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Einzelfallentscheidung zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und zur Ermessensausübung nach § 315 BGB bei Gehaltsanpassungen leitender Angestellten
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.574,92 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 127,42 € für die Zeit vom 01.04.2019 bis zum 31.12.2020,
aus 127,42 € für die Zeit vom 01.05.2019 bis zum 31.12.2020,
aus 127,42 € für die Zeit vom 01.06.2019 bis zum 31.12.2020,
aus 127,42 € für die Zeit vom 01.07.2019 bis zum 31.12.2020,
aus 127,42 € für die Zeit vom 01.08.2019 bis zum 31.12.2020,
aus 127,42 € für die Zeit vom 01.09.2019 bis zum 31.12.2020,
aus 127,42 € für die Zeit vom 01.10.2019 bis zum 31.12.2020,
aus 127,42 € für die Zeit vom 01.11.2019 bis zum 31.12.2020,
aus 127,42 € für die Zeit vom 01.12.2019 bis zum 31.12.2020,
aus 103,22 € für die Zeit vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020,
aus 24,20 € seit dem 01.01.2020,
aus 127,42 € seit dem 01.02.2020,
aus 127,42 € seit dem 01.03.2020,
aus 357,99 € seit dem 01.04.2020,
aus 357,99 € seit dem 01.05.2020,
aus 357,99 € seit dem 01.06.2020,
aus 357,99 € seit dem 01.07.2020,
aus 357,99 € seit dem 01.08.2020,
aus 357,99 € seit dem 01.09.2020,
aus 357,99 € seit dem 01.10.2020,
aus 357,99 € seit dem 01.11.2020,
aus 357,99 € seit dem 01.12.2020,
aus 357,99 € seit dem 01.01.2021,
aus 357,99 € seit dem 01.02.2021,
aus 357,99 € seit dem 01.03.2021,
zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Erhöhung des Grundgehaltes des Klägers um 1,97% per Stichtag 01.04.2021 durch teilweise Erhöhung der „wandelbaren Zulage“ (anstelle des Fixgehaltes) vorzunehmen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 46% und die Beklagte zu 54% zu tragen.
5. Streitwert: 12.993,84 €
T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, das Gehalt des Klägers anzuheben.
3Der Kläger ist seit dem 01.12.1999 bei der Beklagten beschäftigt. Seit 01.01.2004 wird er als leitender Angestellter eingestuft. Bis zum 30.06.2013 war der Kläger als Abteilungsleiter Produktkonzepte- und Management Versorgung tätig. Nach Wegfall dieser Stelle nimmt der Kläger seit dem 01.07.2013 auf der Grundlage seines leitenden Vertrages (Prokura und Gehaltsbewertung Grade 3) Sonderaufgaben in der Einheit Produktmanagement Vollversicherung PMGK, die von Herrn D. geleitet wird und dem der Kläger unterstellt ist, wahr. Der Kläger verantwortete seitdem keine Abteilung mehr und ihm sind keine Mitarbeiter unterstellt. Das Jahresbruttogehalt des Klägers entwickelte sich unter anderem wie folgt:
4129.320,04 € zum 01.04.2012
5130.854,84 € zum 01.04.2013
6132.412,68 € zum 01.04.2014
7139.500,00 € zum 01.04.2021
8Bis ins Jahr 2017 erhielt der Kläger neben einem Fixgehalt einen Bonus, der zuletzt bis zu 27.000,00 € betragen konnte. Aufgrund einer Änderungsvereinbarung vom 28.02.2018 wurde der Bonus i.H.v. 27.000,00 € in eine sogenannte „wandelbare Zulage“ umgewandelt, die beginnend mit dem Monat Januar 2018 monatlich zu gleichen Teilen ausgezahlt wird. Gemäß Ziffer 3 dieser Zusatzvereinbarung kann die Zulage von der Beklagten widerrufen werden. Im Falle eines Widerrufs ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Angebot auf einen den aufsichtsrechtlichen Anforderungen genügenden bzw. einen variablen Vergütungsbestandteil zu unterbreiten, der (bei einer Zielerreichung von 100 %) der Höhe nach der widerrufenen Zulage entspricht.
9Die Beklagte hat in den Jahren 2019, 2020 und 2021 jeweils zum 1. April des Jahres
10bei den leitenden Angestellten Gehaltsanpassungen vorgenommen. Die Gehaltsanpassungen wurden seitens der Beklagten bei den leitenden Angestellten, die eine Gehaltsanpassung erhalten haben, durchschnittlich in folgender Höhe vorgenommen: zum 01.04.2019: 3,9%, zum 01.04.2020: 2,7%. Es finden bei der Beklagten keine Regelanpassungen statt; die Gehaltsanpassungen laufen wie folgt ab: Den jeweiligen Vorgesetzten der leitenden Angestellten wird ein Budget zur Verfügung gestellt. Es bleibt dann der Entscheidung des einzelnen Vorgesetzten überlassen, welcher leitende Angestellte im Zuge der durchgeführten Gehaltsanpassung in der jeweiligen Abteilung zukünftig ein höheres Arbeitsentgelt erhalten soll, wobei streitig ist, ob das Letztentscheidungsrecht bei der Beklagten liegt. Hierbei ist das Budget, das die Beklagte insgesamt zur Verfügung stellt, durch jeweils jährlich festgelegte Prozentsätze gedeckelt. Das Budget, das die Beklagte insgesamt zur Verfügung gestellt hat, betrug zum Stichtag 01.04.2019: 3,0%, zum Stichtag 01.04.2020: 2,0 % und zum Stichtag 01.04.2021: ebenfalls 2,0%.
11Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug im März 2019 insgesamt 11.192,50 € und setzte sich zusammen aus einem Fixgehalt in Höhe von 8.942,50 € sowie einer wandelbaren Zulage i.H.v. 2.250,00 €. Zum 01.04.2019 erhöhte die Beklagte das Gehalt des Klägers um 1,86 %, wobei sie die Erhöhung – nach entsprechender Korrespondenz – schlussendlich ausschließlich auf das Fixgehalt vornahm. Das gesamte Bruttomonatsgehalt betrug demnach 11.528,26 €. Zum 01.04.2020 wurde das Gehalt des Klägers nicht erhöht. Der Kläger erhielt allerdings eine Einmalzahlung i.H.v. 1.250,00 €, die im Dezember 2020 an ihn ausgezahlt wurde. Zum 01.04.2021 erhöhte die Beklagte das Bruttomonatsgehalt des Klägers um 1,97 % auf 11.625,00 €, wobei ein Teilbetrag von 140,83 € dem Fixgehalt des Klägers zugerechnet wurde und ein Teilbetrag i.H.v. 83,33 € der wandelbaren Zulage, die sich dadurch von 2.250,00 € brutto auf 2.333,33 € brutto erhöhte.
12Der Kläger meint, die Beklagte gehe bei den Gehaltsanpassungen der leitenden Angestellten nach einem generalisierenden System vor. Zum 01.04.2021 sei eine Gehaltsanpassung nach seiner Kenntnis bei einem weit überwiegenden Teil der leitenden Angestellten erfolgt (mindestens 80%). Aus den Gründen der Gleichbehandlung sei die Beklagte verpflichtet, die Gehaltsanpassung bei ihm so vorzunehmen, wie bei den anderen leitenden Angestellten, die eine Anpassung erhalten hätten, was dazu führe, dass der Prozentsatz für Gehaltsanpassungen iHv. 2,0 % in 2021 individuell überschritten werden könne, da ein (geringer) Teil der leitenden Angestellten überhaupt keine Gehaltsanpassung erhalten habe. Die leitenden Angestellten, die keine Gehaltserhöhung bekommen hätten, seien in die Berechnung nicht mit einzubeziehen. Daher komme es auf die Deckelung des Gesamtvolumens der Gehaltsanpassungsrunde 2021 auf 2% nicht an. Es sei davon auszugehen, dass bei der Gewährung eines Budgets in einer bestimmten Höhe und einer darauffolgenden Anpassung der Gehälter der leitenden Angestellten in einem Umfang von ca. 80% und mehr der leitenden Angestellten dem Kläger aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz heraus eine entsprechende Gehaltsanpassung zustehe. Im Jahr 2021 sollen 65 % aller leitenden Angestellten eine Gehaltsanpassung erhalten haben, von den leitenden Angestellten ohne Führungsaufgabe bzw. ohne unterstellte Mitarbeitern 52,9 %, was impliziere, dass leitende Angestellte mit Führungsverantwortung mit einem Prozentsatz von deutlich über 65% eine Gehaltsanpassung erhalten hätten. Dies habe auch das LAG Düsseldorf so entschieden unter dem Aktenzeichen 8 Sa 289/17. Die Beklagte habe in diesem Verfahren vorgetragen, dass die Entscheidung des Vorgesetzten von der Gesamtleistung und dem Gesamtverhalten des Arbeitnehmers abhänge. Vorliegend sei dem Kläger unbekannt, welche Leistungs- oder Verhaltensmängel bei ihm vorgelegen haben sollen, die es rechtfertigen könnten, ihn herausgreifend aus der Gehaltsrunde gegenüber anderen Kollegen zu benachteiligen oder auszunehmen. Die Beklagte stelle den jeweiligen Vorgesetzten der leitenden Angestellten zwar ein Budget zur Verfügung stellt, behalte sich jedoch die Entscheidung über die Anpassung im Einzelfall selbst vor. Das Letztentscheidungsrecht für die Durchführung der individuellen Gehaltsanpassung liege nicht bei dem Vorgesetzten, sondern bei der Beklagten. Es handele sich um ein Vorschlagssystem, das bewirke, dass Arbeitnehmer selbst willkürliche Entscheidungen hinnehmen müssten, da die Beklagte die Entscheidungsgrundlagen nicht transparent mache. Die Vorgehensweise der Beklagten beinhalte ein generalisierendes System der Frage, wie und in welcher Form Gehälter von leitenden Angestellten bei der Beklagten angepasst werden. Allein die Tatsache, dass ein Vorgesetzter individuell den Grad der Gehaltsanpassung bestimme, stehe dem nicht entgegen, da es hier keine nachvollziehbaren, messbaren oder dokumentierten Kriterien gebe. Die von der Beklagten angesprochene Differenzierung zwischen leitenden Angestellten mit Führungsverantwortung und leitenden Angestellten ohne Führungsverantwortung gebe es nicht. Die Beklagte selbst sei es, die die Vergleichsgruppe „leitende Angestellte“ bei der Frage der Gehaltsanpassung gebildet habe.
