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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung. Die Parteien streiten über den Umfang der Erstattungspflicht der Beklagten anlässlich einer femtosekundenlaser-assistierten Kataraktoperation nebst Korrektur eines bereits vor der Operation bestehenden Astigmatismus. In Streit steht die Abrechnung der Ziff. 5855 GOÄ analog (zum 2,7-fachen Steigerungssatz). Die Beklagte erstattete – jeweils für beide Augen – die Kosten des Lasereinsatzes nicht und berücksichtigte dafür die Gebühren Ziff. 441 GOÄ.
3Der Kläger behauptet, dass die Verwendung des Femtosekundenlasers medizinisch indiziert gewesen sei, unter anderem zur Vermeidung einer Hornhautschwellung sowie zur Vermeidung eines Endothelzellenverlusts. Eine bei ihm bestehende ausgeprägte epiretinale Gliose mit Traktionssyndrom habe überdies eine eigenständige Indikation des Lasereinsatzes begründet. Es habe das individuell erhöhte Risiko eines Makulaödems mit konsekutiver Visusreduktion nach einer konventionellen Kataraktoperation bestanden. Eine zusätzliche Indikation sei wegen einer Kernsklerose und hinteren Linsentrübungen gegeben gewesen.
4Weiterhin behauptet der Kläger, dass die Korrektur der Hornhautverkrümmung an beiden Augen medizinisch notwendig und – mit Blick auf den Einsatz des Femtosekundenlasers – eigenständig indiziert gewesen sei. Der Kläger habe gar nicht anders als mit dem Femtosekundenlaser operiert werden können, weil eine manuelle Operation der Hornhaut nicht möglich gewesen sei.
5Der Kläger meint schließlich, dass – sollte eine Abrechnung nach Ziff. 5855A nicht infrage kommen – eine doppelte Abrechnung der Ziff. 1375 GOÄ angezeigt sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Replik vom 13.07.2020 (Bl. 58 ff. d.A.) verwiesen.
6Der Kläger beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.036,80 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB zu zahlen, sowie
8die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 334,75 € nebst 5 % Zinspunkten über dem jeweiligen Basissatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte meint, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers nicht als selbstständige Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2, Absl 2a GOÄ qualifiziert werden könne. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 3-8 der Klageerwiderung (Bl. 38-43 d.A.) verwiesen. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Schonung von Hornhautendothelzellen keine eigenständige Indikation für den Lasereinsatz rechtfertigen würde. Es handele sich um eine bloße Schonungsleistung. Die maßgebliche Ziffer zur Abrechnung ambulanter Laseranwendungen sei die Ziff. 441 GOÄ. Schließlich seien die Voraussetzungen von § 6 Abs. 2 GOÄ nicht gegeben. Wegen der Einzelheiten wird diesbezüglich auf S. 12-14 der Klagerwiderung (Bl. 47-50 d.A.) verwiesen.
12Die Beklagte behauptet, dass bei Hornhautverkrümmungen von bis zu 1,0 Dioptrien keine medizinische Notwendigkeit zu einer operativen Refraktion bestehen würde. Im Übrigen würden aktuelle Erkenntnisse darauf hindeuten, dass eine torische Kunstlinse bei der Korrektur von Hornhautverkrümmungen effektiver sei als Hornhautinzisionsoperationen. Lediglich bei einer Dioptrienzahl von 0,75-1,5 sei der Einsatz des Lasers gegenüber einer torischen Linse vorteilhaft. Die Vermeidung einer durch die (Katarakt-) Operation induzierten Hornhautverkrümmung könne keine eigenständige Indikation des Lasereinsatzes rechtfertigen. Jedenfalls könne die Ziff. 5855 GOÄ analog nicht für eine solche Behandlung abgerechnet werden. Einschlägig sei vielmehr die Ziff. 1345 GOÄ analog – bewertet mit dem 3,5-fachen Wert.
13Schließlich meint die Beklagte, dass – selbst wenn man die Abrechenbarkeit bejahen würde – Ziff. 5855 GOÄ nicht zum 2,7-fachen Steigerungssatz liquidiert werden könne.
