des BIGD verweise und der Bundesgewerkschaftstag nach § 13 Abs. 2 Satz 1 der Satzung nur alle fünf Jahre stattfinde, sei davon auszugehen, dass die Mitgliederzahl des Beteiligten zu 5) sich in dem Zeitraum 2003 bis 2008 nicht erhöht habe.
28Die Antragstellerinnen zu 1) - 4) beantragen
291. festzustellen, dass der Beteiligte zu 5) nicht tariffähig ist;
302. festzustellen, dass der Beteiligte zu 5) am 01.01.2010 nicht tariffähig
31war.
32Der Beteiligte zu 5) beantragt,
33die Anträge zurückzuweisen.
34Der Beteiligte zu 5) rügt, dass die Beteiligten zu 3) und 4) gar nicht und die Antragstellerinnen zu 1) und 2) bezüglich des Antrages zu 2) nicht antragsbefugt seien. Auch gebe es keinerlei Feststellungsinteresse bezüglich des Antrages zu 2. .
35Weiter trägt er vor, die jeweiligen Anforderungen an die Tariffähigkeit und damit an die soziale Mächtigkeit sowie die organisatorische Leistungsfähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung dürften nicht von Umständen abhängig gemacht werden, die nicht von der im allgemeinen Interesse liegenden Aufgabe der Koalitionen, das Arbeitsleben zu ordnen und zu befrieden, gefordert werden.
36Die Mitgliederzahl sei ein ungeeignetes Kriterium zur Feststellung der Tariffähigkeit. "Kleinen" Gewerkschaften könnte die Tariffähigkeit rechtzeitig aberkannt und sie damit in ihrer Entwicklung und Entfaltung massiv behindert werden. Auch gebe es in Ansehung von Art. 9 Abs. 3 GG keine finanzielle Mindestvorgabe im Hinblick auf die erforderlichen finanziellen Mittel einer Arbeit-nehmerkoalition, die dieser eine Gewerkschaftsstatur verleihen würden. Der Beteiligte zu 5) habe keine tarifvertraglichen Beziehungen zu der Firma Artos und habe solche auch nicht gehabt. Vielmehr seien sämtliche als Mitglieder erfassten Arbeitnehmer der Firma Artos persönlich zur Mitgliedschaft und zu ihrem Verbleib in der Organisation des Beteiligten zu 5) befragt worden. Das Argument der Organisation beruhe auf der alt hergebrachten Vorstellung, dass nur bei einem ausgleichenden Organisationsgrad ein flächenweiter Streik durchgeführt werden könne und die Streikfähigkeit unablässige Voraussetzung für einen Gewerkschaftsstatus sei. Diese Sichtweise berücksichtige nicht den Wandel der Arbeitswelt, wobei selbst Mitgliedsgewerkschaften des DGB lediglich einen gewerkschaftlichen Organisationsgrad in der BRD von derzeit etwa 19 % aufwiesen.
37Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die finanzielle Ausstattung einer Arbeitnehmerkoalition nicht alleine darüber entscheide, ob diese in der Lage sei, die mit dem Abschluss von Tarifverträgen verbundenen finanziellen und personellen Lasten zu tragen. Die Tätigkeiten von Gewerkschaften seien in hohem Maße von Ehrenamtlichkeit und Selbstorganisation der Arbeitnehmer geprägt.
38Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Erklärungen zu den Sitzungsniederschriften verwiesen.
39II.
401. Die Anträge sind zulässig.
41a) Die Antragstellerinnen und Beteiligten zu 1) - 4) sind antragsbefugt gemäß
42§ 97 Abs. 1 ArbGG.
43aa) Wer antragsbefugt im Sinne von § 97 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG ist, bestimmt sich nach § 97 Abs. 1 ArbGG. Danach wird das Verfahren auf Antrag einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern oder von Arbeitgebern oder der obersten Arbeitsbehörde des Bundes oder der obersten Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt, eingeleitet. Antragsbefugt kann darüberhinaus nach Sinn und Zweck der Vorschrift sogar ein einzelner Arbeitgeber sein, wenn die Tarifzuständigkeit einer Gewerkschaft für sein Unternehmen oder einen seiner Betriebe zu klären ist (BAG 27. September 2005, 1 ABR 41/04, in AP TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 18; 29. Juni 2004, 1 ABR 14/03 ;13.03.2007, 1 ABR 24/06, Rdnr.20; jew. zit. nach Juris).
