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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger sind befugt, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
2Die Beklagte ist Trägerin der nach dem Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz - KiBiz) öffentlich geförderten Kindertageseinrichtung „D.“ in Köln. Die Tochter der Kläger, V. A., besuchte die Einrichtung aufgrund eines im Mai 2017 zwischen den Klägern und der Beklagten geschlossenen Betreuungsvertrages in der Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000.
3Der Betreuungsvertrag enthält die Regelung, dass bei Neuanmeldung eine Aufnahmegebühr von 200,00 € an die Beklagte zu zahlen ist. Weiter ist dort bestimmt, dass die Kläger zusätzlich zu dem von der Stadt Köln erhobenen Elternbeitrag eine monatliche Verpflegungspauschale von 90,00 € sowie einen monatlichen Zusatzbeitrag von 60,00 € für „besondere Angebote wie z.B. bilinguale Erziehung (nach Möglichkeit englischsprachige Fachkräfte in der Einrichtung), Schwimmen lernen/ Wassergewöhnung (nach Möglichkeit bis zum Seepferdchen) mit ausgebildeten Schwimmbegleitern, eigener Shuttlebus, Hausmeisterdienste, besondere Aktionen und Veranstaltungen, Bastelmaterial, Portfolioarbeit, Kopiergeld etc.“ an die Beklagte zu zahlen haben. Ob und in welchem Umfang in der Einrichtung solche besonderen Angebote gemacht wurden, die für die Tochter der Kläger zugänglich gewesen wären, steht zwischen den Parteien im Streit.
4Die Kläger bezahlten an die Beklagte eine Anmeldegebühr von 200,00 € sowie Zusatzbeiträge in Höhe von 2.040,00 €.
5Zum Ende des Kita-Jahres 2019/2020 erstattete die Beklagte den Klägern einen Betrag von 75,00 €.
6Die Kläger behaupten, es sei außerdem vertraglich geregelt gewesen, dass eine jährliche „Elternhelferpauschale“ von 150,00 € zu zahlen ist, welche bei Ableistung von 10 „Elternhelferstunden“ à 15,00 € zurückgezahlt wird. Sie hätten für die Kita-Jahre 2017/2018 und 2019/2020 jeweils eine Elternhelferpauschale von 150,00 € gezahlt. Für das Kita-Jahr 2017/2018 hätten sie die Elternhelferstunden vollständig abgeleistet, weshalb die für dieses Jahr gezahlte Pauschale auf das Jahr 2018/2019 übertragen worden sei.
7Die Kläger sind der Ansicht, dass die Regelungen in dem Betreuungsvertrag zu den Anmeldegebühren, monatlichen Zusatzbeiträgen sowie den Elternhelferstunden und -pauschalen nach § 307 BGB unwirksam sind. § 23 Abs. 1, Abs. 4 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 sei dahin auszulegen, dass freie Träger von Kindertageseinrichtungen außer einem Entgelt für Mahlzeiten keine Beiträge von den Eltern verlangen können.
8Die Kläger beantragen,
9die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag von 2.615,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2020 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14I. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
15Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 2.615,00 € zu.
161. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
17Die Kläger haben die Anmeldegebühren, Zusatzbeiträge und etwaige Elternhelferstunden bzw. -pauschalen nicht ohne Rechtsgrund geleistet. Die diesbezüglichen Regelungen in den Verträgen sind weder gemäß § 307 BGB noch gemäß § 134 BGB unwirksam.
18Nach der im Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge bestehenden Rechtslage war es freien Trägern von Kindertageseinrichtungen nicht verboten, über ein Entgelt für Mahlzeiten hinausgehende Zusatzbeiträge von den Eltern zu verlangen (ebenso AG Köln v. 22.07.2021, 162 C 253/20 (nicht veröffentlicht); aA AG Köln v. 23.11.2020, 130 C 346/20, Rn. 18 sowie im Anschluss daran LG Köln v. 26.05.2021, 26 O 538/20, Rn. 16; AG Köln v. 08.06.2021, 116 C 379/20, Rn. 23; v. 18.06.2021, 161 C 518/20, Rn. 30- zitiert jeweils nach juris).
