Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Erinnerung der Gläubigerin vom 23.10.2020 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird auf 117,- EUR festgesetzt.
G R Ü N D E:
2I.
3Die Gläubigerin, die ein registriertes Inkassounternehmen betreibt, hat gegen die Schuldnerin Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet wegen des mit Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Mayen vom 15.05.2020 im dortigen Verfahren AG Mayen 20-6567218-0-9 titulierten Zahlungsanspruchs. Nach dem Vortrag der Klägerin betrug die Gesamtforderung zum 02.09.2020 insgesamt (17,- € titulierte Hauptforderung [wegen einer Warenlieferung] zuzüglich 0,26 € Zinsen zuzüglich 273,53 € bisherige vorgerichtliche Kosten und Kosten des Vollstreckungsbescheides sowie der Zwangsvollstreckung =) 290,79 €.
4In diesem Zusammenhang mandatierte sie mit (Formular-)Vollstreckungsauftrag (gemäß GVFV) vom 02.09.2020 Herrn Gerichtsvollzieher U. T. im Hinblick auf den titulierten Zahlungsanspruch nebst Zinsen und bisherigen Kosten wie folgt: (1) mit der Abnahme der Vermögensauskunft nach den §§ 802c, 802f ZPO ohne vorherigen Pfändungsversuch (Module G und G1 des amtlichen Formulars) und (2) mit der Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO (Module M, M2 und M4 des amtlichen Formulars). Im Hinblick auf die bisherigen Kosten hatte sie in der Forderungsaufstellung (Anlage 1 des amtlichen Formulars) u.a. einen Betrag in Höhe von 81,- € für „bisherige Vollstreckungskosten“ angesetzt, wobei es sich bei dieser Position um die Berechnung einer Gebühr für den Abschluss eines Teilzahlungsvergleiches mit der Schuldnerin handelt.
5Ferner beantragte sie, als Verfahrenskosten 36,- € Inkassokosten als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 Abs. 1 ZPO zugleich mit der Zwangsvollstreckung beizutreiben, nämlich: für die Abnahme der Vermögensauskunft und die Einholung der Auskünfte jeweils 15,- € Verfahrensgebühr für die Zwangsvollstreckung, Nr. 3309 VV zu § 2 Abs. 2 RVG bzw. Mindestgebühr nach § 13 Abs. 3 RVG zuzüglich jeweils 3,- € Auslagenpauschale für Post und Telekommunikation, Nr. 7002 VV zu § 2 Abs. 2 RVG.
6Der Vollstreckungsbeamte, der diesen Auftrag unter dem Aktenzeichen DR II 746/20 bearbeitet, lehnte mit Schreiben vom 11.09.2020 die Zwangsvollstreckung wegen der angesetzten Verfahrenskosten (36,- €) und der bisherigen Vollstreckungskosten (81,- € Gebühren für den Teilzahlungsvergleich) ab und begründete dies wie folgt:
7„(…)
8unter Bezugnahme auf ihren Vollstreckungsauftrag vom 02.09.2020 wird mitgeteilt, dass die hierfür von Ihnen angesetzten Kosten abgesetzt werden, da Sie vorliegend eine eigene Forderung vollstrecken lassen. Hierfür können Ihrerseits keine Kosten erhoben werden. (vgl. AG Strausberg - 11 M 3021/18)
9Ferner muss die Gebühr für den Teilzahlungsvergleich in Höhe von 81,00 € abgesetzt werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine solche Gebühr überhaupt entstehen kann. Jedenfalls zählt sie nie zu den notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung – die gemäß § 788 ZPO ohne gesonderten Schuldtitel – beigetrieben werden können.