44Die Antragsbefugnis im Sinne von § 97 Abs. 1 ArbGG ist zu unterscheiden von der Beteiligungsbefugnis gem. § 97 Abs. 2 i.V.m. § 83 Abs. 3 ArbGG. Neben dem Antragsteller oder den Antragstellern sind diejenigen Stellen i.S. der vorgenannten Vorschrift beteiligt, deren materielle Rechtsposition im Hinblick auf die Tarifzuständigkeit der betreffenden Koalition unmittelbar betroffen ist (BAG vom 13.03.2007, 1 ABR 24/06, Rdnr. 12 m.w.N.; zit. nach Juris). Neben der Vereinigung, über deren Tarifzuständigkeit gestritten wird, sind dies Stellen und Vereinigungen auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, die durch die Entscheidung rechtlich berührt werden können. Dabei ist grundsätzlich die Beteiligung der jeweiligen Spitzenverbände ausreichend (BAG vom 28.03.2006, 1 ABR 58/04, Rdnr. 19 m.w.N., BAGE 117, 308, zit. nach Juris). Beteiligt ist die oberste Arbeitsbehörde eines Landes, wenn sich die Tarifzuständigkeit der Vereinigung entweder ausschließlich auf das Gebiet dieses Landes erstreckt oder die Tarifzuständigkeiten nur für Tarifverträge bestritten wird, deren Geltungsbereich auf ein Land begrenzt ist. Bei länderübergreifender Zuständigkeit oder größerem Geltungsbereich ist stattdessen die oberste Arbeitsbehörde des Bundes beteiligt (vgl. BAG v. 25.11.1986, 1 ABR 22/85, BAGE 53, 347, zit. nach Juris, Rdnr. 32). Die vorgenannten Beteiligungen sind solche nach § 83 Abs. 3 Satz 1 ArbGG, die von Amts wegen zu erfolgen haben.
45Soweit sich diese, von Amts wegen zu berücksichtigende Beteiligte im Verfahren aber als Antragsteller gem. § 97 Abs. 1 ArbGG positionieren (wollen), haben sie Antragsbefugnis und können das Verfahren über Feststellung der Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einleiten und durchführen. Sie müssen sich nicht mit der Beteiligtenstellung gem. § 83 Abs. 3 Satz 1 ArbGG abfinden.
46Der Kreis der Antragsbefugten nach § 97 Abs.1 ArbGG wird durch die in § 97 Abs. 5 ArbGG genannten Personen ergänzt und erweitert. Nach dieser Vorschrift sind die Parteien eines Rechtsstreits, dessen Ausgang von der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung abhängt, "auch" in dem Beschlussverfahren nach § 2 a Abs.1 Nr.4 antragsberechtigt. Damit berechtigt diese Vorschrift ihrem Wortlaut und Sinn nach die Parteien, neben ihrer Parteistellung im anhängigen Verfahren "auch" die Partei-(oder Beteiligten-) stellung mit Antragsbefugnis im angestrebten Beschlussverfahren einzunehmen. Weiter soll der Kreis der Antragsbefugten nach § 97 Abs.1 ArbGG "auch" auf die Parteien des Ausgangsrechtsstreits mit eigener Antragsbefugnis im Beschlussverfahren erweitert werden (vgl. BAG v. 13.03.2007, 1 ABR 24/06, Rdnr.17, zit. nach Juris; entspr. v. 25.11.1986, 1 ABR 22/85, aaO., zit. nach Juris, Rdnr. 35).
47bb) Die Antragstellerinnen zu 1) und 2) sind nach dem zuvor Gesagten antragsbefugt.
48Die Tarifzuständigkeit einer Gewerkschaft richtet sich grundsätzlich nach dem in ihrer Satzung festgelegten Organisationsbereich (BAG v. 27.09.2005, 1 ABR 41/04, Rdnr. 36; 10.02.2009,1 ABR 36/08, Rdnr. 26; zit. nach Juris).
49Der Zuständigkeitsbereich der Antragstellerinnen zu 1) und 2) deckt sich nach ihren Satzungen zumindest teilweise räumlich und sachlich mit dem des Beteiligten zu 5). Beide sind auf dem " Tarifgebiet Deutschland" tätig. Sachlich gibt es eine Überschneidung insoweit, als der Beteiligte zu 5) satzungsgemäß wie die Antragstellerin zu 1) in dem Bereich Industrie, also auch der Metall- und Elektroindustrie, und wie die Antragstellerin zu 2) auf dem Gebiet der Dienstleistungen tätig ist.
50Vorliegend gibt es eine Antragsbefugnis auch für die Antragstellerinnen zu 3) und 4).
51Die vom Beteiligten zu 5) abgeschlossenen Tarifverträge erstrecken sich auf das "Tarifgebiet Deutschland". Damit sind sowohl die obersten Arbeitsbehörden des Bundes als auch der antragstellenden beiden Länder betroffen.
52Der Antragsbefugnis steht nicht entgegen, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Beteiligte zu 8), (bereits von Amts wegen) in das Verfahren einbezogen wurde.
53Es kann dahinstehen, ob eine eigene Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörde eines Bundeslandes, hier der Antragstellerinnen zu 3) und 4), bereits dann zu bejahen wäre, wenn die oberste Arbeitsbehörde des Bundes, wie hier, von ihrer Antragsbefugnis keinen Gebrauch macht.
54Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Antragsbefugnis im Sinne von § 97 Abs. 1 ArbGG stets bei der obersten Arbeitsbehörde des Bundes, desweiteren bei den obersten Arbeitsbehörden der Länder gegeben, wenn die Tätigkeit der Koalition, deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit umstritten ist, sich auf das räumliche Gebiet des jeweiligen Bundeslandes erstreckt. Eine darüber hinausgehende Betroffenheit muss nicht vorliegen (BAG v. 14.12.2010, 1 ABR 19/10, Rdnr.48, zit. nach Juris ).