19Maßgeblich ist hier § 23 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014. Dieser lautete:
20§ 23Elternbeiträge und Elternbeitragsfreiheit
21(1) Für die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege können Teilnahme- oder Kostenbeiträge (Elternbeiträge) nach § 90 Abs. 1 SGB VIII vom Jugendamt festgesetzt werden. In den Fällen des § 21d können die Elternbeiträge nur durch das Jugendamt des Wohnsitzes erhoben werden. Soweit die Förderung in Kindertagespflege gemäß § 23 SGB VIII erfolgt, sind weitere Kostenbeiträge der Eltern an die Tagespflegeperson ausgeschlossen. Das Jugendamt kann die Zahlung eines angemessenen Entgelts für Mahlzeiten an die Tagespflegepersonen zulassen.
22[…]
23(4) Der Träger der Kindertageseinrichtung kann ein Entgelt für Mahlzeiten verlangen.
24[…]
25a. Aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich weder ein ausdrückliches Verbot von Zusatzbeiträgen der Eltern an den Träger der Kindertageseinrichtung, noch werden diese ausdrücklich für zulässig erklärt. Anders als in der heute gültigen Nachfolgerregelung in § 51 Abs. 1 KiBiz i.d.F. v. 03.12.2019 hieß es in § 23 Abs. 1 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 weder, dass Elternbeiträge „ausschließlich“ vom Jugendamt festgesetzt werden können, noch waren Zusatzbeiträge an den Träger der Kindertageseinrichtung explizit ausgeschlossen.
26b. Auch bei der gebotenen Auslegung der Vorschrift ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme eines Verbots von Zusatzbeiträgen.
27aa. Die in Absatz 1 Satz1 festgeschriebene Kompetenz des Jugendamtes zur Erhebung von Elternbeiträgen lässt nicht darauf schließen, dass Zusatzbeiträge an den Träger verboten sind. Die Gesetzesbegründung zum wortlautgleichen § 23 Abs. 1 KiBiz i.d.F. v. 30.10.2007 enthält keinen Hinweis auf ein solches Verbot. Da ein Verbot der Vereinbarung von privaten Zuzahlungen einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG darstellt, der einer gesetzlichen Grundlage bedarf (BayVGH v. 13.01.2021, 12 BV 16.1676, Rn. 138 f., juris), wäre jedoch zu erwarten, dass ein solches, wenn schon nicht im Gesetzeswortlaut, so doch zumindest in der Gesetzesbegründung ausdrückliche Erwähnung findet (AG Köln v. 22.07.2021, 162 C 253/20 (nicht veröffentlicht)).
28Dort heißt es aber nur (LT-Drucksache 14/4410, S. 59):
29„Absatz 1 ermöglicht den Jugendämtern die Festsetzung von Elternbeiträgen, d. h., die Elternbeiträge werden kommunalisiert. Damit werden die Jugendämter in die Lage versetzt, Elternbeiträge eigenverantwortlich zu gestalten, ein angemessenes Aufkommen zu erzielen und entsprechend der Intention des KICK die Elternbeiträge für die Inanspruchnahme von Kindertagespflege und Kindertageseinrichtungen parallel festzusetzen (vgl. Neufassung des § 90 SGB VIII). Darüber hinaus wird mit der Kommunalisierung der Elternbeiträge ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Verwaltungsvereinfachung erbracht.“
30Mit der „Kommunalisierung der Elternbeiträge“ ist dabei, anders als die Kläger annehmen, nicht gemeint, dass die Gebührenfestsetzung von den Trägern auf die Kommunen übertragen wird. Gemeint ist vielmehr, dass – anders als bis zum 31.07.2006 im Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder geregelt (§ 17 Abs. 3 GTK) – keine landeseinheitliche Beitragsfestsetzung mehr erfolgt, sondern eine kommunale.
31bb. Auch eine systematische Auslegung der Norm ergibt kein solches Verbot.
32(1) Die ausdrückliche Erwähnung des Ausschlusses von Zusatzbeiträgen an Tagespflegepersonen in Satz 3 spricht vielmehr e contrario dafür, dass Zusatzbeiträge an Träger von Kindertageseinrichtungen nicht ausgeschlossen sind. Hätten auch Zusatzbeiträge an Kindertageseinrichtungen ausgeschlossen werden sollen, hätte es nahe gelegen und wäre auch im Sinne der Normenklarheit geboten gewesen, auch dies – wie inzwischen in § 51 Abs. 1 KiBiz i.d.F. v. 03.12.2019 geschehen – an gleicher Stelle zu erwähnen. Die stattdessen vom Gesetzgeber gewählte konditionale Formulierung („soweit“) spricht hingegen dafür, dass der Ausschluss nur für die Tagespflege gilt.
