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Betriebliche Altersversrogung: Einzelfall zur Auslegung eines Versorgungstarifvertrags (hier: Anlage 7a zum DAK-TV) - Anrechnung einer gesetzlichen Rente wegen voller Erwerbsminderung auf das Gesamtruhegeld.
1.Die Beklagte wird verurteilt, 5.294,77 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.05.2013 an den Kläger zu zahlen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
3.Der Streitwert wird auf 5.294,77 Euro festgesetzt.
TATBESTAND:
2Die Parteien streiten über die Höhe des dem Kläger zustehenden Ruhegeldes und in diesem Zusammenhang darüber, in welcher Höhe die vom Kläger bezogene Rente wegen voller Erwerbsminderung auf das durch die Beklagte zu zahlende Ruhegeld anzurechnen ist.
3Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenversicherung. Sie hat mit der Gewerkschaft ver.di Haustarifverträge geschlossen. In der "Anlage 7a zum DAK-TV - Alters- und Hinterbliebenenversorgung" (im Folgenden: DAK-TV) heißt es auszugsweise wie folgt:
4"Abschnitt C
5Voraussetzungen für den Anspruch auf Gesamtversorgung
6Nr. 5
7Kreis der Anspruchsberechtigten
81.Der Angestellte, dessen Zusatzversicherung bis zu den in Abschnitt A Nr. 1 genannten Terminen als Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder als freiwillige Weiterversicherung bei der VBL durchgeführt wurde, hat Anspruch auf eine Gesamtversorgung gegen die Kasse, wenn er die Wartezeit nach Nr. 6 erfüllt hat, Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zugebilligt wird, der Versorgungsfall nach Nr. 7 eingetreten ist und das Beschäftigungsverhältnis bis zu dessen Eintritt bestanden hat.
92.( )
10( )
11Nr. 7
12Versorgungsfall
131.Der Versorgungsfall tritt ein, wenn der Angestellte
14a)Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung erhält,
15b)Vollrente wegen Alters im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung erhält,
16c)Das 65. Lebensjahr vollendet.
17Bei Zubilligung einer Vollrente tritt der Versorgungsfall jedoch frühestens am Tage nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ein.
182.( )
19( )
20Abschnitt D
21Gesamtruhegehalt
22Nr. 8
23Zuschuss an Angestellte
241.Die Kasse gewährleistet dem Angestellten als Gesamtruhegehalt je nach Dauer der Beschäftigungszeit einen nach Nr. 9 ermittelten Vomhundertsatz des nach Nr. 10 festgesetzten ruhegeldfähigen Gehalts. Auf das Gesamtruhegehalt werden die in Nr. 11 angeführten Bezüge angerechnet, der verbleibende Differenzbetrag wird als Zuschuss von der Kasse gezahlt.
252.Ist der Versorgungsfall wegen teilweiser Erwerbsminderung eingetreten, werden die in Nr. 11 angeführten Bezüge, soweit sie wegen der teilweisen Erwerbsminderung nur zur Hälfte gezahlt werden, bei der Anrechnung verdoppelt. Der Zuschuss wird in diesem Falle hälftig gezahlt.
26( )
27Nr. 9
28Höhe des Gesamtruhegeldes
291.Das Gesamtruhegeld beträgt nach erfüllter Wartezeit (Nr. 6 Ziffer 4) 35 v.H. des ruhegeldfähigen Gehalts (Nr. 10). ( )
30( )
31Nr. 11
32Anzurechnende Bezüge
331.Auf das Gesamtruhegeld werden angerechnet:
34a)Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die vergleichbaren Rentenleistungen von (nichtdeutschen) Versicherungsträgern in voller Höhe, und zwar auch dann, wenn die Rente im Zusammenhang mit der Gewährung anderer Leistungen lediglich in verminderter Höhe zur Auszahlung gelangt oder ruht.
35Die aufgrund ihrer vorzeitigen Inanspruchnahme gekürzte Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, und zwar unvermindert in der Höhe, wie sie ohne Kürzung wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme gezahlt worden wäre.
36Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, jedoch mit der Kürzung wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme, wenn der Versorgungsfall im Anschluss an eine Altersteilzeit nach der Anlage 11 eintritt.
37Die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit unter Berücksichtigung der Regelungen nach Nr. 8 Ziffer 2.
38b)Sonstige Bezüge nach dem SGB mit Lohnersatzfunktion - mit Ausnahme von Unfallrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
39c)Die Rente von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, und zwar auch dann in den jeweils unverminderten monatlichen Beträgen, wenn die Betriebsrente der VBL aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme gekürzt wurde, in einer einmaligen Zahlung abgefunden wurde oder die Rente ruht.
40d)Die nach den Beamtengesetzen oder aus sonstigen öffentlichen Kassen gezahlten Versorgungsbezüge.
41( )"
42Wegen der Einzelheiten des Tarifvertrags wird auf die Anlage K 04 (Bl. 13 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
43Der am 01.04.1952 geborene Kläger war vom 01.04.1966 bis zum 31.03.2011 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di.
44Mit Bescheid vom 05.04.2011 gewährte die Deutsche Rentenversicherung Bund dem Kläger für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.04.2012 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Diese ist gegenüber dem vollen Betrag der Rente um 10,80 % gekürzt (vgl. Anlage B 1, Bl. 51 der Gerichtsakte). Darüber hinaus bezieht der Kläger eine Rente von der Vermögensanstalt des Bundes und der Länder (im Folgenden: VBL). Diese ist wegen vorzeitiger Inanspruchnahme ebenfalls um 10,80 % gekürzt (vgl. Anlage B 2, Bl. 52 der Gerichtsakte).
45Ebenfalls seit dem 01.04.2011 bezieht der Kläger von der Beklagten einen Zuschuss zum Ruhegeld (vgl. Schreiben der Beklagten vom 31.05.2011, Anlage K 01, Bl. 8 f. der Gerichtsakte). Die Beklagte errechnete zunächst einen Zuschuss für April 2011 in Höhe von 1.023,17 Euro sowie ab dem 01.05.2011 in Höhe von 1.163,31 Euro.
46Mit Schreiben vom 22.09.2011 (Anlage K 02, Bl. 10 der Gerichtsakte) teilte die Beklagte dem Kläger die Neuberechnung des Ruhegeldzuschusses mit. Für April 2011 berechnete die Beklagte einen Zuschuss in Höhe von 1.118,05 Euro, ab dem 01.05.2011 in Höhe von 1.258,19 Euro sowie ab dem 01.07.2011 in Höhe von 1.238,01 Euro.
47Mit Schreiben vom 06.06.2011 (Anlage K 03, Bl. 11 f. der Gerichtsakte) machte der Kläger geltend, dass die Beklagte den Ruhegeldzuschuss falsch berechnet habe.
48Mit vorliegender Klage verlangt der Kläger nunmehr den Differenzbetrag zwischen der gekürzten und der ungekürzten Erwerbsminderungsrente geltend. Wegen der Berechnung der Klageforderung wird auf die Klageschrift sowie die Anlage K 05 (Bl. 30 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
49Der Kläger ist der Auffassung, entgegen der Auffassung der Beklagten dürfe auf das Gesamtruhegeld nur die gekürzte und nicht die volle Erwerbsminderungsrente angerechnet werden. Dies ergebe sich aus Nr. 11 DAK-TV. Bei einer Erwerbsminderungsrente handele es sich eine Rente, die an das Ereignis einer Erkrankung gebunden sei. Diese Erkrankung führe zu einer dauerhaften oder wie in seinem - des Klägers - Fall zu einer befristet festgestellten Leistungseinbuße, weshalb nicht von einer vorzeitigen Inanspruchnahme geredet werden könne.
50Soweit der DAK-TV unter Nr. 8 lediglich auf die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung Bezug nehme, könne hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass im Falle einer Rente wegen voller Erwerbsminderung der ungekürzte Rentenbetrag anzurechnen ist.
51Im Kammertermin vom 18.09.2013 hat der Kläger die Klage in Höhe von 287,27 Euro zurückgenommen.
52Der Kläger beantragt,
53die Beklagte zu verurteilen, 5.294,77 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen.