55Die Antragstellerin zu 4) war auch befugt, dem schon rechtshängigen Rechtsstreit auf Seiten der weiteren Antragstellerinnen beizutreten.
56Das Verfolgen des Antragsbegehrens im Wege einer subjektiven Antragshäufung unterliegt keinen Bedenken. Eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne von § 62 Abs. 1 ZPO ist gegeben, weil über den Antrag nur eine einheitliche Sachentscheidung, nämlich die Bejahung oder Verneinung der Tariffähigkeit, ergehen kann. Eine solche notwendige Streitgenossenschaft ist auch im Beschlussverfahren zulässig, obwohl § 80 Abs. 2 ArbGG keinen Bezug auf die §§ 59 ff. ZPO nimmt ( vgl. BAG v. 13.03.2007, 1 ABR 24/06, Rdnr. 19, zit. nach Juris ).
57b) Die Antragstellerinnen haben ein Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO an der Stellung der Anträge zu 1. und 2. .
58aa) Das Vorliegen eines Feststellungsinteresses ist auch für das Verfahren nach § 97 Abs. 1 i.V.m. § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG erforderlich (vgl. BAG v. 13.03.2007, 1 ABR 24/06, BAGE 121, 362, zit. nach Juris, Rdnr. 21).
59Für einen negativen, auf die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit hin gerichteten Antrag besteht ein Feststellungsinteresse einer Gewerkschaft dann, wenn die konkurrierende Vereinigung sich anschickt, Tarifverhandlungen im Zuständigkeitsbereich der antragstellenden Gewerkschaft zu führen oder Tarifverträge in diesem Bereich bereits geschlossen hat. Die Zulässigkeit des Antrages setzt nicht voraus, dass dieser auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist. Die besonderen Regelungen von § 2 a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1 ArbGG haben insoweit Vorrang vor der allgemeinen Vorschrift des § 256 Abs. 1 ZPO ( BAG v. 10.02.2009, 1 ABR 36/08, Rdnr. 24, zit. nach Juris).
60Nach dem Normzweck von §§ 2 a Abs.1 Nr. 4, 97 Abs. 1 ArbGG können die nach Landesrecht zuständigen obersten Arbeitsbehörden zugunsten der auf ihrem Landesgebiet tätigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine gerichtliche Entscheidung über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung herbeiführen, die für ihre Mitglieder die normative Regelung von Arbeitsbedingungen beansprucht. Das Verfahren zur Feststellung der (fehlenden) Tariffähigkeit einer Vereinigung ist darauf gerichtet, mit allgemeiner Wirkung von Amts wegen zu ermitteln, ob diese Vereinigung in der Lage ist, mit den Mitteln des staatlichen Tarifrechts die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder zu regeln. Ein solches Verfahren hat eine ordnungspolitische Funktion und dient der Stärkung, Sicherstellung und Überwachung der Tarifautonomie (vgl. BAG v. 14.12.2010, 1 ABR 19/10, Rdnr. 48, zit.nach Juris ).
61bb) Nach dieser Rechtsprechung ist ein Feststellungsinteresse für beide Anträge gegeben.
62Das Interesse an der antragsgemäßen Feststellung für den Antrag zu 1. ist zu bejahen.
63Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 22.08.2012 gab es Tarifverträge, die vom Beteiligten zu 5) abgeschlossen waren und auch über den Zeitpunkt der Antragstellung hinaus ihre Wirkung im Zuständigkeitsbereich der Antragstellerinnen entfalten.
64Das erforderliche Feststellungsinteresse liegt bei allen Antragstellerinnen überdies auch bezüglich des Antrages zu 2. vor, welcher rückwirkend auf die Feststellung der Tarifunfähigkeit des Beteiligten zu 5) zum 01.01.2010 gerichtet ist.
65§ 97 Abs. 1 ArbGG sieht - ebenso wie Absatz 5 - seinem Wortlaut nach keinerlei zeitliche Regelung vor. Vielmehr ist in der Überschrift von § 97 ArbGG lediglich die Rede von einer "Entscheidung über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung". Damit nimmt der Gesetzgeber "zeitlos" auf das Prüfen der genannten Eigenschaften Bezug, ohne vorzugeben, ob diese zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Verfahrens, also in der Gegenwart, oder in der Vergangenheit festzustellen sind.
66Auch die Wortwahl von § 97 Abs. 1, letzter Halbsatz ArbGG gibt keinen näheren Aufschluss. Danach ist u.a. antragsbefugt die oberste Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung "erstreckt". Diese Regelung ist zwar im Präsens, also der Gegenwartsform, gehalten. Allerdings bezieht sich der Relativsatz nur auf das in Bezug genommene Land (ggfs. den zuvor genannten Bund), wie sich aus dem " sächlichen"/"männlichen" Relativpronomen "dessen" ergibt. Nicht von diesem Relativpronomen erfasst wird "die" in der Gesetzesvorschrift zuvor genannte Vereinigung von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern. Daraus ist ersichtlich, dass die gewählte Präsensform nichts über den Zeitpunkt besagt, für den die Feststellung der (fehlenden) Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit getroffen werden soll.