33Allerdings spricht die Gesetzesbegründung zu § 23 Abs. 1 S. 3 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 dafür, dass der Gesetzgeber bei der Aufnahme des ausdrücklichen Verbots von Zusatzbeiträgen an Tagespflegepersonen davon ausging, dass andere Zusatzbeiträge als solche für Mahlzeiten auch bei Kindertageseinrichtungen ausgeschlossen sind. So heißt es dort (LT-Drucksache 16/5293, S. 101):
34„Das Zuzahlungsverbot in der Kindertagespflege im neuen Satz 3 entspricht der Systematik der §§ 22 ff. SGB VIII, die davon ausgeht, dass der öffentliche Jugendhilfeträger die gesamten Kosten der Kindertagespflege trägt. Damit verbunden ist die Verpflichtung des Jugendamtes, die Erstattung der Kosten für den Sachaufwand (§ 23 Absatz 2 Nr. 1) und den Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Tagespflegeperson (§ 23 Absatz 2 Nr. 2) so auszugestalten, dass die Kostenbeteiligung der Eltern auch [Hervorhebung durch das Gericht] bei Kindertagespflege allein aufgrund § 90 SGB VIII erfolgt (Grundsatz der Gleichbehandlung [Hervorhebung durch das Gericht] und der Verhältnismäßigkeit), und nur in diesem Rahmen ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist.“
35Es ist nicht ersichtlich, worauf sich das Wort „auch“ und die Gleichbehandlung beziehen sollten, wenn nicht auf Kindertageseinrichtungen. Es ist aber nicht nachvollziehbar und wird auch aus der Gesetzesbegründung nicht deutlich, weshalb hinsichtlich der Tagespflegepersonen ein ausdrückliches Verbot erforderlich gewesen sein sollte, hinsichtlich der Kindertageseinrichtungen ein solches hingegen auch ohne ausdrückliche Erwähnung in der Norm bestehen sollte. Wenn sich bereits aus der Vorgängernorm § 23 Abs. 1 KiBiz i.d.F. v. 30.10.2007 ein Zuzahlungsverbot für Kindertageseinrichtungen ergeben haben sollte, dann müsste ein solches auch schon für Tagespflegepersonen gegolten haben, da dort beide Betreuungsformen in einem Atemzug genannt wurden. Wie sich aus der weiteren Gesetzesbegründung zu § 23 Abs. 1 S. 3 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 ergibt, ging der Gesetzgeber aber davon aus, dass der neue Satz 3 nicht etwa nur ein ohnehin schon bestehendes Verbot von Zuzahlungen an Tagespflegepersonen klarstellen sollte (so aber offenbar AG Köln v. 23.11.2020, 130 C 346/20, Rn. 20, juris). Dort heißt es nämlich:
36„Aufgrund des Vertrauensschutzes gilt der neue Satz 3 nur für Betreuungsverträge, die nach dem 1. August 2014 abgeschlossen werden.“
37Für vor dem Inkrafttreten des KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 mit Tagespflegepersonen geschlossene Betreuungsverträge sollte ein Zuzahlungsverbot also nicht gelten. Eine solche Feststellung macht nur Sinn, wenn man das ausdrückliche Zuzahlungsverbot in § 23 Abs. 1 S. 3 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 als konstitutive und nicht nur als klarstellende Regelung ansieht.
38Es ist auch nicht so, dass die öffentlich geförderte Tagespflege erst mit dem KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 eingeführt worden wäre, so dass erst im Jahr 2014 das Bedürfnis für die in Satz 3 getroffene Regelung entstanden wäre. Sie ist vielmehr bereits im KiBiz i.d.F. v. 30.10.2007 landesrechtlich geregelt und erstmalig finanziell gefördert worden (LT-Drucksache 14/4410, S. 2).
39(2) Dass in § 23 Abs. 4 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 nur die Möglichkeit erwähnt ist, dass Träger von Kindertageseinrichtungen ein Entgelt für Mahlzeiten verlangen können, führt nicht zu dem e contrario-Schluss, dass andere Zusatzentgelte ausgeschlossen sind (aA AG Köln v. 23.11.2020, 130 C 346/20, Rn. 21, juris).