14Das Gericht hat gemäß Beweisbeschlüssen vom 11.08.2020 (Bl. 68 d.A.) sowie 08.12.2021 (Bl. 212 R) durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, Ergänzungsgutachtens nebst Erläuterung im Verhandlungstermin vom 08.12.2021 (Bl. 212 ff. d.A.) Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. Fries vom 28.01.2021 (Bl. 104 ff. d.A.), die ergänzende Stellungnahme vom 06.05.2021 (Bl. 149 ff. d.A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.12.2021 (Bl. 212 ff. d.A.) verwiesen. Das Gericht hat mit Verfügung vom 10.01.2021 (Bl. 216 d.A.) Hinweise erteilt.
15Entscheidungsgründe:
16Die zulässige Klage ist unbegründet.
17I.
18Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung von 2.036,80 € (nebst Zinsen). Der Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 192 Abs. 1 VVG i.V.m. dem Versicherungsvertrag. Denn der Kläger war gegenüber den abrechnenden Augenärzten – soweit die Beklagte von der Erstattung abgesehen hat – keiner Verbindlichkeit ausgesetzt. Die erfolgte Abrechnung war insoweit nicht zulässig.
19Aufwendungen für Heilbehandlung, die der Versicherer im Versicherungsfall in der Krankheitskostenversicherung zu ersetzen hat, entstehen dem Versicherungsnehmer durch das Eingehen von Verbindlichkeiten (BGH, Urt. v. 12.03.2003 – IV ZR 278/01, NJW 2003, 1596). Allerdings verpflichtet die Krankheitskostenversicherung als Passivenversicherung den Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen, die diesem in Bezug auf das versicherte Risiko zur Erfüllung von Verpflichtungen aus berechtigten Ansprüchen Dritter erwachsen sind (BGH, Urt. v. 12.03.2003 – IV ZR 278/01, NJW 2003, 1596).
20Die abrechnenden Ärzte waren vorliegend – soweit dies hier in Streit steht – nicht zur Abrechnung der Ziff. 5855 GOÄ analog berechtigt. Die Ziff. 441 sowie Ziff. 1345 analog GOÄ wurden durch die Beklagte bereits berücksichtigt.
211.
22Ob die die Anwendung des Femtosekundenlasers zur Behandlung der Hornhautverkrümmung an den Augen des Klägers medizinisch notwendig war, so wie es der Sachverständige festgestellt hat, kann letztlich dahinstehen.
232.
24Die medizinische Notwendigkeit des Lasereinsatzes stand in diesem Rechtsstreit nicht in Streit.
253.
26Die Ziff. 5855 GOÄ analog war vorliegend nicht abrechenbar. Der Einsatz des Femtosekundenlasers ist im vorliegenden Fall nicht als selbstständige Leistung zu qualifizieren.
27Vergütungen (auch Gebühren, § 3 GOÄ) darf der Arzt nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind (§ 1 Abs. 2 S. 1 GOÄ). Gebühren sind gem. § 4 Abs. 1 GOÄ Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen. Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen (§ 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ). Für eine Leistung, die Bestandteil (§ 4 Abs. 2a S. 1 Alt. 1 GOÄ) oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist (§ 4 Abs. 2a S. 1 Alt. 1 GOÄ), kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte (§ 4 Abs. 2a S. 2 GOÄ).
28Selbständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden (§ 6 Abs. 2 GOÄ).
29Wie der dritte Zivilsenat des BGH in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist die Selbstständigkeit einer ärztlichen Leistung danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht (BGH, Urt. v. 21.01.2010 – III ZR 147/09, NJW-RR 2010, 1355, 1356; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435). Der dritte Zivilsenat hat damit insbesondere in das Gebührenverzeichnis aufgenommene Leistungen als nicht abrechenbar angesehen, deren Zweck darin bestand, beim Erreichen des Operationsziels benachbarte Strukturen zu schonen und nicht zu verletzen (BGH, Urt. v. 21.01.2010 – III ZR 147/09, NJW-RR 2010, 1355, 1356).
30Für die Anwendung des § 6 Abs. 2 GOÄ kommt es darauf an, ob die in Rede stehende Leistung eine andere als die im Leistungsverzeichnis beschriebene ist und nicht nur eine besondere Ausführung der Letzteren (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1205). Wo die Grenze zwischen beidem liegt, lässt sich letztlich nicht ohne Einbeziehung wertender Gesichtspunkte bestimmen (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1205; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435).
