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Es wird festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 31.01.2022 des Generalpachtvertrages über die Teilfläche Gemarkung Y., Flur N01, Flurstück 5/2, 5/3 und Teilfläche aus N02 unwirksam ist.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Teilkündigung über die im Tenor näher benannte Teilfläche, die kleingärtnerisch genutzt wird.
3Die Beklagte ist Eigentümerin der streitgegenständlichen Fläche und hat diese im Rahmen eines Generalpachtvertrages an den Kläger verpachtet. Die Fläche wird nicht durch einen Bebauungsplan geregelt. Der Kläger verpachtet die einzelnen Kleingärten als Zwischenpächter weiter an einzelne Kleingärtner. Die Ursprungsfassung des Generalpachtvertrag wurde vor in Kraft treten des BKleingG, vermutlich in den 1930er Jahren, geschlossen. Bei der Fläche handelt es sich um elf Kleingartenparzellen, welche die Klägerin an elf verschiedene Kleingarten-parteien weiterverpachtet hatte.
4Mit Schreiben vom 31.01.2022 sprach die Beklagte eine Kündigung für die streitgegenständliche Teilfläche zum 30.11.2022 aus. Die gekündigte Teilfläche soll an den Investor, S., verkauft werden, um auf dieser öffentlich geförderten Wohnraum, einen Kindergarten, sowie einen öffentlichen Spielplatz zu bauen.
5Die Beklagte erteilte dem Investor am 14.06.2022 einen positiv beschiedenen Bauvor-bescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung von 8 Wohngebäuden.
6Der Kläger ist der Ansicht, dass auf den Teilflächen eine andere als kleingärtnerische Nutzung planungsrechtlich unzulässig sei.
7Der Kläger beantragt,
8festzustellen, dass die Kündigung des Beklagten vom 31.01.2022 des Generalpachtvertrages über die Teilfläche Gemarkung Y., Flur N01, Flurstück 5/2, 5/3 und Teilfläche aus N02 unwirksam ist.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte behauptet, dass sie die elf Kleingärten gekündigte habe, nachdem sie zwischen dem Wunsch der Kleingärtner und dem Wunsch der Allgemeinheit abgewogen habe. Diese Abwägung sei zugunsten des Gemeinwohls ausgefallen.
12Die Beklagte ist der Ansicht, dass auf der Fläche auch eine andere als eine kleingärt-nerische Nutzung zulässig sei. Dies ergebe sich aus dem positiv beschiedenen Bauvorbescheid vom 14.06.2022.
13Die Beklagte ist der Auffassung, dass dem Kläger die Möglichkeit offen stünde den erlassenen Bauvorbescheid selbst gerichtlich anzugreifen.
14Für die Zulässigkeit des Bauvorhabens spreche zudem der Flächennutzungsplan, welcher die streitgegenständliche Fläche als Wohnbaufläche ausweise.
15Durch die Nichtkündigung wäre die Beklagte auch erheblich beeinträchtigt. Durch die geplante Veräußerung würde auf der Fläche dringend benötigten Wohnraum, eine Kindertagesstätte, sowie ein öffentlicher Spielplatzes errichtet. Zudem seien mit einer Veräußerung auch erhebliche Einnahmen von 5 Mio. EUR verbunden. Es käme somit zu einem städtebaulich sehr präferierten Lückenschluss. Nachteile im Sinne der Norm seien nicht allein auf pekuniäre Nachteile beschränkt, welche die Beklagte jedoch ebenfalls in direkter Weise, durch den Erlös, sowie in indirekter Weise, in Form der durch die Entwicklung ausgelösten Grund-, Gewerbe- und Einkommenssteuereinnahmen treffen würde. Wichtiger seien der Beklagten jedoch stadtentwicklungspolitische Ziele zu erreichen.
16Sie handele in Umsetzung ihrer Planungshoheit, welche auch die Finanzhoheit umfasse und bei der Auslegung des BKleingG zu beachten sei.
17Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie durch die Vorschriften des BKleingG in ihren verfassungsrechtlichen Rechten, insbesondere aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG und Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verletzt sei.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechseltenSchriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist zulässig und begründet.
20I.
21Die Klage ist zulässig.
22Der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit ist gem. § 13 GVG eröffnet. Es handelt sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit. Dies ist der Fall, wenn sich rechtlich gleichgeordnete Parteien maßgeblich über Rechtsverhältnisse und Rechtsfolgen des Privatrechts streiten (BeckOK GVG/Gerhold, 17. Ed. 15.11.2022, GVG § 13 Rn. 11). Vorliegend streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer Kündigung eines privatrechtlichen Pachtvertrages über Kleingartenflächen. Dabei treten sie sich als Verpächter und Pächter rechtlich gleichgeordnet gegenüber. Das Gericht ist dabei gem. § 17 Abs. 2 S. 1 GVG auch zur Entscheidung von Rechtsfragen berufen, die anderen Rechtswegen unterfallen, hier des Bauplanungsrechts.
