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1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 € nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.07.2024 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage gegen die Beklagte zu 1) und die Widerklage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/3 und die Beklagte zu 1) 2/3.
4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 4.219,43 €.
für Recht erkannt:
21. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 € nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.07.2024 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage gegen die Beklagte zu 1) und die Widerklage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/3 und die Beklagte zu 1) 2/3.
4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 4.219,43 €.
T a t b e s t a n d
11Die Parteien streiten zuletzt noch über einen datenschutzrechtlichen Auskunfts- und Schadensersatzanspruch sowie widerklagend im Wege der Stufenklage über Auskunft und Erstattung von Rechtsanwaltskosten.
12Die Beklagte zu 1) suchte im April 2024 einen „Credit and Collections Analyst“, der idealerweise über eine zumindest dreijährige Berufserfahrung im Mahnwesen, Kreditmanagement oder Rechnungswesen verfügen sollte. Die Stellenausschreibung endete mit folgender Erklärung:
13„Mit der Absendung deiner Bewerbung erklärst du dich eimerstanden, dass deine persönlichen Daten in unserer Headquarters in GP. Kalifornien übertragen und für den Bewerbungsprozess verarbeitet werden.“
14Wegen der weiteren Einzelheiten der Stellenausschreibung wird auf die Anlage K19 (Bl. 205 der Gerichtsakte) verwiesen.
15Der Kläger bewarb sich am 28.04.2024 auf diese Stelle und erhielt von der Beklagten zu 1) unter dem 03.05.2024 eine Absage. Mit E-Mail selben Tage bat der Kläger darum, ihm die Ablehnungsgründe mitzuteilen und ihm eine umfassende Auskunft sowie eine vollständige Datenkopie auf Grundlage von Art. 15 DSGVO zu erteilen. Er bat ferner darum, dass er die Beklagte zu 1) ihm diese Informationen unverzüglich, spätestens zum 16.05.2024 zukommen lasse.
16Die Beklagte zu 1) antwortete mit E-Mail vom 08.05.2024, dass sie gerne seine Anfrage bezüglich der Datenkopie auf Grundlage von Artikel 15 DSGVO bearbeiten werde. Die Entscheidung bezüglich seiner Bewerbung habe nichts mit seiner Person zu tun.
17Mit Schreiben ihrer hiesigen Prozessbevollmächtigten vom 21.05.2024 (Anlage K3 – Bl. 16 der Gerichtsakte) ließ die Beklagte zu 1) die Datenschutzauskunft des Klägers beantworten und erklärte u.a., dass seine Daten ausschließlich innerhalb ihres Unternehmens an die zuständigen Entscheidungsträger und die Personalabteilung weitergegeben worden seien. Eine Weitergabe an Dritte sei nicht erfolgt. Die spezifischen Gründe für die Auswahlentscheidungen in ihren Bewerbungsverfahren zählten zu ihren Geschäftsgeheimnissen. Diese Entscheidungen basierten auf einer Vielzahl von Faktoren, einschließlich, aber nicht beschränkt auf, strategische Ausrichtungen und spezifische Anforderungen der zu besetzenden Stelle, die sie als vertraulich behandeln müsse. Eine Datenkopie erteilte sie ihm nicht und wies weiter darauf hin, dass es sich um die Bewerbungsunterlagen und die dem Geschäftsgeheimnis unterliegenden Entscheidungsdokumente handele.
18Per E-Mail vom 31.05.2024 (Anlage K4 – Bl. 18 der Gerichtsakte) wies der Kläger die Beklagte zu 1) u.a. darauf hin, dass Recherchen ergeben hätten, dass seine Daten scheinbar jedenfalls an die Firma Z.. abgeflossen seien und bat um Stellungnahme, sinngemäß ferner um Erklärung, worauf sich der Abschluss des Bewerbungsverfahrens für den Beginn der sechsmonatigen Frist bis zur Löschung der Daten beziehe, machte nochmals einen Anspruch auf Beauskunftung des Absagegrundes geltend und fragte nach Angaben dazu, ob die Beklagte eine automatisierte Entscheidungsfindung einschließlich Profiling durchgeführt habe.
19Mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 07.06.2024 (Anlage K5 – Bl. 19 der Gerichtsakte) erklärte die Beklagte zu 1) u.a., dass die Empfänger seiner Daten die X., T.-straße, W., Vereinigte Staaten, die O., J.-straße, G. USA und die H., V.-straße, D. seien. Eine Kopie der Daten wurde dem Schreiben beigefügt. Da die Auswahlkriterien im Bewerbungsprozess unter das Geschäftsgeheimnis fielen, werde der Grund für die Ablehnung seiner Bewerbung nicht im Detail beauskunftet.