67Nach dem bereits zitierten Zweck von § 97 Abs. 1 ArbGG kann jedenfalls dann die Feststellung über die Tariffähigkeit vergangenheitsbezogen sein, wenn die Interessen der genannten Vereinigungen und sonstigen Antragsbefugten in einem zurückliegenden Zeitraum betroffen sind. Das ist dann der Fall, wenn Tarifverträge in der Vergangenheit abgeschlossen wurden und ab einem zurückliegenden Zeitpunkt ihre Wirkung entfalteten. Die Rechte der antragsbefugten Vereinigungen und Arbeitsbehörden sind auch für die Vergangenheit schützenswert. Tarifverträge, die die Gewerkschaft, welche sich im Verfahren auf ihre Tariffähigkeit beruft, in der Vergangenheit abgeschlossen hat und die längere Zeit ihre Wirkung entfaltet haben, haben den Spielraum der antragsbefugten Gewerkschaft in diesem Zeitraum unzulässig eingeengt, wenn eine Tariffähigkeit nicht gegeben ist. Das wirkt sich z.B. aus, indem in Arbeitsverträgen auf die Tarifverträge der nicht tariffähigen Gewerkschaft Bezug genommen worden ist, diese auf die Arbeitsverhältnisse Anwendung gefunden haben und ggfs. noch finden und überdies die zur Überprüfung anstehende Vereinigung Mitglieder gewonnen hat, die ansonsten der antragsbefugten Gewerkschaft möglicherweise zugekommen wären. "Für die Koalitionen ist das Vorhandensein und die praktische Wirksamkeit der Tarifautonomie eine verbandspolitische Existenzfrage. Ihre Attraktivität hängt ganz wesentlich von ihren tarifpolitischen Erfolgen ab" (BVerfG v. 03.04.2001, NZA 2001,777,778 bei ErfKomm- Dieterich, 10. Aufl. 2010, Art.9 GG Anm.52).
68Entsprechendes gilt für die obersten Arbeitsbehörden des Bundes und der Länder. Auch hier kann der Zweck des Verfahrens nach § 97 Abs.1 ArbGG nicht an der Gegenwartsschranke haltmachen. Die obersten Arbeitsbehörden haben mit allgemeiner Wirkung von Amts wegen zu ermitteln, ob die in Rede stehende Vereinigung in der Lage ist, mit den Mitteln des staatlichen Tarifrechts die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder zu regeln. Dieses Verfahren hat die angesprochene ordnungspolitische Funktion und dient der Stärkung der Tarifautonomie. Das Interesse an der Sicherstellung, dass auf dem Gebiet der Tarifautonomie " alles mit rechten Dingen" zugeht, besteht für die Gegenwart ebenso wie für die Vergangenheit. "Die Verfassung erwartet von der Tarifautonomie die Erfüllung sozialstaatlicher Funktionen, nämlich, den im öffentlichen Interesse liegenden Zweck, in dem von der staatlichen Rechtssetzung freigelassenen Raum das Arbeitsleben im Einzelnen durch Tarifvertrag sinnvoll zu ordnen, insbesondere die Höhe der Arbeitsvergütung für die verschiedenen Berufstätigkeiten festzulegen und so letztlich die Gemeinschaft sozial zu befrieden " ( BVerfG v. 06.05.1964 in AP TVG § 2 Nr.15 bei ErfKomm- Dieterich, aaO, Anm. 53).
69Die in der Vergangenheit von einer zur Überprüfung anstehenden Vereinigung abgeschlossenen Tarifverträge strahlen unmittelbar auf die Arbeitsvergütung und damit auch das Leben der konkret betroffenen Arbeitnehmer und mittelbar auf das gesellschaftliche Leben überhaupt aus. War die tarifschließende Vereinigung zum Zeitpunkt des Abschlusses der Tarifverträge nicht tariffähig, folgt daraus grds. auch die Unwirksamkeit der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge mit der weiteren Folge, dass darauf beruhende Lohnabsprachen unwirksam sind. Diese Umstände zu überprüfen und Unrechtmäßigkeiten zur Sicherung der Tarifautonomie aufzudecken, unterfällt der ordnungspolitischen Aufgabe der obersten Arbeitsbehörden. Diese könnten sie nicht im erforderlichen Maße erfüllen, wenn die Tariffähigkeit einer Vereinigung nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt des Abschlusses eines Tarifvertrages oder den Zeitpunkt des Beginns seiner vereinbarten Wirksamkeit überprüfbar wäre.