54Die Beklagte beantragt,
55die Klage abzuweisen.
56Sie ist der Auffassung, maßgebend für die Auslegung der Regelungen des DAK-TV seien die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Die Tarifvertragsparteien hätten zulässigerweise auf die gesetzlichen Regelungen verwiesen und sich damit diesen Regelungen unterworfen. Bei der vom Kläger bezogenen Rente wegen voller Erwerbsminderung handele es sich um eine vorzeitig in Anspruch genommene Rente. Nach geltendem Sozialversicherungsrecht werde die Rente wegen voller Erwerbsminderung einer vorgezogenen Altersrente (mit Abschlägen) gleichgestellt und damit als Rente mit vorzeitiger Inanspruchnahme behandelt.
57Die tarifvertraglichen Regelungen des DAK-TV sprächen nicht gegen die Anrechnungsmöglichkeit in voller Höhe. Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. a Abs. 1 befasse sich allgemein mit der "Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung". Gemäß § 33 Abs. 3 Ziffer 2 SGB VI handele es sich bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung um eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Solche Renten würden laut Tarifvertrag "in voller Höhe" angerechnet auch für den Fall, dass die Rente im Zusammenhang mit der Gewährung anderer Leistungen lediglich in verminderter Höhe zur Auszahlung gelange. Der Begriff "volle" spreche für eine ungekürzte Rente. Wollte der Tarifvertrag zum Ausdruck bringen, dass der Rentenbetrag berücksichtigt werde, wie er tatsächlich zur Auszahlung komme, hätte er dies entsprechend formulieren müssen, wie z.B. durch die Worte "tatsächlicher Betrag" oder "in Höhe des Auszahlungsbetrags". Dies sei gerade nicht geschehen.
58Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. a Abs. 4 DAK-TV finde keine Anwendung. Denn die dort in Bezug genommene Vorschrift der Nr. 8 Ziffer 2 DAK-TV befasse sich nur mit der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Aus dem Schweigen der Regelung in Nr. 8 Ziffer 2 Abs. 1 DAK-TV zu einer Rente wegen voller Erwerbsminderung könne nicht gefolgert werden, dass eine Anrechnung bei dieser Rentenart nicht stattfinden solle. § 8 Ziffer 2 Abs. 1 DAK-TV betreffe ausschließlich die Gegebenheiten und Problemstellungen bei der Anrechnung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung; es liege damit eine Spezialregelung zu Nr. 11 DAK-TV - der eigentlichen Anrechnungsbestimmung - für diese spezielle Rentenart vor. Hieraus könne nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nur der tatsächlich ausgezahlte Rentenbetrag angerechnet werde. § 11 Ziffer 1 Buchst. a Abs. 4 DAK-TV könne daher nur so verstanden werden, dass bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung die in Nr. 8 Ziffer 2 Abs. 1 DAK-TV angeführten Berechnungsvorgaben zusätzlich zu den Regelungen in Nr. 11 DAK-TV zu beachten seien.
59Auch die Rente der VBL werde als vorzeitig in Anspruch genommene Rente zugrunde gelegt; es handele sich um eine im Sinne der Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. c DAK-TV wegen vorzeitiger Inanspruchnahme gekürzte VBL-Rente.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle der öffentlichen Sitzungen Bezug genommen.
61ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
62I.
63Die Klage ist begründet. Der Kläger hat aus Nr. 8 Ziffer 1 DAK-TV Anspruch auf die geltend gemachten Differenzbeträge zu seinem Ruhegehalt.
641.
65Der DAK-TV findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG). Denn der Kläger ist Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft, die Beklagte als Arbeitgeberin ist Partei des Tarifvertrags.
662.
67Der Kläger hat gemäß Nr. 8 Ziffer 1 Satz 1 DAK-TV Anspruch auf ein Gesamtruhegeld, das sich nach den Regelungen in Nr. 9 ff. DAK-TV errechnet. Dabei ist die Höhe des Gesamtruhegeldes grundsätzlich zwischen den Parteien unstreitig. Des Weiteren ist unstreitig, dass gemäß Nr. 8 Ziffer 1 Satz 2 i.V.m. Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. a Abs. 4 DAK-TV auf das nach den Nr. 9 und 10 TV Versorgung berechnete Gesamtruhegeld die vom Kläger bezogene Rente wegen voller Erwerbsminderung anzurechnen ist.