31a.
32In dem bereits zitierten Urteil des dritten Zivilsenats zu der sog. Computerunterstützten Navigationstechnik bei Durchführung einer Totalendoprothese des Kniegelenks nach Nr. 2153 GOÄ (BGH, Urt. v. 21.01.2010 – III ZR 147/09, NJW-RR 2010, 1355; Zahlungsanspruch aus einem Dienstverhältnis/Behandlungsvertrag) hat der Senat über eine ärztliche Leistung entschieden, welche „keinen neuartigen operativen Einzelschritt, sondern ein Hilfsmittel des Arztes [darstellte], der sich nicht mehr allein auf seine Augen, sein Gefühl, seine Fingerfertigkeit und seine Erfahrung verlasse, sondern sich der modernen Computertechnik bediene, um ein besseres Operationsergebnis bzw. eine optimale Zielleistung zu erreichen“. Die Navigationstechnik war ein „objektiver Assistent“. Der Einsatz der Navigationstechnik entfaltete sich „erst während der Operation“ und war damit Teil der Zielleistung. Die Zielpunktbestimmung durch die Technik wurde während des Verlaufs der Operation vorgenommen, hätte für sich genommen – ohne die Operation – jedoch keinen Sinn gehabt. Sie war kein notwendiger Bestandteil der Operation, sondern eine besondere Ausführungsart, die zu besseren Ergebnissen/der Optimierung der Operation nach Ziff. 2153 GOÄ führte. Die Anwendung der Navigationstechnik wurde mangels Eigenständigkeit der Leistung als nicht separat abrechenbar bewertet.
33Es entspricht mittlerweile der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass der vorliegende Sachverhalt entsprechend zu bewerten ist (BGH, Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435). Dies entspricht einem erheblichen Teil der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (so auch OLG Naumburg, Urt. v. 09.05.2019 – 4 U 28/16, VersR 2019, 1348, 1349; LG Heidelberg, Urt. v. 10.12.2019 – 2 S 14/19, BeckRS 2019, 38521 Rz. 19-26; LG Düsseldorf, Urt. v. 16.07.2020 – 9 S 50/17, zitiert nach Juris; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.08.2020 – 4 U 162/18, zitiert nach Juris) und auch der gefestigten Rechtsprechung der 146. Abteilung (vgl. die Urteile vom 26.08.2020 – 146 C 192/19; 02.12.2020 – 146 C 173/19; 28.04.2021 – 146 C 113/20; 26.05.2021 – 146 C 108/20; 23.06.2021, 146 C 95/20; 23.06.2021 – 146 C 296/19; 30.06.2021 – 146 C 224/18) und 118. Abteilung des Amtsgericht Köln (AG Köln, Urt. v. 20.01.2021 – 118 C 445/19, zitiert nach Juris).
34Das Gericht ist nicht i.S.d. § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO davon überzeugt, dass eine eigenständige medizinische Indikation für den Einsatz des Femtosekundenlasers – im Rahmen der Katarakt-Operationen – bestanden hat.
35§ 286 ZPO verlangt einen so genannten „Vollbeweis“ (MünchKomm/Prütting, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 286 Rn. 35). Der Richter darf sich nicht mit einer bloßen Wahrscheinlichkeit begnügen (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 948). Eine von allen Zweifeln freie Überzeugung setzt das Gesetz allerdings nicht voraus (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 948). Der Richter darf und muss sich aber in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 948). Diese Überzeugung des Richters erfordert keine – ohnehin nicht erreichbare – absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (OLG München, Urt. v. 14.02.2014 – 10 U 2815/13, NZV 2014, 416).
