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1. Die Bestellung eines Wahlvorstandes zur Durchführung einer Betriebsratswahl durch den Gesamtbetriebsrat nach vorheriger Bestellung verschiedener Wahlvorstände durch regionale Betriebsräte kann einen offensichtlichen und groben Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften darstellen, der zur Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstandes führen kann (Einzelfallentscheidung). 2. Bei der Beurteilung der Nichtigkeit einer Wahlvorstandsbestellung zur Durchführung einer Betriebsratswahl sind auch die subjektiven Beweggründe der bestellenden Betriebspartei zu berücksichtigen. 3. Eine etwaig von einem nichtig bestellten Wahlvorstand durchgeführte Betriebsratswahl wäre ihrerseits nichtig. Das laufende Wahlverfahren ist daher auf Antrag abzubrechen (Einzelfallentscheidung). 4. Der Gesamtbetriebsrat ist gem. § 50 Abs. 1 BetrVG originär zuständig eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 a), Abs. 2 BetrVG abzuschließen. 5. Den Betriebsparteien kommt bei der Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats im Rahmen der Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BetrVG ein weiter Beurteilungsspielraum zu.
1.Dem Beteiligten zu 10. wird aufgegeben, das Wahlverfahren zur Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates abzubrechen und jede weitere Handlung zu unterlassen, die auf die Durchführung der Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates gerichtet ist.
2.Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats bei der Beteiligten zu 2 (im Folgenden: "Arbeitgeberin"). Der Beteiligte zu 10. (im Folgenden: "Wahlvorstand GBR") beabsichtigt die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates durchzuführen. Es ist diesbezüglich gegenwärtig bereits ein Beschlussverfahren gerichtet auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 12 TaBVGa 3/18 (erstinstanzlich: Arbeitsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 7 BVGa 5/18) anhängig.
4Auch die Beteiligten zu 9. (im Folgenden: "Wahlvorstand Mitte") und zu 11. (im Folgenden: "Wahlvorstand West") sind jeweils bestellt worden, um eine Betriebsratswahl durchzuführen.
5Darüber hinaus streiten die Beteiligten über die Wirkung(sdauer) einer undatierten Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" und über die Wirksamkeit einer (neuen) Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" vom 23. Februar 2018, sowie einer korrespondierenden Regelungsabrede "Vertrauenspersonen".
6Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen des U. (vormals F.) und betreibt das klassische Shop-/Ladengeschäft der bisherigen F.. Sie beschäftigt bundesweit ca. 1.700 bis 1.800 Mitarbeiter und ist nicht tarifgebunden.
7Mit einer undatierten Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" vereinbarten die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3 (im Folgenden: "Gesamtbetriebsrat" oder "GBR") gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 2 BetrVG, dass das Bundesgebiet in fünf Regionen eingeteilt wird, die betriebsverfassungsrechtlich als einzelne Betriebe organisiert bzw. behandelt werden. Die Vereinbarung trat zum 1. April 2013 in Kraft und sieht eine Kündigungsmöglichkeit frühestens zum 31. Dezember 2018 vor. Wegen der Einzelheiten der Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" wird auf deren Inhalt (Bl.46-48 d. A.) verwiesen.
8Für jede der fünf Regionen wurde ein regionaler Betriebsrat gebildet. Es handelt sich hierbei um die Beteiligten zu 1, 4, 5, 6 und 7. Darüber hinaus ist ein Gesamtbetriebsrat (Beteiligter zu 3) etabliert.
9Es besteht insgesamt eine Vielzahl von Gesamtbetriebsvereinbarungen. Hingegen bestehen keinerlei örtliche bzw. regionale Betriebsvereinbarungen.
10Am 12. Dezember 2017 fand auf Initiative des Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats eine Betriebsrätekonferenz statt. Der Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats stellte das Modell eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats vor.
11Der Antragsteller (im Folgenden: "BR Ost") beschloss in einer Sitzung vom 18. Dezember 2017 dem Gesamtbetriebsrat kein Mandat gem. § 50 Abs. 2 BetrVG für Verhandlungen zur Veränderung der regionalen Betriebsratsgebiete zu erteilen.
12Darüber hinaus bestellte der BR Ost in der Sitzung am 18. Dezember 2017 einen Wahlvorstand für die Wahl eines Betriebsrats für den Betrieb Region Ost. Dieser Wahlvorstand führt am 6. März 2018 für den Bereich des BR Ost eine regionale Betriebsratswahl durch. Am 12. März 2018 fand die konstituierende Sitzung des neu gewählten BR Ost statt. Diese Betriebsratswahl wurde sowohl vom GBR, wie auch von der Arbeitgeberin (allerdings bisher nicht im selben Verfahren) angefochten. Es wird diesbezüglich beim Arbeitsgericht Potsdam bereits ein arbeitsgerichtliches Verfahren unter dem Aktenzeichen 4 BV 3/18 geführt.
13Der Beteiligte zu 5 (im Folgenden: "BR Mitte") bestellte Mitte Dezember 2017 einen Wahlvorstand für die Wahl eines Betriebsrats für den Betrieb Region Mitte (Beteiligter zu 9).
14Der Gesamtbetriebsrat beschloss am 9. Januar 2018 der Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats zuzustimmen. Am 16. Januar 2018 beschloss der Gesamtbetriebsrat die außerordentliche Kündigung der Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte". Zudem bestellte er am 16. Januar 2018 einen Wahlvorstand.
15Am 23. Februar 2018 beschloss der Gesamtbetriebsrat im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" zuzustimmen. Der Gesamtbetriebsrat bestellte am 23. Februar 2018 (erneut) einen Wahlvorstand; diesmal ausdrücklich für die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats.
16Zudem beschloss er einer Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" zuzustimmen. Die Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" liegt der Kammer nur im Entwurf vor. Sie weist im Rubrum aus, eine Vereinbarung zwischen der Arbeitsgeberin und dem (bisher) nicht existenten unternehmenseinheitlichen Betriebsrat zu sein. Ob die Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" von Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat unterschrieben worden ist, konnte in der Verhandlung vom 19. April 2018 nicht abschließend aufgeklärt werden. Wegen des Inhalts des vorliegenden Entwurfs wird auf Bl. 353f. der Gerichtsakte verwiesen.
17Unter dem 23. Februar 2018 vereinbarten die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat dann eine Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat". Diese trat am 24. Februar 2018 (Tag nach Unterzeichnung) in Kraft und ist frühestens zum 31. Dezember 2021 kündbar. Die erste Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats soll nach der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" im Rahmen der turnusmäßigen Betriebsratswahl im Frühjahr 2018 stattfinden. Bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses sollen alle bisherigen (regionalen) Betriebsräte im Amt verbleiben. Wegen der Einzelheiten der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" wird auf deren Inhalt (Bl. 218 - 220 d. A.) verwiesen.
18Am 6. April 2018 bestellt auch der Beteiligte zu 4 (im Folgenden: "BR West") einen Wahlvorstand, den Beteiligten zu 11 (im Folgenden: "Wahlvorstand West").
19Der BR Ost behauptet, die tatsächlich gelebte, betriebliche Struktur sei nicht unternehmenseinheitlich. Die wesentliche personelle und soziale Leitung der Mitarbeiter würde nicht unternehmenseinheitlich erfolgen. Vielmehr spiegele die Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" nach wie vor die tatsächlichen betrieblichen Leitungsstrukturen wieder.
20Er ist der Auffassung, die Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" gelte jedenfalls bis zum 31. Dezember 2018 weiter fort. Der Gesamtbetriebsrat sei deshalb daran gehindert, neue, gewillkürte betriebsverfassungsrechtliche Strukturen zu bilden.
21Zudem sei die am 23. Februar 2018 vereinbarte Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" unwirksam. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 BetrVG seien nicht erfüllt. Insbesondere die vom Gesetz geforderte und nur in Ausnahmefällen aufzuhebende Ortsnähe stehe der Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates entgegen.
22Der Gesamtbetriebsrat habe auch kein Mandat gem. § 50 Abs. 2 BetrVG gehabt. Originär zuständig gem. § 50 Abs. 1 BetrVG sei er nicht.
23Zudem sei die Einladung zu der außerordentlichen Sitzung des Gesamtbetriebsrates am 23. Februar 2018 erst am Abend des 19. Februar 2018 erfolgt, was wegen der weitreichenden Entscheidung nicht rechtzeitig gewesen sei. Auch sei in der Einladung nicht darauf hingewiesen worden, dass die alte Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionaler Betriebsräte" aufgehoben werden sollte. Auch aus diesem Grund sei der Beschluss vom 23. Februar 2018 unwirksam.
24Die Durchführung der Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats sei vor allem aber schon deshalb nichtig, da in den Regionen Ost und Mitte bereits vor dem 23. Februar 2018 Wahlvorstände zur Wahl regionaler Betriebsräte gebildet waren. Es sei nicht zulässig für die gleiche Gruppe von Mitarbeitern zwei konkurrierende Betriebsräte zu wählen. Vielmehr sei eine eingeleitete Wahl zunächst durchzuführen und im Zweifel anzufechten. Ein betriebsratsloser Zustand sei in jedem Fall zu verhindern. Wegen des insoweit geltenden Prioritätsprinzips seien die durch Bestellung von Wahlvorständen eingeleiteten regionalen Wahlen durchzuführen und die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats (jedenfalls gegenwärtig) einzustellen. Dem Gesamtbetriebsrat habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Mandat zugestanden, einen Wahlvorstand zu bestellen.
25Schließlich habe der Gesamtbetriebsrat den Wahlvorstand zur Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats mit Beschluss vom 23. Februar 2018 zu einem Zeitpunkt bestellt, zu dem die Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" in jedem Fall noch in Kraft war, da die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" (so sie überhaupt wirksam ist) erst zum 24. Februar 2018 in Kraft treten sollte.
26Der BR Ost beantragt nach teilweiser Rücknahme zunächst angekündigter Anträge und Änderung des angekündigten Antrags zu Ziffer 1. zuletzt,
271.Es wird festgestellt, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" bis zu einer Kündigung oder bis zu einer Aufhebung gilt und bis zu diesem Zeitpunkt die Wahl von Betriebsräten in anderen Strukturen unzulässig ist.
282.Es wird festgestellt, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 23. Februar 2018 zur Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates unwirksam ist.
293.Dem Beteiligten zu 10. wird aufgegeben, das Wahlverfahren zur Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates abzubrechen und jede weitere Handlung zu unterlassen, die auf die Durchführung der Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates gerichtet ist.
30Der BR Mitte behauptet, dass schon in der bisherigen Betriebsstruktur (5 Regionen) eine sachgerechte Betreuung der Mitarbeiter in den verschiedenen Shops nur mit hohem Aufwand möglich gewesen sei.