683.
69Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Erwerbsminderungsrente jedoch nur in der Höhe anzurechnen, wie sie tatsächlich gezahlt wird, und nicht in der Höhe, wie sie ohne Kürzung gezahlt worden wäre. Dies ergibt eine Auslegung der Regelungen des DAK-TV.
70a)
71Die Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (BAG, Urteil vom 30.05.2001 - 4 AZR 269/00 - Rdnr. 28, AP Nr. 4 zu § 23b BAT = juris; BAG, Urteil vom 07.07.2004 - 4 AZR 433/03 - Rdnr. 48, AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge: Verkehrsgewerbe = juris; BAG, Urteil vom 21.03.2012 - 4 AZR 254/10 - Rdnr. 16, AP Nr. 229 zu § 1 TVG Auslegung = juris). Dabei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuzuziehen. Auch die Praktibilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, Urteil vom 28.05.1998 - 6 AZR 349/96 - Rdnr. 17, AP Nr. 52 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag = juris; BAG, Urteil vom 30.05.2001 - 4 AZR 269/00 - Rdnr. 28, AP Nr. 4 zu § 23b BAT = juris; BAG, Urteil vom 29.08.2001 - 4 AZR 337/00 - Rdnr. 28, AP Nr. 174 zu § 1 TVG Auslegung = juris; BAG, Urteil vom 16.06.2004 - 4 AZR 408/03 - Rdnr. 47, AP Nr. 24 zu § 4 TVG Effektivklausel = juris; BAG, Urteil vom 07.07.2004 - 4 AZR 433/03 - Rdnr. 48, AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge: Verkehrsgewerbe = juris).
72b)
73Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Rente wegen voller Erwerbsminderung nur in der tatsächlich an den Kläger zur Auszahlung gelangten Höhe auf das Gesamtruhegeld anzurechnen.
74aa)
75Die von der Beklagten vertretene Anrechnungsmöglichkeit ergibt sich nicht aus Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. a Abs. 1 DAK-TV. Zwar handelt es sich bei der an den Kläger gezahlten Rente wegen voller Erwerbsminderung um eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung; diese gelangt aber nicht im Zusammenhang mit der Gewährung anderer Leistungen lediglich in verminderter Höhe zur Auszahlung, sondern weil der Kläger sie bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres erhält. Dass die Rechtsfolge der Anrechnungsmöglichkeit "in voller Höhe" sich auch dann ergeben soll, wenn die Rente aus anderen Gründen als den in Absatz 1 genannten nur in verminderter Höhe zur Auszahlung gelangt, lässt sich Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. a Abs. 1 DAK-TV nicht entnehmen. Im Übrigen wäre bei einer solchen Lesart Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. a Abs. 2 DAK-TV überflüssig, der sich ausdrücklich mit aufgrund ihrer vorzeitigen Inanspruchnahme gekürzten Renten befasst.
76bb)
77Die von der Beklagten vertretene Anrechnung der Erwerbsminderungsrente in ungekürzter Höhe ergibt sich auch nicht aus Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. a Abs. 2 DAK-TV.
78(1)
79Die Auslegung der Begrifflichkeiten des DAK-TV hat grundsätzlich nach den dort verwendeten Begriffen und Systemen zu erfolgen. Zwar können die Tarifvertragsparteien auf gesetzliche Regelungen Bezug nehmen; diese Inbezugnahme muss sich jedoch mit hinreichender Bestimmtheit aus dem Tarifvertrag ergeben. Danach kann nach dem Wortlaut des Tarifvertrags die Erwerbsminderungsrente nicht als "vorzeitige Inanspruchnahme" der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne der Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. a Abs. 2 DAK-TV verstanden werden. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass die Erwerbsminderungsrente zum Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung und damit nicht "vorzeitig" in Anspruch genommen wird. Die Tatsache, dass nach geltendem Sozialversicherungsrecht die Rente wegen voller Erwerbsminderung einer vorgezogenen Altersrente (mit Abschlägen) gleichgestellt und damit als Rente mit vorzeitiger Inanspruchnahme behandelt wird, führt daher nicht zwingend dazu, dass dies auch nach dem DAK-TV geschieht.