36Die zitierte Rechtsprechung zur Abrechnung des laser-assistierten Katarakt-Operation führt – worauf bereits mehrfach hingewiesen wurde – nicht zu dem Ergebnis, behandelnden Ärzten „jedwede Vergütung“ für den Einsatz des Femtosekundenlasers (im Rahmen der Kataraktoperation) zu „versagen“. In der Rechtsprechung wurden bereits besondere medizinische Indikationen für den Einsatz des Femtosekundenlasers diskutiert (bspw. Operationen bei Kindern/Patienten mit verlagerten Linsen oder anderen Augen(vor)erkrankungen; vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 09.05.2019 – 4 U 28/16, VersR 2019, 1348, 1349; LG Heidelberg, Urt. v. 10.12.2019 – 2 S 14/19, BeckRS 2019, 38521 Rz. 22; LG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2020 – 9 S 8/19, BeckRS 2020, 44789; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.08.2020 – 4 U 162/18, zitiert nach Juris).
37Eine solche Indikation bestand vorliegend jedoch nicht. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat der Sachverständige festgestellt, dass nicht feststellbar sei, dass die laser-assistierte Kataraktchirurgie im Hinblick auf ein postoperatives Makolaödem dem konventionellen Verfahren überlegen sei. Ein Zusammenhang zwischen epiretinaler Gliose habe der Sachverständige im Rahmen einer wissenschaftlichen Recherche nicht ausfindig machen können. Beides würde letztlich eine individuelle Indikation für den Einsatz des Femtosekundenlasers nicht begründen. Im Verhandlungstermin vom 08.12.2021 hat der Sachverständige verneint, dass eine ausgeprägte Gliose mit Traktionssyndrom, eine Kernsklerose und eine hintere Rindentrübung im Rahmen der Ultraschallbehandlung bzw. der konventionellen Behandlungsmethode ein Risiko darstellen würden und dass es diesbezüglich Vorteile der laser-assistierten Chirurgie geben würde. Die von dem Klägervertreter in dem Schriftsatz vom 04.01.2021 vorgebrachten neuen Tatsachen (Risiko einer hinteren Kapselruptur, ggf. bessere Ergebnisse einer Laseroperation) sind zum einen i.S.d. § 296a S. 1 ZPO neuer Vortrag, der nicht nachgelassen war (keine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme) und zum anderen – selbst wenn sie berücksichtigt werden könnten – nicht geeignet, die Frage der Selbstständigkeit anders zu bewerten.
38b.
39Auch im Rahmen der Korrektur der Hornhautverkrümmung kommt eine Abrechnung analog Ziff. 5855 GOÄ nach Auffassung des Abteilungsrichters nicht in Betracht.
40Der Arzt darf auch ein und dieselbe Leistung, die zugleich Bestandteil einer von ihm gleichfalls vorgenommenen umfassenderen Leistung ist, nicht zweimal abrechnen (BGH, Urteil vom 05.06.2008 – III ZR 239/07, NJW-RR 2008, 1278, 1279). Daraus folgt zugleich die Selbstverständlichkeit, dass Leistungen, die nicht Bestandteil einer anderen abgerechneten Leistung sind, abrechenbar sind, soweit es sich um selbstständige Leistungen handelt (BGH, a.a.O.). Bei Anwendung der genannten Bestimmungen geht es um die Verhinderung einer Doppelhonorierung von Leistungen (BGH, a.a.O.). Nur dieser Grund rechtfertigt es, eine erbrachte Leistung, soweit sie selbstständig ist, nicht zu honorieren (BGH, a.a.O.). Daran wird deutlich, dass es einer genaueren Betrachtung der Reichweite jeder in Rede stehenden Gebührenposition bedarf und aus dem Umstand, dass nach ärztlicher Kunst verschiedene Leistungen in zeitlichem Zusammenhang zu erbringen sind, nicht ohne Weiteres zu schließen ist, es liege nur eine Zielleistung vor, im Verhältnis zu der sich die anderen als unselbstständige Hilfs- oder Begleitverrichtungen darstellten (BGH, Urteil vom 05.06.2008 – III ZR 239/07, NJW-RR 2008, 1278, 1279 f.). Geben unterschiedliche Gebührenpositionen, die ihrer Legende nach durch den Arzt erfüllt worden sind, keine näheren Hinweise über ihr Verhältnis zueinander, ist zu prüfen, ob es sich um jeweils selbstständige Leistungen handelt oder ob eine oder mehrere von ihnen als Zielleistung und die anderen als deren methodisch notwendigen Bestandteile anzusehen sind (BGH, Urteil vom 05.06.2008 – III ZR 239/07, NJW-RR 2008, 1278, 1279 f.).
