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1. Das Recht auf Anpassung der Betriebskostenvorauszahlungen nach § 560 Abs. 4 BGB wird durch Ausübung für die jeweilige Abrechnung verbraucht.
2. Eine nachträgliche Anpassung der Vorauszahlungen kann jedenfalls dann nicht auf § 313 BGB gestützt werden, wenn die veränderten Umstände, auf die sie gestützt wird, bereits bei der vorherigen Ausübung des Anpassungsrechts nach § 560 Abs. 4 BGB bekannt waren.
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, als Gesamtschuldnerin mit dem anderweitig in Anspruch genommenen Herrn U. K. an die Klägerin 1.217,48 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.06.2023 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 11 %, der Beklagten zu 89 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abgewendet werden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien sind durch einen Wohnraummietvertrag miteinander verbunden. Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagte Mieterin. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Miete für die Monate März 2023 bis Juni 2023 sowie auf Zahlung von Mahngebühren in Anspruch.
3Die Beklagte wohnt bereits seit 2016 nicht mehr in der Mietwohnung und versuchte wiederholt, einvernehmlich aus dem Mietverhältnis entlassen zu werden. Die Klägerin stimmte dem jedoch nicht zu.
4Zunächst zahlten die Beklagte und ihr gesondert verfolgter Mitmieter eine Miete von insgesamt 798,04 € bestehend aus einer Grundmiete von 588,04 € Heizkostenvorauszahlungen von 49,00 € und Betriebskostenvorauszahlungen von 161,00 €.
5Unter dem 06.07.2021 kündigte die Klägerin gegenüber der Beklagten und ihrem Mitmieter unter anderem eine Modernisierung an (Bl. 109 ff. GA). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Ankündigungsschreiben verwiesen.
6Unter dem 26.04.2022 rechnete die Klägerin über die Heiz- und Betriebskosten des Jahres 2021 ab (Anl. K5, Bl. 90 ff. GA). In der Abrechnung forderte sie ab Juni 2022 um 7,00 € erhöhte Heiz- und um 13,00 € erhöhte Betriebskostenvorauszahlungen. Die sich hieraus ergebende Gesamtmiete von 818,04 € (Heizkostenvorauszahlungen: 56,00 €) zahlten die Beklagte und ihr Mitmieter zunächst.
7Mit Schreiben vom 22.09.2022 (Bl. 96 ff. GA) forderte die Klägerin nach angekündigten und durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen eine Mieterhöhung um 75,97 € ab dem 01.12.2022. Die zu zahlenden Heizkostenvorauszahlungen setzte sie von 56,00 € um 17,82 € auf 38,18 € herab. Die Betriebskostenvorauszahlungen blieben unverändert. Es ergab sich eine Gesamtmiete von 876,19 €.
8Mit Schreiben vom 21.11.2022 (Anl. K4, Bl. 86 ff. GA) machte die Klägerin zum 01.01.2023 nunmehr Heizkostenvorauszahlungen von 77,00 € statt 38,18 € geltend. Dies begründete sie mit den allgemein gestiegenen Energiepreisen infolge des Krieges gegen die Ukraine.
9Bis einschließlich Februar 2023 wies das Mietkonto der Beklagten und des Mitmieters ein Guthaben auf, von dem die Klägerin die ihrer Ansicht zu wenig gezahlten laufenden Mieten in Abzug brachte. Auf die Märzmiete verrechnete die Klägerin noch ein Guthaben von 204,25 €. Unter Berücksichtigung dessen stellen sich von der Klägerin in Anspruch genommene Forderungen und die Zahlungen der Beklagten und des Mitmieters wie folgt gegenüber:
10Forderung lt. Kl'in |
Gezahlt |
Differenz |
|
Mrz 23 |
710,76 € |
500,00 € |
210,76 € |
Apr 23 |
915,01 € |
798,04 € |
116,97 € |
Mai 23 |
915,01 € |
700,00 € |
215,01 € |
Jun 23 |
915,01 € |
/ |
915,01 € |
1.457,75 € |
Die Klägerin behauptet, die Beklagte mit Schreiben vom 08.03.2023 und 17.03.2023 gemahnt zu haben. Bis dahin war eine Zahlung für März noch überhaupt nicht eingegangen. Sie behauptet weiter im April 2023 ebenfalls zweimal gemahnt zu haben, bevor die obige Zahlung erfolgt sei. Für die Mahnungen verlangte sie jeweils 2,50 €, insgesamt 10,00 €.
12Diese Mahngebühren und die sich aus der Tabelle ergebende Forderung hat die Klägerin im Mahnverfahren erfolgt. Der Mahnbescheid ist am 23.06.2023 zugestellt worden. Nach einer Zahlung vor Abgabe an das Streitgericht haben die Parteien den Rechtsstreit in Höhe von 84,99 € übereinstimmend für erledigt erklärt.
13In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage wegen der Mahnkosten in Höhe von insgesamt 6,00 € zurückgenommen.