80(2)
81Insbesondere der systematische Zusammenhang spricht für eine Auslegung der fraglichen Tarifbestimmung im Sinne der vom Kläger vertretenen Auffassung. Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. a Abs. 4 DAK-TV enthält eine ausdrückliche Regelung für die Rente wegen "verminderter Erwerbsfähigkeit". Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auf Grund des eindeutigen Wortlauts unter diesen Begriff auch die Rente wegen voller Erwerbsminderung zu subsumieren. Wenn sich in der in Bezug genommenen Anrechnungsvorschrift des Nr. 8 Ziffer 2 keine gesonderten Anrechnungsvorschriften für den Fall der Rente wegen voller Erwerbsminderung finden, spricht dies dafür, dass die Tarifvertragsparteien es in diesem Fall bei der Anrechnung der tatsächlich gezahlten Rente belassen wollten und keine Anrechnung der ungekürzten Rente regeln wollten. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dabei davon auszugehen, dass im Zweifel nur die tatsächlich gezahlte Rente angerechnet wird; wollen die Tarifvertragsparteien eine Anrechnung über den tatsächlich gezahlten Betrag hinaus, muss sich dies mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Tarifvertrag ergeben.
82(3)
83Schließlich ergibt sich auch kein Wertungswiderspruch zu der Anrechnung der VBL-Rente. Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. c DAK-TV bestimmt, dass die VBL-Rente in den jeweils unverminderten monatlichen Beträgen angerechnet wird, auch wenn die VBL-Rente auf Grund der vorzeitigen Inanspruchnahme gekürzt wurde. Im Gegensatz zu Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. a DAK-TV differenziert die Anrechnungsregelung damit nicht im Hinblick auf den Versicherungsfall (vgl. § 33 Satz1 der VBL-Satzung), enthält also keine gesonderte Regelung zur Rente wegen Erwerbsminderung. Regeln die Tarifvertragsparteien aber hinsichtlich der VBL-Rente eine pauschale Anrechnung in unverminderter Form, so lässt die ausdrückliche Erwähnung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in Nr. 11 Ziffer 1 Buchst. a Abs. 4 DAK-TV ohne Anordnung der Anrechnung in unverminderter Höhe den Schluss zu, dass Erwerbsminderungsrente und VBL-Rente im Hinblick auf die Anrechnung unterschiedlich behandelt werden sollen.
844.
85Die Höhe der Klageforderung ist zwischen den Parteien unstreitig. Sie ergibt sich aus der Berechnung des Klägers (Anlage K 05, Bl. 30 der Gerichtsakte), wobei der Kläger die Klage im Kammertermin vom 18.09.2013 insoweit zurückgenommen hat, als es um die Differenz zwischen unverminderter und gekürzter VBL-Rente geht. Dieser Differenzbetrag beträgt 287,27 Euro, der zugesprochene Betrag beläuft sich damit auf 5.294,77 Euro.
86II.
87Die Kosten des Rechtsstreits waren trotz der Teilklagerücknahme insgesamt der Beklagten aufzuerlegen, da die Zuvielforderung des Klägers verhältnismäßig geringfügig war und keine bzw. nur geringfügig höhere Kosten verursacht hat (§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 92 ZPO; vgl. Zöller/Herget, 29. Auflage 2012, § 92 Rdnr. 3).
88III.
89Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 3, 5 ZPO.
90RECHTSMITTELBELEHRUNG
91Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden. Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
92Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
93Landesarbeitsgericht Düsseldorf
94Ludwig-Erhard-Allee 21
9540227 Düsseldorf
96Fax: 0211-7770 2199
97eingegangen sein.
98Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elek-tronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
99Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
100Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1011.Rechtsanwälte,
1022.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1033.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
104Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
105* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
106(X.)