23Ein Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Durch die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung zum 31.11.2022 droht den Rechten und Pflichten des Klägers aus dem Pachtvertrag eine gegenwärtige Unsicherheit, weil die Wirksamkeit der Kündigung unklar ist.
24Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass dem Kläger die Möglichkeit offen stehe den von der Stadt erlassenen Bauvorbescheid im Rahmen einer Klage vor den Verwaltungsgerichten anzugreifen, steht dies einem Feststellungsinteresse nicht entgegen, eine entsprechende Klage würde nicht das Begehren des Klägers über die Fortsetzung der Pachtvertrags über die betreffenden Teilfläche erfassen.
25II. Die Klage ist begründet.
26Die Kündigung des Generalpachtvertrages über die Teilfläche Gemarkung Y., Flur N01, Flurstück 5/2, 5/3 und Teilfläche aus N02 vom 31.01.2022 durch die Beklagte ist unwirksam.
27Die Beklagte hatte keinen Kündigungsgrund. Kündigungsgründe sind für den Verpächter in §§ 8-10 BKleingG abschließend aufgezählt.
28Vorliegend kommt alleine eine Kündigung nach § 9 BKleingG in Betracht.
291.
30Eine Kündigung auf Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 5 BKleingG ist vorliegend ausgeschlossen. Die Vorschrift setzt die Existenz eines Bebauungsplans für die Flächen voraus (BT-Drs. 9/1900, S. 16). Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung wurde unstreitig kein Bebauungsplan für das streitgegenständliche Gebiet beschlossen.
312.
32Die Kündigung kann auch nicht auf § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG gestützt werden. Nach dieser Norm besteht ein ordentlicher Kündigungsgrund, wenn planungsrechtlich eine andere als die kleingärtnerische Nutzung zulässig ist und der Eigentümer durch die Fortsetzung des Pachtverhältnisses an einer anderen wirtschaftlichen Verwertung gehindert ist und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Die Norm ist – in Abgrenzung zu § 9 Abs. 1 Nr. 5 BKleingG – nur anwendbar, wenn sich der Kleingarten auf einer unbeplanten Fläche befindet (BT-Drs. 9/1900, S. 16; BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 – III ZR 250/13 –, Rn. 19, juris; BVerfG, Beschluss vom 23. September 1992 – 1 BvL 15/85 –, BVerfGE 87, 114-151, Rn. 108). So vorliegend. Ein Bebauungsplan besteht nicht.
33Entgegen der Auffassung der Beklagten, entfaltet auch ein Flächennutzungsplan keine mit einem Bebauungsplan vergleichbare Wirkung. Unabhängig davon, ob ein Flächen-nutzungsplan überhaupt rechtsverbindliche Bodennutzungsregelungen oder Außenwirkung gegenüber Bürgern entfalten kann, ist nicht ersichtlich warum neben der Kündigungsmöglichkeit bei Vorliegen eines Bebauungsplans nach § 9 I Nr. 5 BKleingG und der Kündigungsmöglichkeit bei zulässiger anderer Nutzung nach § 9 I Nr. 4 BkleingG ein Rückgriff auf den Flächennutzungsplan erforderlich sein sollte. Insbesondere liefe eine entsprechende Anwendung Gefahr, den gesetzlich intendierten Kündigungsschutz zu unterlaufen. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber für diesen Fall bewusst keine Kündigungsmöglichkeit vorgesehen hat.
34a)
35Eine andere als die kleingärtnerische Nutzung war zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 31.1.2022 planungsrechtlich unzulässig.
36Die streitgegenständlichen Kleingärten gelten als fiktive Dauerkleingärten. Sie unterfallen zwar nicht dem § 1 Abs. 3 BKleingG. Nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 3 BKleingG fallen hierunter nur Kleingarten auf einer Fläche, die im Bebauungsplan für Dauerkleingärten festgesetzt ist. Vorliegend handelt es sich um vollständig unbeplante Flächen.
37Die hier streitgegenständlichen Kleingarten sind aber fiktive Dauerkleingärten im Sinne des § 16 Abs. 2 BKleingG. Dies sind alle Kleingärten, die bei Inkrafttreten des BKleingG am 1.4.1983 (§ 22 BKleingG) keine Dauerkleingärten waren, im Eigentum einer Gemeinde stehen und deren Pachtverträge vor Inkrafttreten des BKleingG geschlossen wurden. Der Pachtvertrag zwischen der Stadt F als Beklagte und permanente Eigentümerin der Flächen und dem Kläger ist unstreitig ein Pachtvertrag, der vor dem Inkrafttreten des KleingG geschlossen wurde. Die Parteien vermuten übereinstimmend, dass der ursprüngliche Pachtvertrag in den 1930er Jahren geschlossen wurde.
