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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite € 1.408,00 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2020 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerseite vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand:
2Die Klägerseite beansprucht von der beklagten Reiseveranstalterin Rückzahlung der Reisepreisanzahlung nach klägerischem Rücktritt vom Reisevertrag aufgrund der Folgen der Covid-19-Pandemie sowie Zinsen.
3Die Klägerseite buchte bei der Beklagten folgende Pauschalreise (vgl. im Einzelnen Buchungsbestätigung Bl. 4 d.A.):
4Buchungsdatum: 00.00.0000
5Reiseziel: U.
6Reisezeitraum 11.-20.10.2020
7Anzahlung: 1.408,00 €
8Rücktrittsdatum: 11.09.2020
9Die Klägerseite verlangte hat eine Begründung der Entschädigungshöhe.
10Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zur Nichtrückzahlung der Reisepreisanzahlung berechtigt ist.
11Die Klägerseite beantragt,
12– wie erkannt –
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.
16Entscheidungsgründe:
17Die Klage ist begründet.
181. Die Klägerseite hat gegen die beklagte Reiseveranstalterin nach § 651h Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 5 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Reisepreises, wenn sie – wie hier – vor Reisebeginn vom Reisevertrag zurücktritt, eine Begründung des Rücktritts ist nicht erforderlich.
192. Nach Auffassung des Gerichts ist der Rückzahlungsanspruch nicht durch Aufrechnung nach § 389 BGB erloschen, weil der Beklagten der geltend gemachte Gegenanspruch auf angemessene Entschädigung nach §§ 651h Abs. 1. S. 3, Abs. 2 BGB nicht zusteht:
20Ein Anspruch auf vertragliche Entschädigungspauschale nach § 651h Abs. 1, 2 BGB kann mangels Darlegung und Nachweises der Angemessenheit nicht festgestellt werden kann.
21Die Erforderlichkeit hierzu folgt bereits aus dem allgemeinen Grundsatz, dass im Prozess die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale darzulegen sind, wozu bei normativen Tatbestandsmerkmalen – wie hier der Angemessenheit – die Tatsachengrundlage gehört, welche dem Gericht die erforderliche Bewertung ermöglicht. Erst recht gilt dies bei Bestreiten des Gegners und nach § 651h Abs. 2 S. 3 BGB auf Verlangen des Reisenden, und zwar auch für die vertragliche Entschädigungspauschale (vgl. Staudinger/Führich, Reiserecht, 8. Aufl. 2019, § 16 Rn. 23). Die Angemessenheit bemisst sich nach Abs. 2 S. 1 nach folgenden Kriterien: Zeitraum zwischen Rücktrittserklärung und Reisebeginn, zu erwartende Ersparnis und zu erwartender Erwerb. Die letzten beiden Bemessungskriterien sind einzelfallbezogen und können bei den Reiseveranstaltern sehr unterschiedlich ausfallen (vgl. Staudinger/Führich, aaO. Rn. 15 mwN.). Bereits zur früher geltenden Rechtslage hat der BGH (Urteil vom 03. November 2015 – X ZR 122/13 –, Rn. 13, juris zu § 651i BGB a.F.) ausgeführt:
22Nach § 651i Abs. 3 BGB kann für den Fall, dass der Reisende vor Reisebeginn vom Vertrag zurücktritt, für jede Reiseart unter Berücksichtigung der gewöhnlich ersparten Aufwendungen und des durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen gewöhnlich möglichen Erwerbs ein Vomhundertsatz des Reisepreises als Entschädigung festgesetzt werden. Wenn wie im Streitfall für bestimmte Tarife in einer Reiseart spezielle Entschädigungspauschalen verlangt werden, kann nichts anderes gelten. Die Tarife müssen, ebenso wie die Entschädigungspauschalen bei unterschiedlichen Reisearten, so differenziert werden und die bei einem bestimmten Tarif als gewöhnlich erspart berücksichtigten Aufwendungen und der bei diesem Tarif als gewöhnlich möglich berücksichtigte anderweitige Erwerb so bemessen werden, dass es zumindest in der Regel ausgeschlossen ist, dass die Entschädigung überschritten wird, die nach § 651i Abs. 2 BGB zu zahlen wäre (BGHZ 203, 335 Rn. 40). An die sachliche Rechtfertigung des verlangten Vomhundertsatzes des Reisepreises für die konkrete Reise, zu dessen Zahlung der Reisende, der von seinem gesetzlichen Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht hat, verpflichtet sein soll, dürfen dabei nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden (BGHZ 203, 335 Rn. 41). Das Berufungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Reiseveranstalter im Streitfall darlegen und beweisen muss, welche Aufwendungen gewöhnlich erspart werden und welche anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten der Reiseleistungen gewöhnlich bestehen, wenn der Reisende von einer Reise der gebuchten Art zurücktritt (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2014 - X ZR 13/14, RRa 2015, 144 Rn. 31).
23Gemessen an diesen Grundsätzen, ist die Beklagte ihrer Darlegungslast an die Berechnungsweise einer angemessenen vertraglichen Entschädigungspauschale nicht hinreichend nachgekommen. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat sie die Kalkulationsgrundlage auch nicht (überobligatorisch) dadurch offen gelegt, dass sie – ohne entsprechenden stützenden konkreten Tatsachenvortrag – behauptet, die geforderten Differenzierungskriterien eingehalten zu haben, wenn sie vorliegend 40% des ursprünglichen Reisepreises verlangt.
24Eines (erneuten) Hinweises bedurfte es im Streitfall nicht, da die Auffassung der Abteilung der Beklagten hinlänglich aus zahlreichen Parallelverfahren bekannt ist (vgl. etwa AG Köln 138 C 682/20; 16/21; 359/20; 564/20).
253. Der Zinsanspruch folgt als Verzugsschaden aus §§ 280, 286, 288 BGB.
26Einer Mahnung bedurfte es im vorliegenden Fall nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht, da nach § 651h Abs. 5 BGB der Reiseveranstalter infolge eines Rücktritts verpflichtet ist, den Reisepreis unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt zu erstatten, so dass danach Verzug vorlag.
274. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
28Der Streitwert wird auf 1.408,00 EUR festgesetzt.
29Rechtsbehelfsbelehrung:
31A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
321. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
332. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
34Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
35Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
36Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
37Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
38B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
39Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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