10(Vergleiche OLG Köln JurBüro 79 (Heft 11), 1642; OLG Frankfurt MDA 73, 860)
11(…)“
12Gegen diese Entscheidung des Gerichtsvollziehers wendet sich die Gläubigerin mit der vorliegenden Erinnerung. Sie ist der Auffassung, Kosten für die Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren seien auch dann notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung, die der Gerichtsvollzieher nach § 788 Abs. 1 S. 1, 1.HS ZPO zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben habe, wenn ein Inkassounternehmen eine eigene, für dieses selbst titulierte Forderung einziehe. Entscheidend sei, dass sich die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen, für die Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 788 ZPO richte, § 13e Abs. 2 RDG (§ 4 Abs. 4 RDGEG a.F.). § 788 ZPO wiederum verweise uneingeschränkt auf 91 ZPO. Damit sei auch die Bestimmung des § 91 Abs. 2 S 3 ZPO für das Inkassobüro entsprechend anwendbar. Nach dieser Regelung kann ein Rechtsanwalt in eigener Sache die Gebühren und Auslagen erstattet verlangen, die er als bevollmächtigter Anwalt erhalten würde.
13Die Gläubigerin beantragt sinngemäß,
14Herrn Gerichtsvollzieher S. U. anzuweisen, die Durchführung ihres Vollstreckungsauftrages vom 02.09.2020 nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass sie als Inkassounternehmen im Vollstreckungsverfahren keine Inkassovergütung (Anwaltskosten gemäß RVG) in eigener Sache geltend machen kann.
15Die Schuldnerin wurde im gerichtlichen Verfahren nicht angehört. Das Gericht hat die Sonderakte DR II 00/00 des Gerichtsvollziehers S. U. zu Informationszwecken beigezogen.
16Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
17II.
18Die Erinnerung ist gemäß § 766 Abs. 2, 1. Var. ZPO zulässig, insbesondere statthaft, da sich der Gerichtsvollzieher weigert, eine Vollstreckungshandlung auftragsgemäß durchzuführen. Denn dies ist auch dann der Fall, wenn er die vom Gläubiger begehrten Kosten als nicht notwendig bzw. nicht erstattungsfähig behandelt (vgl. Lackmann in: Musielak/Voit, ZPO, 20. Auflage 2023, § 766 Rn. 25; Preuß in: BeckOK zur ZPO, Vorwerk/Wolf, 49. Edition, Stand: 01.07.2023, § 788 Rn. 4061 mit weiteren Nachweisen; Herget in: Zöller, ZPO, 34. Auflage 2022, § 766 Rn. 19).
19Die Erinnerung ist nach Auffassung des Gerichts jedoch unbegründet, da sich der Gerichtsvollzieher zu Recht weigert, die geltend gemachten Kosten nach § 788 Abs. 1 S. 1, 2. HS zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Im Einzelnen gilt folgendes:
201. Verfahrensgebühr für die Einholung von Auskünften (18,- €)
21Eine Verfahrensgebühr für die Zwangsvollstreckung in Höhe von 15,- € nach Nr. 3309 VV zu § 2 Abs. 2 RVG bzw. Mindestgebühr nach § 13 Abs. 3 RVG zuzüglich 3,- € Auslagenpauschale für Post und Telekommunikation gemäß Nr. 7002 VV zu § 2 Abs. 2 RVG kann die Gläubigerin im Hinblick auf die beantragte Einholung von Auskünften nicht geltend machen. Entscheidend ist, dass die Gläubigerin hier gleichzeitig die Einholung von Auskünften und die Abnahme der Vermögensauskunft beantragt hatte. Die gemeinsame Beantragung dieser beiden Vollstreckungsmaßnahmen war aber nicht „notwendig“ im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO: Bei der Beurteilung der Notwendigkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind die Interessen der Parteien in den Blick zu nehmen. Dem Interesse des Gläubigers an einer effektiven und zügigen Rechtsdurchsetzung steht das Interesse des Schuldners an einer möglichst kostensparenden Vollstreckung gegenüber. Die Abwägung dieser Interessen ergibt, dass ein bereits zusammen mit dem Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft gestellter Antrag auf Einholung von Drittauskünften als voreilig anzusehen ist und daher die dadurch veranlassten Kosten nicht „notwendig“ im Sinne der §§ 788 Abs. 1, 91 ZPO sind (vgl. BGH, Beschluss vom 05.03.2020 – I ZB 50/1991 – zitiert bei juris).