31Der BR Mitte und der Wahlvorstand Mitte sind der Auffassung, dass vor diesem Hintergrund die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates nicht der sachgerechten Wahrnehmung von Mitarbeiterinteressen diesen könne. Allein aus diesem Grund solle sich auch der Hilfskonstruktion ("Krücke") der Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" bedient werden.
32Zudem sei die Einladung zu der außerordentlichen Sitzung des Gesamtbetriebsrates am 23. Februar 2018 erst am Abend des 19. Februar 2018 erfolgt, was zu kurzfristig gewesen sei. Die Beschlüsse vom 23. Februar 2018 seien daher unwirksam.
33Der BR Mitte und der Wahlvorstand Mitte beantragen nach teilweiser Rücknahme zunächst angekündigter Anträge zuletzt,
344.Es wird festgestellt, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" bis zum 31. Dezember 2018 in Kraft ist.
355.Es wird festgestellt, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" zwischen den Beteiligten zu 2. und zu 3. unwirksam ist.
366.Es wird festgestellt, dass die Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" zur Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" zwischen den Beteiligten zu 2. und zu 3. unwirksam ist.
377.Dem Beteiligten zu 11. wird aufgegeben, das Wahlverfahren zur Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates abzubrechen und jede weitere Handlung zu unterlassen, die auf die Durchführung der Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates gerichtet ist.
38Arbeitgeberin, Gesamtbetriebsrat und BR West beantragen,
39die Anträge zurückzuweisen.
40Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.
41Die Arbeitgeberin behauptet, dass alle wesentlichen mitbestimmungsrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere mit Blick auf Betriebsänderungen und den Mitbestimmungsrechten in sozialen Angelegenheiten durch die Geschäftsführung in Düsseldorf entschieden werde.
42Sie ist der Auffassung, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" vom 23. Februar 2018 der sachgerechten Interessen der Arbeitnehmerinteressen diene. Das Prinzip der Ortsnähe sei hinreichend berücksichtigt, da dieses weit auszulegen sei. Jedenfalls müsse die Mitbestimmung an der Stelle erfolgen, an welcher auch die mitbestimmungsrechtlich relevanten Entscheidungen getroffen werden.
43Die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" sei wirksam vereinbart worden. Insbesondere habe dem Gesamtbetriebsrat eine originäre Zuständigkeit gem. § 50 Abs. 1 BetrVG zugestanden, die Gesamtbetriebsvereinbarung abzuschließen. Einzelnen regionalen Betriebsräten komme kein Veto-Recht zu. Damit sei die Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" abgelöst und es müsse ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gewählt werden. Sämtliche Formalien der Beschlussfassung am 23. Februar 2018 - insbesondere auch die Einladung - seien ordnungsgemäß eingehalten worden.
44Für die Bestellung des Wahlvorstandes sei der Gesamtbetriebsrat zuständig gewesen. Im Fall der Schaffung gewillkürter Betriebsstrukturen gem. § 3 BetrVG sei im Rahmen der Regelung des § 16 Abs. 1 BetrVG "Betriebsrat" als "Gesamtbetriebsrat" zu verstehen. Hierfür spreche auch der Wortlaut des § 3 BetrVG selbst, da dieser auf die "Bildung" abstellt und somit auch die Wahl des Betriebsrats umfasse. Jedenfalls stehe dem Gesamtbetriebsrat eine Annexkompetenz zur Bestellung des Wahlvorstandes zu, da er auch für den Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" originär zuständig sei. Schließlich folge aus der wirksamen Regelung des § 1 Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat", dass der Gesamtbetriebsrat den Wahlvorstand bestellen solle.
45Selbst wenn die Kammer diese Frage anders beurteilen sollte, sei jedenfalls nicht von einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstandes GBR durch den Gesamtbetriebsrat auszugehen. Nur ein ausgesprochen schwerwiegender Errichtungsfehler führe zur Nichtigkeit. Die Betriebsratswahl müsse den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen. Diese sehr hohe Anforderung sei vorliegend nicht erfüllt. Schließlich könne von einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstandes nicht ohne weiteres auf die Nichtigkeit der von diesem durchgeführten Wahl geschlossen werden.
46Der Umstand, dass zum Zeitpunkt der Bestellung des Wahlvorstands GBR durch den Gesamtbetriebsrat bereits von BR Ost und BR Mitte jeweils Wahlvorstände bestellt waren, sei unerheblich. Insoweit gelte das vom Landesarbeitsgericht Hamm angewandte sog. "Prioritätsprinzip" nicht. Im Zuge der Wahl eines Betriebsrats auf Grundlage einer gewillkürten Betriebsstruktur gelte § 3 Abs. 4 S. 2 BetrVG, wodurch das Risiko zweier konkurrierender Betriebsräte ausgeschlossen sei.
47Der Gesamtbetriebsrat behauptet, die tatsächliche Vertriebsstruktur habe sich geändert. Ursprünglich seien in den fünf Regionen seitens der Arbeitgeberin Regionalleiter eingesetzt gewesen, die personelle und soziale Angelegenheiten mit einem Vertretungsgremium regeln konnten und geregelt haben. Diese seien auch Ansprechpartner für die regionalen Betriebsräte gewesen. Seit etwa Juli 2016 sei die Regionalstruktur aufgegeben worden und es seien die Stellen von 16 Regional Sales Managern eingeführt worden. Ein Regional Sales Manager sei für ca. 20 Shops der Arbeitgeberin zuständig. Auf Regionsebene habe es für die regionalen Betriebsräte keine Ansprechpartner mehr gegeben. Die Regional Sales Manager seien dem Head of Sales unterstellt und würden an diesen berichten, wobei seit Mitte des Jahres 2017 eine Zwischen-Hierarchieebene mit drei regionalen Vertriebsleitern eingeführt worden sei.
48Personelle und soziale Angelegenheiten treffe die Arbeitgeberin inzwischen aber ausschließlich auf Unternehmensebene. Die HR-Abteilung in Düsseldorf treffe die Entscheidungen in personellen Einzelmaßnahmen. Sozialen Angelegenheiten regele die Arbeitgeberin durch die Geschäftsführung in Düsseldorf. Im Ergebnis habe die Regionalstruktur, welche der ursprünglichen Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" zugrunde lag, lediglich historischen Charakter. Die Regionen gebe es so tatsächlich nicht mehr.
49Er ist der Auffassung, dass die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats nicht nichtig sei. Das sog. Prioritätsprinzip gelte - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht. Vielmehr würde sich die vom BR Ost durchgeführte regionale Betriebsratswahl nicht am Betriebsbegriff des Betriebsverfassungsgesetzes orientieren. Dieses Verhalten müsse als vorsätzlich angesehen werden.
50Der BR Ost habe - ebenso wie der BR Mitte - nur auf Grundlage der Informationen in der Betriebsrätekonferenz am 12. Dezember 2017 bereits im Dezember 2017 kurzfristig einen Wahlvorstand für die Wahl eines regionalen Betriebsrats bestellt. Dies sei wegen der nicht zu erklärenden Frühzeitigkeit der Bestellung als rechtsmissbräuchlich und daher nichtig anzusehen.
51Selbst wenn es Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstandes GBR gegeben haben sollte, so führe dies nicht zu einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstandes und einer nichtig von diesem durchgeführten Wahl. Nur ein ausgesprochen schwerwiegender Errichtungsfehler führe zur Nichtigkeit und diese sehr hohe Anforderung sei vorliegend nicht erfüllt.
52Die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" vom 23. Februar 2018 sei wirksam vereinbart worden. Insbesondere sei ihm eine originäre Zuständigkeit gem. § 50 Abs. 1 BetrVG zugestanden, die Gesamtbetriebsvereinbarung abzuschließen. Dem Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 23. Februar 2018 liege auch ein wirksamer Beschluss zugrunde. Schließlich sei auch der Wahlvorstand GBR wirksam bestellt worden.
53Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 19. April 2018 verwiesen.
54II.
55Die vom Wahlvorstand GBR vorgenommene Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates wäre nichtig. Aus diesem Grund hat er das Wahlverfahren zur Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates abzubrechen und jede weitere Handlung zu unterlassen, die auf die Durchführung der Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates gerichtet ist.
56Dies gilt hingegen nicht für eine etwaig vom Wahlvorstand West vorgenommene Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates.
57Im Übrigen sind die Anträge teilweise unzulässig, teilweise unbegründet.
58A.
59Der Antrag des BR Ost dem Wahlvorstand GBR (Beteiligten zu 10.) die Durchführung der Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates zu untersagen ist zulässig und begründet.
601.
61Der Antrag ist zulässig.
62Ein auf den Abbruch einer Betriebsratswahl wegen Nichtigkeit gerichtete Antrag ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren gem. § 2a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. §§ 80?ff. ArbGG zu verhandeln (GMP/Matthes/Schlewing, 9. Auflage 2017, § 2a ArbGG Rn.41). Gleiches gilt für Streitigkeiten über die Bestellung des Wahlvorstands (Richardi Betriebsverfassungsgesetz 16. Auflage 2018, § 16 Rn.65).
63a.
64Alle Beteiligte des hiesigen Verfahrens sind an dem Verfahren gem. §§ 83 Abs. 3, 10 S.1 Hs.2 ArbGG beteiligt.
65Wer neben dem Antragsteller Beteiligter des durch den Antrag eingeleiteten und in seinem Streitgegenstand bestimmten Verfahrens ist, bestimmt sich nach materiellem Betriebsverfassungs-, Personalvertretungs- oder Mitbestimmungsrecht. Es kommt darauf an, welche Person oder Stelle durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen, personalvertretungsrechtlichen oder mitbestimmungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen wird (GMP/Spinner, 9. Auflage 2017, § 83 ArbGG Rn.13).
66aa.
67Der vorliegend begehrte Abbruch der Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats durch den Wahlvorstand GBR betrifft sowohl die fünf regionalen Betriebsräte, wie auch die Arbeitgeberin, den Gesamtbetriebsrat und die drei bereits bestellten und noch im Amt befindlichen Wahlvorstände in ihrer jeweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung.
68Insbesondere sind Wahlvorstände auch beteiligt, wenn die Frage der Nichtigkeit ihrer Bestellung streitgegenständlich ist. Der Wahlvorstand hält sich für existent. Für das Verfahren, in dem mittelbar über die Nichtigkeit seiner Bestellung gestritten wird, ist er als bestehend zu behandeln und damit beteiligtenfähig (BAG, 27.07.2011, Az.: 7 ABR 61/10, Juris).
69bb.
70Der BR Ost ist antragsbefugt. Er kann sich mit einem Unterlassungsantrag dagegen wenden, dass der nach seiner Auffassung nicht wirksam errichtete Wahlvorstand GBR tätig wird. Die Antragsbefugnis entspricht dem Recht, die spätere Betriebsratswahl nach § 19 Abs. 2 BetrVG anzufechten (BAG, 27.07.2011, Az.: 7 ABR 61/10, Juris).
