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Arbeitsgericht Düsseldorf, 7 Ca 7397/09

Datum:
26.01.2010
Gericht:
Arbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 Ca 7397/09
ECLI:
ECLI:DE:ARBGD:2010:0126.7CA7397.09.00
 
Schlagworte:
Mitarbeiterbeteiligung, Chefarzt, Berufsordnung, Vertrag zugunsten Dritter
Normen:
§ 328 BGB; § 315 BGB; § 29 Abs. 4 Berufsordnung deutscher Ärztinnen und Ärzte
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:

Ein Chefarztvertrag kann ein echter Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB sein, nach dem der Chefarzt seine Mitarbeiter an seinem weiteren Einkommen angemessen zu beteiligen hat. Es handelt sich um eine Frage der Auslegung, ob lediglich ein deklaratorischer Verweis auf die Berufsordnung oder ein Vertrag zugunsten Dritter gewollt ist. Gegen eine bloße Bezugnahme spricht, wenn die Berufsordnung im Vertragswortlaut weder ausdrücklich erwähnt noch deren Text umfassend wiederholt wird. Die Grundsätze des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes im Arbeitsverhältnis kommen nicht im Verhältnis Chefarzt und Mitarbeiter zur Anwendung, da - auch bei einem Vertrag zugunsten Dritter zwischen Chefarzt und Krankenhaus - kein Vertragsverhältnis besteht.

 
Tenor:

1.Die Klage wird abgewiesen.

2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3.Der Streitwert beträgt 8.400,-- €

T A T B E S T A O. D:

Der Kläger begehrt die Zahlung einer Mitarbeiterbeteiligung an den Einnahmen des Beklagten bei Privatpatienten, hilfsweise die Vorlage des Chefarztvertrages sowie die Erteilung von Auskunft über die Beteiligung anderer Mitarbeiter.

Der 48-jährige Kläger war vom 01.06.1992 bis zum 30.04.2009 im T.. O.. Krankenhaus in M. als Anästhesist auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 15.02.1992 und entsprechende Nachträge (Bl. 10 ff der Akte) tätig. Ab dem 01.11.2002 war er Oberarzt (vgl. Bl. 14 der Akte sowie Stellenbeschreibung Bl. 15 der Akte). Vom 01.07.1976 bis zum 30.09.2008 war Chefärztin im Bereich Anästhesiologie und Intensivmedizin Frau E.. C.. Diese beteiligte den Kläger sowie andere Mitarbeiter an ihren Einnahmen bei Privatpatienten. Der Kläger erhielt seit Februar 2005 1.000,-- € brutto monatlich. Ein Kollege, der Oberarzt E.. M., erhielt ebenfalls eine Mitarbeiterbeteiligung, allerdings einen anderen Betrag. Für den Zeitraum Januar bis September 2008 erhielt der Kläger insgesamt einen Betrag in Höhe von 9.000,-- € brutto. Das T.. O.. Krankenhaus bescheinigte dem Kläger mit Schreiben vom 02.04.2009 (Bl. 17 der Akte) die Höhe der "Chefarztzulage".

Seit dem 01.10.2008 ist der Beklagte Nachfolger von Frau E.. C. und damit Chefarzt der Anästhesiologie und Intensivmedizin im T.. O.. Krankenhaus. Im Vertrag des Beklagten heißt es auszugsweise (vgl. Bl. 114 der Akte):

"§ 7 Entgelte für die Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich

Abs. 2 Variable Vergütung:

1.Der Arzt erhält zusätzlich eine variable, nicht zusatzversorgungspflichtige Vergütung in Form einer Beteiligung an den Einnahmen des Trägers aus der gesonderten Rechnung wahlärztlicher Leistungen durch das Krankenhaus. Diese beträgt bei Einnahmen des Krankenhauses bis …

§ 8 Finanzielle Beteiligung der nachgeordneten Ärzte:

Der Arzt verpflichtet sich, die nachgeordneten Ärzte in angemessenem Umfang an dem Einkommen gem. § 7 Abs. 2 zu beteiligen."

Zwischen den Parteien gab es Gespräche über die Mitarbeiterbeteiligung. Der genaue Inhalt der Gespräche ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger schied zum 30.04.2009 aufgrund eines Aufhebungsvertrages vom 19.03.2009 (vgl. Bl. 24 der Akte) aus dem Dienst des T.. O.. Krankenhauses aus. In dem Aufhebungsvertrag heißt es auszugsweise:

Auflösungsvertrag

zwischen der gemeinnützigen Gesellschaft der G. zu P. mbH als Rechtsträger des T.. O.. Krankenhauses, 5. M.

-im folgenden Dienstgeber genannt -

und

Herrn E.. H. O..., geb. 31.01.1962

-im folgenden Dienstnehmer/in genannt -

wird folgender Auflösungsvertrag geschlossen:

6. Mit der Erfüllung der vorstehenden Regelungen sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche zwischen den Parteien aus dem Dienstverhältnis und dessen Beendigung, gleich auf welchem Rechtsgrund sie im Einzelnen beruhen, gleich ob bekannt oder unbekannt, erledigt.

…"

Der Kläger ist mittlerweile Chefarzt in einem österreichischen Krankenhaus.

Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte sei bereits nach § 29 Abs. 4. der Berufsordnung für Ärzte zur Beteiligung an den Einnahmen aus der Privatliquidation verpflichtet, auch wenn diese Norm womöglich keine Anspruchsgrundlage darstelle. Entsprechendes werde sich bzw. ergebe sich auch aus dem Arbeitsvertrag des Beklagten mit dem Krankenhaus. Es handele sich insoweit um einen Vertrag zu Gunsten Dritter.