14Die Klägerin beantragt,
15die Beklagte neben dem anderweitig in Anspruch genommenen Herrn U. K. zu verurteilen, an die Klägerin 1.382,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagte bestreitet die Zahlungsrückstände mit Nichtwissen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2023 (Bl. 127 f.GA) und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
21Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
22Die Klägerin hat gegen die Beklagte den geltend gemachten Zahlungsanspruch aus § 535 Abs. 2 BGB nur in Höhe von insgesamt 1.217,48 €.
23Das klägerische Vorbringen kann noch dahingehend ausgelegt werden, dass ursprünglich eine Grundmiete von 588,04 €, Heizkostenvorauszahlungen von 49,00 € und Betriebskostenvorauszahlungen von 161,00 € vereinbart waren, insgesamt also 798,04 €. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten, der insoweit ausnahmsweise ein substantiiertes Bestreiten obläge.
24Auch im Übrigen kann die Beklagte ihre Mietrückstände nicht mit Nichtwissen bestreiten, selbst wenn sie in der Wohnung nicht mehr lebt und sich um Entlassung aus dem Mietverhältnis vergeblich bemüht hat. Sie ist vielmehr für etwaige Zahlungen darlegungs- und beweisbelastet. Ungeachtet dessen ist die Klägerin für das Bestehen ihrer Ansprüche darlegungs- und beweisbelastet.
25Die Klägerin hat sich zunächst zwar damit begnügt, nachträgliche Erhöhungen der Miete undifferenziert nach Grundmiete, Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen pauschal zu behaupten, ohne zu den zugrundeliegenden Tatsachen vorzutragen. Auf den gerichtlichen Hinweis, dass es konkreten Tatsachenvortrags bedürfe, hat sie zunächst nicht reagiert. Erst auf erneuten Hinweis kurz vor dem Termin hat sie die Betriebskostenabrechnung 2021, die Modernisierungsmieterhöhung nebst vorheriger Ankündigung und das Schreiben, mit dem sie gesondert erhöhte Heizkostenvorauszahlungen verlangt hat, vorgelegt.
26Die Erhöhung der Vorauszahlungen nach § 560 Abs. 4 BGB auf Grundlage der Betriebskostenabrechnung des Jahres 2021 und die Modernisierungsmieterhöhung nach §§ 559 ff. BGB sind nicht zu beanstanden. Einwendungen hat die Beklagte auch nicht vorgebracht.
27Soweit die Klägerin mit Schreiben vom 21.11.2022 die Heizkostenvorauszahlungen erneut um 38,82 € erhöht hat, ist diese Erhöhung unwirksam. Sie kann insbesondere nicht auf § 560 Abs. 4 BGB gestützt werden, weil eine Anpassung der Betriebskostenvorauszahlung aufgrund der jeweiligen Abrechnung nur einmal erfolgen kann (allgM, stellv.: Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 16. Aufl. 2024, BGB § 560 Rn. 55.) Dieses Recht hat die Klägerin mit der Anpassung im April 2022 bereits verbraucht. Soweit im Schrifttum teilweise ein Anpassungsrecht auf Grundlage eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB angenommen wird (Zehelein, NZM 2022, 593, 597 ff.; a. A.: Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 16. Aufl. 2024, BGB § 560 Rn. 57a), kann dahinstehen, ob dem zu folgen ist. Jedenfalls im vorliegenden Fall scheitert ein solches Anpassungsrecht daran, dass die Klägerin ihr Gestaltungsrecht nach § 560 Abs. 4 BGB zu einem Zeitpunkt ausgeübt hat, zu dem infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine die Energie-Preise schon ganz erheblich gestiegen waren und im Übrigen in etwa gleich hoch waren wie bei der späteren Erklärung der Klägerin Ende November 2022 (vgl. Zehelein, a. a. O, 598 f.). Weiter hat die Klägerin nichts dazu vorgetragen, warum das Festhalten an den bisherigen Vorauszahlungen für sie unzumutbar gewesen wäre.
28Die noch geltend gemachten Mahnkosten kann die Klägerin schon deshalb nicht verlangen, weil die Beklagte die Mahnungen bestritten hat. Die Klägerin als beweisbelastete Partei hat insoweit Beweis nicht angeboten.
29Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 2 BGB.
30Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 269 Abs. 3 S. 2, 92 Abs. 1, 91a ZPO.
31Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 u. S. 2, 709 S. 2 ZPO.
32Streitwert: bis 3.000,00 €
33R e c h t s b e h e l f s b e l e h r u n g :
34A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
351. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
362. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
37Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
38Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
39Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen eingereicht werden. Die Einreichung muss daher nach § 130d ZPO elektronisch unter Wahrung der insoweit geltenden Anforderungen erfolgen.
40Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
41Soweit die Beschwer für die Klägerin nicht erreicht ist, wird die Berufung nicht zugelassen.
42B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Erfolgt die Einlegung durch einen Rechtsanwalt, hat sie nach § 130d ZPO elektronisch zu erfolgen. Im Übrigen kann sie elektronisch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erfolgen. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden.
43Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.