70Den entgegenstehenden Ausführungen des LAG Hamburg (v. 21.03.2012, 3 TaBV 7/11 - II 3.1.1.) kann nicht gefolgt werden. Zwar ergibt sich, wie das LAG Hamburg in seinem Beschluss festgestellt hat, aus einer vergangenheitsbezogenen Feststellung nicht, ob eine Vereinigung gegenwärtig bzw. zukünftig tariffähig bzw. tarifzuständig ist. Entsprechend ist für eine solche Feststellung auf die aktuellen Verhältnisse abzustellen. Den Antragstellerinnen des vorliegenden Verfahrens kommt es mit dem Feststellungsantrag zu 2. aber nicht darauf an, eine Tarifunfähigkeit des Beteiligten zu 5) zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu dokumentieren, also eine gegenwartsbezogene Feststellung zu treffen. Dieses Begehren ist bereits vom Antrag zu 1. erfasst.
71Vielmehr begehren die Antragstellerinnen konkret die vergangenheitsbezogene Feststellung zu einem bestimmten Zeitpunkt, da zu diesem Zeitpunkt und danach fortdauernd ihre eigenen Interessen und Rechte durch Tarifverhandlungen des Beteiligten zu 5) und auch Tarifabschlüsse, desweiteren das Fortgelten der Tarifverträge fortdauernd beeinträchtigt wurden. Die Antragstellerinnen haben ein originäres Recht auf die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der in Rede stehenden Gewerkschaft, da insoweit auch rückwirkend Rechtsklarheit geschaffen wird, die ihnen die unmittelbare Möglichkeit gibt, Konsequenzen daraus zu ziehen. Die Ausübung der Rechte und Pflichten der Antragstellerinnen kann nicht, wie das Landesarbeitsgericht Hamburg (21.03.2012, 3 TaBV 7/11- II 3.1.1.) meint, davon abhängig gemacht werden, ob irgendwelche Parteien oder Beteiligte eines nach § 97 Abs.5 ArbGG eingeleiteten Verfahrens ihr Recht auf dem Wege dieser Regelung suchen (so auch ArbG Köln v. 30.10.2008, 14 BV 324/08, Rdnr. 90, zit. nach Juris; best. durch LAG Köln v. 20.05.2009, 9 Ta BV 105/08). Ansonsten würde es dem Zufall überlassen, ob insoweit Rechtsklarheit geschaffen wird. Die Durchsetzung eigener Rechte, die vom Zufallsprinzip abhängt, ist mit dem Zweck von § 97 Abs. 1 ArbGG nicht zu vereinbaren.
72Insoweit muss umgekehrt gelten, dass Parteien davon profitieren können, dass antragsbefugte Antragsteller gem. § 97 Abs. 1 ArbGG ihre tarif- und ordnungspolitischen Rechte und Pflichten wahrnehmen und die Feststellung zur Tariffähigkeit einer Vereinigung so herbeiführen, dass betroffene Dritte, wie z.B. Arbeitsvertragsparteien, auf die ihnen günstige Entscheidung zurückgreifen können. Die im Verfahren nach § 97 Abs.1 ArbGG getroffenen Feststellungen haben Wirkung für und gegen alle (vgl. BAG v. 05.10.2010, 1 ABR 88/09, Rdnr.25, 28.03.2006, 1 ABR 10/99, Rdnr.16; zit. nach Juris).
73Nach der vom LAG Hamburg (aaO) schließlich zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (v. 09.12.2009, 4 AZR 190/08, Rdnr. 44, zit. nach Juris) kann nur dann von einer Popularklage ausgegangen werden, wenn ein Rechtsschutzinteresse des jeweiligen Antragstellers nicht vorliegt. Das bedeutet umgekehrt, dass bei Bejahen des Feststellungsinteresses das Vorliegen einer Popularklage ausgeschlossen ist.
74Vorliegend hat der Beteiligte zu 5) im Jahr 2010 mehrere Tarifwerke und- verträge abgeschlossen, deren rückwirkende Gültigkeit ab dem 01.01.2010 die Tarif schließenden Parteien zumindest teilweise vereinbart haben. Hinsichtlich dieser Tarifverträge sind die Antragstellerinnen bereits ab dem 01.01.2010 konkret betroffen. Entsprechend hat das Bundesarbeitsgericht ein negatives Feststellungsinteresse nicht nur bejaht, wenn sich die ( konkurrierende ) Vereinigung anschickt, Tarifverhandlungen im Zuständigkeitsbereich der antragstellenden Gewerkschaft zu führen, sondern auch dann, wenn Tarifverträge in diesem Bereich durch diese Vereinigung geschlossen wurden ( BAG v. 10.02.2009, 1 ABR 36/08, zit. nach Juris ).
752.
76Die Anträge sind auch begründet.
77Der Beteiligte zu 5), der BIGD, ist nicht tariffähig und war es auch zum 01.01.2010 nicht.
78a) Eine Arbeitnehmervereinigung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts tariffähig, wenn sie sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt hat und Willens ist, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Weiterhin ist Voraussetzung, dass die Arbeitnehmervereinigung ihre Aufgabe als Tarifpartnerin sinnvoll erfüllen kann. Dazu gehören die durch ihre Mitglieder vermittelte Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und eine leistungsfähige Organisation ( BAG v. 05.10.2010, 1 ABR 88/09, Rdnr. 30; 28.03.2006, 1 ABR 58/04, Rdnr. 34, -BAGE 117, 308-, zit. nach Juris ).
79Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung von gewissen Mindestvoraussetzungen abhängig gemacht wird. Allerdings dürften keine Anforderungen an die Tariffähigkeit gestellt werden, die die Bildung und Betätigung einer Koalition unverhältnismäßig einschränken und so zur Aushöhlung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gesicherten freien Koalitionsbildung und -betätigung führen ( BVerfG v. 20.10.1981, 1 BvR 404/78; v. 31.07.2007, 2 BvR 1831/06; zit. nach Juris ).
80b) Der Beteiligte zu 5) erfüllt in verschiedenen Bereichen die vom Bundesarbeitsgericht gesetzten Anforderungen an die Tariffähigkeit nicht. Das galt zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung und galt ebenso zum 01.01.2010. Weder die Satzung des Beteiligten zu 5) noch die sonstigen Verhältnisse, die die Vereinigung des Beteiligten zu 5) betreffen, haben sich, soweit dies für die Kammer erkennbar ist, nach dem 01.01.2010 in maßgeblicher Weise geändert. Dabei wurde von dem Tatsachenvortrag der Antragstellerinnen ausgegangen, soweit er nicht durch konkrete Gegentatsachen vom Beteiligten zu 5) in Abrede gestellt wurde.
81§ 83 Abs.1 S.1 ArbGG sieht eine Aufklärungspflicht des Gerichts von Amts wegen vor. Dabei haben die Beteiligten gem. § 83 Abs. 1 S.2 ArbGG an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
82Die Ermittlung des Gerichts hat soweit zu gehen, als das bisherige Vorbringen der Beteiligten und der schon bekannte Sachverhalt bei pflichtgemäßer Würdigung Anhaltspunkte dafür bieten, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt noch weiterer Aufklärung bedarf. Kommen die Beteiligten trotz entsprechender Hinweise des Gerichts ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach, so kann dies je nach dem Grund der Weigerung dazu führen, dass auch das Gericht nicht mehr zu weiterer Aufklärung verpflichtet ist ( BAG v.10.12.1992, 2 ABR 32/92, Rdnr.92, auch 22.04.2004, 8 ABR 10/03, Rdnr.80; zit. nach Juris).
83Vorliegend haben der Beteiligte zu 5) und auch der Beteiligte zu 6) sich ganz überwiegend mit Rechtsausführungen begnügt, statt zur Sachverhalts-aufklärung beizutragen. Die Bemühungen des Gerichts im Gütetermin am 25.06.2012, Tatsachenvortrag zu der Höhe der Beiträge beim Beteiligten zu 5) und zu den Mitgliederzahlen zu erhalten, blieben im Gütetermin und während des gesamten folgenden Verfahrens erfolglos. Damit war der nicht konkret bestrittene Vortrag der Antragstellerinnen der Entscheidung zugrundezulegen, da an seiner Richtigkeit nach den vorgetragenen Gesamtumständen keine vernünftigen Zweifel gehegt wurden.
84aa) Es ist davon auszugehen, dass der Beteiligte zu 5) nicht frei gebildet ist.
85Seine Gründung war, wie von den Antragstellerinnen vorgetragen, maßgeblich von Mitgliedern und Funktionären anderer Arbeitnehmervereinigungen initiiert und getragen. Dabei handelte es sich um Mitglieder und Funktionsträger des CGM und im Falle von I. auch der CGD, welche mit Beschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 17.10.2002 als nicht tariffähig befunden worden war. Die Gründungsveranstaltung des Beteiligten zu 5) fand in den Räumlichkeiten der CGM in Duisburg statt. Der Beteiligte zu 5) wurde im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Entscheidung des Arbeitsgerichts Gera, nämlich im Februar 2003, gegründet. Ausweislich des Vereinsregisters ist Bundesgeschäftsführer des Beteiligten zu 5) ebenfalls I.. Angesichts dieser Umstände ist davon auszugehen, dass der Beteiligte zu 5) nicht frei, sondern auf die Initiative der CGM und zumindest mittelbar von ihr gegründet wurde und, wie die Antragstellerinnen festgestellt haben, als "verlängerter Arm" der CGM anzusehen ist.
86bb) Es bestehen erdrückende Zweifel an der Gegnerunabhängigkeit, also Gegnerfreiheit des Beteiligten zu 5).