38b)
39Eine andere als die kleingärtnerische Nutzung ist für Dauerkleingärten planungsrechtlich unzulässig. Die Fläche eines Dauerkleingartens ist gem. § 1 Abs. 3 BKleingG im Bebauungsplan als Kleingarten festgesetzt. Eine andere Nutzung ist planungsrechtlich unzulässig, da sie gegen § 30 Abs. 3 BauGB verstoßen würde.
40Gem. § 1 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 BKleingG ist auf den streitgegenständlichen Flächen allein die kleingärtnerische Nutzung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB im Sinne von § 1 Abs. 1, 3 BKleingG festgesetzt. Anhaltspunkte für Ausnahmen oder Befreiungen gem. § 31 Abs. 1, 2 BauGB hat die beweisbelastete Beklagte nicht vorgebracht. Die von der Beklagten angestrebte Nutzung zu Wohnzwecken ist demnach planungsrechtlich unzulässig.
41Verträge über fiktive Dauerkleingärten sind gem. § 16 Abs. 2 BKleingG wie Verträge über Dauerkleingärten zu behandeln. Daher ist auch insoweit die Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG wegen bauplanungsrechtlicher Unzulässigkeit nach § 30 Abs. 3 BauGB ausgeschlossen (Duckstein, in Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. (Hrsg.), 2002, 25, 30; OLG Rostock, Urteil vom 16. März 2017 – 3 U 75/16 –, Rn. 7-8, juris). Diese Rechtsfolgenanordnung für fiktive Dauerkleingärten stimmt mit dem Wortsinn von § 16 Abs. 2 BKleingG und dem historischen Wille des Gesetzgebers überein. Die fiktiven Dauerkleingärten „[…] sollen den Dauerkleingärten gleichgestellt werden“ (BT-Drs. 9/1900, S. 18). Sie wären aber nicht gleichgestellt, wenn fiktive Dauerkleingärten nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG – anders als Dauerkleingärten – kündbar wären und dazu auch keine Verpflichtung zur Bereitstellung oder Beschaffung von Ersatzland nach § 14 Abs. 1 BKleingG bestünde.
42Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit ergibt sich auch nicht aus dem Bauvorbescheid des Bauaufsichtsamtes der Beklagten vom 14.6.2022. Ein Bauvorbescheid kann die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nicht begründen. Der Bauvorbescheid kann zwar als Indiz berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 – III ZR 250/13 –, Rn. 22, juris). Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich gem. § 30 Abs. 2, 3 BauGB aber nach den Festsetzungen des Bebauungsplans und – soweit diese fehlen – nach den §§ 34; 35 BauGB. Der Bauvorbescheid gibt lediglich Auskunft darüber, wie eine Baurechtsbehörde die vom Antragsteller konkret aufgeworfenen Fragen beurteilt. Das Gericht ist an die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit durch das Bauaufsichtsamt der Beklagten jedoch nicht gebunden. Aus dem Bauvorbescheid ergibt sich überdies auch nicht, dass die Vorschriften des BKleingG bei der Prüfung berücksichtigt worden sind.
43c)
44Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen unrechtmäßigen Grundrechtseingriff berufen.
45Die Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit für fiktive Dauerkleingärten ist verfassungsgemäß.
46Insbesondere ist dies mit Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG vereinbar (siehe zu § 16 Abs.3-4 BKleingG BVerfG, Beschluss vom 23. September 1992 – 1 BvL 15/85 –, BVerfGE 87, 114-151, Rn. 99). § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG stellt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG und keine Enteignung dar (BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1979 – 1 BvL 19/76 –, BVerfGE 52, 1-42, Rn. 109-115).
47Die Beklagte kann sich im Bereich des fiskalischen Handelns auf die Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG berufen. Die Inhalts- und Schrankenbestimmung greift in die Eigentumsfreiheit der Beklagten in Gestalt der Verfügungs- und Nutzungsbefugnis des Eigentums ein, insbesondere da eine andere als die kleingärtnerische Nutzung durch den Ausschluss des Kündigungsrechts grundsätzlich ausgeschlossen wird (vgl. zu § 16 Abs. 4 S. 1 BKleingG BVerfG, Beschluss vom 23. September 1992 – 1 BvL 15/85 –, BVerfGE 87, 114-151, Rn. 98).