13Der Kläger begehrt daher zum 01.04.2019 sein Fixgehalt um 3,9% abzüglich der bereits vorgenommenen Erhöhung von 1,86% zu erhöhen und zum 01.04.2020 um 2,7 %. Die im Dezember 2020 erfolgte Einmalzahlung i.H.v. 1250 € brutto lässt sich der Kläger hierbei in Abzug bringen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Klageschrift Bezug genommen.
14Für das Jahr 2021 mache er einen Auskunftsanspruch geltend, da ihm unbekannt sei, in welcher Höhe die durchschnittliche Erhöhung der Gehälter der leitenden Angestellten, die zum 01.04.2021 eine Gehaltserhöhung erhalten hätten, erfolgt sei. Zumindest sei der Auskunftsanspruch hinsichtlich der Gehaltsanpassung, die alle leitenden Angestellten im Durchschnitt erhalten hätten, als Minus im Klageantrag enthalten.
15Schließlich sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, die Gehaltserhöhung um 1,97% zum 01.04.2021 teilweise auf die wandelbare Zulage anzurechnen. Bei der wandelbaren Zulage handele es sich um eine widerrufliche Zulage. Selbst wenn die Beklagte im Falle des Widerrufs verpflichtet sei, dem Kläger einen Bonus in gleicher Höhe zuzusagen, sei nicht sicher, dass der Kläger die Ziele auch zur 100 % erreichte. Ferner existierten bei der Beklagten diverse Regularien, die finanzielle Regelungen enthielten, die das Fixgehalt als Berechnungsbasis aufwiesen. Schließlich sei die wandelbare Zulage nicht versorgungsfähig.
16Der Kläger beantragt,
171. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.993,84 € brutto nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 218,17 € seit 01.04.2019,
18aus weiteren 228,17 € seit 01.05.2019,
19aus weiteren 228,17 € seit 01.06.2019,
20aus weiteren 228,17 € seit 01.07.2019,
21aus weiteren 228,17 € seit 01.08.2019,
22aus weiteren 228,17 € seit 01.09.2019,
23aus weiteren 228,17 € seit 01.10.2019,
24aus weiteren 228,17 € seit 01.11.2019,
25aus weiteren 228,17 € seit 01.12.2019,
26aus weiteren 228,17 € seit 01.01.2020,
27aus weiteren 228,17 € seit 01.02.2020,
28aus weiteren 228,17 € seit 01.03.2020,
29aus weiteren 542,15 € seit 01.04.2020,
30aus weiteren 542,15 € seit 01.05.2020,
31aus weiteren 542,15 € seit 01.06.2020,
32aus weiteren 542,15 € seit 01.07.2020,
33aus weiteren 542,15 € seit 01.08.2020,
34aus weiteren 542,15 € seit 01.09.2020,
35aus weiteren 542,15 € seit 01.10.2020,
36aus weiteren 542,15 € seit 01.11.2020,
37aus weiteren 542,15 € seit 01.12.2020,
38aus weiteren 542,15 € seit 01.01.2021,
39aus weiteren 542,15 € seit 01.02.2021 und
40aus weiteren 542,15 € seit 01.03.2021 zu zahlen;
412. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger mitzuteilen, wie hoch die durchschnittliche Erhöhung der Gehälter der leitenden Angestellten war, die zum 01.04.2021 eine Gehaltserhöhung erhalten haben;
423. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Erhöhung des Grundgehaltes des Klägers um 1,97 % per Stichtag 01.04.2021 durch teilweise Erhöhung der „wandelbaren Zulage“ (anstelle des Fixgehaltes) vorzunehmen.
43Die Beklagte beantragt,
44die Klage abzuweisen.
45Die Beklagte meint, dem Kläger stehe ein weitergehender Anspruch auf Gehaltserhöhungen nicht zu. Es fehle vorliegend sowohl an einem generalisierden Prinzip als auch an einer Vergleichsgruppe der leitenden Angestellten. Die Beklagte entscheide jedes Jahr neu, ob die Möglichkeit einer Gehaltsanpassung bei den leitenden Angestellten bestehe. Sei dies der Fall, so erfolge dies in unterschiedlichem Maße, sodass es in jedem Jahr auch leitende Angestellte gebe, die keine Gehaltsanpassungen erhalten würden. Bei leitenden Angestellten, die Gehaltsanpassungen erhielten, könne dies in unterschiedlicher Höhe erfolgen. Es könne auch eine Einmalzahlung statt einer Gehaltsanpassung erfolgen. Über die Gehaltsanpassungen entscheide individuell der Vorgesetzte, die Beklagte gebe nur das Deckelungsvolumen vor. Aufgrund der nicht bestehenden Regelanpassung sei der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht anwendbar, sodass es nicht von Relevanz sei, bei wie vielen leitenden Angestellten eine Gehaltsanpassung 2021 erfolgt sei. Im Übrigen hätten im Jahr 2021 65 % der leitenden Angestellten eine Gehaltsanpassung in unterschiedlicher Höhe erhalten. Ein Anspruch auf eine Gehaltserhöhung in Höhe eines vom Kläger konstruierten Durchschnitts scheitere schon aufgrund der Gehaltsanpassungen in unterschiedlicher Höhe und der so nicht vorliegenden Regelhaftigkeit.