222. Gebühren für den Abschluss eines Teilzahlungsvergleiches (81,- €)
23Weiter nicht zu beanstanden ist die (Kosten-)Entscheidung des Gerichtsvollziehers, die in der Forderungsaufstellung (Anlage 1 des amtlichen Formulars) angesetzten „bisherigen Vollstreckungskosten“ in Höhe von 81,- € als Gebühren für den Abschluss eines Teilzahlungsvergleiches abzusetzen.
24Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschlüsse vom 24.01.2006 – VII ZB 74/05 – und vom 20.12.2006 – VII ZB 54/06 – jeweils zitiert bei juris) Kosten eines im Zwangsvollstreckungsverfahren geschlossenen Vergleichs regelmäßig als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung anzusehen. Eine Beitreibung gegen den Schuldner ist aber nur dann möglich, wenn dieser die Kosten in dem Vergleich ausdrücklich übernommen hat (BGH, a.a.O.). Dabei ist aber zu beachten, dass eine entsprechende Übernahmeregelung im Vergleich ggf. einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegt und insbesondere im Falle einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist (vgl. LG Kassel Beschluss vom 06.12.2006 – 3 T 41/06 – zitiert bei juris; Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, ZPO, 78. Auflage, § 788 Rn. 46 mit weiteren Nachweisen). Ohne eine korrespondierende (und wirksame) Vereinbarung sind Vergleichskosten in entsprechender Anwendung von § 98 ZPO indessen als gegeneinander aufgehoben anzusehen (BGH, a.a.O.), und dann schon von vorne herein nicht erstattungsfähig.
25Ob im Streitfall eine (wirksame) Kostenübernahmeerklärung der Schuldnerin in dem Teilzahlungsvergleich vereinbart wurde, gibt das Vorbringen der Gläubigerin aber in keiner Weise her. Eine Kostenerstattung, auch im Rahmen von § 788 Abs. 1 ZPO, scheidet damit aus.
263. Verfahrensgebühr für die Abnahme der Vermögensauskunft (18,- €)
27Schließlich kann die Gläubigerin bezüglich der beantragten Abnahme der Vermögensauskunft weder eine Verfahrensgebühr für die Zwangsvollstreckung in Höhe von 15,- € nach Nr. 3309 VV zu § 2 Abs. 2 RVG bzw. Mindestgebühr nach § 13 Abs. 3 RVG geltend machen, noch 3,- € Auslagenpauschale für Post und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV zu § 2 Abs. 2 RVG.
28Allerdings ist der Gläubigerin zuzugestehen, dass es in Rechtsprechung und Literatur heftig umstritten ist, ob ein Inkassobüro auch dann Gebühren und Auslagen (bis zur Höhe von Anwaltskosten) geltend machen kann, wenn dieses – wie hier – selbst Gläubigerin der beizutreibenden Forderung ist. Diese Frage wurde in der von der Gläubigerin zitierten Entscheidung des LG Darmstadt (LG Darmstadt, Beschluss vom 15.03.217 – 5 T 515/16 –, zitiert bei juris) mit der Begründung bejaht, dass sich gemäß § 4 Abs. 4 RDGEG (seit 1.10.2021: § 13e Abs. 2 RDG) die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen, für die Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 788 ZPO richte. § 788 ZPO wiederum verweise uneingeschränkt auf 91 ZPO. Damit gelte auch die Bestimmung des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO für das Inkassobüro, so dass dieses auch in eigener Sache die Gebühren und Auslagen erstattet verlangen könne, die ein bevollmächtigter Anwalt erhalten würde; in der Entscheidung wurde jedoch ausdrücklich offengelassen, ob § 92 Abs. 2 S. 3 ZPO analog auf Inkassodienstleister anwendbar ist (vgl. hierzu auch: Salten, „Die neue Anwalts- und Inkassovergütung im gerichtlichen Mahnverfahren“ in: MDR 2022, 69 [74]: „Für Rechtsanwälte und Inkassodienstleister, die in eigener Sache ein Mahnverfahren betreiben, gelten die vorstehenden Ausführungen zwar entsprechend, da aber § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO für Inkassodienstleister nicht entsprechend gilt, können die Inkasso-dienstleister - wie bisher - in eigenen Angelegenheiten auch weiterhin keine Vergütung erhalten.“).