41Sachverständig beraten geht das Gericht davon aus, dass es sich bei der Korrektur der Hornhautkrümmung um eine „Hornhautplastik“ i.S.d. Ziff. 1345 GOÄ handelt. Insofern hat der Sachverständige sich möglicherweise anders Positioniert als der Sachverständige, der in dem von dem Landgericht Köln entschiedenen Rechtsstreits (Urt. v. 19.10.2005 – 25 S 19/04, BeckRS 2005, 151166) das Gutachten erstattet hat. Hier hat der Sachverständige ausgeführt, dass Ziff. 1345 GOÄ durchaus die manuell durchgeführte Hornhautkorrektur abbilden würde. Hierbei handele es sich um die ursprüngliche Variante, die heute jedoch als „historisch“ betrachtet werden könne. Solche Operationen habe man in den 1960er Jahren vorgenommen. Heute würde diese Schnitte niemand mehr per Skalpell durchführen. Auch im vorliegenden Fall wäre eine Kombination der Kataraktoperation mit der Korrektur der Hornhautverkrümmung mittels Skalpell gefährlich gewesen („So etwas würde heute niemand machen.“). Es wird also in der GOÄ – insofern vergleichbar mit den Ausführungen zu Ziff. 1375 GOÄ und dem Verhältnis zum Femtosekundenlaser – eine Zielleistung definiert, welche sowohl die manuelle als auch die laser-assistierte Behandlungsmethode abdeckt.
42Angesichts der Ausführungen des Sachverständigen könnte man einerseits davon ausgehen, dass bei Verwendung eines Femtosekundenlasers im Rahmen einer Korrektur der Hornhaut eine eigenständige neue Methode zum Einsatz kommt. Insbesondere gelte hier nicht, dass der Operateur zwischen einer „manuell-chirurgischen“ oder aber „femtosekundenlaser-assistierten“ ernsthaft wählen könnte. Für diese Sichtweise spricht auch die Sichtweise des Ausschusses „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer zur sog. „LASIK“ (Beschluss des Ausschusses "Gebührenordnung" der Bundesärztekammer, Stand: 18.01.2002, veröffentlicht in: Deutsches Ärzteblatt 99, Heft 3 (18.01.2002), Seite A-144-145).
43Andererseits bleibt die Zielleistung, auf die beide Ausführungsarten zielen, unabhängig von der Ausführungsart, dieselbe. Insofern kann man auch hier davon ausgegangen werden, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers zwar nicht notwendiger Bestandteil der Korrektur der Hornhautverkrümmung ist (die zumindest theoretisch auch ohne Einsatz dieser Technik vorgenommen werden kann), aber eine besondere (unselbständige) Ausführungsart. Auch hier ist es unschädlich, dass diese Lasertechnologie bei der Bewertung der unter der Ziff. 1345 GOÄ erfassten Leistung durch den Verordnungsgeber noch nicht bekannt war. Nicht anders als im Rahmen der laser-assistierten Katarakt-Chirurgie handelt es sich bei dem Lasereinsatz letztlich um keinen neuartigen operativen Einzelschritt, sondern um ein Hilfsmittel des Arztes, der sich nicht mehr allein auf seine Augen, sein Gefühl, seine Fingerfertigkeit und seine Erfahrung verlasse, sondern sich der modernen Computertechnik bediene, um ein besseres Operationsergebnis bzw. eine optimale Zielleistung zu erreichen. Die Zielleistung der Operation „Astigmatismus-Beseitigung" ist in der Ziff. 1345 GOÄ enthalten (so bereits das AG Düsseldorf, Urt. v. 03.08.2017 – 43 C 157/15, BeckRS 2017, 126110).