46Es gebe zudem keine vergleichbare Gruppe mit der Funktion „leitende Angestellte“ bei der Beklagten. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass bei der Beklagten intern Mitarbeiter ab einem bestimmten Level faktisch als „leitende Angestellte“ bezeichnet würden und für diese ein Budget für Gehaltserhöhungen zur Verfügung gestellt werde. Die leitenden Angestellten der Beklagten würden unterschiedliche Funktionen und Aufgaben auf unterschiedlichen Hierarchieebenen ausüben. Eine Vergleichbarkeit scheitere bereits daran, dass es jede leitende Funktion bei der Beklagten nur einmalig gebe. Es sei folglich im Einzelfall nach der tatsächlichen Tätigkeit zu entscheiden. Selbst wenn man eine Vergleichbarkeit annehme, bestünde diese nicht innerhalb einer Gruppe der leitenden Angestellten. Es gebe leitende Angestellte mit und ohne Führungsverantwortung. Es werde mit Blick auf die Leistungsabhängigkeit der Gehaltsanpassung nach den wahrzunehmenden Aufgaben differenziert. Der Kläger wäre allenfalls mit den leitenden Angestellten ohne Führungsverantwortung vergleichbar. Die prozentuale Anpassung des Gehaltes der leitenden Angestellten ohne Führungsaufgaben, die eine Gehaltserhöhung erhalten hätten (dies seien im Jahr 2019 41,2%, im Jahr 2020 27,8% und im Jahr 2021 52,9% dieser Mitarbeiter gewesen), habe durchschnittlich im Jahr 2019 bei 0,86%, im Jahr 2020 bei 0,55% und im Jahr 2021 bei 0,91% gelegen.
47Soweit im Einzelfall individuelle Erhöhungen vorgenommen worden seien, sei dies zum Teil durch den jeweiligen Vorgesetzten auch erfolgt, um die Vergütungsabstände der unterstellten leitenden Angestellten in einem ausgeglichenen Niveau zu halten.
48Es sei zulässig, die Gehaltserhöhung teilweise auf die wandelbare Zulage anzurechnen. Aus der Aufteilung der Gehaltsanpassung auf das Fixgehalt und die widerrufliche wandelbare Zulage ergäben sich für den Kläger keine Nachteile. Bei den leitenden Angestellten mit einem Gesamtgehalt nach Grade 3 betrage der Anteil der wandelbaren Zulage 10-20 %. In den Jahren, in denen bei der Beklagten eine Gehaltserhöhung möglich gewesen sei, sei eine individuelle Gehaltsanpassung, wenn eine solche erfolgen sollte, von den Vorgesetzten grundsätzlich so vorzunehmen, dass das Verhältnis zwischen beiden Gehaltsbestandteilen mindestens gleichbleibe und sich eine Gehaltserhöhung mithin entsprechend auf beide Gehaltsbestandteile verteile. Erhalte ein leitender Angestellter in einem Jahr, in dem eine Gehaltsanpassung möglich sei, eine solche, dann solle die Verteilung grundsätzlich nach Maßgabe dieser Anpassung erfolgen. Befinde sich ein leitender Angestellter mit seiner Zulage bereits am Maximum, dann erfolge in einem Jahr, in dem eine individuelle Gehaltsanpassung vorgesehen sei, die Anpassung in diesem Jahr dann grundsätzlich nur auf das Fixgehalt.
49Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechsel-seitigen Schriftsätze nebst Anlagen, das Ergebnis der mündlichen Verhandlung sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
50E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
51Die Klage hat nur zum Teil Erfolg.
52I.
53Der Zahlungsantrag zu 1. ist nur in Höhe eines Betrages von 4.574,92 € brutto nebst Zinsen in ausgeurteilter Höhe begründet. Der Anspruch folgt entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, sondern aus § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.
541. Der Anspruch des Klägers folgt nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
55a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. In jedem Fall setzt die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer voraus. Im Bereich der Vergütung, also der Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers, ist der Gleichbehandlungsgrundsatz trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistung nach einem allgemeinen Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Allein die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt allerdings noch nicht den Schluss, diese Arbeitnehmer bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt vielmehr nur dann vor, wenn die Besserstellung nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt deshalb nicht zur Anwendung, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch immer dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen. Erfolgt die Besserstellung einzelner Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen. Es fehlt der notwendige kollektive Bezug als Anknüpfungspunkt dafür, einer Ungleichbehandlung entgegenzuwirken. Denn der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen in vergleichbarer Lage befindlichen Arbeitnehmern, er verhindert jedoch nicht die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer (BAG 01.12.2004 – 5 AZR 664/03; BAG 29.09.2004 – 5 AZR 43/04).
