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Der Beklagte wird verurteilt, den Kleingarten Nr. N01, Block N02 R.-straße, in der Anlage des Kleingartenvereins U., gelegen zwischen U. und G.-straße in XXXXX N., zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 177,00 € vorläufig vollstreckbar.
– Kein Tatbestand gemäß § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO –
Entscheidungsgründe:
2Die Klage ist zulässig und begründet.
3I. Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Räumung und Herausgabe gemäß § 546 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 581 Abs. 2 BGB. Danach ist der Pächter verpflichtet, die Pachtsache nach Beendigung des Pachtverhältnisses zurückzugeben.
4Das Pachtverhältnis zwischen dem Kläger einerseits und dem Beklagten andererseits ist durch ordentliche Kündigung des Klägers vom 22.06.2023 beendet. Die Kündigung erfüllt die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung gemäß § 9 Abs. 1 BKleingG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 und 2 des Pachtvertrages. In § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG heißt es:
5„Der Verpächter kann den Kleingartenpachtvertrag kündigen, wenn der Pächter ungeachtet einer in Textform abgegebenen Abmahnung des Verpächters eine nicht kleingärtnerische Nutzung fortsetzt oder andere Verpflichtungen, die die Nutzung des Kleingartens betreffen, nicht unerheblich verletzt, insbesondere die Laube zum dauernden Wohnen benutzt, das Grundstück unbefugt einem Dritten überläßt, erhebliche Bewirtschaftungsmängel nicht innerhalb einer angemessenen Frist abstellt oder geldliche oder sonstige Gemeinschaftsleistungen für die Kleingartenanlage verweigert;“
61. Die Kündigung ist formell wirksam.
7Die Kündigung vom 22.06.2023 erfolgte gemäß § 7 BKleingG schriftlich und unter Wahrung der Frist des § 9 Abs. 2 Nr. 1 BKleingG bereits vor dem dritten Werktag im August 2023 zum 30.11.2023.
8Der Kündigung ging insbesondere eine wirksame Abmahnung des Verpächters in Textform voraus. Zum einen hat der Kleingärtnerverein U. als Vertreter des Klägers gemäß dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Pachtvertrag gehandelt. Zum anderen hat der Beklagte auch eine Abmahnung erhalten, die den Anforderungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG entspricht. Nach der Rechtsprechung des BGH muss aus der Erklärung des Verpächters für den Pächter deutlich werden, dass die weitere vertragliche Zusammenarbeit auf dem Spiel steht und er für den Fall weiterer Verstöße mit rechtlichen Konsequenzen rechnen muss (BGH, Urteil vom 12.10.2011, VIII ZR 3/11). Jedenfalls das Schreiben vom 27.03.2023 erfüllt gerade noch die Anforderungen an eine Abmahnung nach vorstehenden Kriterien. Im Schreiben heißt es – nachdem die ausstehenden und bemängelten Maßnahmen aufgeführt worden sind und eine Frist zur Erfüllung der Auflagen gesetzt worden ist –:
9„Sollten die Auflagen bis zum genannten Termin nicht erledigt sein, informieren wir den S. als Verpächter. Wir weisen darauf hin, dass dieser bei anhaltenden und/oder beharrlichen Verstößen gegen Pachtvertrag und Gartenordnung berechtigt ist, den Garten zu kündigen.“
10Der Kleingartenverein macht mit vorstehender Erklärung noch deutlich genug, dass der Kläger über die Verstöße in jedem Fall informiert wird und bei mehrfachen Verstößen kündigen kann. Da der BGH voraussetzt, dass aus der Erklärung für den Pächter und nicht für einen verständigen Dritten deutlich werden muss, dass die weitere Zusammenarbeit auf dem Spiel steht, sind auch die weiteren Umstände in die Auslegung der Erklärung einzubeziehen. Zu diesen zählen die zuvor an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 18.08.2022 sowie 11.10.2022. Aus diesen ergibt sich, dass Verstöße bis zur letzten Abmahnung wiederholt bemängelt werden. Daraus kann und konnte der Beklagte zum Zeitpunkt des Schreibens vom 27.03.2023 schließen, dass nach Ablauf der dort gesetzten Frist zur Beseitigung der Verstöße die weitere vertragliche Zusammenarbeit auf dem Spiel steht und er mit rechtlichen Konsequenzen – wie einer Kündigung – rechnen muss. Entgegen der Ansicht des Beklagten bedurfte es eben keiner konkreten Androhung einer Kündigung.