71cc.
72Auch der Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" vom 23. Februar 2018 führt nicht zum Wegfall der Beteiligung(sfähigkeit) der am hiesigen Verfahren beteiligten Betriebsparteien. Dies gilt unabhängig von der Frage der Wirksamkeit dieser Gesamtbetriebsvereinbarung (siehe hierzu sogleich).
73Bei Wirksamkeit der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" ab dem 24. Februar 2018 werden nicht automatisch sämtliche regionalen Betriebsräte aufgelöst und die Grundlage des Bestehens des Gesamtbetriebsrats entfällt. Auch bereits bestellte Wahlvorstände lösen sich nicht automatisch auf.
74Zum einen bestimmt § 3 Abs. 4 BetrVG, dass die Regelungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG regelmäßig bei der nächsten turnusmäßigen Wahl anzuwenden sind und die Amtszeit bestehender Betriebsräte damit "normal" endet. Jedenfalls kann die Amtszeit frühestens mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses, nicht jedoch mit Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung enden.
75Zum anderen werden die betriebsverfassungsrechtlich relevanten Betriebsparameter ("Betriebszuschnitt") durch die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" ab dem 24. Februar 2018 zwar geändert, für die Streitfrage, ob dies wirksam geschehen ist, sind die betriebsverfassungsrechtlich Betroffenen aber weiter beteiligungsfähig (vgl. Richardi, Betriebsverfassungsgesetz 16. Auflage 2018, § 21 Rn.32, § 21b Rn.19).
76c.
77Schließlich ist durch die Wahl des (neuen) Betriebsrats in der Region Ost am 6. März 2018 die Beteiligungsfähigkeit und die Aktivlegitimation des BR Ost nicht entfallen.
78Ein Betriebsrat (und so auch der BR Ost) ist als Organ mit betriebsverfassungsrechtlichen Rechten und Pflichten ausgestattet. Ein Mitgliederwechsel innerhalb des Betriebsrats hat auf die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des Organs keinen Einfluss (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Auflage 2018, § 21 Rn.3). Beschlüsse des Betriebsrats als Organ behalten solange ihre Wirksamkeit, bis sie durch Beschluss des Organs (wieder) geändert werden (Küttner Personalhandbuch, 24. Auflage 2017, Betriebsrat Rn.14; Richardi Betriebsverfassungsgesetz 16. Auflage 2018, § 33 Rn.37). Dies gilt beispielsweise auch in Bezug auf abgeschlossene Betriebsvereinbarungen oder die Einleitung bzw. Fortführung eines gerichtlichen Verfahrens und das Mandat eines diesbezüglich beauftragten Prozessbevollmächtigten. Sollen hier Veränderungen herbeigeführt werden, so bedarf es einer entsprechenden Beschlussfassung und Kundgabe. Andernfalls würde durch jede Neuwahl eines Betriebsrats erhebliche Rechtsunsicherheit entstehen.
79Zudem hat der BR Ost in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2018 "seine" Anträge gestellt und damit auch in der u.U. neuen personellen Besetzung des BR Ost ausdrücklich an dem Verfahren und den Anträgen festgehalten.
802.
81Der Antrag ist auch begründet.
82Dem BR Ost steht ein Anspruch gerichtet auf den Abbruch der vom Wahlvorstand GBR (Beteiligter zu 10.) durchgeführten Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats zu.
83Vorliegend ist die Bestellung des Wahlvorstands GBR durch den Gesamtbetriebsrat als nichtig zu qualifizieren. Die Bestellung stellt einen offensichtlichen und groben Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften zur Bestellung eines Wahlvorstandes dar. Aus der nichtigen Bestellung des Wahlvorstands GBR würde im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer auch die Nichtigkeit der von diesem durchgeführten Wahl folgen, sodass die Wahl bereits im noch laufenden Verfahren abzubrechen ist.
84a.
85Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 27.07.2011, Az.: 7 ABR 61/10, Juris) kommt der Abbruch einer Betriebsratswahl nur dann in Betracht, wenn die Wahl bei ihrer Durchführung erkennbar nichtig wäre. Eine (auch offensichtliche) Anfechtbarkeit der Wahl genügt für einen Wahlabbruch nicht.
86Die Nichtigkeit einer Wahl ist wiederum dann anzunehmen, wenn gegen allgemeine Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl in so erheblichem Umfang verstoßen wird, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr gewahrt ist. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß handeln (LAG Düsseldorf 21.07.2017, Az.: 10 TaBV 3/17, Juris). De Wahl muss den "Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen". Da der Begriff der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl im Gesetz jedoch keinen Niederschlag gefunden hat, ist die richtige Abgrenzung der Nichtigkeit von der bloßen Anfechtbarkeit im Detail umstritten. Die Abgrenzung erfolgt nicht einheitlich, sondern anhand unterschiedlicher Einzelfallkonstellationen. Es sind kaum einheitlich angewandte und allgemein als gültige anerkannte Rechtssätze erkennbar.
87Wohl einheitlich anerkannt ist, dass keine Betriebsratswahl in Konkurrenz zu einem bereits gewählten Betriebsrat stattfinden kann (BAG 21.07.2004, 7 ABR 57/03, Juris; 22.04.1980, Az.: 6 AZR 165/78, Juris) - wobei die Besonderheiten des Verfahrens gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 BetrVG zu berücksichtigen sind - und das auf der anderen Seite allein die Verkennung des Betriebsbegriffs keinen Grund für den Abbruch der eingeleiteten Betriebsratswahl darstellt (BAG 19.11.2003, Az.: 7 ABR 25/03, Juris).
88Auch die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstandes ist auf besonders schwerwiegende Errichtungsfehler beschränkt. Eine nur fehlerhafte Bestellung genügt nicht (ErfK/Koch 18. Auflage 2018, § 16 BetrVG Rn.11).
89b.
90Zutreffend weisen die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat zunächst darauf hin, dass die Wahl eines Betriebsrats auf Grundlage der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" vom 23. Februar 2018 zukünftig unternehmenseinheitlich zu erfolgen hat.
91Die Gesamtbetriebsvereinbarung ist wirksam vereinbart worden und hat die "alte" regionale Betriebsstruktur abgelöst, sodass die turnusgemäße Betriebsratswahl im Jahr 2018 nach Auffassung der Kammer unternehmenseinheitlich zu erfolgen hat.
92aa.
93Zunächst konnten Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat gem. § 3 Abs. 2 BetrVG eine gewillkürte betriebsverfassungsrechtliche Struktur durch den Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" regeln, da keine tarifliche Regelung besteht und auch kein anderer Tarifvertrag gilt. Es besteht keine tarifliche Regelung, die - soweit ersichtlich - auf die Arbeitgeberin Anwendung finden würde und dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung gemäß § 3 Abs.2 BetrVG entgegenstünde.
94bb.
95Entgegen der Auffassung des BR Ost ist der Gesamtbetriebsrat gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG originär zuständig eine Gesamtbetriebsvereinbarung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 a), Abs. 2 BetrVG abzuschließen. Es handelt sich gerade um eine "Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können". Die Einführung einer gewillkürten Betriebsstruktur gerichtet auf einen unternehmenseinheitlichen Betriebsrat kann denklogisch nur das Gesamtunternehmen betreffen nicht innerhalb verschiedener Betriebe (u.U. unterschiedlich) geregelt werden (vgl. BAG, 24.04.2013, Az.: 7 ABR 71/11, Juris).
96Es liegt kein Fall des Tätigwerdens des Gesamtbetriebsrats für und im Auftrag der einzelnen Betriebsräte gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG vor. Aus diesem Grund ist es unerheblich, dass der BR Ost dem Gesamtbetriebsrat auf seiner Sitzung vom 18. Dezember 2017 kein Mandat zur Verhandlung über den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" erteilt hat.
97Insbesondere kann der Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" auch gegen den Willen einzelner regionaler Betriebsräte wirksam vereinbaren. Einem regionalen Betriebsrat steht insoweit kein Vetorecht zu (BAG, 24.04.2013, Az.: 7 ABR 71/11, Juris).
98Wegen der einvernehmlichen Ablösung der "alten" Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" ist die in dieser Gesamtbetriebsvereinbarung vorgesehene Unkündbarkeit bis zum 31. Dezember 2018 nicht relevant. Es bedurfte keiner Kündigung, da die alte Regelung einvernehmlich aufgehoben wurde.
99cc.
100Nach Auffassung der Kammer sind vorliegend auch die Voraussetzungen für die gewillkürte Schaffung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats erfüllt.
101(1)
102Das Bundesarbeitsgericht hat die Voraussetzungen für die gewillkürte Schaffung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats und die Möglichkeiten und Grenzen einer gerichtlichen Überprüfung wie folgt zusammengefasst:
103"§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a iVm. Abs. 2 BetrVG legt die tatbestandlichen Voraussetzungen fest, unter denen durch Betriebsvereinbarung ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gebildet werden kann. Liegen diese nicht vor, ist eine Betriebsvereinbarung über die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats unwirksam. Das Gesetz lässt Abweichungen von der gesetzlichen Betriebsverfassung nicht voraussetzungslos zu (vgl. BAG 13. März 2013 - 7 ABR 70/11 - Rn. 35).
104aa) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Alt. 2 iVm. Abs. 2 BetrVG ist die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats durch Betriebsvereinbarung möglich, wenn sie einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient.
105(1) Bei der Prüfung, ob die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats sachdienlich ist, ist von besonderer Bedeutung, wo die mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen im Betrieb getroffen werden. Der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsreformgesetzes hat es im Jahr 2001 als Problem angesehen, dass einem Betriebsrat, der organisatorisch orientiert an den Betriebsformen der siebziger Jahre ist, heute häufig nicht mehr der Personalleiter "seines Betriebes" als Verhandlungsleiter gegenübersteht (BT-Drucks. 14/5741 S. 23). Der Betriebsrat müsse jedoch dort arbeiten, wo die wichtigen Entscheidungen im Betrieb getroffen werden (BT-Drucks. 14/5741 S. 26). Der Gesetzgeber ist deshalb davon ausgegangen, dass sich die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats insbesondere dort anbietet, wo die Entscheidungskompetenzen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten zentral auf Unternehmensebene angesiedelt sind (BT-Drucks. 14/5741 S. 34). Insoweit sind für die sachgerechte Bildung von Arbeitnehmervertretungen die organisatorischen Vorgaben des Arbeitgebers maßgeblich. Sie sind nicht nur für die gesetzlichen, sondern ebenso bei den gewillkürten Vertretungsstrukturen von Bedeutung. An ihnen darf sich bei der Schaffung einer betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit die maßgebliche Regelung orientieren (vgl. BAG 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 43, BAGE 139, 197, für Zusammenfassung mehrerer Betriebe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BetrVG durch Tarifvertrag).