29Das Gericht schließt sich jedoch der überzeugend begründeten Gegenmeinung an (vgl. AG Strausberg, Beschluss vom 30.05.2018 – 11 M 3021/18 –, zitiert bei juris; AG Westerstede, Beschluss vom 05.04.2019 – 95 M 5256/19 –, zitiert bei juris, wobei die nachfolgende Beschwerde gegen diese Entscheidung vom LG Oldenburg zurückgewiesen wurde [vgl. entsprechenden Hinweis in: NJW-Spezial 2019, 541, ohne Angabe des Aktenzeichens zum Beschwerdeverfahren]; AG Bremen-Blumenthal, Beschluss vom 05.07.2019 – 22 M 729/19 –, BeckRS 2019, 25548, beck-online und AG Brake, Beschluss vom 03.05.2022 – 6 M 284/22 –, zitiert bei juris:
30„(…)
31Nach der Systematik des RDGEG können Inkassogebühren grundsätzlich sowohl vor Titulierung als auch nach der Titulierung anfallen. Vor Titulierung sind die Inkassokosten von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1) grundsätzlich nur bis zur Höhe der einem Rechtsanwalt nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zustehenden Vergütung erstattungsfähig, § 4 Abs. 5 RDGEG. Nach der Titulierung – wie vorliegend – richten sich die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten nach § 788 ZPO, § 4 Abs. 4 RDGEG.
32Kosten von Beitreibungsmaßnahmen und damit auch damit einhergehende gesetzliche Gebühren und Auslagen, die der Gläubiger im Zeitpunkt der Entstehung der Kosten objektiv für notwendig halten konnte, sind nach § 788 ZPO ersatzfähig.
33Vorliegend besteht jedoch bereits eine nach § 4 Abs. 4 RDGEG iVm § 788 ZPO erforderliche „Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren ...“ nicht und zudem ist die Tätigkeit in eigener Sache kein Erbringen von Inkassodienstleistungen „registrierte Personen“ nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG).
34Zwar dürfen gem. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG natürliche und juristische Personen – wie vorliegend die Gläubigerin als GmbH – sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in folgenden Bereichen erbringen, wie etwa Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1).
35Hinsichtlich dessen, dass das Gesetz davon spricht „Rechtsdienstleistungen ... erbringen ...“, knüpft es hierbei an das Merkmal der Rechtsdienstleistung an. Eine Rechtsdienstleistung wiederum ist nach § 2 RDG definiert und ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert (§ 2 Abs. 1 RDG) und/oder unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1, die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (sog. Inkassodienstleistung) (§ 2 Abs. 2 RDG).
36Abgetretene Forderungen gelten für den bisherigen Gläubigervertreter nicht als fremd. Folglich liegt vorliegend kein Fall des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 RDG vor. Die Gläubigerin zieht vielmehr eine eigene Forderung, die für sie zudem tituliert ist, in eigenem Namen und somit auch als eigenes Geschäft (im eigenen Interesse) ein.
37Eine Vertretungsgebühr für die Vertretung in eigener Sache kann danach nicht anfallen.
38(…)“
39Im Übrigen wäre aber auch dann keine andere, der Gläubigerin günstigere Entscheidung gerechtfertigt, wenn man zu Ihren Gunsten davon ausgehen wollte, dass ein Inkassounternehmen eine Vergütung nach dem RDG auch bei einer Eigenvertretung in Zwangsvollstreckungsverfahren geltend machen kann. Denn nach Auffassung des Gerichts war für die Gläubigerin die Einschaltung eines Verfahrensbevollmächtigten bei der Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Abnahme der Vermögensauskunft bei vernünftiger Würdigung der Sachlage in keinem Fall objektiv erforderlich.