40Zwar ist die Frage berechtigt, weshalb das Gesetz eine ausdrückliche Regelung zur Zulässigkeit von Essensgeldern enthalten sollte, wenn Zusatzbeiträge ohnehin allgemein zulässig wären. Eine ausdrückliche Regelung zur Zulässigkeit von Essensgeldern erscheint in diesem Fall überflüssig. Andererseits hätte es, wenn ein Ausschluss anderer Zusatzbeiträge gewollt gewesen wäre, gesetzestechnisch nahe gelegen, dies im Wortlaut – etwa durch das Einfügen des Wortes „nur“ – deutlich zu machen. Da ein Verbot der Vereinbarung von privaten Zuzahlungen einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG darstellt, der einer gesetzlichen Grundlage bedarf (BayVGH v. 13.01.2021, 12 BV 16.1676, Rn. 138 f., juris), wäre zu erwarten, dass ein solches im Gesetzeswortlaut ausdrückliche Erwähnung findet.
41Ein e contrario-Schluss ergibt sich auch nicht in Zusammenschau mit der Gesetzesbegründung zum wortlautgleichen § 23 Abs. 3 KiBiz i.d.F. v. 30.10.2007. Dort heißt es (LT-Drucksache 14/4410, S. 59):
42„Absatz 3 ist die Ermächtigungsgrundlage für die Träger von Kindertageseinrichtungen, von den Eltern ein Entgelt für die gereichten Mahlzeiten zu verlangen.“
43Die Formulierung „Ermächtigungsgrundlage“ hört sich so an, als gehe der Gesetzgeber davon aus, dass es einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfe, damit die Träger von Kindertageseinrichtungen von den Eltern Essengeld verlangen können. Dies trifft hingegen nur auf öffentliche Träger wie etwa Kommunen zu, nicht aber auf – auch bei der Verabschiedung des KiBiz i.d.F. v. 30.10.2007 in der Praxis bereits relevante – freie Träger, die privatrechtliche Betreuungsverträge mit den Eltern schließen. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Zuzahlungen zwischen einem freien Träger und den Eltern ergibt sich vielmehr bereits aus dem Grundsatz der Privatautonomie. Es bedarf daher nicht einer gesetzlichen Ermächtigungsnorm, um ihnen die Vereinbarung bestimmter Entgelte zu erlauben (AG Köln v. 22.07.2021, 162 C 253/20 (nicht veröffentlicht)). Vielmehr bedarf es einer Verbotsnorm, wenn die Vereinbarung bestimmter Entgelte ausgeschlossen sein soll. Verbotsnormen werden aber schon um der Rechtsklarheit willen in der Regel ausdrücklich gefasst und ergeben sich nicht e contrario aus einer nicht ausdrücklich als abschließend bezeichneten Erlaubnisnorm. Es ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nicht, dass der Gesetzgeber dies vor Augen hatte.
44cc. Auch aus der Gesetzesbegründung zu § 51 Abs. 1 KiBiz i.d.F. v. 03.12.2019, der nunmehr ein ausdrückliches Zuzahlungsverbot auch für Kindertageseinrichtungen enthält, kann nicht gefolgert werden, dass bereits § 23 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 ein solches Verbot enthielt. Dort heißt es (LT-Drucksache 17/6726, S. 124):
45„Absatz 1 macht deutlich [Hervorhebung durch das Gericht], dass Teilnahme- oder Kostenbeiträge (Elternbeiträge) ausschließlich vom Jugendamt festgesetzt werden können. Eltern dürfen nicht zur Zahlung weiterer Teilnahmebeträge, mit Ausnahme von Entgelten zu Mahlzeiten, herangezogen werden. Insoweit wird klargestellt [Hervorhebung durch das Gericht], dass in Kindertagespflege gemäß § 23 SGB VIII und nach diesem Gesetz geförderten Kindertageseinrichtungen ein Zuzahlungsverbot gilt.“
46Zwar könnte man die Formulierungen „macht deutlich“ und „wird klargestellt“ so verstehen, dass der Gesetzgeber 2019 davon ausging, dass ein Zuzahlungsverbot auch für Kindertageseinrichtungen bereits zuvor bestand. Eine solche Ansicht des späteren Gesetzgebers kann jedoch nicht zur Auslegung des früheren Gesetzes von 2014 herangezogen werden (so aber AG Köln v. 23.11.2020, 130 C 346/20, Rn. 20; wie hier AG Köln v. 22.07.2021, 162 C 253/20 (nicht veröffentlicht)).