20Mit der am 23.06.2024 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageschrift verfolgt der Kläger Auskunftsansprüche weiter und begehrt die Zahlung von immateriellen Schadensersatz, der einen Betrag von 2.000,00 € nicht unterschreiten sollte.
21Per E-Mail vom 27.07.2024 (Anlage K17 – Bl. 202 der Gerichtsakte) machte der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) erneut von seinem datenschutzrechtlichen Auskunftsrecht Gebrauch und bat um Erteilung einer umfassenden Auskunft und einer vollständigen Datenkopie gemäß Artikel 15 DSGVO. Dieses neuerliche Auskunftsersuchen beziehe sich auf sämtliche weitergehenden Datenverarbeitungen, die seit ihrer letzten Auskunft hinzugekommen seien, also insbesondere auch auf sämtliche Korrespondenz, die sie mit den hiesigen Prozessbevollmächtigten - der Beklagten zu 2) - und der H. geführt habe.
22Die Beklagte zu 1) reagierte auf das neuerliche Auskunftsersuchen gar nicht.
23Mit Schriftsatz vom 28.07.2024 erweiterte der Kläger die Klage auf die Beklagte zu 2), mit Schriftsatz vom 23.09.2024 erweiterte er den Auskunftsantrag.
24Im Kammertermin vom 06.02.2025 ist das Verfahren gegen die Beklagte zu 2) antragsgemäß abgetrennt und an das Landgericht Düsseldorf verwiesen worden.
25Der Kläger ist zuletzt noch der Ansicht, dass er die originalgetreue Datenkopie insbesondere benötige, um nachvollziehen zu können, was die Beklagte zu 1) mit der Beklagten zu 2) „über“ ihn kommuniziert habe. Für dieses Verständnis sei die Erteilung einer originalgetreuen und vollständigen Kopie unerlässlich. Er habe gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in eingeklagter Höhe. Die Beklagte zu 1) habe die Auskunft nicht unverzüglich und vollständig erteilt. Er habe auch immaterielle Schäden in Gestalt einer Einschränkung seiner Rechte sowie einen damit verbundenen Kontrollverlust erlitten.
26Der Kläger beantragt zuletzt nach Teilerledigungserklärungen,
271. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen in Gestalt einer originalgetreuen Reproduktion aller personenbezogenen Daten, die die Beklagte zu 1) zu seiner Person verarbeitet, vor allem soweit die Beklagte zu 1) mit der Beklagten zu 2) oder anderen Dritten Korrespondenz geführt oder empfangen hat, die seine personenbezogenen Daten beinhaltet;
2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn immateriellen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, einen Betrag von 2.000,00 € aber nicht unterschreiten sollte, nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte zu 1) beantragt unter Anschluss an die Teilerledigungserklärungen,
32die Klage abzuweisen.
33Sie ist der Auffassung, dass der Kläger rechtsmissbräuchlich handele. Der Auskunftsanspruch ziele erkennbar nicht auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung oder auf den Schutz seiner personenbezogenen Daten ab, sondern ausschließlich darauf, finanzielle Ansprüche vorzubereiten. Der Schadensersatzanspruch sei unbegründet, jedenfalls überhöht. Der bloße Kontrollverlust reiche nicht aus. Es habe sich der Verdacht erhärtet, dass der Kläger in gewerblichem Ausmaß rechtsmissbräuchliche Abmahnungen und Klagen ausspreche. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, so stünde der Beklagten zu 1) ein Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB zu. Um diesen Anspruch begründen zu können, seien jedoch weitere Angaben erforderlich, die nur der Kläger erteilen könne.
34Widerklagend beantragt sie sinngemäß,
351. den Kläger zu verurteilen, ihr betreffend Auskunft zu erteilen und über jede in den letzten zwei Jahren vorgenommen Abmahnung und Klage mit datenschutzrechtlichen Bezug folgende Angaben zu machen:
- Geltend gemachter Datenschutzverstoß,
38- Name des Unternehmens,
39- Schriftsatzchronologie,
40- Ergebnis des Rechtsstreits;
412. nach Erfüllung der Verpflichtung gemäß Ziffer 1, die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunftserteilung, an Eides Statt zu versichern;
3. an sie einen nach Auskunftserteilung und sich ggf. anschließenden Antrag Ziffer 2 ergebenen Zahlungsanspruch der Rechtsanwaltskosten der Beklagten zu 1) einen noch zu beziffernden Anteil der Kosten von 1.719,43 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
46die Widerklage abzuweisen.
47Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle verwiesen.
48E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
49I.
50Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist für die Klage gegen die Beklagte zu 1) und für die Widerklage eröffnet.
511. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3c ArbGG für Rechtsstreitigkeiten aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen macht deutlich, dass eine umfassende Zuständigkeit für alle denkbaren Rechtsstreitigkeiten der Arbeitsvertragsparteien begründet werden sollte (Germelmann/Matthes/Prütting/Schlewing/Dickerhof-Borello, 10. Aufl. 2022, ArbGG § 2 Rn. 70, beck-online)
52Vorliegend beruhte die Datenerhebung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers durch die Beklagte zu 1) auf der Bewerbung und erfolgte damit im Rahmen der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses. Soweit die Beklagte zu 1) die Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers in Abrede stellt und von Rechtsmissbrauch ausgeht, ist dies für die Rechtswegbestimmung unerheblich. Die etwaige Motivlage wirkt sich nicht auf den Rechtsweg, sondern nur ggf. bei der Begründetheit aus. Insoweit ist auch nicht ersichtlich, dass die schriftsätzlich erhobene Rüge der Beklagten zu 1) zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch aufrechterhalten worden ist.
532. Nach § 2 Abs. 3 ArbGG können Arbeitsgerichte auch für Rechtsstreitigkeiten, die nicht unter §§ 2 Abs. 1 oder Abs. 2 ArbGG fallen, zuständig seien, soweit der Anspruch in einem rechtlichen oder unmittelbar wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer beim Arbeitsgericht bereits anhängig gemachten oder gleichzeitig anhängig werdenden Rechtsstreitigkeit, der in §§ 2 Abs. 1 oder Abs. 2 ArbGG bezeichneten Art, steht und keine ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichtes gegeben ist.
54Dies trifft auf die widerklagend im Wege der Stufenklage geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung und Zahlung zu, denn die Rechtsanwaltskosten der Beklagten zu 1), an denen der Kläger letztlich beteiligt werden soll, sind im hiesigen Verfahren entstanden.
55II.
56Die Klage ist zulässig, aber mit den zuletzt noch gestellten Anträgen nur teilweise begründet. Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu, der Höhe nach aber begrenzt auf den austitulierten Betrag. Der noch geltend gemachte Anspruch auf Auskunft durch Erteilung einer Datenkopie ist unbegründet.
571. Die Klage ist dem Grunde nach vollständig, jedoch bezogen auf die Höhe der geltend gemachten Forderung nur teilweise begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 € aus Art. 82 Abs.1 DSGVO. Die weitergehende Klage ist unbegründet.
58a) Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2023 – C-456/22 –, Rn. 14, juris, mwN) ergibt sich aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO, dass das Vorliegen eines „Schadens“, der entstanden ist, eine der Voraussetzungen für den in dieser Bestimmung vorgesehenen Schadenersatzanspruch darstellt, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen die DSGVO und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß. Folglich sind diese drei Voraussetzungen kumulativ sowie erforderlich und ausreichend für einen Schadenersatzanspruch im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2023 – C-456/22 –, Rn. 14, juris; BAG, Urteil vom 20. Juni 2024 – 8 AZR 91/22 -, Rn. 12, juris, mwN). Des Weiteren hat der EuGH entschieden, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO auf der Grundlage von Erwägungen zu Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung oder Praxis entgegensteht, die den
59Ersatz eines „immateriellen Schadens“ im Sinne dieser Bestimmung davon abhängig macht, dass der der betroffenen Person entstandene Schaden einen bestimmten Grad an Erheblichkeit erreicht hat (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2023 – C-456/22 –, Rn. 16, juris, mwN). Daher kann nicht angenommen werden, dass über diese drei oben genannten Voraussetzungen hinaus für die Haftung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO weitere Voraussetzungen aufgestellt werden dürfen, etwa die, dass der Nachteil spürbar oder die Beeinträchtigung objektiv sein muss (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2023 – C-456/22 –, Rn. 17, juris).