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe bereits bei Dienstantritt allen nachgeordneten Ärzten erklärt, er werde sich an die Regelung halten, nachgeordnete Ärzte zu beteiligen. Er sei zu diesem Zeitpunkt allerdings im Urlaub gewesen, was unstreitig ist. Es habe mehrfach Gespräche mit dem Beklagten über die Beteiligung gegeben, was grundsätzlich unstreitig ist. Am 10.11.2008 hätten sich der Kollege E.. M., der Beklagte, Frau K. sowie er bei der Übergabe des Dienstes am frühen Morgen getroffen. Er oder E.. M. hätten den Beklagten gefragt, was mit der Chefarztzulage sei. Der Beklagte habe erklärt:

" Ich übernehme die Verpflichtungen von E.. C.."

Der Beklagte hat des Weiteren erklärt, Zahlungen könnten erst später erfolgen, da ja auch erst später die Rechnungen eingehen würden. Am 05.01.2009 habe es zudem ein Vier-Augen-Gespräch gegeben. Der Beklagte habe erneut Zahlungen versprochen. Erst später im Januar 2009 habe der Beklagte erstmals erklärt, er habe andere Verdienstmöglichkeiten als E.. C..

Der Kläger behauptet, er sei vom Beklagten zur Behandlung der Patienten herangezogen worden. Nach seiner Kenntnis habe der Beklagte nahezu alle Patienten des Krankenhauses privat liquidieren können. Der Anspruch ergebe sich aus der konkreten Vergütungsabrede, hilfsweise aus § 328 BGB, § 812 BGB, § 612 BGB oder aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Hilfsweise macht der Kläger einen Anspruch auf Vorlage des Chefarztbetrages nach §§ 260, 242 BGB sowie die Auskunft über die Höhe der Beteiligung anderer Mitarbeiter geltend.

Der Kläger beantragt:

1.Der Beklagte wird verurteilt, 7.000,-- € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07.2009 zu zahlen.

2.Für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu1 den Beklagten zu verurteilen, den von ihm mit dem T.. O.. Krankenhaus in M. mit Wirkung zum 01.10.2008 abgeschlossenen Chefarztvertrag vorzulegen, wobei er alle Passagen, die in keinem Zusammenhang mit seinem Recht auf Nebentätigkeit und Privatliquidation sowie der Beteiligung der nachgeordneten Ärzte neben seinen Nebeneinkünften/Privateinnahmen schwärzen mag.

3.Hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, ob und ggf. in welcher Höhe die ihm als Chefarzt des T.. O.. Krankenhauses in M. nachgeordneten Ärzte/Mitarbeiter monatlich an seinen Privateinnahmen in der Zeit vom 01.10.2008 bis zum 30.04.2009 beteiligt hat, hilfsweise in welcher Höhe er die ihm nachgeordneten Ärzte/Mitarbeiter monatlich an seinen Privateinnahmen für die Zeit vom 01.10.2008 bis zum 30.6.2009 monatlich beteiligen wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er sieht bereits keine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch. Er behauptet, seine Vorgängerin Frau E.. C. habe einen Chefarztvertrag "alter Schule" gehabt. Diese habe noch stationäre und ambulante Patienten als eigene Patienten behandeln können. Dies sei nicht Teil ihrer Dienstaufgaben gewesen. Sein Recht zur Privatliquidation sei hingegen beschränkt auf bestimmte ambulante Leistungen sowie wahlärztliche Leistungen im stationären Bereich. Er habe zudem dem Krankenhaus ein Nutzungsentgelt zu entrichten. Das zu erbringende Nutzungsentgelt habe ohnehin erst ab April 2009 Einnahmen erzielen lassen.

Der Beklagte meint, sein Vertrag mit dem Krankenhaus sehe keine Anspruchsgrundlage zu Gunsten des Klägers vor. § 7 des Vertrages wiederhole lediglich die Verpflichtung aus der Berufsordnung.

Der Kläger behauptet, in den Gesprächen mit dem Kläger sei die Höhe der zuvor gewährten Leistungen nicht thematisiert worden, was unstreitig ist. Er habe dem Kläger und den anderen Ärzten erläutert, dass man abwarten müsse, wie sich die Erlössituation entwickeln werde. Sein Vertrag sehe andere Verdienstmöglichkeiten als bei E.. C. vor.

Der Beklagte meint, etwaige Ansprüche seien jedenfalls aufgrund des Aufhebungsvertrages erloschen. Das Krankenhaus habe ohne ihn nicht eine Entscheidung über eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger treffen können. Er habe an den Gesprächen über den Aufhebungsvertrag teilgenommen, was unstreitig ist. Alle Ansprüche sollten erledigt sein. Dies habe auch eine Mitarbeiterbeteiligung einbezogen.

Der Kläger meint hierzu, der Aufhebungsvertrag regele allein die Beziehung zwischen ihm und dem Krankenhaus, seinem früheren Arbeitgeber. Der Beklagte sei nur zum vorzeitigen Ausscheiden gefragt worden. Andere Bedingungen hätten den Beklagten nicht angegangen. Die Zahlungen wegen Mitarbeiterbeteiligung seien auch nie thematisiert worden in diesem Zusammenhang, was unstreitig ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Parteienschriftsätze sowie den gesamten weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

 
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