56b) In Anwendung dieser Grundsätze vermochte die Kammer entgegen der Auffassung der 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.12.2017 – 8 Sa 289/17 – nicht festzustellen, dass die Beklagte Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers erhöht die Beklagte die Gehälter vielmehr nach dem „Nasenprinzip“. Damit verfährt die Beklagte gerade nicht nach einem generalisierenden Prinzip und behandelt ihre leitenden Angestellten oder einzelne Gruppen gerade nicht gleich. Theoretisch denkbar ist, dass die Beklagte nicht einmal bei zwei leitenden Angestellten eine Erhöhung in gleicher Höhe vorgenommen hat. Die jeweiligen leitenden Angestellten sind somit grade nicht vergleichbar und das Vergütungssystem erfolgt auch nicht nach einem generalisierenden Prinzip (vgl. auch BAG 14.11.2012 - 10 AZR 783/11). Allerdings besteht eine Pflicht zur gleichförmigen Verfahrenshandhabung (vgl. Staudinger/Rieble BGB Stand 2020 § 315 Rn. 157), die sodann bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen ist, aber nicht zur Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes führt. Auch nach der seitens der Beklagten vorgenommenen Gruppenbildung in leitende Angestellte mit Führungsverantwortung und solche ohne Führungsverantwortung erfolgen die Gehaltserhöhungen innerhalb der jeweiligen Gruppe nicht gleich, sondern ebenfalls in unterschiedlicher Höhe und somit nicht nach einem generalisierenden Prinzip. Auch die seitens des Klägers angezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 01.12.2004 (5 AZR 664/03) führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar führt das Bundesarbeitsgericht zur Begründung des dortigen Auskunftsanspruchs den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz ins Feld. Das Bundesarbeitsgericht führt aber zugleich unter Rn. 16 aus:
57„Das Auskunftsbegehren ist unter Berücksichtigung des schriftsätzlichen Vortrags des Klägers auszulegen. Wie sich schon aus der Klageschrift und den weiteren Schriftsätzen in den Tatsacheninstanzen deutlich ergibt, will der Kläger wissen, warum er von den Gehaltserhöhungen ausgenommen worden ist. Er rügt eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und geht dabei von allgemeinen, von der Beklagten selbst gesetzten Regeln für die Gehaltserhöhungen aus. Ersichtlich ist mit der von ihm so bezeichneten “Basis” die Grundlage oder das Regelwerk der Gehaltserhöhungen gemeint. Auf dieser Grundlage will er subsumieren, welcher Zahlungsanspruch ihm ggf. zusteht, möglicherweise auch, ob die Regeln als solche dem Gleichbehandlungsgrundsatz standhalten.“
58Der dortige Auskunftsanspruch war somit gerade nicht darauf gerichtet, eine Gehaltserhöhung der Höhe nach zu erhalten, wie ihn alle anderen Arbeitnehmer auch oder aber alle Arbeitnehmer im Durchschnitt erhalten haben, sondern die Kriterien zu erfahren, nach denen die dortige Beklagte die Gehaltserhöhungen vorgenommen hat.
59Schließlich erschloss sich der Kammer auch nicht, wieso aus der im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorzunehmenden „Anpassung nach oben“ eine Erhöhung nach dem Durchschnitt nur derjenigen leitenden Angestellten vorzunehmen sein soll, die ein Gehaltserhöhung erhalten haben. Wenn die Gehälter in unterschiedlichster Höhe erhöht wurden, müsste ein Anpassung nach oben konsequenterweise bedeuten, dass alle Gehälter in dem Umfang zu erhöhen wären, wie bei dem leitenden Angestellten mit der höchsten Gehaltserhöhung.
602. Der Anspruch folgt aber in ausgeurteilter Höhe aus § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.
61a) Die Beklagte stellt ein gewisses Budget für Gehaltserhöhungen zur Verfügung und überlässt den Vorgesetzten ein Vorschlagsrecht, wie dieses Budget aufzuteilen ist. In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung des § 315 Abs. 1 BGB mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen.
62b) Erbringt ein Arbeitgeber, der sich eine einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung mit der Folge einer richterlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB (vgl. BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14). Diese richterliche Ersatzleistungsbestimmung ist auf Grundlage des Vortrags der Parteien zutreffen. Eine Darlegungs- oder Beweislast im prozessualen Sinn besteht nicht. Jede Partei ist im Sinne einer Obliegenheit gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, damit sie vom Gericht berücksichtigt werden können (BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14). Mit anderen Worten: Je umfangreicher und transparenter die Beklagte darlegt, nach welchen Kriterien sie die Erhöhung der Gehälter der einzelnen leitenden Angestellten vorgenommen hat, desto eher ist das Gericht in der Lage diese Leistungsbestimmung daraufhin zu überprüfen, ob sie billigem Ermessen entsprach.