48Der Eingriff ist jedoch gerechtfertigt und verhältnismäßig. Die planerische Festsetzung als Dauerkleingärten soll den Bestand der bestehenden Kleingartenanlagen sichern (BVerfG, Beschluss vom 23. September 1992 – 1 BvL 15/85 –, BVerfGE 87, 114-151, Rn. 97). Die öffentlich anerkannten Belange der Kleingärtner tragen dem Freizeit- und Erholungsbedürfnissen von Teilen der Bevölkerung Rechnung und sind daher als gewichtiger Gemeinwohlbelang nach Art. 14 Abs. 2 GG zu berücksichtigen (ausführlich zu den betroffenen Belangen BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1979 – 1 BvL 19/76 –, BVerfGE 52, 1-42, Rn. 131-135; Mainczyk/Nessler, Kommentar BKleingG, § 1, Rn. 38d). Da die Kündigungsrechte der Beklagten nach § 9 BKleingG im Übrigen unangetastet bleiben (OLG Rostock, Urteil vom 16. März 2017 – 3 U 75/16 –, Rn. 19, juris), wiegt dieser Eingriff nicht schwer. Zudem werden durch § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG nur planungsrechtlich unzulässige Nutzungen ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Fall die Beklagte selbst kraft ihrer Planungshoheit aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG im Rahmen der Vorschriften des Bauplanungsrechts selbstständig darüber entscheiden kann, ob ein Vorhaben planungsrechtlich zulässig oder unzulässig ist (Duckstein, in Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. (Hrsg.), 2002, 25, 30). Dass sie diese Möglichkeit ungenutzt ließ, kann sich nicht zulasten des Klägers auswirken.
49Durch den Ausschluss des Kündigungsgrundes nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG für (fiktive) Dauerkleingärten werden private und kommunale Eigentümer zwar ungleich behandelt. Diese Ungleichbehandlung war aber vom Gesetzgeber mit dem Erlass der § 16 Abs. 2, 3 BKleingG intendiert (BT-Drs. 9/1900, S. 18) und ist gerechtfertigt. Denn Gemeinden sind bei der Wahrnehmung ihrer Eigentumsbefugnisse auch beim fiskalischen Handeln stärkeren Bindungen und Verpflichtungen unterworfen als private Eigentümer. So gehört auch die Bereitstellung von Kleingartenland zum gemeindlichen Aufgabenkreis (BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1979 – 1 BvL 19/76 –, BVerfGE 52, 1-42, Rn. 137). Zudem können Gemeinden – anders als private Eigentümer – im Rahmen des Bauplanungsrechts selber über die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben disponieren, indem sie bauplanerisch tätig werden. Solange eine Gemeindes dies aber wie im vorliegenden Fall nicht tut, entspricht es dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, die bisher ausgeübte Nutzung als Kleingarten fortbestehen zu lassen (BT-Drs. 9/1900, S. 18).
50Entgegen der Auffassung der Beklagten wird auch die Planungshoheit der Gemeinde aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG hierdurch nicht beeinträchtigt. Die Planungshoheit ist die Befugnis der Gemeinden, die städtebauliche Entwicklung ihres Gebietes zu ordnen und die Bodennutzung in ihrem Gebiet zu planen und zu regeln (Bätge, Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen, 5. Aufl. 2019, Rn. 38).
51Das BKleingG lässt die Befugnis der Gemeinde zur Planung der Bodennutzung unberührt.
52Eine verfassungskonforme Auslegung von § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG bedarf es vor dem Hintergrund von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ebenso wenig. Der Gesetzgeber selbst hat der Planungshoheit der Gemeinden insofern Rechnung getragen, als dass er, je nachdem, ob und wie die Gemeinde von ihrer Planungshoheit Gebrauch gemacht hat, ein anderes Kündigungsregime im § 9 Abs. 1 Nr. 4-6 BKleingG vorgesehen hat (BT-Drs. 9/1900, S. 18).
533.
54Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht nach § 9 I Nr. 6 a) BKleinG zu. Dieser Kündigungsgrund erfasst alle Fälle der Nutzungsregelung, die im Rahmen eines förmlichen Planfeststellungsverfahrens entschieden werden und alsbald für eine nichtkleingärtnerische Nutzung benötigt wird. Es ist vorliegend kein Planfeststellungsverfahren erkennbar.
55III.
56Die Kostenentscheidung ergeht auf Grundlage von § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
57Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf §§ 708 Nr. 11 Alt. 2; 711 S. 1; 713 BGB.
58Der Streitwert wird auf 1655,10 € festgesetzt.
59Rechtsbehelfsbelehrung:
60Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
611. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
622. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
63Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
64Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
65Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
66Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
67Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
68Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
69Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.