106(2) Bei der Beurteilung der Sachdienlichkeit eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats sind allerdings noch weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Insbesondere ist von Bedeutung, ob durch die mit der Errichtung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats häufig verbundenen größeren räumlichen Entfernungen der Kontakt zwischen den Arbeitnehmern und der sie repräsentierenden Betriebsvertretung unangemessen erschwert wird. Die Nähe und wechselseitige Erreichbarkeit war für den Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Betriebsverfassung erkennbar ein wesentlicher Gesichtspunkt.
107[...]
108(3) Die Betriebsparteien haben daher bei der Errichtung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 BetrVG nicht nur den Umstand zentralisierter unternehmerischer Entscheidungen, sondern auch den Grundsatz der Ortsnähe zu berücksichtigen. [ ]
109cc) Bei der Frage, ob sie von den sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergebenden Möglichkeiten Gebrauch machen wollen, kommt den Betriebsparteien ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen sowie ein Beurteilungs- und ein Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung einer Regelung zu. Dies ist von den Gerichten bei der Überprüfung einer entsprechenden Regelung zu beachten (vgl. zu einer tariflichen Regelung BAG 13. März 2013 - 7 ABR 70/11 - Rn. 38). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers können die Vertragsparteien vor Ort angesichts der Vielgestaltigkeit der zu regelnden Sachverhalte die Sachgerechtigkeit von unternehmensspezifischen Arbeitnehmervertretungsstrukturen besser beurteilen als staatliche Stellen (BT-Drucks. 14/5741 S. 33). Beim Abschluss einer Betriebsvereinbarung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 2 BetrVG ist es daher zunächst Sache der Betriebsparteien, zu beurteilen, ob und ggf. in welcher Weise das gesetzliche Repräsentationsmodell ersetzt werden soll. Dies erfordert zum einen die Einschätzung, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine vom gesetzlichen Modell abweichende Arbeitnehmervertretungsstruktur vorliegen, sowie zum anderen die Beurteilung, in welcher Weise von der durch das Gesetz eröffneten Regelungsmöglichkeit Gebrauch gemacht werden soll (vgl. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 27/08 - Rn. 27, BAGE 131, 277). Ob die Betriebsparteien hierbei die gesetzlichen Vorgaben eingehalten oder überschritten haben, unterliegt allerdings im Streitfall der gerichtlichen Überprüfung."
110(BAG, 24.04.2013, Az.: 7 ABR 71/11, Juris)
111(2)
112Diesen überzeugenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts schließt sich die Kammer vollumfänglich an.
113Unter Berücksichtigung des, den Betriebsparteien zustehenden, Einschätzungs- und Ermessensspielraums, der sich nicht nur auf die inhaltliche Gestaltung, sondern gerade auch auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bezieht, hält die Kammer die gesetzlichen Vorgaben vorliegend für hinreichend berücksichtigt.
114Unstreitig hat sich die bei der Arbeitgeberin etablierte Leitungsstruktur im Sommer des Jahres 2016 geändert. Insbesondere der Wegfall der Regionalleiter, welche in personellen und sozialen Angelegenheiten (jedenfalls teilweise) Regelungen trafen und Ansprechpartner der regionalen Betriebsräte waren, ist nach Auffassung der Kammer ein nachvollziehbarer Grund von der regionalen Betriebsstruktur abzuweichen. Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass auch diese Struktur bereits gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 b), Abs. 2 BetrVG gewillkürt geschaffen war.
115Wie sich die Strukturen seit dem Sommer 2016 konkret verändert haben und wo bzw. auf welcher Strukturebene beispielsweise personelle Einzelmaßnahmen beschlossen und umgesetzt werden, kann nach dem Sach- und Streitstand von der Kammer nicht abschließend beurteilt werden. Unter dem 4. April 2018 hat der Vorsitzende den Beteiligten ausdrücklich aufgegeben zu den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 BetrVG ergänzend vorzutragen, wenn und soweit dies beabsichtigt sei. Detaillierte Schilderungen, welche mitbestimmungsrechtlich relevanten Maßnahmen wo und auf welcher Strukturebene entschieden und wie sie mitbestimmt werden, haben die Beteiligten nicht vorgebracht.
116Allerdings hat die Arbeitgeberin darauf hingewiesen, dass alle wesentlichen mitbestimmungsrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere mit Blick auf Betriebsänderungen und den Mitbestimmungsrechten in sozialen Angelegenheiten durch die Geschäftsführung in Düsseldorf entschieden werden. Dieser wesentlich für die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates streitende Umstand wird dadurch gestützt, dass insgesamt eine Vielzahl von Gesamtbetriebsvereinbarungen, hingegen keine örtlichen bzw. regionalen Betriebsvereinbarungen abgeschlossen wurden in der Vergangenheit. Dies spricht dafür, dass wesentliche, der Mitbestimmung unterliegende Fragestellungen nicht regional oder shopbezogen, sondern unternehmenseinheitlich entschieden und geregelt werden.
117Wenn und soweit der BR Ost behauptet, dass durch den Wegfall der Regionalleiter dann bei den seit Juli 2016 deutschlandweit eingeführten 16 Regional Sales Managern jeweils ein regionaler Betriebsräte gegründet werden müsste, so folgt die Kammer dieser Auffassung nicht. Es ist weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass mitbestimmungsrelevante Angelegenheiten von den Regional Sales Managern geregelt und entschieden werden. Eine Veränderung der schon in der Vergangenheit gewillkürten Betriebsstruktur dergestalt, dass personelle und soziale Angelegenheiten kleingliedriger und damit (potentiell) uneinheitlicher geregelt bzw. entschieden werden, wäre nach Auffassung der Kammer zudem eher unüblich.
118Das vom BR Ost im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2018 vorgebrachte Argument, dass wesentliche, mitbestimmungsrechtlich relevante Entscheidung nicht von der Geschäftsführung der Arbeitgeberin in Düsseldorf, sondern von der Konzernmutter in München entschieden würden, ist in seiner Allgemeinheit nicht zu beurteilen. Es würde im Ergebnis aber auch eher gegen eine regionale Mitbestimmungsstruktur und für die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates streiten.
119Es obliegt den Betriebsparteien im Rahmen ihres Ermessens zu beurteilen, ob die Verlagerung von Entscheidungskompetenzen "nach oben" sachgerechter Weise dazu führt, dass ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gewählt werden soll oder nicht. Dies gilt insbesondere, wenn der Gesamtbetriebsrat (als Organ der Arbeitnehmervertretung) der Auffassung ist, dass mitbestimmungsrechtlich relevante Angelegenheiten ausschließlich oder jedenfalls überwiegend auf Unternehmensebene getroffen werden. Da dies im Ergebnis zum Wegfall des Gesamtbetriebsrats als Organ der Mitarbeitervertretung führen würde, kann ihm an dieser Stelle auch nur schwerlich ein sachfremdes Eigeninteresse an einer "Falscheinschätzung" vorgeworfen werden.
120Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ausdrücklich solche Arbeitgeber in den Fokus genommen hat, bei denen Entscheidungskompetenzen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten zentral auf Unternehmensebene angesiedelt sind. Gerade diesen Arbeitgebern und ihrer Mitarbeiterschaft sollte über die Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG eine Möglichkeit geschaffen werden, im Vergleich zu den gesetzlichen Regelungen wirkungsvollere Mitbestimmungsstrukturen zu vereinbaren.
121Den Beteiligten vor Ort, insbesondere den Tarifvertragsparteien, sollten mit der Neufassung des § 3 weitreichende und flexible Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden, damit sie mit Hilfe von Vereinbarungslösungen Arbeitnehmervertretungen schaffen können, die auf die besondere Struktur des jeweiligen Betriebs, Unternehmens oder Konzerns zugeschnitten sind. Von dem Erfordernis einer staatlichen Zustimmung zu abweichenden Regelungen wurde bewusst abgesehen. Angesichts der Vielgestaltigkeit der zu regelnden Sachverhalte könnten die Vertragsparteien vor Ort die Sachgerechtigkeit von unternehmensspezifischen Arbeitnehmervertretungsstrukturen besser beurteilen als staatliche Stellen (BT-Drucksache 14/5741 S. 33f.).
122Auch dies spricht dagegen im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung zu hohe Anforderungen an die "sachgerechte Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer" zu stellen.
123dd.
124Schließlich ist die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" vom 23. Februar 2018 auch formell ordnungsgemäß vereinbart worden. Der vom Gesamtbetriebsrat am 23. Februar 2018 gefasst Beschluss zum Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" und deren Abschluss sind ordnungsgemäß erfolgt.
125Die Gesamtbetriebsvereinbarung ist für den Gesamtbetriebsrat u.a. vom Vorsitzenden unterschrieben worden. Hierdurch wird ein Handeln für das vertretene Gremium zunächst indiziert.
126(1)
127Auch der auf die Zustimmung zum Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung gerichtete Beschluss des Gesamtbetriebsrats vom 23. Februar 2018 ist ordnungsgemäß gefasst worden. Zu der außerordentlichen Sitzung am 23. Februar 2018 wurde mit E-Mail vom 19. Februar 2018 unter Beifügung der Tagesordnung eingeladen. Dies ist als "rechtzeitig" im Sinne des § 29 Abs. 2 S. 2 BetrVG anzusehen, da die Betriebsratsmitglieder ausreichend Zeit hatten, sich auf die Sitzung vorzubereiten (vgl. Richardi Betriebsverfassungsgesetz, 16. Auflage 2018, § 29 Rn.37).
128Entscheidend zu berücksichtigen ist, dass die Thematik "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" am 19. Februar 2018 nicht überraschend zum Gegenstand der Diskussion bzw. Beschlussfassung gemacht wurde. Vielmehr war diese Frage seit Dezember 2017 Gegenstand der Diskussion und Meinungsbildung sowohl im Gesamtbetriebsrat, wie auch in den regionalen Betriebsräten. Eine zeitintensive Abstimmung innerhalb der regionalen Betriebsräte war am 19. Februar 2018 weder zu erwarten, noch notwendig, da diese bereits zuvor stattgefunden hatte. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Betriebsräte Ost und Mitte zu diesem Zeitpunkt bereits Wahlvorstände für eine regionale Betriebsratswahl bestellt hatten. Dies geschah nicht in Unkenntnis einer etwaigen Änderung des Zuschnitts der betrieblichen Strukturen, sondern gerade in Kenntnis etwaig bevorstehender Änderungen. Auch innerhalb des Gesamtbetriebsrates war Thematik "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" bereits vor dem 19. Februar 2018 Gegenstand von Beratungen und Beschlussfassungen.
