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Mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit einem Dienstherrn werden bei der Berechnung der tariflichen Jahressonderzahlung zusammengerechnet. Zeiten der Unterbrechung führen nicht dazu, dass die Vorbeschäftigung im Kalenderjahr bei der Berechnung herausfällt.
1.E. c.nd wird verurteilt, 664,94 EUR (i.W. sechshundertvierundsechzig Euro, Cent wie nebenstehend) brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2009 an die Klägerin zu zahlen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt e. c.nd.
3.Der Streitwert wird festgesetzt auf 664,94 €.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten um die Zahlung einer weiteren Jahressonderzahlung für e. Kalenderjahr 2009.
3Die Klägerin war bei dem c. als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft mit einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 11 befristet vom 31.10.2008 über e. Ende der Sommerferien hinaus bis zum 16.8.2009 und auf der Basis eines weiteren befristeten Vertrages vom 31.8.2009 bis zum 27.8.2010 beschäftigt. Auf e. Arbeitsverhältnis fand jeweils nach § 2 des befristeten Vertrages u. a. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
4"§ 20 Jahressonderzahlung
5(1)Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung.
6(2)Die Jahressonderzahlung beträgt bei Beschäftigten in den Entgeltgruppen
7...
8E 9 bis E 11 80 v. H.
9...
10der Bemessungsgrundlage nach Absatz 3. ...
11(3)Bemessungsgrundlage im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 ist e. monatliche Entgelt, dass den Beschäftigten in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlt wird; unberücksichtigt bleiben hierbei e. zusätzlich für Überstunden und Mehrarbeit gezahlte Entgelt (mit Ausnahme der im Dienstplan vorgesehenen Mehrarbeits- oder Überstunden) Leistungszulagen, Leistungs- und Erfolgsprämien. Der Bemessungssatz bestimmt sich nach der Entgeltgruppe am 1. September. Bei Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. August begonnen hat, tritt an die Stelle des Bemessungszeitraums der erste volle Kalendermonat des Arbeitsverhältnisses; anstelle des Bemessungssatzes der Entgeltgruppe am 1. September tritt die Entgeltgruppe des Einstellungstages. ...
12(4)Der Anspruch nach den Absätzen 1 bis 3 vermindert sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 haben. ...".
13Die Klägerin erhielt im Juli 2009 eine Vergütung von 1.920,48 € brutto, im August von 991,22 € brutto für den Zeitraum vom 1. - 16.8.2009 und von 61,95 € brutto für den 31.8.2009. Für September 2009 erhielt sie 1.920,48 € brutto. Mithin betrug die Gesamtvergütung von Juli bis September 2009 4.894,13 € brutto.
14E. c.nd zahlte an die Klägerin eine Jahressonderzahlung von 640,16 € brutto für e. Kalenderjahr 2009 auf der Basis der Beschäftigungszeit vom 31.8. - 31.12.2009.
15Mit der am 10.03.2010 beim Arbeitsgericht E. eingereichten Klage begehrt sie die Zahlung einer weiteren Jahressonderzahlung von 664,94 € brutto.
16Sie ist der Auffassung, dass ihr insgesamt eine Jahressonderzahlung i. H. v. 1.305,10 € brutto zustehe für e. Kalenderjahr 2009.
17Sie beantragt,
18e. c.nd zu verurteilen, 664,94 € brutto nebst Zinsen i. H. v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.12.2009 an sie zu zahlen.
19E. c.nd beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21E. c.nd ist der Auffassung, dass es für die Bemessung der Jahressonderzahlung nur auf e. am 1.12. eines Kalenderjahres aktuelle Arbeitsverhältnis ankomme und ein früheres Beschäftigungsverhältnis zum selben Arbeitgeber grundsätzlich als "abgewickelt" zu betrachten sei.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsprotokolle verwiesen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
24I.
25Die Klage ist zulässig und begründet.
261.
27Die Klägerin hat gegen e. c.nd einen Anspruch auf Zahlung einer restlichen Jahressonderzahlung für e. Jahr 2009 i. H. v. 664,94 € brutto aus § 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 TV-L.
28E. grundsätzlich ein Anspruch auf die Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 1 TV-L besteht, ist zwischen den Parteien unstreitig. Denn die Klägerin stand am 1.12.2009 in einem Arbeitsverhältnis zum c..
29Auch die Höhe der vollen Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 TV-L in Höhe der 1.305,10 € brutto (80 % der als durchschnittliche Vergütung für den Zeitraum Juli 2009 - September 2009 ermittelten 1.631,38 € pro Monat) ist nicht streitig.