112. Die Kündigung ist ferner materiell wirksam.
12Es lag nach der Abmahnung weiterhin eine fortgesetzte nicht kleingärtnerische Nutzung vor sowie eine nicht unerhebliche Verletzung anderer Verpflichtungen, die die Nutzung des Kleingartens betreffen, in Form erheblicher Bewirtschaftungsmängel, die nicht innerhalb einer angemessenen Frist von zuletzt zwei Monaten abgestellt worden sind. Insofern wird auf die unbestritten gebliebenen Gründe in der Kündigung vom 22.06.2023 Bezug genommen (Anlage K7, Bl. 61 d.A.).
13Auch zum Schluss der mündlichen Verhandlung lag noch eine nicht kleingärtnerische Nutzung vor. Zwar hat der Beklagte Lichtbilder vorgelegt, die einen aktuellen und seit Ausspruch der Kündigung verbesserten Zustand der Kleingartenparzelle gezeigt haben. Er hat gleichzeitig jedoch mitgeteilt, eine Bewirtschaftung mit Obst und Gemüse, die der Drittelregelung des Pachtvertrages in Verbindung mit der Gartenordnung entspriche, erst mit Beginn des Frühjahrs 2024 vornehmen zu können, was versehentlich nicht protokolliert worden ist.
14Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte vorträgt, er habe seinen kleingärtnerischen Verpflichtungen wegen der Erkrankung seiner Ehefrau zwischenzeitlich nicht nachkommen können. Es ist nicht entscheidungserheblich, aus welchen Gründen der Beklagte nicht dazu in der Lage war, den angemahnten Verstößen rechtzeitig abzuhelfen. Denn sofern ein Pächter aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen daran gehindert ist, die Bewirtschaftung der Parzelle selbst durchzuführen, ist es ihm grundsätzlich zumutbar und erlaubt, sich hierbei – ggf. entgeltlich – unterstützen zu lassen, also der Hilfe Dritter zu bedienen (AG München, Urteil vom 7. April 2016 – 432 C 2769/16 –, Rn. 27, juris). Zwar hat der Beklagte dies durch Zuarbeit seiner Tochter gemacht. Dies erfolgte jedoch nicht in ausreichendem Maße und nicht mehr fristgerecht. Ferner sind die in § 9 BKleingG geregelten Kündigungsgründe nicht mit dem Sozialschutz der §§ 573 f. BGB vergleichbar, sondern tragen Kündigungsbedürfnissen des Verpächters Rechnung (Jacoby in: Jaeger: Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 111 InsO, Rn. 33). Der BGH misst den Interessen des Verpächters an der Sicherstellung der ordnungsgemäßen kleingärtnerischen Nutzung und der Förderung des Wohls der Gemeinschaft der Kleingärtner in der Anlage große Bedeutung bei (vgl. BGH 21. 2. 2013 - III ZR 266/12). Erfolgt eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Kleingartens auch nach mehrfachen Er- bzw. Abmahnungen nahezu ein Jahr lang nicht, bleibt nach vorstehender Wertung des BGH vorliegend kein Raum für eine abweichende Bewertung, die eine etwaige Treuwidrigkeit der Kündigung begründen würde.
153. Eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses nach §§ 545, 581 Abs. 2 BGB ist überdies nicht anzunehmen. Einer Fortsetzung des Pachtverhältnisses aufgrund gesetzlicher Fiktion steht bereits entgegen, dass der Kläger bereits in der Kündigung hinreichend deutlich und rechtzeitig der Fortsetzung des Pachtverhältnisses widersprochen hat.
16II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
17III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO. Für die Sicherheitsleistung wurde eine Jahrespacht zugrunde gelegt. § 708 Nr. 7 ZPO ist auf Pachtverhältnisse nicht anwendbar (Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 708 ZPO, Rn. 9).
18IV. Eine Räumungsfrist konnte nicht gewährt werden. Zwar gilt § 721 Abs. 1 ZPO auch für Pachtverhältnisse. Bei Kleingartenparzellen ist jedoch grundsätzlich nicht von Wohnraum auszugehen.
19Streitwert: 177,00 EUR
20Entscheidung über die Zulassung der Berufung:
21Da mit dieser Entscheidung für keine Partei die zur Eröffnung der Berufung führende Beschwer von über 600,00 EUR erreicht ist, hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die Zulassung der Berufung zu prüfen, § 511 Abs. 4 ZPO. Die Berufung ist danach nicht zuzulassen gewesen, weil die Rechtssache ihre Entscheidung allein aus den Umständen des vorliegenden Falles gefunden hat und somit weder grundsätzliche Bedeutung besitzt oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert, § 511 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ZPO.
22Rechtsbehelfsbelehrung:
23A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
241. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
252. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
26Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
27Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
28Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
29Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
30B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
31Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
32Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
33Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
34Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.