129(2)
130Ebenfalls unbeachtlich ist der Umstand, dass mit der Einladung und Versendung der Tagesordnung für den 23. Februar 2018 kein ausdrücklicher Hinweis erfolgte, dass die "alte" Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" aufgehoben werden soll. In der "Tagesordnung zur außerordentlichen Gesamtbetriebsratssitzung der U.", welche der Einladung vom 19. Februar 2018 beigefügt war, wird unter TOP 3 ausdrücklich angekündigt, dass der Gesamtbetriebsrat beschließen soll, der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" zuzustimmen. Hieraus ergibt sich unmittelbar, dass die bis zu dahin geltende, gewillkürte Betriebsstruktur aufgehoben bzw. geändert werden wird. Insoweit ist die Aufhebung der bisherigen Regelung immanent durch die Zustimmung zur Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" bedingt.
131Dies gilt unabhängig davon, ob auch der Wortlaut der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat", aus dem sich die Ablösung der alten Gesamtbetriebsvereinbarung ausdrücklich ergibt, der Tagesordnung ebenfalls bereits beigefügt war.
132c.
133Aus dem Erfordernis einer unternehmenseinheitlichen Betriebsratswahl folgt jedoch nicht, dass auch der vom Gesamtbetriebsrat bestellte Wahlvorstand GBR berechtigt ist, die Wahl durchzuführen.
134Vielmehr ist die Bestellung des Wahlvorstands GBR durch den Gesamtbetriebsrat nach Auffassung der Kammer vorliegend nichtig erfolgt.
135Dem Gesamtbetriebsrat stand und steht vorliegend unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Befugnis zu, einen Wahlvorstand für die turnusgemäße Betriebsratswahl zu bestellen. Zwar kommt dem Gesamtbetriebsrat die originären Kompetenz zum Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 a), Abs. 2 BetrVG zu (siehe hierzu oben unter Ziffer II. A. 2. b. bb.), hieraus folgt jedoch offensichtlich kein Recht zur Bestellung des Wahlvorstandes.
136aa.
137Das Gesetz sieht für die Bestellung des Wahlvorstandes detaillierte Regelungen vor. Während § 16 BetrVG ein mehrstufiges Verfahren für die Bestellung eines Wahlvorstands in einem Betrieb regelt, in dem es bereits (mindestens) einen Betriebsrat gibt, regelt § 17 BetrVG die Bestellung eines Wahlvorstandes in Betrieben ohne Betriebsrat.
138Vorliegend wurde durch die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" vom 23. Februar 2018 aus fünf Betrieben mit jeweils einem Betriebsrat ein unternehmenseinheitlicher Betrieb geschaffen. Die Bestellung des Wahlvorstandes obliegt in einem solchen Fall gemäß § 16 BetrVG dem Betriebsrat und nicht dem Gesamtbetriebsrat. Es entsteht durch die gewillkürte Schaffung eines unternehmenseinheitlichen Betriebs kein betriebsratsloser Betrieb, sondern ein Betrieb mit mehreren Betriebsräten.
139(1)
140Besteht bei der Zusammenlegung von mehreren Betrieben oder Betriebsteilen in einem Betrieb ein Betriebsteil ein Betriebsrat, so hat dieser nach § 16 einen Wahlvorstand zu bestellen. Die Bestellung des Wahlvorstandes durch den Gesamtbetriebsrat ist unzulässig (LAG Niedersachsen 13.05.1998, Az.: 13 TaBV 40/98, Juris; Richardi Betriebsverfassungsgesetz 16. Auflage 2018, § 17 Rn.7).
141Bestehen in einem "zusammengelegten Betrieb" - wie vorliegend - mehrere Betriebsräte, so ist zwar umstritten, ob die Bestellung des Wahlvorstandes auf einer gemeinsamen Sitzung aller Betriebsräte (Richardi Betriebsverfassungsgesetz 16. Auflage 2018, § 17 Rn.7) oder durch den nach der Zahl der vertretenen, wahlberechtigten Mitarbeiter größten Betriebsrat erfolgt (Fitting Betriebsverfassungsgesetz 29. Auflage 2018, § 17 Rn.5). Jedenfalls hat die Bestellung aber gemäß § 16 BetrVG originär durch den Betriebsrat und nicht durch den Gesamtbetriebsrat gemäß § 17 BetrVG zu erfolgen (LAG Schleswig Holstein 07.04.2011, 4 TaBVGa 1/11, Juris).
142(2)
143Gemäß § 16 Abs. 3 BetrVG kann ein Wahlvorstand auch in einem Betrieb mit Betriebsrat durch den Gesamtbetriebsrat bestellt werden. Es handelt sich allerdings um eine Ausnahmevorschrift, die in keinem Zusammenhang mit den originären Aufgaben des Gesamtbetriebsrats steht. Der Gesamtbetriebsrat tritt lediglich als Lückenfüller auf, wenn der originär zuständige Betriebsrat untätig bleibt (Richardi Betriebsverfassungsgesetz 16. Auflage 2018, § 16 Rn.49). Aus diesem Grund kann der Gesamtbetriebsrat auch erst 8 Wochen vor Ablauf der Amtszeit des amtierenden Betriebsrats einen Wahlvorstand bestellen, wenn dies bis dahin durch den Betriebsrat noch nicht erfolgt ist.
144(3)
145Ein Bestellungsrecht des Gesamtbetriebsrats gemäß § 16 Abs. 3 BetrVG scheitert vorliegend bereits daran, dass am 23. Februar 2018 schon zwei Wahlvorstände durch den BR Ost und den BR Mitte bestellt waren. Eine Auffangzuständigkeit des Gesamtbetriebsrats schied daher offenkundig aus. Eine Untätigkeit der Betriebsräte, welche zu einer Auffangzuständigkeit der Gesamtbetriebsrat hätte führen können, lag nicht vor.
146Selbst wenn die Bestellung dieser Wahlvorstände Ost und Mitte ihrerseits rechtsmissbräuchlich und nichtig gewesen sein sollte - was die Kammer wegen der zeitlichen Abfolge und der vollständigen Weigerung die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" zu berücksichtigen für möglich erachtet, im Ergebnis jedoch nicht zu bewerten hat - so hätte der Gesamtbetriebsrat mit der Bestellung des Wahlvorstandes GBR jedenfalls den übrigen regionalen Betriebsräten die Möglichkeit der Bestellung eines Wahlvorstandes ohne ersichtlichen Grund genommen.
147(4)
148Wenn und soweit die Arbeitgeberin die Auffassung vertritt, dass im Rahmen der Wahl eines gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 a., Abs. 2 BetrVG gewillkürten Betriebsrats die Regelung des § 16 Abs. 1 BetrVG so zu verstehen ist, dass "Betriebsrat" als "Gesamtbetriebsrat" zu verstehen ist, so folgt die Kammer dieser Auffassung nicht.
149Zunächst besteht schon keinerlei Notwendigkeit die Formulierung "Betriebsrat" gemäß § 16 Abs. 1 BetrVG als "Gesamtbetriebsrat" zu verstehen. Durch die gewillkürte Zusammenlegung der ursprünglichen fünf Betriebe entsteht kein betriebsratsloser Betrieb (siehe oben). Es gibt also den von § 16 Abs. 1 BetrVG genannten Betriebsrat. Eine Regelungslücke, die eine Erweiterung bzw. Auslegung im Sinne der Auffassung der Arbeitgeberin verlangen würde, besteht nicht.
150Zudem steht der eindeutige Wortlaut der Regelung des § 16 Abs. 1 BetrVG dem Verständnis der Arbeitgeberin entgegen. Der Gesetzgeber verwendet nicht nur im Betriebsverfassungsgesetz, sondern auch in der Regelung des § 16 BetrVG selbst die Begriffe "Betriebsrat" und "Gesamtbetriebsrat" nicht als Synonym, sondern beschreibt bewusst verschiedene Organe der Mitarbeitervertretung. Es ist dem Betriebsverfassungsgesetz und auch speziell der Regelung des § 16 BetrVG immanent, dass dem "Betriebsrat" und dem "Gesamtbetriebsrat" verschiedene Aufgaben und Kompetenzen zukommen.
151Im Rahmen des § 16 BetrVG kommt dem Gesamtbetriebsrat gemäß § 16 Abs. 3 BetrVG gerade nur eine Auffang- und keine originäre Zuständigkeit zu.
152bb.
153Gemäß § 18 BetrVG ist ein bestellter Wahlvorstand berechtigt und verpflichtet die betriebsverfassungsrechtlichen Parameter (den Betriebsbegriff) für die Betriebsratswahl zu überprüfen. Er unterliegt insoweit keinen Beschränkungen oder Bestimmungen durch Arbeitgeber, Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Betriebsversammlung (LAG Niedersachsen, 20.02.2004, Az.; 16 TaBV 86/03, Juris; LAG Niedersachsen, 13.05.1998, Az.: 13 TaBV 40/98. Juris). Insofern ist schon die Bestellung eines Wahlvorstandes "zur Durchführung einer regionalen oder unternehmenseinheitlichen Wahl" fehlerhaft, da die Frage des Betriebsbegriffs gerade nicht durch das bestellende Organ, sondern durch den Wahlvorstand selbst (u.U. durch ein Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG) zu beantworten ist.
154(1)
155Sowohl der Wahlvorstand Ost, wie auch die Wahlvorstände Mitte und West haben bzw. hatten im Rahmen der von Ihnen durchzuführenden Wahlen die Frage des Betriebsbegriffs eigenständig zu überprüfen. Nach Auffassung der Kammer ist bzw. war auf Grundlage der obigen Ausführungen von ihnen die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats durchzuführen.
156Dies zeigt, dass es der Bestellung eines weiteren, "eigenen" Wahlvorstands durch den Gesamtbetriebsrat am 23. Februar 2018 eindeutig nicht bedurfte, um die aus seiner Sicht "richtige" unternehmenseinheitliche Wahl durchzuführen.
157(2)
158Vielmehr eröffnet das Gesetz den Betriebsparteien Einflussmöglichkeiten, um eine ordnungsgemäße Betriebsratswahl durch den bestellten Wahlvorstand zu gewährleisten. Sämtlichen betroffenen Betriebsparteien steht gem. § 18 Abs. 2 BetrVG zunächst die Möglichkeit zu die Frage der "betriebsratsfähigen Organisationseinheit" gerichtlich bestimmen zu lassen. Eine entgegen einer solchen gerichtlichen Feststellung durchgeführte Wahl wäre nichtig und daher auf Antrag auch im laufenden Verfahren abzubrechen (BAG, 19.11.2003, Az.: 7 ABR 25/03, Juris).
