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Die auf der Eigentümerversammlung vom 24.08.2023 gefassten Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft T.-straße, XXXX Köln,
1. zu Tagesordnungspunkt 1.2, „Beschlussfassung zur Übernahme der Kosten der Raummiete des Versammlungsortes“
(der wörtlich wie folgt lautet: „Die Wohnungseigentümer beschließen, dass die Q., B.-straße, XXXXX Köln für die Zurverfügungstellung der Räume gegen Rechnung eine pauschale Miete in Höhe von 238,00 € brutto erhält.“)
2. zu Tagesordnungspunkt 2, „Abriss der nicht genehmigten Terrasse von Wohneinheit Nr. 5 (Dachgeschoß), Wiederherstellung des Daches, Sicherung des Austrittes.“
(die wörtlich wie folgt lauten:
„TOP 2.1.: Die Wohnungseigentümer beschließen, der Verwalter wird beauftragt, den Wohnungseigentümer Herrn L., aufzufordern, die ohne Gestattungsbeschluss unmittelbar im Bereich neben seinem Sondereigentum (ehemaliger Spitzboden), auf dem Gemeinschaftseigentum – Dach – errichtete Terrasse zurück zu bauen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Zudem ist der Dachaustritt bis zur Klärung über dessen Rückbau mit einer Absperrung gegen einen Austritt zu sichern.
Für den Fall, dass Herr L. dieser Aufforderung nicht nachkommt, ist der Verwalter weiter ermächtigt, die Beseitigung dieser baulichen Veränderung unter Beauftragung eines der Gemeinschaft bekannten Rechtsanwalts gerichtlich durchzusetzen.
Der Beseitigungsdurchsetzung ist im Falle entgegenstehender Einwendungen gleichgestellt die Durchsetzung der Duldung des Rückbaus und der vorgenannten Wiederherstellung und Absicherung durch die Gemeinschaft.
Die Vorfinanzierung der Kosten des Verfahrens und des Anwaltes erfolgen aus den laufenden Hausgeldern.
TOP 2.2.: Die Wohnungseigentümer beschließen, dass der Verwalter auch ermächtigt wird, den Auftrag zur Umsetzung dieser Maßnahmen (TOP 2.1.) nach Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung, soweit der Betrag 5.000,00 € nicht übersteigt, zeitnah an einen bekannten Handwerker zu vergeben.
Klarstellend: Anderenfalls ist ein Vergabebeschluss mittels mehreren Angeboten herbeizuführen.
Zur Vorfinanzierung der Kosten für die Umsetzung der Maßnahme wird der Verwalter ermächtigt, den Betrag aus der Rücklage zu entnehmen.
TOP 2.3: Die Wohnungseigentümer beschließen, die Verteilung der gesamten, auf die Gemeinschaft endgültig entfallenden, Kosten nach Abschluss der Maßnahmen neu zu bestimmen und zu beschließen.“)
werden für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags.
Tatbestand:
2Die Kläger sind Mitglieder der Beklagten. Der Geschäftsführer der Verwaltung ist Mehrheitseigentümer in der Gemeinschaft. Der Rechtsvorgänger des Klägers zu 1. errichtete vor 20 Jahren eine Dachterrasse. Der Verwalter erklärte, der Kläger zu 1. habe eine Zahlung nach Miteigentumsanteilen an alle übrigen Sondereigentümer zu zahlen. Mit Email vom 16. August 2023 lud der Verwalter zu einer außerordentlichen Eigentümerversammlung am 24. August 2023, deren Gegenstand die Dachterrasse des Klägers zu 1. sein sollte. Ordentliche Eigentümerversammlungen fanden weder in 2022 noch 2023 statt, es gibt für die Jahre 2021 und 2022 keine Jahresabrechnungen und keine aktuellen Wirtschaftspläne. Die Kläger teilten mit, dass sie an der kurzfristig anberaumten Versammlung nicht teilnehmen könnten und baten um Verschiebung unter Einhaltung der Ladungsfrist. Der Kläger zu 2. mandatierte seinen Prozessbevollmächtigten zur Teilnahme an der Versammlung.