60b) Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO sind dem Grunde nach im vorliegenden Fall erfüllt, denn die Beklagte zu 1) hat gegen die DSGVO verstoßen, dem Kläger ist ein immaterieller Schaden entstanden und es besteht ein Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und dem Verstoß.
61aa) Die Beklagte zu 1) hat gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen, indem sie dem Kläger die geforderte Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht fristgerecht, vollständig und zutreffend erteilt hat.
62(1) Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden und wenn dies der Fall ist, ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen: Verarbeitungszwecke; Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden; Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen; falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer; Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung; Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde; wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten; Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Absätze 1 und 4 DSGVO und — zumindest in diesen Fällen — aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person. Nach der Vorgabe des Art. 12 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 DSGVO ist ein solches Auskunfts- und Herausgabebegehren unverzüglich, in jedem Fall binnen eines Monats nach Eingang, nach einer Unterrichtung über eine Fristverlängerung binnen zwei weiterer Monate zu beantworten. Werden personenbezogene Daten an ein Drittland oder an eine internationale Organisation übermittelt, so hat die betroffene Person nach Art. 15 Abs. 2 DSGVO das Recht, über die geeigneten Garantien gemäß Artikel 46 DSGVO im Zusammenhang mit der Übermittlung unterrichtet zu werden.
63(2) Personenbezogenen Daten, die einen Auskunftsanspruch nach § 15 Abs. 1 DSGVO rechtfertigen, hatte der Kläger der Beklagten zu 1) unter dem 28.04.2024 in Form seiner Bewerbungsunterlagen übersandt. Auf die E-Mail vom 03.05.2024, mit der der Kläger die Beklagte zu 1) unter Fristsetzung bis zum 16.05.2024 aufgeforderte, ihm eine umfassende Auskunft sowie eine vollständige Datenkopie auf der Grundlage von Art. 15 DSGVO zu erteilen, erhielt der Kläger von der Beklagten zu 1) eine unvollständige und teilweise falsche Auskunft:
64Die Kammer ist mit dem Kläger der Auffassung, dass es sich bei den Gründen für die erhaltene Absage dem Grunde nach um personenbezogene Daten handelt. Denn es sind Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person i.S.v. Artikel 4 Nr. 1 DSGVO beziehen. Die Beklagte zu 1) hat sich im Verfahren bis zum Kammertermin am 06.02.2025 beharrlich geweigert, dem Kläger hier eine Auskunft zu erteilen. Zunächst hat sie sich im Schreiben vom 21.05.2024 darauf berufen, dass „die spezifischen Gründe für die Auswahlentscheidungen in unserem Bewerbungsverfahren zu unseren Geschäftsgeheimnissen zählen. Diese Entscheidungen basieren auf einer Vielzahl von Faktoren, einschließlich, aber nicht beschränkt auf, strategische Ausrichtungen und spezifische Anforderungen der zu besetzenden Stelle, die wir als vertraulich behandeln müssen“, ohne dies nachvollziehbar zu erklären. Anhand der ausgeschriebenen Stelle als Mitarbeiter der Debitorenbuchhaltung („Credit and Collections Analyst“) und der Schilderung der damit zusammengehörenden Tätigkeiten in der Stellenbeschreibung (Bearbeitung von Rechnungen, Buchungen von Zahlungseingängen, Ausgleich von Krediten und Lastschriften, Abgleich von Kundenkonten, Kontrolle und Überprüfung von Zahlungseingängen, Erinnerung an ausstehende Zahlungen, Definition und Tracking von Zahlplänen, Analyse der Kundenzahlungsdaten, Definition von Kreditlimits, Sperrung als auch Freigabe von Kundenkonten und Evaluierung des Unternehmerrisikos) erschließt sich eine Einstufung der „spezifischen Gründe für die Auswahlentscheidungen als Geschäftsgeheimnis“ jedenfalls nicht. Erstmals im Kammertermin vom 06.02.2025 hat die anwesende Mitarbeiterin der Beklagten zu 1) sinngemäß zum Ablauf des Bewerbungsverfahrens ausgeführt, dass die Bewerbungen in einem ersten Durchgang darauf gesichtet würden, ob die Unterlagen vollständig wären und die Bewerber die Anforderungen erfüllen würden und dass der Kläger schon in diesem Stadium die Absage erhalten habe. Was dann an den Absagegründen vertraulich sein soll, erschließt sich erst recht nicht.