30Die so ermittelte Jahressonderzahlung ist aber entgegen der vom c. vertretenen Auffassung nicht um 7/12 nach § 20 Abs. 4 Satz 1 TV-L zu kürzen.
31Nach der tariflichen Regelung vermindert sich der nach den Absätzen 1 - 3 der Vorschrift ermittelte volle Anspruch auf eine Jahressonderzahlung um 1/12 für jeden Kalendermonat, in dem der Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 TV-L hat. Die Klägerin hatte nun aber auch in den Monaten Januar 2009 bis Juli 2009 einen Anspruch auf Entgelt gegen e. c.nd. Dass es sich nicht um einen Entgeltanspruch aus dem aktuellen, d. h. im Dezember 2009 bestehenden Arbeitsverhältnis gehandelt hat, ist demgegenüber unschädlich. Dies ergibt eine Auslegung des Tarifvertrages. Bei der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages ist zunächst vom Wortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. BAG vom 16.6.2004 - 4 AZR 408/03 - AP Nr. 24 zu § 4 TVG Effektivklausel).
32Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 4 Satz 1 TV-L unterliegt die Jahressonderzahlung nur insoweit einer Kürzung, als der Beschäftigte für einzelne Kalendermonate keinen Anspruch auf Entgelt- oder Entgeltfortzahlung nach § 21 TV-L hat. Dass es sich dabei um einen Entgeltanspruch aus dem Arbeitsverhältnis handeln muss, e. zum Zeitpunkt des 1.12. des laufenden Jahres besteht, findet sich in der Vorschrift nicht. Der Tarifwortlaut ist insoweit eindeutig. Weder aus der Tarifnorm noch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass bei einer rechtlichen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses die Jahressonderzahlung auch entsprechend dem zeitlichen Anteil der vor der Unterbrechung liegenden Kalendermonate zu kürzen ist (so auch ausdrücklich LAG Rheinland-Pfalz vom 10.2.2010 - 8 Sa 579/09 - zitiert nach juris).
33Es mag zutreffen, dass die Tarifvertragsparteien tatsächlich einen anderen Willen gehabt haben bei der Regelung. Diese ergibt sich aber aus dem Tarifvertrag nicht. Es reicht hier auch nicht, dass e. c. darauf verweist, dass nach den Durchführungshinweisen der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder vom 5. Juli 2007 ein vorangegangenes Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber grundsätzlich schädlich sei und zu einer Kürzung der Jahressonderzahlung führe. Denn maßgeblich ist hier allein der Tarifvertrag und nicht e. Verständnis der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder, wie es sich aus den Durchführungshinweisen ergibt, solange dieses Verständnis im Tarifvertrag keinen Niederschlag gefunden hat.
34E. c.nd kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass für Ausbildungsverhältnisse in § 16 Abs. 4 TV-L BBeG bzw. § 16 Abs. 4 TVA-L Pflege für Ausbildungsverhältnisse eine Sonderregelung getroffen sei und diese Werteentscheidung der Tarifvertragsparteien auch bei mehreren, nacheinander liegenden Arbeitsverhältnissen zum selben Arbeitgeber Ausdruck finden müsse. Beschäftigte, die im unmittelbaren Anschluss an ihr Ausbildungsverhältnis von demselben Arbeitgeber in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden und am 1. Dezember des jeweiligen Jahres noch in diesem Arbeitsverhältnis stehen, erhalten zusammen mit der anteiligen Sondersonderzahlung aus dem Arbeitsverhältnis eine anteilige Jahressonderzahlung aus dem vorangegangenen Ausbildungsverhältnis. Diese Regelungen betreffen aber ausschließlich die Jahressonderzahlung von übernommenen Auszubildenden. Es wäre den Tarifvertragsparteien unbenommen geblieben, eine entsprechende Regelung auch im § 20 TV-L zu treffen. E. haben sie aber nicht getan.
352.
36Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB i. V. m. den §§ 20 Abs. 5, 24 Abs. 1 TVL.
37II.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Danach hat e. c.nd als unterlegende Partei die Kosten zu tragen.
39Der Streitwert nach den §§ 3 ff. ist gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt. Er entspricht dem Gerichtsgebührenstreitwert nach § 63 Abs. 2 GKG.
40RECHTSMITTELBELEHRUNG
41Gegen dieses Urteil kann von dem c. Berufung eingelegt werden. Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
42Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
43Landesarbeitsgericht E.
44Ludwig-Erhard-Allee 21
4540227 E.
46Fax: 0211-7770 2199
47eingegangen sein.
48Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
49Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
501.Rechtsanwälte,
512.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
523.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
53Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
54* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
55E.