40Nach § 788 Abs. 1 ZPO fallen die Kosten der Zwangsvollstreckung dem Schuldner zur Last, „soweit sie notwendig waren (§ 91)“. Dabei ist anerkannt, dass auch die Kosten der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe „notwendig“ sein müssen, um eine Erstattungsfähigkeit nach § 788 ZPO auslösen zu können. Die Verweisung des § 788 ZPO auf § 91 ZPO insgesamt rechtfertigt keinen gänzlichen Verzicht auf dieses Erfordernis (Schmidt/Brinkmann in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 788 Rn. 28 mit weiteren Nachweisen).
41Allerdings ist der Gläubigerin in diesem Zusammenhang zuzugestehen, dass Rechtsanwalts- bzw. Inkassokosten, die bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung entstehen, „regelmäßig“ als notwendig anzusehen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 05.06.2014 – VII ZB 21/12 –, zitiert bei juris mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
42Eine andere Betrachtung ist aber dann gerechtfertigt, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Rechtsverfolgung in der Zwangsvollstreckung für den Gläubiger besonders einfach gelagert gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 05.06.2014 – VII ZB 21/12 –, zitiert bei juris Rn. 20 unter Hinweis auf: BGHZ 186, 70 = NJW 2010, 3029 Rn. 23, 25; BGH, FamRZ 2003, 1921 = BeckRS 2003, 08484; LG Darmstadt, Beschluss vom 15.03.2017 – 5 T 515/16 –, zitiert bei juris Rn. 20; OG Stuttgart Rpfleger 1994, 367; AG Rottenburg DGVZ 2000, 95; OLG Hamburg AnwBl 2001, 127; AG Donaueschingen DGVZ 2005, 73; LG Konstanz DGVZ 2005, 73; AG Karlsruhe DGVZ 2005, 73; AG Heilbronn DGVZ 2005, 73 ff.; Schmidt/Brinkmann in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 788 Rn. 29 mit weiteren Nachweisen; Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, ZPO, 78. Auflage, § 91 Rn. 175: „Bei einer Bagatelle mit klarem Sachverhalt gibt es evtl. keine Erstattbarkeit“).
43Die Notwendigkeit der Beiordnung des Rechtsanwalts ist danach einerseits von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen des Antragstellers abhängig und andererseits von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigenden Rechtsmaterie. Dies ist für jede Vollstreckungsmaßnahme gesondert zu prüfen.
44Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich vorliegend um einen extrem einfach gelagerten Fall: Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist eine Geldforderung (Entgelt für eine Warenlieferung), wobei der Titel überhaupt keine Besonderheiten aufweist, der eine anwaltliche Vertretung erforderlich erscheinen lassen könnte (vgl. hierzu: BGH, Beschluss vom 05.06.2014 – VII ZB 21/12 –, zitiert bei juris).
45Für die Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Abnahme der Vermögensauskunft steht ein über das Internet abrufbares amtliches Formular (gemäß GVFV) zur Verfügung, dessen aus einer (einzigen) Seite bestehende Anlage 2 „Hinweise zum Ausfüllen und Einreichen des Vollstreckungsauftrags“ enthält (aber nur zu den Modulen, die nicht ohnehin selbsterklärend sind).
46Der Gläubiger muss, wenn er wie hier einen Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft stellen möchte, dieses Formular im Hinblick die persönlichen Daten der Verfahrensbeteiligten ausfüllen (Module A1, A3 und A5), ferner bei den Modulen G, G1 und G4 sowie den Modulen C und P entsprechende Angaben vornehmen, weiter die Forderung zusammenstellen (entsprechend der Anleitung unter Anlage 1 des amtlichen Formulars), sodann an der dafür vorgesehenen Stelle unterschreiben und schließlich das Formular zusammen mit dem Vollstreckungstitel bei der im Vordruck bereits angegebenen Verteilerstelle für Gerichtsvollzieheraufträge einreichen. Alles Weitere – Einholung der Vermögensauskunft und deren Auswertung, § 882c ZPO – erledigt dann der Gerichtsvollzieher.