63c) In Anwendung dieser Grundsätze hält die Kammer die seitens der Beklagten vorgenommenen Gehaltserhöhungen für nicht ermessensgerecht und damit für unverbindlich und stattdessen eine Erhöhung des Gehalts des Klägers um 3% zum 01.04.2019 und um 2% zum 01.04.2020 für ermessensgerecht. Dies entspricht dem für die Gehaltserhöhungen aller leitenden Angestellten von der Beklagten zur Verfügung gestellten Gesamtbudget und damit bei voller Ausschöpfung des Budgets der durchschnittlichen Gehaltserhöhung aller leitenden Angestellten. Der Kammer liegen keine Gesichtspunkte vor, die eine vom Durchschnitt abweichende Gehaltserhöhung rechtfertigen würden. Der Kläger hat keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen, aus welchen Gesichtspunkten (zB eine weitaus überdurchschnittliche Leistung) ihm ein höherer Betrag zustehen sollte. Auch die Beklagte hat keinerlei Tatsachenvortrag erbracht, der darauf schließen ließe, dass beim Kläger nur eine unterdurchschnittliche Gehaltserhöhung ermessensgerecht wäre. So legt sie insbesondere nicht dar, nach welchen konkreten Kriterien sie die Gehaltserhöhungen bei den einzelnen leitenden Angestellten vorgenommen hat und nach welchen Gesichtspunkten die Vorgesetzten das vorgegebene Budget verteilt haben. Soweit die Beklagte ausführt, dass wenn im Einzelfall individuelle Erhöhungen vorgenommen worden seien, dies durch den jeweiligen Vorgesetzten erfolgt sei, um die Vergütungsabstände der unterstellten leitenden Angestellten in einem ausgeglichenen Niveau zu halten, ist dieses Vorbringen gänzlich unsubstantiiert, für das Gericht nicht überprüfbar und somit keiner Beweisaufnahme zugänglich und für den Kläger nicht einlassungsfähig. Die Beklagte verabsäumt es bewusst, die Gehaltserhöhungen sämtlicher leitender Angestellter mit konkreten Zahlen transparent darzulegen. Sie beschränkt sich vielmehr weiterhin auf eine Differenzierung zwischen den leitenden Angestellten mit Führungsverantwortung und den leitenden Angestellten ohne Führungsverantwortung. Dass dies kein zulässiges, ermessensgerechtes Differenzierungskriterium ist, darauf wurde die Beklagte bereits mit Hinweisbeschluss vom 22.03.2022 hingewiesen. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Frage der Führungsverantwortung bereits bei der ursprünglichen Höhe des Gehaltes eine Rolle gespielt hat - Abweichendes trägt die Beklagte jedenfalls auch nicht vor - und bei der Vorgehensweise der Beklagten die Schere der Gehälter der Mitarbeiter mit und ohne Führungsverantwortung in der Zukunft immer weiter auseinanderlaufen würde. Zuletzt war seitens der Kammer zu berücksichtigen, dass sich das Jahresgehalt des Klägers nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten vom 01.04.2012 von 129.320,04 € auf 143.775,00 € am 01.04.2022 erhöht hat. Dies ist eine Erhöhung um ca. 10 % in zehn Jahren, oder anders formuliert eine Erhöhung von durchschnittlich ca. 1% pro Jahr in den letzten zehn Jahren. Eine unter dem Durchschnitt liegende Gehaltserhöhung in den Jahren 2019 und 2020 dürfte somit auch nicht unter dem Gesichtspunkt ermessensgerecht sein, als dass dem Kläger in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich hohe Gehaltserhöhungen zugutegekommen wären.
64d) Der ausgeurteilte Zahlungsanspruch gemäß Ziffer 1. des Urteilstenors errechnet sich demnach wie folgt: Im März 2019 betrug das Gesamtbruttomonatsgehalt des Klägers 11.192,50 €. Eine Erhöhung um 3% ergibt 335,76 €, so dass sich das Gehalt ab 01.04.2019 auf 11.528,26 € erhöht. Da die Beklagte indes das Gehalt bereits freiwillig auf 11.400,84 € erhöht hatte, verbleibt für die 12 Monate April 2019 bis März 2020 eine monatliche Differenz von 127,42 € (insgesamt somit 1.529,04 €). Erhöht man das Gehalt von 11.528,26 € zum 01.04.2020 um weitere 2%, ist es um 230,57 € auf 11.758,83 € zu erhöhen. Für die Monate April 2020 bis März 2021 ergibt sich somit eine Differenz von 357,99 € (insgesamt: 4.295,88 €). Insgesamt resultiert hieraus ein Nachzahlungsbetrag von 5.824,92 €, von dem wiederum die im Dezember 2020 geleistete Einmalzahlung iHv. 1.250,00 € in Abzug zu bringen war. Beim Zinsanspruch war zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Rückstände bis einschließlich Dezember 2019 durch die Einmalzahlung im Dezember 2020 erfüllt hat, so dass der Zinsanspruch insoweit auf die Zeit bis zum 31.12.2020 zu beschränken war.
65II.
66Der auf Auskunft gerichtete Antrag zu 2. ist unbegründet. Dies gilt unabhängig davon, ob man in dem Antrag als „Minus“ einen Antrag auf Auskunft hinsichtlich der Gehaltsanpassungen, die alle leitenden Angestellten im Durchschnitt erhalten haben, sieht oder nicht. Hierzu hat bereits die 14. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf in einem Parallelverfahren mit Urteil vom 25.04.2022 (14 Ca 531/22) folgendes ausgeführt:
67„1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auskunft darüber, wie hoch die durchschnittliche Erhöhung der Gehälter der leitenden Angestellten war, die zum 01.04.2021 eine Gehaltserhöhung erhalten haben. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 242 BGB.