87Bei Mindestmonatsbeträgen von € 6,-- kann das Beitragsaufkommen des Beteiligten zu 5) nicht nennenswert sein. Entsprechend haben die Antragstellerinnen dazu vorgetragen, dass von 100 selbst geworbenen Mitgliedern auszugehen sei, so dass monatliche Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen in Höhe von € 600,-- zugrundezulegen seien. Der Beteiligte zu 5) hat zu diesen Zahlen keinerlei Stellung genommen und weder vorgetragen, in welcher Höhe tatsächlich Mitgliedsbeiträge monatlich eingenommen werden, noch in welchem Umfang er tatsächlich Mitglieder hat oder in den vergangenen Jahren seit seiner Gründung hatte. Damit war mangels entgegenstehender Ansatzpunkte dem Vortrag der Antragstellerinnen zu folgen. Bei lediglich etwa € 600,-- monatlich kann von einer Gegnerunabhängigkeit nicht ausgegangen werden. Einen Hinweis auf die mangelnde Gegnerfreiheit ergeben die Medienberichte aus dem Jahr 2011 über die Machenschaften der Leiharbeitsfirma Artos, deren Arbeitnehmer geradezu "zwangsweise" Mitglieder des Beteiligten zu 5) geworden sein sollen. Zwar hat dieser die behaupteten Vorgänge als unrichtig dargestellt. Allerdings hat er es auch insoweit versäumt mitzuteilen, wann und in welcher Zusammensetzung er Mitglieder geworben hat und auf welche Weise dieses geschehen ist.
88Einen weiteren Hinweis auf die Richtigkeit der angesprochenen Gegnerabhängigkeit geben die vom Beteiligten zu 5) - ausschließlich - im Jahr 2010 abgeschlossenen mehrgliedrigen Tarifverträge. Diese wurden ausnahmslos mit Zeitarbeitsunternehmen geschlossen, was auf eine besondere Nähe zu diesen Unternehmen deutet, insbesondere dann, wenn man sich den umfassenden Organisationsbereich des Beteiligten zu 5) nach § 1 Ziffer 3 seiner Satzung ansieht.
89cc) Nach der Überzeugung der Kammer kann der Beteiligte zu 5) auch seine Aufgabe als Tarifpartner nicht sinnvoll erfüllen.
90Es fehlt ihm an der erforderlichen Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler. Dies gilt insbesondere bezüglich der zu unterstellenden niedrigen Mitgliederzahlen, desweiteren auch hinsichtlich der geringen Einnahmen, mit denen die Aufgabe als ernst zu nehmender Tarifpartner nicht wahrgenommen werden kann.
91Dabei ist durchaus zu berücksichtigen, dass junge Gewerkschaften "klein" anfangen und die Koalitionsfreiheit i.S. von Art. 9 GG nicht dahin verstanden und gelebt werden kann, dass missliebige Konkurrenz möglichst früh nach ihrem Entstehen von größeren und eingesessenen Gewerkschaften verhindert werden soll.
92Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Nach den von der Antragstellerin zu 4) angeführten Berichten in der DGZ aus dem Jahre 2008 sind die Mitgliedszahlen des Beteiligten zu 5) "stabil" geblieben. Das kann nur bedeuten, dass die Mitgliedszahlen seit der Gründung im Februar 2003, welche mit 100 als gering zu bezeichnen sind, innerhalb von 5 Jahren nicht gestiegen sind. Weiter ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass sie auch bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, am 22.08.2012, nicht weiter gestiegen sind, womöglich sogar verringert wurden.
93Entsprechend verhält es sich mit den Mitgliedsbeiträgen. Bei gleich bleibender Mitgliederzahl ist von gleich bleibenden Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge auszugehen. Auch insoweit haben die Beteiligten zu 5) und 6) keinerlei entgegenstehende Tatsachen vorgetragen, aus denen auf nennenswert höhere Einkünfte zu schließen wären.
94Unter diesen Umständen kann der Beteiligte zu 5) nicht erfolgreich darauf verweisen, er sei eine junge Gewerkschaft, die sich in der Entwicklung befinde. Denn eine Fortentwicklung des BIGD seit seiner Gründung mit einem Hinleben darauf, die Anforderungen des Bundesarbeitsgerichts an seine Tariffähigkeit zu erfüllen, ist in keiner Weise ersichtlich.
95Auch der Hinweis auf Unterstützung durch ehrenamtlich tätige Helfer führt in der vorgebrachten Verallgemeinerung zu keiner anderen Beurteilung. Der Beteiligte zu 5) hat keine Tatsachen beigebracht, aus denen sich eine maßgebliche Beteiligung ehrenamtlicher Personen für seinen Verein nach Zahl und inhaltlicher Betätigung herleiten ließe.
96Die fehlende erforderlichen Durchsetzungskraft des Beteiligten zu 5) ergibt sich weiter aus dem Verhältnis der geringen Mitgliederzahl zu der Zahl der angeblich zu erreichenden Personen von etwa 600000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, wie die Antragstellerinnen in ihren Berechnungen angeführt haben.
97Auch die mangelnde Organisationsstruktur des Beteiligten zu 5) lässt erkennen, dass er seine Aufgabe als Tarifpartner nicht sinnvoll erfüllen kann. Mit den genannten wenigen Mitgliedern ist der Beteiligte zu 5) nicht in der Lage, die wirtschaftlichen Entwicklungen und sonstigen Rahmenbedingungen zu beobachten und zu prognostizieren, um daraus Tarifforderungen zu entwickeln, die Durchführung der Tarifverträge zu überwachen und abzusichern, das Verhandlungsergebnis verbandsintern zu vermitteln und durchzusetzen (vgl. BAG v. 28.03.2006, 1 ABR 58/04, Rn. 53, zit. nach Juris ).