47dd. Auch die in dem als Anlage K2 vorgelegten Schreiben des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration vom 19.08.2020 (Bl. 20 ff. d.A.) enthaltene Aussage, dass bereits nach dem § 23 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 die Erhebung von Zusatzbeiträgen unzulässig gewesen sei, kann für die Auslegung von § 23 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 nicht herangezogen werden. Es handelt sich um eine bloße Rechtsansicht der Exekutive. Gleiches gilt hinsichtlich der gleichlautenden Aussage in dem als Anlage K3 vorgelegten Schreiben des LVR-Landesjugendamtes vom 03.07.2015 (Bl. 23 f. d.A.) (AG Köln v. 22.07.2021, 162 C 253/20 (nicht veröffentlicht)).
48ee. Zwar mag vor dem Hintergrund der durch das KiBiz angestrebten Herstellung von Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit (vgl. LT-Drucksache 16/5293, S. 1) die Erhebung zusätzlicher Beiträge durch den Träger, die im Gegensatz zu den vom Jugendamt erhobenen Beiträgen (vgl. dazu § 23 Abs. 5 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014) nicht an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern orientiert sind, als kontraproduktiv erscheinen (vgl. ausführlich AG Köln v. 23.11.2020, 130 C 346/20, Rn. 25). Diese Überlegung reicht aber nach Auffassung des Gerichts nicht aus, um dem Gesetz ein Verbot solcher Beiträge zu entnehmen. Angesichts des fehlenden Niederschlags im Normtext und dessen systematischer Widersprüche, die sich auch durch die Gesetzesbegründung nicht auflösen lassen, ist daher – in dubio pro libertate – von einer Zulässigkeit privatrechtlich vereinbarter Zuzahlungen auszugehen.
49Auch zu dem in § 20 Abs. 1 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 vorgesehenen Finanzierungssystem stehen Zusatzzahlungen an den Träger nicht im Widerspruch. Während bei der Kindertagespflege nach der Systematik des § 23 SGB VIII i.d.F. v. 11.09.2012 der öffentliche Jugendhilfeträger die gesamten Kosten der Betreuung trug, belief sich die öffentliche Forderung von Kindertageseinrichtungen nicht auf 100 %. Für andere freie Träger der Jugendhilfe als kirchliche Träger belief sich die Förderung nach § 20 Abs. 1 S. 3 KiBiz i.d.F. v. 17.06.2014 nur auf 91 %, sie mussten also einen Eigenanteil von 9 % selbst aufbringen bzw. erwirtschaften.
502. Ein Anspruch der Kläger ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer „Schlechtleistung“ der Beklagten. Dabei kann offen bleiben, in welchem Umfang die Beklagte im hier streitgegenständlichen Zeitraum in der Einrichtung D. besondere Angebote, wie bilinguale Erziehung, Wassergewöhnung und Schwimmen, Waldtage und -wochen und Zirkusveranstaltungen machte, die für die Tochter der Kläger zugänglich gewesen wären. Denn die Kläger legen bereits nicht dar, dass vertraglich ein Anspruch auf bestimmte Angebote in einem bestimmtem Umfang bestanden hätte. Zum anderen ist dem Dienstvertragsrecht ein Gewährleistungsrecht ähnlich dem des Kauf- und Werkvertragsrechts, insbesondere eine Minderung, fremd (AG Köln v. 22.07.2021, 162 C 253/20 (nicht veröffentlicht)).
513. Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung von Elternhelferpauschalen auch nicht aufgrund vertraglicher Regelungen zu.
52Dabei kann es dahinstehen, ob die von den Klägern behaupteten Regelungen in dem Vertrag enthalten waren und ob sie die Pauschalen in dem behaupteten Umfang geleistet und abgearbeitet haben. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, bestünde nach dem Vortrag der Kläger kein vertraglicher Rückzahlungsanspruch.
53a. Selbst wenn die Pauschale für 2017/2018 gezahlt und später abgearbeitet worden wäre, bestünde für dieses Jahr kein Rückzahlungsanspruch. Denn nach dem eigenen Vortrag der Kläger soll sie auf das Jahr 2018/2029 übertragen worden sein, was nach den behaupteten vertraglichen Regelungen einer Rückzahlung entspräche.
54b. Dass sie in den Jahren 2018/2019 und 2019/2020 Elternhelferstunden in einem Umfang geleistet hätten, welcher einen vertraglichen Rückzahlungsanspruch von mehr als den unstreitig zum Ende des Kita-Jahres 2019/2020 erstatteten 75,00 € rechtfertigen würde, legen die Kläger nicht dar.
55II. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
56Streitwert: 2.615,00 €
57Rechtsbehelfsbelehrung:
58A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
591. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
602. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
61Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
62Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
63Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
64Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
65B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
66Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.