65Die Beklagte zu 1) hat mit Schreiben vom 21.05.2024 ferner erklärt, dass seine Daten ausschließlich innerhalb ihres Unternehmens an die zuständigen Entscheidungsträger und die Personalabteilung weitergegeben worden seien, was schon nach der Stellenausschreibung nicht zutreffend sein konnte, da doch die persönlichen Daten in das Headquarter in GP. Kalifornien übertragen und für den Bewerbungsprozess verarbeitet werden sollten. Die erteilte Auskunft war insoweit falsch. Erst auf Nachfrage des Klägers hat die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 07.06.2024 die Auskunft insoweit korrigiert und die im Ausland ansässigen Empfänger angegeben. Eine Unterrichtung über die geeigneten Garantien gemäß Art. 46 DSGVO im Zusammenhang mit der Übermittlung an ein Drittland erfolgte durch die Beklagte zu 1) aber erst mit Schriftsatz vom 26.08.2024.
66Eine Datenkopie stellte die Beklagte zu 1) dem Kläger erstmals mit Schreiben vom 07.06.2024 zur Verfügung.
67bb) Ein Verstoß gegen die Pflichten aus Art. 15 DSGVO kann dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO begründen.
68(1) Da die DSGVO in Bezug auf den Sinn und die Tragweite der in dieser Bestimmung enthaltenen Begriffe, insbesondere in Bezug auf die Begriffe „materieller oder immaterieller Schaden“ und „Schadenersatz“, nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, sind diese Begriffe für die Anwendung dieser Verordnung als autonome Begriffe des Unionsrechts anzusehen, die in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-200/23 –, Rn. 139, juris, mwN).
69Zu diesem Zweck ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen, dass der bloße Verstoß gegen diese Verordnung nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen, da das Vorliegen eines materiellen oder immateriellen „Schadens“ eine der Voraussetzungen für den in dieser Bestimmung vorgesehenen Schadenersatzanspruch darstellt, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen die DSGVO und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ sind (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-200/23 –, Rn. 140, juris, mwN). Insofern muss die Person, die auf der Grundlage dieser Bestimmung Ersatz eines immateriellen Schadens verlangt, nicht nur den Verstoß gegen Bestimmungen dieser Verordnung nachweisen, sondern auch, dass ihr durch diesen Verstoß ein solcher Schaden entstanden ist. Ein solcher Schaden kann daher nicht allein aufgrund des Eintritts dieses Verstoßes vermutet werden (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-200/23 –, Rn. 141, juris, mwN).
70Wenn sich eine Person, die auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO Schadenersatz fordert, auf die Befürchtung beruft, dass ihre personenbezogenen Daten in Zukunft aufgrund eines solchen Verstoßes missbräuchlich verwendet werden, muss das angerufene nationale Gericht daher prüfen, ob diese Befürchtung unter den gegebenen besonderen Umständen und im Hinblick auf die betroffene Person als begründet angesehen werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-200/23 –, Rn. 143, juris, mwN).
71(2) Der Kläger hat durch den oben dargestellten Verstoß der Beklagten zu 1) gegen die DSGVO einen immateriellen Schaden erlitten.
72Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bereits entschieden, dass sich nicht nur aus dem Wortlaut von Art. 82 Abs. 1 DSGVO im Licht ihrer Erwägungsgründe 85 und 146, wonach der Begriff „immaterieller Schaden“ im Sinne dieses Artikels weit zu verstehen ist, sondern auch aus dem mit der DSGVO verfolgten Ziel der Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für natürliche Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ergibt, dass die durch einen Verstoß gegen die DSGVO ausgelöste Befürchtung einer betroffenen Person, ihre personenbezogenen Daten könnten von Dritten missbräuchlich verwendet werden, für sich genommen einen „immateriellen Schaden“ im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO darstellen kann (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-200/23 –, Rn. 144, juris, mwN). Insbesondere geht aus der im ersten Satz des 85. Erwägungsgrundes der DSGVO enthaltenen beispielhaften Aufzählung der „Schäden“, die den betroffenen Personen entstehen können, hervor, dass der Unionsgesetzgeber unter den Begriff „Schaden“ insbesondere auch den bloßen „Verlust der Kontrolle“ über ihre eigenen Daten infolge eines Verstoßes gegen die DSGVO fassen wollte, selbst wenn konkret keine missbräuchliche Verwendung der betreffenden Daten zum Nachteil dieser Personen erfolgt sein sollte (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-200/23 –, Rn. 145, juris, mwN).