159Zudem eröffnet das Gesetz generell die Möglichkeit eine laufende Betriebsratswahl gerichtlich abbrechen zu lassen, wenn gegen allgemeine Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl in so erheblichem Umfang verstoßen wird, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr gewahrt ist. Auch diese Möglichkeit hätte dem Gesamtbetriebsrat hinsichtlich der vom Wahlvorstand Ost durchgeführten Wahl zugestanden, wenn er der Auffassung gewesen ist, dass der Wahlvorstand Ost aus unsachgemäßen Motiven heraus offensichtlich gegen allgemeine Wahlgrundsätze verstieß.
160Einem Arbeitgeber stehen zudem rein faktische Einflussmöglichkeiten im Rahmen einer Betriebsratswahl zu, da der Wahlvorstand auf die Mitwirkung des Arbeitgebers (bsp. bei der Erstellung von Wählerlisten) angewiesen ist.
161Vor diesem Hintergrund bedurfte es nicht nur keiner Bestellung eines "eigenen" Wahlvorstands zur Durchführung einer unternehmenseinheitlichen Betriebsratswahl, sondern die Bestellung erfolgte offensichtlich entgegen der gesetzlichen Vorgaben.
162cc.
163Wenn ein Wahlvorstand (zuerst) bestellt ist, so hat dieser die Betriebsratswahl zunächst durchzuführen. Er kann von später bestellten Wahlvorständen verlangen, dass diese die Durchführung "ihrer" Betriebsratswahlen unterlassen, wenn und soweit es zu Überschneidungen bezüglich der von den Betriebsräten repräsentierten Mitarbeitern käme (LAG Hamm, 04.04.2014, Az.: 13 TaBVGa 8/14, Juris; LAG Hamm, 16.05.2014, Az.: 7 TaBVGa 17/14, Juris; LAG Hamm 16.03.2015, Az.: 13 TaBVGa 3/15; LAG Hamm, 31.08.2016, Az.: 7 TaBVGa 3/16, Juris).
164Diese als "Prioritätsgrundsatz" bezeichnete Auffassung des Landesarbeitsgerichts Hamm gründet auf der Feststellung, dass keine Betriebsratswahl in Konkurrenz zu einem bereits gewählten Betriebsrat stattfinden kann, da Mitarbeiter nicht von verschiedenen Betriebsräten repräsentiert werden können / sollen (BAG 21.07.2004, 7 ABR 57/03, Juris; 22.04.1980, Az.: 6 AZR 165/78, Juris) und verlagert den Zeitpunkt des Abbruchs nach vorne.
165(1)
166Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts Hamm verdient Zustimmung. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum nach der durchgeführten Wahl eines Betriebsrates ein weiteres, parallel laufendes Wahlverfahren abgebrochen werden muss, vorher jedoch nicht. Es erscheint vielmehr sachgerecht nicht verschiedene Wahlvorstände nebeneinander und möglichst schnell wählen zu lassen, um zuerst einen Betriebsrat zu etablieren, sondern den zuerst bestimmten Wahlvorstand die Betriebsratswahl mit der nötigen Ruhe durchführen zu lassen. Gemäß § 18 BetrVG sind die Prüfungsobliegenheiten verschiedener Wahlvorstände identisch.
167(2)
168Dies gilt nach Auffassung der Kammer (jedenfalls grundsätzlich) auch im Fall der gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BetrVG gewillkürten Betriebsstruktur. Zutreffend weist die Arbeitgeberin zwar darauf hin, dass es den Betriebsparteien in den Grenzen des § 3 Abs. 4 S. 2 BetrVG freisteht, die Amtszeit bestehender Betriebsräte zu verkürzen und außerhalb der turnusgemäßen Wahlen gestaltend einzugreifen. Dies ist jedoch kein Argument gegen die Anerkennung des Verbots der Wahl konkurrierender Betriebsräte innerhalb einer (turnusmäßigen) Wahl und dem daraus folgenden Prioritätsprinzips im vorliegenden Fall. Soll auf Grundlage einer gewillkürten Betriebsstruktur ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gerade nicht innerhalb einer bestehenden Betriebsratsperiode, sondern im Zuge der nächsten regulären Betriebsratswahl gewählt werden, so handelt es sich im Ergebnis um eine Frage des Betriebsbegriffs im Zuge der nächsten turnusmäßigen Wahl. Die Betriebsparteien bringen dann gerade zum Ausdruck, dass der neu zu wählende unternehmenseinheitliche Betriebsrat "normal" gewählt und nicht bestehende Betriebsräte außerturnusmäßig ablösen soll.
169Soll also - wie vorliegend - die gewillkürte Betriebsstruktur im Rahmen der folgenden turnusgemäßen Betriebsratswahl eingeführt bzw. berücksichtigt werden, so handelt es sich im Ergebnis um eine von dem (jedem) Wahlvorstand zu prüfende Frage des Betriebsbegriffs. Würde man in diesem Fall vom Prioritätsgrundsatz abweichen, so könnten die (verschiedenen) Betriebsparteien solange Wahlvorstände bestellen, bis einer der Wahlvorstände die Betriebsratswahl auf der Grundlage der gewillkürten Betriebsstruktur durchführt. Diese Wahl würde sich dann gemäß § 3 Abs. 4 S. 2 BetrVG durchsetzen. Im Extremfall könnte beispielsweise der Gesamtbetriebsrat einen zweiten oder dritten Wahlvorstand bestellen, wenn die zunächst bestellten Wahlvorstände eine regionale Betriebsratswahl durchführen würden; beispielsweise, weil sie die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" für unwirksam erachten würden. Dies wäre jedoch weder sachgerecht, noch von § 3 Abs. 4 S. 2 BetrVG gedeckt, noch mit dem Grundsatz vereinbar, dass die Betriebsparteien einen bestellten Wahlvorstand nicht wieder abberufen können, sondern dies nur durch das Arbeitsgericht gemäß § 18 Abs. 1 S. 2 BetrVG möglich ist (ErfK/Koch 18. Auflage 2018, § 16 BetrVG Rn.10).
170Die Regelung des § 3 Abs. 4 S. 2 BetrVG soll es nach Auffassung der Kammer ermöglichen, auch außerhalb der turnusgemäßen Betriebsratswahlen gewillkürte Betriebsstrukturen einzuführen und diesen entsprechend dann eine außerturnusmäßige Betriebsratswahl durchzuführen. Sie trifft jedoch keine Regelung zum Betriebsratswahlverfahren selbst. Weder regelt die Norm, wer einen Wahlvorstand bestellen kann, noch wie auf die Betriebsratswahl Einfluss genommen werden kann.
171Ob die gewillkürten Betriebsstrukturen wirksam sind und wie sie im Rahmen der Betriebsratswahl zu berücksichtigen sind, ist anhand der "normalen" Regelungen zu bestimmen. Hierzu ist primär der Wahlvorstand berufen. Würde man dies anders beurteilen, so würde (ohne Notwendigkeit) in die gesetzliche Regelung, samt Eingriffsmöglichkeiten (z.B. Wahlabbruchverfahren bei groben Verstößen oder Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG) eingegriffen.
172(3)
173Die von Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat propagierte Nichtanwendung des Prioritätsgrundsatzes würde im vorliegenden Fall im Übrigen dazu führen, dass sowohl der Wahlvorstand GBR, wie auch der Wahlvorstand BR West parallel eine unternehmenseinheitliche Betriebsratswahl durchführen könnten/müssten. Es könnten so u.U. zwei verschiedene unternehmenseinheitliche Betriebsräte gewählt werden und bis zum Abschluss etwaiger Anfechtungsverfahren wäre für die Betriebsparteien und für die Mitarbeiter nicht einzuschätzen, welcher der beiden unternehmenseinheitlichen Betriebsräte tatsächlich zur Vertretung der ca. 1.700 bis 1.800 Mitarbeiter zuständig wäre.
174Nach Auffassung der Kammer zeigt dies, dass es auch in der vorliegenden Konstellation richtig ist das sog. Prioritätsprinzip (jedenfalls grundsätzlich) anzuwenden.
175Auch aus diesem Grund ist die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates - obwohl sie den zutreffenden Betriebsbegriff nach Auffassung der Kammer berücksichtigen würde - durch den Wahlvorstand GBR abzubrechen.
176dd.
177Dem Gesamtbetriebsrat steht schließlich auch unter dem Gesichtspunkt der Annexkompetenz kein Recht zur Bestellung eines Wahlvorstands zu. Zwar kommt dem Gesamtbetriebsrat die originären Kompetenz zum Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 a), Abs. 2 BetrVG zu, jedoch folgt daraus keine Berechtigung einen Wahlvorstand zu bestellen.
178Die Befugnisse, die das Gesetz ausdrücklich primär dem Betriebsrat zuweist, können nicht über die Annahme einer Annexkompetenz auf den Gesamtbetriebsrat übertragen werden. Hierdurch würde die gesetzliche Wertung und Zuständigkeitsverteilung unterlaufen, ohne dass hierfür auch nur ansatzweise eine Rechtfertigung ersichtlich wäre.
179Dem Gesamtbetriebsrat stand auch nicht deshalb ein Recht zur Bestellung eines Wahlvorstandes zu, weil ein solches unter § 1 Abs. 2 S. 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" zwischen Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat vereinbart worden ist. Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat steht kein Recht das gem. § 16 BetrVG originär "dem Betriebsrat" zustehende Recht zur Bestellung eines Wahlvorstandes dem Gesamtbetriebsrat zuzuweisen. Es bestand hierfür am 23. Februar 2018 zudem auch keinerlei Grund dem Gesamtbetriebsrat eine solche Kompetenz zuzusprechen, da es bereits zwei von regionalen Betriebsräten bestellte Wahlvorstände gab.
180ee.
181Der Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften zur Bestellung eines Wahlvorstandes ist nach Auffassung der Kammer als offenkundiger und grober Verstoß zu qualifizieren. Die Bestellung des Wahlvorstands GBR durch den Gesamtbetriebsrat verstößt in so erheblichem Umfang gegen allgemeine Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr gewahrt ist.
182(1)
183Zunächst bestand vorliegend offensichtlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Rechtsgrundlage für Bestellung eines Wahlvorstands durch den Gesamtbetriebsrat. Die Begründungsversuche der Arbeitgeberin und des Gesamtbetriebsrats über eine Umdeutung des Wortlauts von § 16 BetrVG bzw. über eine Annexkompetenz des Betriebsrats sind nach Auffassung der Kammer nicht überzeugend. Vielmehr zeigt gerade die nicht der gesetzlichen Konzeption entsprechende Einräumung einer Wahlvorstandsbestellungskompetenz für den Gesamtbetriebsrat in der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat", dass Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat ihre Rechtsgestaltung möglichst schnell und ohne sich an die gesetzlichen (Kontroll-)Möglichkeiten zu halten umsetzen wollten.