68a) Eine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Pflicht zur Auskunftserteilung besteht nicht. Auch die Zivilprozessordnung kennt keine über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindert den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Darauf beruht die Regelung der Behauptungs- und Beweislast im Zivilprozess. Im Grundsatz gilt, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen Prozesssieg zu verschaffen. Gewohnheitsrechtlich ist jedoch anerkannt, dass Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Im Arbeitsverhältnis wird der Inhalt dieser Nebenpflicht durch eine besondere persönliche Bindung der Vertragspartner geprägt. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich spezifische Pflichten zur Rücksichtnahme. Besteht ein billigenswertes Interesse an einer Auskunft, z.B. weil sie zur Geltendmachung eines Leistungsanspruchs erforderlich ist, kann sie verlangt werden, soweit die Verpflichtung keine übermäßige Belastung des Vertragspartners darstellt und die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess berücksichtigt bleibt (BAG, Urt. v. 01.12.2004 - 5 AZR 664/03).
69b) Bei Anwendung dieser Grundsätze steht dem Kläger die begehrte Auskunft nicht zu. Es ist vorliegend kein billigenswertes Interesse des Klägers an der Auskunft erkennbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass er nach Erteilung der Auskunft einen darauf aufbauenden Anspruch auf Gehaltanpassung geltend machen kann. Ein solcher Anspruch ergibt sich vorliegend insbesondere nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
70aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. In jedem Fall setzt die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer voraus. Im Bereich der Vergütung, also der Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers, ist der Gleichbehandlungsgrundsatz trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistung nach einem allgemeinen Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Allein die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt allerdings noch nicht den Schluss, diese Arbeitnehmer bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt vielmehr nur dann vor, wenn die Besserstellung nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt deshalb nicht zur Anwendung, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch immer dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen. Erfolgt die Besserstellung einzelner Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen. Es fehlt der notwendige kollektive Bezug als Anknüpfungspunkt dafür, einer Ungleichbehandlung entgegenzuwirken. Denn der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen in vergleichbarer Lage befindlichen Arbeitnehmern, er verhindert jedoch nicht die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer (BAG, Urt. v. 01.12.2004 - 5 AZR 664/03; Urt. v. 29.09.2004 - 5 AZR 43/04).
71bb) Vorliegend fehlt es bereits an der Darlegung eines für die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erforderlichen allgemeinen Prinzips, welches die Beklagte bei den Gehaltsanpassungen anwendet. Der Kläger behauptet zwar pauschal das Vorliegen eines solchen Prinzips, legt jedoch zu dessen Begründung keinerlei substantiierte Tatsachen dar. Er trägt vielmehr unter Wiederholung des Beklagtenvortrags in einem anderen Verfahren vor, dass die Frage der Gehaltsanpassung von Leistung und Verhalten der jeweiligen Mitarbeiter abhänge. Ferner bemängelt er, dass es gerade an nachvollziehbaren, messbaren oder dokumentierte Kriterien fehle. Zwar kann die Vornahme von Gehaltserhöhungen nach leistungsbezogenen Gesichtspunkten zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes führen, wenn die individuelle Leistung nach bestimmten Regeln bemessen und das Ergebnis dieser Bemessung in Verhältnis zu den Leistungsbemessungen der anderen Arbeitnehmer gesetzt werden (so BAG, Urt. v. 01.12.2004 - 5 AZR 664/03). Hierzu fehlt es jedoch vorliegend wiederum an substantiiertem Vortrag. Es geht dem Kläger auch gerade nicht darum, entsprechend seiner eigenen Leistung eine Gehaltsanpassung zu erhalten, sondern er zielt mit seiner Klage darauf ab, die durchschnittliche Gehaltsanpassung zu erhalten. Für einen solchen Anspruch legt der Kläger jedoch keine Umstände dar. Insbesondere die bloße Angabe, ihm sei unbekannt, welche Leistungs- oder Verhaltensmängel bei ihm vorgelegen haben sollen, die es rechtfertigen könnten, ihn herausgreifend aus der Gehaltsrunde gegenüber anderen Kollegen zu benachteiligen oder auszunehmen, ist diesbezüglich nicht ergiebig. Ein generalisierendes System folgt nach Ansicht der Kammer insbesondere auch nicht automatisch daraus, dass die Mehrheit der leitenden Angestellten eine Gehaltserhöhung erhalten hat. Dies sagt nichts darüber aus, ob die Erhöhungen nach einem generalisierenden System oder abstrakten Merkmalen erfolgen oder nicht.
72cc) Selbst wenn man vorliegend zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes kommen würde, ergäbe sich für den Kläger kein Anspruch auf eine Auskunft über die durchschnittliche Erhöhung der Gehälter, sondern allenfalls über die Kriterien, welche von der Beklagten für eine Gehaltsanpassung zugrunde gelegt werden (so BAG, Urt. v. 01.12.2004 - 5 AZR 664/03). Der Kläger wäre daher auch nicht rechtlos gestellt, sondern könnte sich bei entsprechendem Sachvortrag und entsprechender Antragstellung die erforderlichen Informationen verschaffen. Einen solchen Antrag hat der Kläger jedoch nicht gestellt. Hierbei würde es sich um einen anderen Streitgegenstand, der hier nicht anhängig gemacht worden ist, sodass eine Entscheidung darüber nach § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO zu unterbleiben hat.