44Hierbei wird nicht verkannt, dass ein – verglichen mit der laser-assistierten Katarakt-Chirurgie deutlich erhöhtes – Bedürfnis der behandelnden Ärzteschaft besteht, eine über Ziff. 1345 GOÄ analog nebst Ziff. 441 GOÄ hinausgehende Vergütung für diese Operation abrechnen zu können. Doch die Vergütung des Einsatzes des Femtosekundenlasers generell – unabhängig von einer wie soeben dargestellten besonderen medizinischen Indikation – zu regeln, etwa weil es sich um die höherwertige Behandlungsform handeln könnte (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 09.05.2019 – 4 U 28/16, VersR 2019, 1348), ist Sache „des Verordnungsgebers“. Dessen Aufgabe ist es, darüber zu befinden, wie ärztliche Leistungen, gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung nach Erlass der Verordnung eingetretener Veränderungen des technischen Standards oder der Fortentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse, zu bewerten sind (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204). Eine Bindung an die Verordnung besteht nur dann nicht, wenn sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht – etwa Art. 3 GG oder Art. 12 GG – nichtig ist, was der Richter selbst feststellen kann (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204).
45Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind Vergütungsregelungen nur dann mit Art. 12 GG Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.10.2004 – 1 BvR 1437/02, NJW 2005, 1036 f.). Die Grenzen der Zumutbarkeit hat das BVerfG dort gesehen, wo unangemessen niedrige Einkünfte zugemutet werden und auf der Grundlage der bestehenden Vergütungsregelung eine wirtschaftliche Existenz generell nicht möglich ist (BVerfG, Beschl. v. 25.10.2004 – 1 BvR 1437/02, NJW 2005, 1036 f.). Der dritte Zivilsenat des BGH stellt an die (substantiierte) Behauptung der Unauskömmlichkeit – bezogen auf eine Spezialoperation – besondere Anforderungen: Dass die Vergütung objektiv nicht auskömmlich wäre, könne nur beurteilt werden, wenn Aufwand und Kostenstrukturen näher dargestellt wären (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204). In diese Überlegungen müssten auch die Honorierung entsprechender Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung und – im Falle einer stationären Behandlung weitere Umstände – einbezogen werden (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204). Dafür wird vorliegend von der Klägerseite nicht – bzw. nicht hinreichend – vorgetragen.
46Dass eine doppelte Abrechnung der Ziff. 1375 GOÄ sowohl in dem vorliegenden als auch in vergleichbaren Fällen nicht in Betracht kommt, hat das Gericht bereits mit Urteil vom 26.08.2020 (146 C 192/19) zu dem inhaltsgleichen Vortrag des Klägervertreters entschieden. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des dritten Zivilsenats des BGH (Urt. v. 10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435).
47Überdies gibt es – jedenfalls wenn die Korrektur der Hornhaut-Verkrümmung mit der Katarakt-Operation verbunden wird – eine letztlich auf Heilung angelegte Behandlungsalternative. Als solche kommt, so der Sachverständige, stets das Einsetzen einer torischen Intraokularlinse in Betracht. Diese Methode sei unter Umständen allerdings nicht preiswerter als der Lasereingriff, sondern gegebenenfalls sogar teurer und aufwendiger.
48Schließlich geht der Abteilungsrichter – anders als der Klägervertreter – davon aus, dass sich aus dem bereits zitierten Urteil des dritten Zivilsenats des BGH (Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435) mittelbar ergibt, dass die vorliegende Konstellation nicht analog Ziff. 5855 GOÄ abgerechnet werden kann. Aus dem Tatbestand ergibt sich, dass in dem dort entschiedenen Fall „eine Astigmatismus-Operation (Korrektur von Hornhautverkrümmungen)“ vorgenommen worden war. Die gegen diese Auslegung des Urteils vorgebrachten Argumente des Klägervertreters überzeugen nicht. Insbesondere dürfte es angesichts der Ausführungen des Sachverständigen sowie den Entscheidungsgründen des Amtsgerichts Düsseldorf (Urt. v. 03.08.2017 – 43 C 157/15, BeckRS 2017, 126110) nahezu ausgeschlossen sein, dass dort manuell und ohne Laser gearbeitet worden sein könnte.
49II.
50Die Voraussetzungen für den Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten liegen ebenfalls unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vor. Insbesondere scheitert ein Anspruch gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB an einer Pflichtverletzung der Beklagten.
51III.
52Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
53Der Streitwert wird auf 2.036,08 EUR festgesetzt.
54Rechtsbehelfsbelehrung:
55A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
561. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
572. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
58Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
59Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
60Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
61Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
62B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
63Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
64Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
65Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
66Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.