3Die Kläger tragen vor, der Geschäftsführer der Verwaltung setze den Kläger zu 1. seit Längerem erheblich unter Druck und unterbreitete das Angebot einer Ablösezahlung. Die Kläger sind der Ansicht, Rückbauansprüche seien verjährt und verweisen darauf, dass der Kläger zu 1. die Dachterrasse nicht selbst errichtet hat. Ihr Prozessbevollmächtigter habe sich von 17.25 Uhr bis 17.52 Uhr am Ort der Versammlung aufgehalten, dort sei niemand erschienen. Sie sind der Ansicht, die Beschlüsse seien unwirksam, da eine Versammlung nicht stattgefunden habe. Sie rügen die Nichteinhaltung der Ladungsfrist.
4Die Kläger beantragen,
5die auf der Eigentümerversammlung vom 24.08.2023 gefassten Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft T.-straße, XXXXX Köln,
61. zu Tagesordnungspunkt 1.2, „Beschlussfassung zur Übernahme der Kosten der Raummiete des Versammlungsortes“
7(der wörtlich wie folgt lautet: „Die Wohnungseigentümer beschließen, dass die Q., B.-straße, XXXXX Köln für die Zurverfügungstellung der Räume gegen Rechnung eine pauschale Miete in Höhe von 238,00 € brutto erhält.“)
82. zu Tagesordnungspunkt 2, „Abriss der nicht genehmigten Terrasse von Wohneinheit Nr. 5 (Dachgeschoß), Wiederherstellung des Daches, Sicherung des Austrittes.“
9(die wörtlich wie folgt lauten:
10„TOP 2.1.: Die Wohnungseigentümer beschließen, der Verwalter wird beauftragt, den Wohnungseigentümer Herrn L., aufzufordern, die ohne Gestattungsbeschluss unmittelbar im Bereich neben seinem Sondereigentum (ehemaliger Spitzboden), auf dem Gemeinschaftseigentum – Dach – errichtete Terrasse zurück zu bauen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Zudem ist der Dachaustritt bis zur Klärung über dessen Rückbau mit einer Absperrung gegen einen Austritt zu sichern.
11Für den Fall, dass Herr L. dieser Aufforderung nicht nachkommt, ist der Verwalter weiter ermächtigt, die Beseitigung dieser baulichen Veränderung unter Beauftragung eines der Gemeinschaft bekannten Rechtsanwalts gerichtlich durchzusetzen.
12Der Beseitigungsdurchsetzung ist im Falle entgegenstehender Einwendungen gleichgestellt die Durchsetzung der Duldung des Rückbaus und der vorgenannten Wiederherstellung und Absicherung durch die Gemeinschaft.
13Die Vorfinanzierung der Kosten des Verfahrens und des Anwaltes erfolgen aus den laufenden Hausgeldern.
14TOP 2.2.: Die Wohnungseigentümer beschließen, dass der Verwalter auch ermächtigt wird, den Auftrag zur Umsetzung dieser Maßnahmen (TOP 2.1.) nach Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung, soweit der Betrag 5.000,00 € nicht übersteigt, zeitnah an einen bekannten Handwerker zu vergeben.
15Klarstellend: Anderenfalls ist ein Vergabebeschluss mittels mehreren Angeboten herbeizuführen.
16Zur Vorfinanzierung der Kosten für die Umsetzung der Maßnahme wird der Verwalter ermächtigt, den Betrag aus der Rücklage zu entnehmen.
17TOP 2.3: Die Wohnungseigentümer beschließen, die Verteilung der gesamten, auf die Gemeinschaft endgültig entfallenden, Kosten nach Abschluss der Maßnahmen neu zu bestimmen und zu beschließen.“)
18für ungültig zu erklären.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie trägt sinngemäß vor, die Dachterrasse sei widerrechtlich errichtet und nicht genehmigungsfähig. Die Eigentümerversammlung sei einberufen worden, um endlich Klarheit zu schaffen. Da die Problematik seit langem bekannt sei, sei eine längere Vorbereitungszeit nicht erforderlich gewesen. Aufgrund der Stimmverhältnisse wären die Beschlüsse unter keinen Umständen anders gefasst worden. Der Verwalter habe davon ausgehen müssen, dass die Kläger nicht erscheinen würden, er sei vor Ort gewesen. Der Kläger könnte aus wirtschaftlichen Gründen trotz möglicher Verjährung die Rückbauverpflichtung an sich ziehen. Formelle Fehler begründeten keine Anfechtung.
22Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitig gefertigten Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
23Entscheidungsgründe:
24Die Klage ist begründet.
25Sie ist insbesondere innerhalb der gemäß § 45 WEG zu beachtenden Fristen erhoben und begründet worden.
26Grundsätzlich mögen formelle Mängel unerheblich sein, wenn feststeht, dass sich der Mangel nicht auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat. Dies gilt indes nicht bei schwerwiegenden Verstößen, die dazu führen, dass das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Mitglieds in gravierender Weise ausgehebelt wird oder wenn die Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums systematisch missachtet werden (Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. November 2020 – V ZR 64/20 -, ZWE 2021, 223).
27Die Vorbereitung und Durchführung der Eigentümerversammlung widerspricht so eklatant ordnungsgemäßer Verwaltung, dass es nicht darauf ankommt, ob die gefassten Beschlüsse auch dann gefasst worden wären, wenn die Versammlung ordnungsgemäß vorbereitet und durchgeführt worden wäre. Im Übrigen verfängt dieses Argument ohnehin nicht, wenn Inhalt der gefassten Beschlüsse die Durchsetzung von Interessen eines Mehrheitseigentümers ist, der zudem noch in Personalunion als Wohnungseigentümer und Geschäftsführer des Verwalters die Einberufung der Eigentümerversammlung veranlasst hat. Denn mit diesem Argument erübrigten sich sämtliche Formvorschriften für die Durchführung von Eigentümerversammlungen in der genannten Konstellation.
28Gerade weil die Problematik seit Jahren zwischen den Wohnungseigentümern bekannt ist und thematisiert worden ist, erschließt es sich nicht, dass es plötzlich der Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung bedurfte, wohingegen die gemäß § 24 Abs. 1 WEG verpflichtend vom Verwalter jährlich durchzuführende ordentlichen Eigentümerversammlungen ebenso wenig anberaumt worden sind, wie Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne, die für die Vermögenssituation der Gemeinschaft von grundlegender Bedeutung sind, unstreitig nicht erstellt wurden. Zumindest hätte es dem Verwalter oblegen, dem ausdrückliche Begehren der Kläger um Verschiebung der Versammlung und Einhaltung der Ladungsfrist nachzukommen.
29Die Behauptung der Kläger, dass sich der Verwalter bei der Einberufung dieser außerordentlichen Eigentümerversammlung von sachfremden Motiven hat leiten lassen, ist aufgrund des Schriftverkehrs belegt. Explizit hat der Miteigentümer und Geschäftsführer des Verwalters, Herr Y. mehrfach erklärt, eine außerordentliche Versammlung zu initiieren, wenn der Kläger zu 1. eines seiner Angebote nicht annimmt. Dass Ziel hierbei nicht die Herstellung eines der Rechtsordnung entsprechenden Zustands ist, ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte zwar einerseits behauptet, die Dachterrasse sei nicht genehmigungsfähig, andererseits aber auch im Termin zur mündlichen Verhandlung erneut in Aussicht gestellt hat, durch einen Ablösebetrag, der nun aber noch höher sein soll, als ursprünglich gefordert, die Angelegenheit zum Abschluss bringen zu wollen.
30Ungeachtet dessen verstoßen zudem die hinsichtlich des Rückbaus gefassten Beschlüsse auch deshalb gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, weil der Kläger zu 1. zum Rückbau nicht verpflichtet werden kann. Der Sonderrechtsnachfolger, der das Wohnungseigentum etwa aufgrund Kauf, Zuschlag in der Zwangsversteigerung oder Vermächtnis erworben hat, ist bei baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums durch seinen Rechtsvorgänger selbst nicht Handlungsstörer und als Zustandsstörer grundsätzlich auch nicht zur Wiederherstellung des Gemeinschaftseigentums verpflichtet (Jennißen/Hogenschurz, Kommentar zum WEG, 8. Aufl., § 20 Rn. 105).
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
32Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.
33Streitwert: 41.238,- €
34TOP .1.2: 238,-€ TOP 2.1: 10.000,-€ TOP 2.2: 30.000,-€ TOP 2.3: 1.000,-€
35Rechtsbehelfsbelehrung:
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