98Bei vielleicht 100 Mitgliedern kann der Beteiligte zu 5) die vorgenannten Aufgaben nicht erfolgreich erfüllen. Darüber hinaus fehlt es ihm an einem eigenen Internetauftritt, einem Instrument, das nur ein Minimum an Organisation erfordert. Eine eigene Mitgliedszeitung gibt er nicht heraus. Er ist auch nicht Mitherausgeber der DGZ, dem Magazin der Christlichen Gewerkschaften. Er verfügt lediglich über eine Postanschrift, welche derjenigen der CGM entspricht, und betreibt nach unwidersprochener Behauptung der Antragstellerinnen darüber hinaus keine eigenen Büros oder Geschäftsstellen, desweiteren keinerlei Personal.
99Auf die Bedeutungslosigkeit des Beteiligten zu 5) selbst innerhalb der Organisation der Christlichen Gewerkschaften und der CGM weist auch der Umstand hin, den die Antragstellerin zu 4) bereits angeführt hat: Der Beteiligte zu 5) hat danach in der DGZ lediglich einen einzigen Bericht über seine Organisation in der Zeit zwischen der Gründungsveranstaltung im Jahr 2003 und dem Jahr 2008 zu verzeichnen . Dass es darüber hinaus noch Berichte über ihn und sein erfolgreiches Tun gegeben hat, hat er selbst nicht vorgetragen.
100dd) Auch seine Stellung als Tarifpartner mit der erforderlichen sozialen Mächtigkeit ist auf Seiten des Beteiligten zu 5) nicht erkennbar.
101Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitgeberseite den Beteiligten zu 5) beim Aushandeln von Tarifverträgen nicht habe ignorieren können ( vgl. dazu BAG v. 05.10.2010, 1 ABR 88/09, Rn. 43, zit. nach Juris ). In der gesamten Zeit seit seiner Gründung hat der Beteiligte zu 5) lediglich im Jahr 2010 insgesamt 5 Tarifwerke bzw. Tarifverträge auf den Weg gebracht. Dies hat er auch nicht allein getan, sondern hat im Rahmen von mehrgliedrigen Tarifverträgen zumindest 4 weitere Arbeitnehmervereinigungen auf seiner Seite gehabt. Davon wurde die CGZP ebenfalls als nicht tariffähig von der Rechtsprechung angesehen. Alle Tarifverträge, die der Beteiligte zu 5) abgeschlossen hat, wurden mit Zeitarbeitsunternehmen abgeschlossen, was wiederum gegen seine soziale Mächtigkeit, vielmehr ausschließlich für eine Nischentätigkeit im Bereich der Zeitarbeitsbranche spricht. Selbst auf diesem Gebiet hat der Beteiligte zu 5) nach Ablauf des Jahres 2010, soweit erkennbar, keine weiteren Aktivitäten mehr entfaltet.
102ee) Auch die Satzung des Beteiligten zu 5) genügt nicht den Anforderungen an eine tariffähige Vereinigung.
103Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss der Umfang des Organisationsbereichs einer Vereinigung von dieser autonom festgelegt werden und eindeutig bestimmt sein, da ansonsten für Mitglieder, Verbandsorgane und Dritte die Grenze wirksamen Handels der Vereinigung nicht ersichtlich ist ( BAG v. 10.02.2009, 1 ABR 36/01, Anm. 27, zit. nach Juris ).
104Nach § 1 Ziffer 3 und § 3 Ziffer 1 der Satzung des Beteiligten zu 5) lässt sich letztlich einerseits eine Zuständigkeit für fast alle Arbeitnehmer entnehmen, andererseits wird dieser recht umfassende Zuständigkeitsbereich durch den Zusatz, soweit nicht eine "spezielle Zuständigkeit einer anderen Gewerkschaft in CGB vorliegt" eingeschränkt. Damit ist die Zuständigkeit des Beteiligten zu 5) davon abhängig, ob und in welchem Bereich andere Gewerkschaften im CGB besondere Zuständigkeitsbereiche aufweisen. Damit entscheidet der Beteiligte zu 5) letztendlich nicht selbst über die Reichweite seiner Zuständigkeit, diese ist vielmehr abhängig von Dritten und deren Zufallsentscheidungen.
105Die Anträge mussten Erfolg haben.
106RECHTSMITTELBELEHRUNG
107Gegen diesen Beschluss kann von den Beteiligten zu 5) Beschwerde eingelegt werden.
108Für die übrigen Beteiligten ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
109Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
110Landesarbeitsgericht Düsseldorf
111Ludwig-Erhard-Allee 21
11240227 Düsseldorf
113Fax: 0211-7770 2199
114eingegangen sein.
115Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
116Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1171.Rechtsanwälte,
1182.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1193.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
120Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
121* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
122- Wachtel -