47Dass es sich dabei objektiv – auch im Hinblick auf die Höhe der ursprünglich titulierten Forderung – um einen besonders einfach gelagerten Fall handelt, liegt demgemäß auf der Hand (ebenso: BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – IXa ZB 192/03 – zitiert bei juris); im Übrigen ist nach Auffassung des Gerichts keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung einfacher zu beantragen, als der Antrag an den Gerichtsvollzieher, dem Schuldner die Vermögensauskunft abzunehmen.
48Dass vorliegend (entgegen der nach Umfang und Schwierigkeit der konkreten Sache objektiv offensichtlich besonders einfach gelagerten Bagatellsache) aus subjektiven Gründen eine Vertretung durch einen Anwalt notwendig gewesen sein könnte, ist ebenfalls in keiner Weise erkennbar. Insbesondere macht die Gläubigerin selbst nicht geltend, ihr gesetzlicher Vertreter verfüge nur über nicht genügende Fähigkeiten, z.B., weil er sich nur unzureichend mündlich oder schriftlich ausdrücken könne, oder weil er aus sonstigen Gründen nicht in der Lage sei, das amtliche Formular unter Zuhilfenahme von dessen Anlage 2 (= der aus einer Seite bestehenden „Hinweise zum Ausfüllen und Einreichen des Vollstreckungsauftrags“) richtig auszufüllen, ggf. unter Zuhilfenahme der Rechtsantragstelle beim Amtsgericht. Gegen eine solche Annahme spricht im Übrigen entscheidend, dass die Gläubigerin auch im vorliegenden Erinnerungsverfahren in der Lage war, ihre Interessen selbst zu vertreten, ferner der Umstand, dass sie ja selbst Inkasso-Dienstleistungen erbringt, so dass hier im Gegenteil eher die Anlegung eines subjektiv überdurchschnittlichen Maßstabes gerechtfertigt erscheint.
49In diesem Zusammenhang ist weiter hinzuweisen auf die ständige Übung des ganzen Amtsgerichts Köln im Zusammenhang mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Einleitung/Durchführung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung: Einem mittellosen Gläubiger wird grundsätzlich kein Rechtsanwalt beigeordnet, wenn lediglich ein Antrag an den Gerichtsvollzieher auf Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen streitgegenständlich ist, der problemlos mit Hilfe des amtlichen Formulars gestellt werden kann (insbesondere: Pfändung körperlicher Sachen, Abgabe der Vermögensauskunft und Einholung von Drittauskünften), es sei denn, die Beiordnung ist aus besonderen Gründen notwendig, z.B. wegen subjektiver Einschränkungen des Gläubigers (s.o.).
50Schließlich spricht nach Auffassung des Gerichts auch die nachfolgende Erwägung gegen eine „Notwendigkeit“ der geltend gemachten Gebühren: Maßstab für die Notwendigkeit von Kosten zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ist, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt als sachdienlich ansehen durfte. Abzustellen ist mithin auf die Sicht der Partei in der konkreten prozessualen Situation, sodann ist zu beurteilen, ob ein objektiver Betrachter aus diesem Blickwinkel die Sachdienlichkeit bejahen würde. Die Notwendigkeit bestimmt sich damit aus der „verobjektivierten“ ex-ante-Sicht der jeweiligen Prozesspartei und nicht nach einem rein objektiven Maßstab (BGH, Beschluss vom 10.04.2018 – VI ZB 70/16 –, zitiert bei juris Rn. 10 mit weiteren Nachweisen).