184Zum Zeitpunkt der Bestellung des Wahlvorstands GBR gab es bereits zwei Wahlvorstände (Ost und Mitte), wovon der Gesamtbetriebsrat Kenntnis hatte. Die Bestellung eines weiteren Wahlvorstandes diente offensichtlich allein dem Zweck, dass eine (weitere) Betriebsratswahl unternehmenseinheitlich erfolgt; und damit allein der Durchsetzung der eigenen Rechtsauffassung über die Wirkung des § 3 Abs. 4 BetrVG. Dies zeigt auch der Umstand, dass der Gesamtbetriebsrat "seinen" Wahlvorstand ausdrücklich für eine unternehmenseinheitliche Wahl bestellt hat. Gestützt wird dieses Ergebnis auch dadurch, dass sich Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat - ohne Notwendigkeit - unter § 1 Abs. 2 S. 2 GBV darauf verständigten, dass der Gesamtbetriebsrat einen Wahlvorstand bestellen soll. Einziger Zweck dieser Vereinbarung und der Bestellung des Wahlvorstands GBR war die möglichst zeitnahe Durchsetzung der eigenen Rechtsposition.
185(2)
186Das Gesetz gibt den Betriebsparteien aber Handlungsoptionen, um auf eine etwaig nicht sachgerecht durchgeführte Betriebsratswahl zu reagieren (Wahlabbruchverfahren oder Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 BetrVG). Die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat können also nicht damit gehört werden, dass die beiden existenten Wahlvorstände (Ost und Mitte) unter Außerachtlassung der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" regionale Betriebsratswahlen durchführten bzw. durchführen wollen und es deshalb eines Wahlvorstandes bedurfte, der "richtig" wählt. Es kann - auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 3 Abs. 4 BetrVG - nicht rechtmäßig sein, dass solange Wahlvorstände bestellt und Betriebsräte gewählt werden, bis eine Wahl unternehmenseinheitlich erfolgt ist. Dies gilt insbesondere, weil und soweit das Gesetz andere Möglichkeiten vorsieht. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Gesamtbetriebsrat einen eigenen Wahlvorstand bestellt. Wenn und soweit die die beiden existenten Wahlvorstände (Ost und Mitte) regionale Betriebsratswahlen durchführen, sind die übrigen Betriebsräte nicht gehindert eigene Wahlvorstände zu bestellten. Kommen diese zu dem Ergebnis unternehmenseinheitlich wählen lassen zu müssen, so tun sie dies.
187Durch die Bestellung eines Wahlvorstands zur Durchführung einer unternehmenseinheitlichen Wahl nahm der Gesamtbetriebsrat gesetzeswidrig jedenfalls den regionalen Betriebsräten der übrigen Regionen (West, Nord und Süd) die Möglichkeit einen Wahlvorstand zu bestellen.
188Der zeitliche Gleichlauf zwischen dem Beschluss des Gesamtbetriebsrats der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" zuzustimmen und der Bestellung des Wahlvorstands GBR jeweils am 23. Februar 2018 zeigt schließlich, dass es dem Gesamtbetriebsrat (spiegelbildlich zum Bemühen einer schnellen regionalen Betriebsratswahl durch den Wahlvorstand Ost) erkennbar auf die zeitnahe Durchführung einer unternehmenseinheitlichen Wahl rein zur Durchsetzung seiner Rechtsauffassung bzgl. der Veränderung der betriebsverfassungsrechtlichen Verhältnisse ankam. Damit ist das Handeln des Gesamtbetriebsrats (wie spiegelbildlich allerdings auch das Handeln des Betriebsrats Ost) erkennbar allein auf subjektive Interessen - Durchsetzung der eigenen Rechtsauffassung - und nicht auf die sachgerechte Lösung der Streitigkeit über den richtigen Betriebsbegriff gerichtet. Eine erkennbar im Widerspruch zu gesetzlichen Vorschriften durchgeführte Betriebsratswahl ist nach Auffassung der Kammer jedoch dann als nichtig zu qualifizieren, wenn der Gesetzesverstoß - wie vorliegend - auf der Durchsetzung subjektiver Interessen beruht.
189(3)
190Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Bestellung des Wahlvorstands GBR am 23. Februar auch gegen die Regelung des § 18 Abs. 1 S. 2 BetrVG verstieß. Der Gesamtbetriebsrat hat am 23. Februar 2018 (erneut) einen Wahlvorstand bestellt, obwohl auch bereits am 16. Februar 2018 ein Wahlvorstand durch den Gesamtbetriebsrat bestellt wurde (TOP 4 des Protokolls der Sitzung vom 16. Februar 2018, Bl. 69 d. A.). Ein einmal bestellter Wahlvorstand kann aber nur gem. § 18 Abs. 1 S. 2 BetrVG durch das Arbeitsgericht abberufen werden. Es ist den Betriebsparteien nicht gestattet einen - beispielsweise nicht den Interessen der Betriebsparteien entsprechend handelnden - Wahlvorstand einfach wieder abzusetzen und einen neuen Wahlvorstand zu bestellen.
191Auch hieran wird deutlich, dass dem Gesamtbetriebsrat nicht an einer sachgerechten Durchführung der turnusgemäßen Betriebsratswahl anhand der neu geschaffenen, gewillkürten Betriebsstruktur lag, sondern es ihm um die möglichst zeitnahe Umsetzung seiner Rechtsauffassung ging.
192d.
193Die nichtige Bestellung des Wahlvorstands GBR durch den Gesamtbetriebsrat würde im vorliegenden Fall auch die Nichtigkeit der von diesem durchgeführten Wahl verursachen, sodass die Wahl bereits im noch laufenden Verfahren abzubrechen ist.
194aa.
195Die Frage, ob ein nichtig bestellter Wahlvorstand eine wirksame (oder jedenfalls nicht nichtige) Betriebsratswahl durchführen kann, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.
196Ein Teil der Rechtsprechung nimmt die Nichtigkeit der Betriebsratswahl infolge einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstands an (LAG Köln, 10.03.2000, Az.: 13 TaBV 9/00, Juris). Ein anderer Teil der Rechtsprechung verlangt über die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands hinaus zusätzliche Umstände, um die Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl annehmen zu können (LAG Nürnberg, 29.07.1998, Az.: 4 TaBV 12/97, Juris). Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage bisher ausdrücklich offengelassen (BAG, 27.07.2011, Az.: 7 ABR 61/10, Juris).
197Die juristische Fachliteratur beantwortet die Frage ebenfalls nicht einheitlich.
198bb.
199Die entscheidende Kammer ist der Auffassung, dass - jedenfalls vorliegend - die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands GBR auch zur Nichtigkeit einer von diesem Wahlvorstand durchgeführten Betriebsratswahl führen würde.
200Zunächst stellt das Bundesarbeitsgericht - auch wenn es die vorliegende Streitfrage nicht entschieden hat - in seiner Entscheidung vom 27. Juli 2011 (7 ABR 61/10) ausdrücklich fest, dass der Arbeitgeber verlangen könne, dass die weitere Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das sich als Wahlvorstand geriert, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist. Handlungen eines inexistenten Wahlvorstands müsse der Arbeitgeber in seinem Betrieb nicht hinnehmen (Juris, Rn.36).
201Die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands GBR folgt vorliegend zudem gerade daraus, dass der Gesamtbetriebsrat aus unsachgemäßen Erwägungen heraus den Wahlvorstand bestellt hat, um möglichst schnell eine unternehmenseinheitliche Wahl durchführen zu lassen. Es wurden nicht versehentlich zahlreiche Rechtnormen nicht beachtet oder falsch angewandt, sondern diese wurden offensichtlich bewusst umgangen bzw. außer Acht gelassen.
202Würde man diese Wahl (nach einer potentiellen Durchführung) als nicht nichtig, sondern lediglich gegebenenfalls anfechtbar erachten, so würde das mit der Überwindung gesetzlicher Vorgaben beabsichtigte Ziel gerade erreicht werden.
203cc.
204Vorliegend ist schließlich zu berücksichtigen, dass in dem von den Betriebsparteien durchgeführten Wettstreit um die möglichst schnelle Wahl eines Betriebsrats nach ihren Vorstellungen - jedenfalls zur Vermeidung konkurrierender Betriebsräte hinsichtlich gleicher Mitarbeitergruppen - grundsätzlich nur ein Wahlvorstand einen Betriebsrat wählen kann. Diese Wahl ist dann zu überprüfen und u.U. nach wirksamer Anfechtung (oder einem Wahlabbruch) erneut durchzuführen. Eine Betriebsratswahl in Konkurrenz zu einem bereits gewählten Betriebsrat kann nicht stattfinden (BAG 21.07.2004, 7 ABR 57/03, Juris; 22.04.1980, Az.: 6 AZR 165/78, Juris).
205Dies wird besonders deutlich, wenn man annimmt, dass verschiedene Wahlvorstände im gleichen Betriebszuschnitt eine Betriebsratswahl durchführen möchten; beispielsweise wenn der nun bestellte Wahlvorstand BR West - unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer - ebenfalls einen unternehmenseinheitlichen Betriebsrat wählen lassen will. In einem solchen Fall ist es nicht hinzunehmen, dass verschiedene Wahlvorstände zeitgleich gleiche Betriebsratswahlen durchführen, da völlig unklar ist, wer zuständig ist die Arbeitnehmerinteressen zu vertreten.
206B.
207Der auf den Abbruch der vom Wahlvorstand West durchgeführten Betriebsratswahl gerichtete Antrag des BR Mitte und des Wahlvorstands Mitte ist zulässig, jedoch unbegründet.
2081.
209Hinsichtlich der Zulässigkeit eines auf den Abbruch einer Betriebsratswahl gerichteten Antrags wird auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. A. 1. (S. 11ff.) verwiesen.
2102.
211Der Antrag ist jedoch unbegründet.
212Hinsichtlich der (hohen) Anforderungen an den Abbruch einer Betriebsratswahl wird auf die obigen Ausführungen verwiesen (S. 14).
213a.
214Der Antrag ist gegenwärtig schon deshalb unbegründet, da nicht feststeht, ob der Wahlvorstand West die Betriebsratswahl regional oder unternehmenseinheitlich durchführen wird. Würde die Wahl lediglich regional durchgeführt, so bestünde keinerlei Konflikt mit Betriebsräten oder dem Wahlvorstand Mitte.
215b.
216Auch wenn der Wahlvorstand West aber eine unternehmenseinheitliche Betriebsratswahl durchführen würde, so ist der Antrag unbegründet. Die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates würde der Rechtsauffassung der Kammer zum Betriebsbegriff folgen. Selbst eine Verkennung des Betriebsbegriffs würde (allein) nicht zur Nichtigkeit der Wahl und damit zu ihrem Abbruch führen.