73Außerdem wäre eine Auslegung von Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin, dass der Begriff „immaterieller Schaden“ im Sinne dieser Bestimmung keine Situationen umfasst, in denen sich eine betroffene Person nur auf ihre Befürchtung beruft, dass ihre Daten in Zukunft von Dritten missbräuchlich verwendet werden, nicht mit der Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für natürliche Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten in der Union vereinbar, die mit dieser Verordnung bezweckt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-200/23 –, Rn. 146, juris, mwN). Ebenso wenig kann dieser Begriff allein auf Schäden mit einer gewissen Erheblichkeit beschränkt werden, insbesondere was die Dauer betrifft, während der die betroffenen Personen den nachteiligen Folgen des Verstoßes gegen diese Verordnung ausgesetzt waren (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-200/23 –, Rn. 147, juris, mwN). Somit kann nicht angenommen werden, dass über die drei Voraussetzungen Verstoß gegen die DSGVO, Schaden und Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß hinaus für die Haftung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO weitere Voraussetzungen aufgestellt werden dürfen, etwa die, dass der Nachteil spürbar oder die Beeinträchtigung objektiv sein muss (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-200/23 –, Rn. 148, juris, mwN).
74Nach alledem ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen ist, dass ein zeitlich begrenzter Verlust der Kontrolle der betroffenen Person über ihre personenbezogenen Daten ausreichen kann, um einen „immateriellen Schaden“ zu verursachen, sofern diese Person nachweist, dass sie tatsächlich einen solchen Schaden – so geringfügig er auch sein mag – erlitten hat, ohne dass dieser Begriff des „immateriellen Schadens“ den Nachweis zusätzlicher spürbarer negativer Folgen erfordert (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-200/23 –, Rn. 156, juris). Die durch einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung ausgelöste Befürchtung einer betroffenen Person, ihre personenbezogenen Daten könnten von Dritten missbräuchlich verwendet werden, kann für sich genommen einen „immateriellen Schaden“ iSv. Art. 82 Abs. 1 DSGVO darstellen (vgl. BAG, Urteil vom 20. Juni 2024 – 8 AZR 91/22 –, Rn. 13, juris, mwN). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union können negative Gefühle („Befürchtung“) in solchen Konstellationen einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens begründen. Das bloße Berufen auf eine bestimmte Gefühlslage reicht aber nicht aus, denn das Gericht hat, zu prüfen, ob das Gefühl unter Berücksichtigung der konkreten Umstände „als begründet angesehen werden kann“ (vgl. BAG, Urteil vom 20. Juni 2024 – 8 AZR 91/22 –, Rn. 15, juris, mwN). Dies setzt zwingend die Anwendung eines objektiven Maßstabs voraus (vgl. BAG, Urteil vom 20. Juni 2024 – 8 AZR 91/22 –, Rn. 15, juris, mwN). Dabei ist ua. die objektive Bestimmung des Missbrauchsrisikos der Daten von Bedeutung (vgl. BAG, Urteil vom 20. Juni 2024 – 8 AZR 91/22 –, Rn. 15, juris, mwN).
75Unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze ist die erkennende Kammer zu der Ansicht gelangt, dass dem Kläger durch den Verstoß der Beklagten zu 1) gegen die DSGVO in Gestalt der Nichterteilung der Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO ein
76Schaden in Form des Kontrollverlusts entstanden ist. Aufgrund der unvollständigen und teilweise falschen Auskunft der Beklagten zu 1) hat der Kläger ausreichend Grund für die Befürchtung, seine personenbezogenen Daten könnten von Dritten missbräuchlich verwendet werden.
77cc) Der Verstoß der Beklagten zu 1) gegen die Rechte des Klägers aus der DSGVO ist für den vorstehend beschriebenen immateriellen Schaden des Klägers kausal. Hätte die Beklagte zu 1) auf das Auskunftsersuchen des Klägers pflichtgemäß reagiert, wäre er nicht im Ungewissen über den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten geblieben. Er hätte keine (begründeten) Befürchtungen im Hinblick auf eine missbräuchliche Verwendung haben müssen
78c) Der Höhe nach erscheint aus Sicht der erkennenden Kammer ein Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 € angemessen. In Höhe des darüberhinausgehenden Betrages war die Klage abzuweisen.