51Gemessen an diesen Grundsätzen kann nach Auffassung des Gerichts nicht außer Betracht bleiben, dass es im Streitfall um eine Hauptforderung von lediglich 17,- € ging. Vor diesem Hintergrund ist es wirtschaftlich weder nachvollziehbar noch auch nur ansatzweise plausibel, dass eine wirtschaftlich vernünftig denkende Partei, die über die subjektiven Fähigkeiten und Kenntnisse der Gläubigerin verfügt (s.o.) bei der vollkommen klaren Sach- und Rechtslage gegenüber einer sich nicht wehrenden Schuldnerin:
52vorgerichtlich ein Inkassobüro mit Beitreibung zum Preis von 77,70 € beauftragt (vgl. hierzu die Angaben der Gläubigerin in der Forderungsaufstellung – Anlage 1 zum amtlichen Formular),
sich weiter im Titulierungsverfahren beim Mahngericht gebührenpflichtig vertreten lässt, was weitere außergerichtliche Kosten von 81,- € verursacht hat,
sich beim Abschluss eines Teilzahlungsvergleiches vertreten lässt, wofür ein Honorar von 81,- € abgerechnet wurde,
und schließlich weitere Vertretungskosten durch Vollstreckungsmaßnahmen beauftragt.
Es liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Begründung, dass eine wirtschaftlich vernünftig denkende Partei in keinem Fall bereit gewesen wäre, einem Anwalt oder einem Inkassobüro diese Aufträge zu erteilen und hierfür mit weiteren 250,- € Entgelt für die erbrachten Arbeiten in Vorleistung zu treten, was dem 15-fachen der ursprünglichen Hauptforderung entspricht, um einen Anspruch von 17,- € einzutreiben. Vielmehr hätte eine wirtschaftlich vernünftig denkende Partei in diesem Fall die zur Titulierung des Anspruchs und zur Einleitung der Zwangsvollstreckung notwendigen Maßnahmen selbst veranlasst, wenn sie – wie im Streitfall die Gläubigerin – hierzu ohne weiteres in der Lage gewesen wäre.
58Wenn aber eine wirtschaftlich vernünftig denkende Partei sich in dieser Bagatellsache bei klarem Sachverhalt nicht hätte vertreten lassen, können die Kosten nicht nur deshalb als gerechtfertigt angesehen werden, weil die Beklagte diese berechnen darf; denn maßgeblich für die Notwendigkeit der Kosten ist – wie ausgeführt wurde – ein „objektivierter“ Maßstab, wobei das Gericht im Übrigen davon ausgeht, dass auch die Gläubigerin nicht bereit ist, ein anderes Inkassobüro mit diesen Arbeiten zu beauftragen und dafür dann die von diesem Unternehmen berechneten Kosten tatsächlich zu bezahlen.
59Zusammenfassend ist das Gericht daher aus den dargelegten Gründen der Auffassung, dass auch eine Erstattbarkeit der geltend gemachten Verfahrensgebühr und der Auslagen im Hinblick auf den Auftrag an den Gerichtsvollzieher zur Abnahme der Vermögensauskunft nach § 788 Abs. 1 ZPO ausscheidet, da die Kosten nicht „notwendig“ waren: Es handelt sich um eine Bagatelle mit klarem Sachverhalt.
60Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da Gerichtskosten nicht anfallen und die Schuldnerin am vorliegenden Verfahren nicht beteiligt wurde (Preuß in: BeckOK ZPO, 45. Edition, Stand: 01.07.2022, § 766 Rn. 61 mit weiteren Nachweisen).
61Rechtsmittel-/Rechtsbehelfsbelehrung:
62Gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde (§§ 793 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 2 ZPO) zulässig.
63Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt, andernfalls die befristete Erinnerung (§§ 793, 567 Abs. 2 ZPO, 11 Abs. 2 RPflG).
64Die Rechtsbehelfe sind binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem Amtsgericht Köln (Luxemburger Straße 101, 50939 Köln), dessen Beschluss angefochten wird oder bei dem Landgericht Köln (Luxemburger Straße 101, 50939 Köln) als Beschwerdegericht einzulegen.
65Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
66Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
67Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.