217Für die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstandes West sind Anhaltspunkte weder vorgetragen, noch ersichtlich. Insbesondere das Bestehen des Wahlvorstands GBR im Zeitpunkt der Bestellung des Wahlvorstands West stand seiner Bestellung und einer durch ihn eingeleiteten unternehmenseinheitlichen Betriebsratswahl nicht entgegen, da die Bestellung des Wahlvorstands GBR nichtig war (s.o).
218Die Wahl ist - auch wenn sie unternehmenseinheitlich durchgeführt würde - nicht wegen des Bestehens von regionalen Betriebsräten, insbesondere des neu gewählten BR Ost abzubrechen. Es handelt sich bei der Frage, ob eine unternehmenseinheitliche Wahl durchgeführt wird, im Ergebnis um die Bestimmung des Betriebsbegriffes. Eine Verkennung des Betriebsbegriffs stellt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aber keinen Fall der Nichtigkeit, sondern allenfalls der Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl dar. Welche Wahl bzw. welches Wahlergebnis dann im Ergebnis Bestand haben wird, ist im Rahmen etwaiger Wahlanfechtungsverfahren zu bestimmen.
219Würde man dies anders beurteilen und dem Wahlvorstand BR West die Durchführung einer unternehmenseinheitlichen Betriebsratswahl untersagen, so würde hierdurch ein betriebsratsloser Zustand für die Mitarbeiter der Region West drohen. Auf der einen Seite dürfte eine unternehmenseinheitliche Betriebsratswahl nicht durchgeführt werden. Auf der anderen könnte eine regionale Betriebsratswahl wegen Verkennung des Betriebsbegriffs nicht (wirksam) erfolgen und ist demnach u.U. vom Wahlvorstand West auch nicht beabsichtigt. Dieser Zustand ist zwingend zu vermeiden. Dies gilt umso stärker, als dass es den Mitarbeitern der Region West nicht zum Nachteil gereichen darf, dass in der Region Ost entgegen der Regelung der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" ein regionaler Betriebsrat gewählt worden ist.
220C.
221Der Feststellungsantrag, dass die "alte" Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" bis zu ihrer Kündigung oder Aufhebung gilt und dass bis zu diesem Zeitpunkt die Wahl von Betriebsräten in anderen Strukturen unzulässig ist, ist unzulässig. Er ist auf die Feststellung einer (unstreitigen) Selbstverständlichkeit gerichtet.
222Es ist kein Rechtsschutzinteresse für eine Feststellung erkennbar, dass eine Gesamtbetriebsvereinbarung solange gilt, bis sie nicht mehr gilt. Dies ist auch ohne Feststellung offensichtlich.
223Es ist unstreitig, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" ordentlich erstmals zum 31. Dezember 2018 kündbar gewesen ist. Ebenso ist unstreitig, dass eine Gesamtbetriebsvereinbarung einvernehmlich aufgehoben werden kann. Die Beteiligten streiten lediglich darüber, ob die Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" wirksam außer Kraft gesetzt wurde oder nicht.
224Der Feststellungsantrag kann jedoch keinen Beitrag zur Beilegung dieser Streitfrage leisten.
225D.
226Der Feststellungsantrag, dass die "alte" Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" bis zum 31. Dezember 2018 in Kraft ist, ist als Globalantrag unbegründet.
227Die ursprünglich bis zum 31. Dezember 2018 gültige Gesamtbetriebsvereinbarung "Struktur regionale Betriebsräte" ist durch den Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" bereits einvernehmlich aufgehoben worden (s.o.). Selbst wenn man dies - entgegen der Auffassung der Kammer - anders beurteilen würde, so könnte sie vor dem 31. Dezember 2018 durch eine wirksame außerordentliche Kündigung oder durch einvernehmliche Vereinbarung aufgehoben werden.
228E.
229Der Antrag gerichtet auf die Feststellung, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" vom 23. Februar 2018 unwirksam ist, ist zulässig aber unbegründet.
2301.
231Der Antrag ist zulässig, da er auf die Frage des Bestehens eines Rechtsverhältnisses gem. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet ist.
232Nach dem auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO ist ein Feststellungsantrag nur zulässig, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses alsbald durch gerichtliche Entscheidung festgestellt wird.
233Ein Rechtsverhältnis ist jede durch die Herrschaft seiner Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Ein Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO muss sich dabei nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis als Ganzes erstrecken. Er kann sich auf daraus folgende einzelne Beziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen und auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses können jedoch ebenso wie abstrakte Rechtsfragen nicht Gegenstand eines Feststellungsantrags sein. Das liefe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus. Dies ist den Gerichten verwehrt (BAG 20.05.2008, Az.: 1 ABR 19/07, Juris; Hessisches LAG 22.10.2012, Az.: 16 TaBV 205/11, Juris).
234Die Frage der Wirksamkeit der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" vom 23. Februar 2018 entscheidet über das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechtsverhältnissen zwischen der Arbeitgeberin, dem Gesamtbetriebsrat und den regionalen Betriebsräten. Auch die Rechtsbeziehungen der Wahlvorstände zur Arbeitgeberin und den örtlichen Betriebsräten werden durch den Antrag festgestellt.
2352.
236Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" vom 23. Februar 2018 ist formell ordnungsgemäß vereinbart worden und materiell-rechtlich wirksam. Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. A. 2. b. (Seite 15-22) verwiesen.
237Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" nicht insgesamt unwirksam ist, weil sie u.U. (auch) unwirksame Regelungen enthält. Wenn und soweit der BR Ost in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2018 darauf hingewiesen hat, dass die in den §§ 1, 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" vorgesehene Unterscheidung zwischen dem kündigungsschutzrechtlichen und dem betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff unwirksam sei, so ist dies vorliegend durch die Kammer nicht zu entscheiden. Die Unwirksamkeit einzelner Regelungsbestandteile der Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" würde nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Gesamtbetriebsvereinbarung führen.
238Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bleibt bei Teilnichtigkeit einer Betriebsvereinbarung der übrige Teil grundsätzlich wirksam, sofern er noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält (BAG 09.11.2010, Az.: 1 ABR 75/09, Juris; BAG 26.08.2008, Az.: 1 ABR 16/07, Juris). Dies ist vorliegend der Fall.
239Der vorliegende Antrag der Betriebsräte Ost und Mitte und des Wahlvorstandes Mitte ist auf die Feststellung der Unwirksamkeit der gesamten Gesamtbetriebsvereinbarung "Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat" gerichtet. Insbesondere ist das Interesse auf die Feststellung gerichtet, dass ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat nicht gebildet werden kann. Jedenfalls kann der Antrag nicht als Elementenfeststellungsantrag verstanden werden, mit welchem die Feststellung begehrt wird, dass die vorgesehene Unterscheidung zwischen dem kündigungsschutzrechtlichen und dem betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff unwirksam ist.
240F.
241Der auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat gerichtete Antrag ist unzulässig.
2421.
243Der Antrag ist zunächst durch die Kammer auszulegen. Die im Antrag in Bezug genommene Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" liegt lediglich in nicht unterschriebener Version vor (Bl. 353f. d. A.) und stellt nach dem Rubrum der Vereinbarung eine Regelung zwischen der Arbeitgeberin und dem nicht existenten unternehmenseinheitlichen Betriebsrat dar.
244Gleichzeitig soll es sich dem Antrag nach aber um eine Regelungsabrede zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat handeln.
245Der Antrag wäre unzulässig, wenn er sich auf die Feststellung der Unwirksamkeit einer Vereinbarung zu einer nichtexistenten Betriebspartei (unternehmenseinheitlicher Betriebsrat) bezieht.
246Die Kammer versteht den Antrag aber dahingehend, dass es sich um eine Regelungsabrede zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat handelt. Der BR Mitte hat in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2018 behauptet, dass der vorliegende Entwurf (vermutlich vom Gesamtbetriebsrat) unterzeichnet im Intranet der Arbeitgeberin veröffentlicht sei. Vor diesem Hintergrund ist der Antrag so auszulegen, dass die im Entwurf vorliegende Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat vereinbart wurde und für unzulässig erklärt werden soll.
2472.
248Ob die Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" tatsächlich von der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat unterzeichnet wurde, konnte nicht abschließend aufgeklärt werden. Dies ist jedoch auch nicht streitentscheidend. Selbst wenn die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat die im Entwurf vorliegende Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" vereinbart haben, so ist der vorliegende Feststellungsantrag unzulässig.
249a.
250Der Antrag richtet sich nicht auf ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Hinsichtlich der Anforderungen an einen zulässigen Feststellungsantrag wird auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. E. 1 (S. 35) verwiesen. Anders als eine (Gesamt)Betriebsvereinbarung trifft eine Regelungsabrede lediglich und ausschließlich Regelungen im Innenverhältnis der beteiligten Parteien. Sie setzt keine Rechte für Außenstehende, sondern regelt allein den Umgang der beteiligten Parteien in bestimmten Situationen (Richardi Betriebsverfassungsgesetz 16. Auflage 2018, § 77 Rn.244). Daher ist ihre Wirksamkeit nicht für das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechtsverhältnissen Außenstehender verantwortlich. Es fehlt somit jedenfalls an einem Feststellungsinteresse der regionalen Betriebsräte und der Wahlvorstände hinsichtlich der Wirksamkeit der Regelungsabrede "Vertrauenspersonen".
251b.
252Zudem kann die Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat (auch im Innenverhältnis dieser beiden Betriebsparteien) zu keinem Zeitpunkt eine Wirkung entfalten. Auf der einen Seite gilt die Regelungsabrede rein im Innenverhältnis dieser beiden Betriebsparteien. Auf der anderen Seite sieht sie eine Regelung für den Fall der Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrates vor. In diesem Fall endet jedoch das Mandat des Gesamtbetriebsrates als Betriebspartei, da die Voraussetzung für die Errichtung eines Gesamtbetriebsrats gem. § 47 Abs. 1 BetrVG nicht mehr erfüllt ist (Richardi Betriebsverfassungsgesetz 16. Auflage 2018, § 47 Rn.27). Die Regelungsabrede "Vertrauenspersonen" kann im Ergebnis faktisch also auch im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat keine rechtliche Bindung entfalten.
253RECHTSMITTELBELEHRUNG
254Gegen diesen Beschluss kann von allen Beteiligten Beschwerde eingelegt werden.
255Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
256Landesarbeitsgericht Düsseldorf
257Ludwig-Erhard-Allee 21
25840227 Düsseldorf
259Fax: 0211 7770-2199
260eingegangen sein.
261Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.justiz.de
262Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
263Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
2641.Rechtsanwälte,
2652.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
2663.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
267Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
268* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
269C.