73c) Der vom Kläger geltend gemachte Auskunftsanspruch folgt auch nicht als Hilfsanspruch für eine etwaige spätere Zahlungsklage aus § 315 Abs. 3 S. 2 BGB. Selbst wenn man vorliegend davon ausgeht, dass dem Kläger gegebenenfalls ein Zahlungsanspruch aus § 315 Abs.3. S. 2 BGB zustehen könnte, ist die vorliegende Klage auf Auskunft über die durchschnittliche Gehaltserhöhung zu dessen Vorbereitung schon nicht geeignet. Der Kläger kann allenfalls Auskunft über die für die Bestimmung maßgeblichen Kriterien verlangen, da er ohne Kenntnis der von dem Bestimmungsberechtigten für maßgeblich gehaltenen Parameter weder die für ihn sprechenden Umstände darlegen noch dem Gericht eine realistische Größenordnung für den von ihm für angemessen gehaltenen Mindestbetrag vorgebe kann, um zugleich sein Kostenrisiko zu begrenzen (vgl. BAG Urt. v. 08.09.2021 – 10 AZR 11/19). Der Kläger verlangt vorliegend jedoch – wie oben bereits ausgeführt – keine Auskunft über die Kriterien der Leistungsbestimmung, sondern er verlang Auskunft über die durchschnittliche Gehaltsanpassung.“
742. der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Erteilung einer Auskunft die durchschnittliche Höhe der Gehaltsanpassungen aller leitenden Angestellten zum 01.04.2021. Zur Begründung wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
75Diesen Erwägungen schließt sich die erkennende Kammer vollumfänglich an.
76III.
77Der Antrag zu 3. ist zulässig und begründet.
781. Der Antrag ist zulässig. Als Feststellungsantrag weist er das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse auf, da sich die Beklagte des Rechtes berühmt, die Gehaltserhöhung teilweise auf die wandelbare Zulage anzurechnen. Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er ist schließlich auch auf die Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses gerichtet.
792. Der Antrag ist auch begründet. Die Beklagte vermochte nicht darzulegen, dass die teilweise Anrechnung der Gehaltserhöhung zum 01.04.2021 auf die wandelbare Zulage billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB entspricht.
80a) Die Anrechnung der Gehaltserhöhung auf das Fixgehalt ist für den Kläger günstiger als die Anrechnung auf die wandelbare Zulage. Dies folgt bereits daraus, dass die wandelbare Zulage widerruflich ausgestaltet ist. Zwar hätte der Kläger im Falle des Widerrufs einen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte einen Bonus in gleicher Höhe zur Verfügung stellt. Insoweit verbleibt jedoch die Unsicherheit, ob der Kläger diesen Bonus in voller Höhe – d.h. mit einer 100-prozentigen Zielerreichung – verdienen würde.
81b) Obgleich die Beklagte mit Hinweisbeschluss vom 22.03.2022 darauf hingewiesen wurde, dass eine teilweise Anrechnung auf die wandelbare Zulage nur dann billigem Ermessen entsprechen dürfte, wenn die Anrechnung auch bei den übrigen leitenden Angestellten in gleichem Umfang wie beim Kläger erfolge, hat die Beklagte keinerlei konkreten Tatsachenvortrag gehalten, auf welche Gehaltsbestandteile die Gehaltserhöhungen bei den übrigen leitenden Angestellten angerechnet werden. So hat die Beklagte lediglich pauschal vorgetragen, dass die Anpassung grundsätzlich so vorzunehmen sei, dass das Verhältnis zwischen beiden Gehaltsbestandteilen mindestens gleichbleibt und sich eine Gehaltserhöhung mithin entsprechend auf beide Gehaltsbestandteile verteilt. Dass die Beklagte durchaus von ihrem Grundsatz abweicht, zeigt sich bereits darin, dass die Gehaltserhöhung des Klägers im Jahr 2019 ausschließlich auf das Fixgehalt vorgenommen wurde. Zudem trägt die Beklagte selbst vor, dass der Anteil der wandelbaren Zulage bei einem Gesamtgehalt nach Grade 3 zwischen 10% und 20 % liegen solle. Befinde sich ein leitender Angestellter mit seiner Zulage bereits am Maximum, erfolge in einem Jahr, in dem eine individuelle Gehaltsanpassung vorgesehen sei, die Anpassung in diesem Jahr dann grundsätzlich nur auf das Fixgehalt. Durch die teilweise Anrechnung der Gehaltserhöhung zum 01.04.2021 auf die wandelbare Zulage hat sich der Anteil der wandelbaren Zulage an der Gesamtvergütung von 19,7% auf 20,0% erhöht. Nach alledem vermochte die Kammer nicht zu erkennen, dass die teilweise Anrechnung auf die wandelbare Zulage billigem Ermessen im Sinne des § 315 BGB entsprach.
82IV.
83Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 92 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt, wobei für die Anträge zu 2. und zu 3. jeweils der halbe Hilfswert iHv. 2.500,00 € nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG zugrunde gelegt wurde. Der Streitwert gilt zugleich als Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren iSd. § 63 Abs. 2 GKG.
84G.
85