79Der Kläger hat die Bemessung der Höhe des immateriellen Schadensersatzes in das Ermessen des Gerichts gestellt, § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO. Auf dieser Grundlage war über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung des Gerichts zu entscheiden (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 7. März 2024 – 11 Sa 808/23 –, Rn. 57, juris). Bei der Bemessung der Höhe eines Schadenersatzanspruchs nach § 287 Abs. 1 ZPO steht dem Gericht ein weiter Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen die Besonderheiten jedes einzelnen Falls zu berücksichtigen sind.
80aa) Der Gerichtshof der der Europäischen Union hat unter Berücksichtigung des sechsten Satzes des 146. Erwägungsgrundes der DSGVO, der besagt, dass dieses Instrument einen „vollständigen und wirksamen Schadenersatz für den erlittenen Schaden“ sicherstellen soll, festgestellt, dass in Anbetracht der Ausgleichsfunktion des in Art. 82 DSGVO vorgesehenen Schadenersatzanspruchs eine auf diesen Artikel gestützte finanzielle Entschädigung als „vollständig und wirksam“ anzusehen ist, wenn sie es ermöglicht, den aufgrund des Verstoßes gegen diese Verordnung konkret erlittenen Schaden in vollem Umfang auszugleichen, ohne dass ein solcher vollumfänglicher Ausgleich die Verhängung von Strafschadenersatz erfordert (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2023 – C-667/21 –, Rn. 84, juris, mwN).
81Der Gerichtshof der der Europäischen Union betont dabei, dass Art. 82 DSGVO – anders als andere, ebenfalls in Kapitel VIII dieser Verordnung enthaltene Bestimmungen, nämlich die Art. 83 und 84, die im Wesentlichen einen Strafzweck haben, da sie die Verhängung von Geldbußen bzw. anderen Sanktionen erlauben – keine Straf-, sondern eine Ausgleichsfunktion hat (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2023 – C-667/21 –, Rn. 85, juris). Da der in Art. 82 Abs. 1 DSGVO vorgesehene Anspruch auf Schadenersatz keine abschreckende oder sogar Straffunktion erfüllt, kann sich die Schwere des Verstoßes gegen diese Verordnung, durch den der betreffende Schaden entstanden ist, nicht auf die Höhe des auf der Grundlage dieser Bestimmung gewährten Schadenersatzes auswirken, auch wenn es sich nicht um einen materiellen, sondern um einen immateriellen Schaden handelt. Folglich darf dieser Betrag nicht in einer Höhe bemessen werden, die über den vollständigen Ersatz dieses Schadens hinausgeht (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2023 – C-667/21 –, Rn. 86, juris). Infolgedessen ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung vorgesehene Schadenersatzanspruch eine Ausgleichsfunktion hat, da eine auf diese Bestimmung gestützte Entschädigung in Geld ermöglichen soll, den konkret aufgrund des Verstoßes gegen diese Verordnung erlittenen Schaden vollständig auszugleichen, und keine abschreckende oder Straffunktion erfüllt (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2023 – C-667/21 –, Rn. 87, juris).
82bb) Unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze hat die Kammer den immateriellen Schaden des Klägers auf 1.000,00 € geschätzt.
83Dabei hat die Kammer – wie schon die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 7. März 2024 – 11 Sa 808/23 –, Rn. 64, juris) berücksichtigt, dass der europäische Verordnungsgeber das verletzte Recht auf Auskunftserteilung, wie sich insbesondere aus der Aufnahme des Art. 15 DSGVO in den Katalog des Art. 83 Abs. 5 DSGVO zeigt, per se als bedeutsam bewertet hat. Aus der Verletzung resultieren eine Ungewissheit über den (redlichen) Umgang mit den eigenen Daten sowie die damit verbundene Unmöglichkeit, Rechte gegenüber der Beklagten zu 1) oder Dritten geltend zu machen. Die vom Kläger geschilderten und als nachvollziehbar bewerteten Befürchtungen, Angst und Sorge um das Schicksal seiner personenbezogenen Daten, und negativen Gefühle wie Ärger, "Genervtsein" „emotionales Ungemach“ hat die Kammer - wie schon die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 7. März 2024 – 11 Sa 808/23 –, Rn. 65, juris) - in die Würdigung einbezogen. Weitergehende psychische Belastungen, gesellschaftliche oder soziale Nachteile, Einschränkungen in der persönlichen Lebensführung oder der Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten hat der Kläger in diesem Verfahren nicht dargelegt.
84d) Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers liegt ebenfalls nicht vor, denn zu berücksichtigen ist zunächst, dass Art. 15 DSGVO kein besonderes rechtliches Interesse an der begehrten Auskunft voraussetzt (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2023 – 3 Sa 285/23 –, Rn. 28, juris, mwN), sondern per se der Durchsetzung des - wie der Kläger zu Recht betont - Grundrechts aus Art. 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 GRCh dient. Das Auskunftsverlangen des Klägers, das im Hinblick auf seine Bewerbung auf eine Stellenanzeige der Beklagten zu 1) geltend gemacht wurde, begründet keinen Rechtsmissbrauchseinwand. Das Ziel der DSGVO, dem Kläger die Überprüfung einer rechtskonformen Datenverarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch die Beklagte zu 1) zu ermöglichen, kann durch einen Auskunftsantrag erreicht werden. Selbst wenn es der Kläger darauf anlegen würde, verantwortliche Stellen, bei denen Daten über ihn gespeichert sind, auf Auskunft in Anspruch zu nehmen, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überprüfen und im Falle der Nichteinhaltung weitere Rechte geltend zu machen, kann ein Rechtsmissbrauch damit nicht begründet werden. Denn was der Kläger macht, ist Rechtsgebrauch und nicht dessen Missbrauch. Die Beklagte zu 1) hätte es ja in der Hand gehabt, das hiesige Verfahren schlicht durch Erteilung einer vollständigen und richtigen Auskunft zu vermeiden.
852. Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1) hingegen keinen Anspruch auf Auskunft durch Erteilung einer erneuten originalgetreuen Datenkopie, um nachvollziehen zu können, was die Beklagte zu 1) mit der Beklagten zu 2) „über“ ihn kommuniziert habe.
86Dem Anspruch auf Erteilung einer Kopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVG steht Abs. 4 der genannten Vorschrift entgegen. Das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Absatz 3 darf die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen. Hier wäre das Recht der Beklagten zu 1) beeinträchtigt, im hiesigen Verfahren mit ihren Prozessbevollmächtigten – der Beklagten zu 2) – über den Kläger zu kommunizieren.
87III.
88Die Widerklage ist zulässig, aber insgesamt unbegründet.
89Ein Auskunftsanspruch, der - wie im Streitfall - der Verwirklichung eines Schadensersatzanspruchs dient, kann nicht weiter als der Leistungsanspruch gehen. Ein Auskunftsanspruch scheidet deshalb aus, wenn bereits bei seiner Prüfung feststeht, dass ein Leistungsanspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt (mehr) besteht (st. Rspr., zB BAG 11. Dezember 1990 - 3 AZR 407/89 - zu II 1 der Gründe). In diesem Fall sind die Gerichte zudem - abweichend von der Regel, dass bei einer Stufenklage über die verschiedenen Stufen getrennt und nacheinander zu verhandeln und zu entscheiden ist (zB BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 385/09 - Rn. 16 mwN, BAGE 138, 184) - ausnahmsweise befugt, einheitlich über die mehreren in einer Stufenklage verbundenen Anträge zu entscheiden und die Stufenklage insgesamt durch Endurteil abzuweisen (st. Rspr., zB BAG 26. August 2020 - 7 AZR 345/18 - Rn. 45; 28. Juni 2011 - 3 AZR 385/09 - aaO; BGH 28. November 2001 - VIII ZR 37/01 - zu II 4 der Gründe;(BAG, Urteil vom 25. November 2021 – 8 AZR 226/20 –, Rn. 32, juris).
90Danach konnte die Widerklage insgesamt abgewiesen, weil der Beklagten zu 1) unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Anspruch auf (und sei es anteilige) Erstattung der Rechtsanwaltskosten im hiesigen Verfahren zusteht. Nach § 12a ArbGG besteht im Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistands. Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes über einen Anspruch nach § 826 BGB kommt im vorliegenden Fall, in den der Kläger wie bereits ausgeführt nur von seinen Rechten Gebrach macht und sie nicht missbraucht, nicht in Betracht. Zudem hätte die Beklagte zu 1) – wie bereits ausgeführt – die Auskunft nur rechtzeitig, vollständig und richtig erteilen müssen, dann wäre es nicht zu dem hiesigen Verfahren gekommen.
91IV.
92Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 92 Abs. 1 Satz 1, 91a ZPO. Den Parteien wurden dabei die Kosten im Umgang ihres Unterliegens auferlegt.
93Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 46 Abs. 2, 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO. Der Gerichtsgebührenstreitwert nach § 63 Abs. 2 GKG beläuft sich demgegenüber auf 5.219,43 €.