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Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger
€ 147,56 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.04.2020
zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
(Der Tatbestand entfällt nach § 313a ZPO).
2Entscheidungsgründe:
3I. Die Klage ist begründet.
4Der Kläger hat aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als (Verzugs-) Schaden in beantragter Höhe nach §§ 286, 651n Abs. 1 BGB.
5Es wird auf die fortgeltenden Gründe des erteilten gerichtlichen Hinweisbeschlusses verwiesen:
6Die Klageverteidigung gegen den Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als (Verzugs-) Schaden nach §§ 286, 651n Abs. 1 BGB könnte ohne Erfolg sein.
7Einer Mahnung bedurfte es im vorliegenden Fall nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht, da nach § 651h Abs. 5 BGB der Reiseveranstalter infolge eines Rücktritts verpflichtet ist, den Reisepreis unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt zu erstatten, so dass spätestens nach Ablauf von 14 Tagen Verzug vorlag. Die Anwaltsbeauftragung erfolgte im Streitfall – bei ausbleibender Zahlung – nach diesem Zeitraum und damit im Verzug.
8Die Beauftragung eines Anwalts war im Streitfall auch erforderlich und zweckmäßig. An der vorherigen Auffassung der Abteilung wird nicht festgehalten.
9Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Maßgeblich ist die ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person. Dabei sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt. Zur Beitreibung einer solchen Forderung ist dann regelmäßig selbst in einfach gelagerten Fällen die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig. Das seinerseits Erforderliche tut der Gläubiger dadurch, dass er den Schuldner in Verzug setzt. Eine weitere Verzögerung der Erfüllung seiner Forderung muss er nicht hinnehmen. Vielmehr kann er seinem Erfüllungsverlangen durch Einschaltung eines Rechtsanwalts Nachdruck verleihen. Darf der Gläubiger einer Entgeltforderung die Einschaltung eines Rechtsanwalts für erforderlich und zweckmäßig halten, muss er einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung in der Regel nicht auf ein Schreiben einfacher Art beschränken (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14 –, Rn. 8 - 102, m.w.N., juris).
10Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte den Rückzahlungsanspruch angekündigt hat. Zwar hat der BGH in einem Fall entschieden, dass der Gläubiger die Mandatierung seines Anwalts nicht ohne weiteres für erforderlich und zweckdienlich halten darf, wenn ein zum 31.12.2012 geschuldeter Betrag am 02.01.2013 Januar noch nicht dem Konto des Gläubigers gutgeschrieben ist, weil eine vernünftige, wirtschaftlich denkende Person in seiner Lage auch die Möglichkeit berücksichtigt hätte, dass der Schuldner die Zahlung bereits veranlasst hat (BGH, Urteil vom 25. November 2015 – IV ZR 169/14 –, juris; ablehnend Staudinger/Feldmann (2019) BGB § 286, Rn. 220). Der BGH führt dort indes selbst aus, dass diesem Fall besondere Umstände zugrunde lagen, welche eine Abweichung (u.a. Zahlungsankündigung zum 31.12. unter Berücksichtigung der Feiertage) vom Regelfall rechtfertigen. Diese (Ausnahme-) Umstände lagen im Streitfall nicht vor. Ob eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, wenn die Beklage die erfolgte Veranlassung der Zahlung mitgeteilt oder ein (zeitnahes) konkretes Zahlungsziel angekündigt hätte, braucht – mangels Vorliegen – nicht entschieden zu werden (gegen die Möglichkeit einer durch den Schuldner selbst eingeräumten „Schonfrist“ Staudinger/Feldmann aaO.).
11Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BGH zur fehlenden Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwaltes bei erstmaliger Geltendmachung eines Schadens gegenüber seiner Versicherung in einfach gelagerten Fällen berufen. Der BGH (Urteil vom 08. November 1994 – VI ZR 3/94 –, BGHZ 127, 348-353, Rn. 9) hat ausgeführt, dass es grundsätzlich nicht erforderlich sein wird, schon für die erstmalige Geltendmachung eines Schadens gegenüber seiner Versicherung einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, wenn die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe derart klar ist, dass aus Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde. Entsprechendes ist zwar für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 651g BGB a.F. angenommen worden. Vorliegend liegt indes ein anders gelagerter Sachverhalt vor. Zum einen hat der BGH in derselben Entscheidung klargestellt, dass etwas anderes gilt und die Erforderlichkeit dann zu bejahen ist, wenn bei einfach gelagerten Fällen der Schaden nicht bereits aufgrund der ersten Anmeldung reguliert wird. So liegt der Fall entsprechend hier. Einer Anmeldung bedurfte es vorliegend nicht, Höhe und Fälligkeit des (einfach gelagerten) Rückerstattungsanspruches waren auf der gesetzlichen Grundlage eindeutig, eine Rückzahlung war damit spätestens nach 14 Tagen (jedenfalls mit der Stornorechnung) zu veranlassen. Zum anderen lag unabhängig hiervon – abweichend von der Fallkonstellation des BGH – im Streitfall zudem Verzug vor.
12Auch kann die Beklagte nicht einwenden, die Zahlungsverzögerung beruhe darauf, dass abgewartet werden sollte, ob eine Gesetzesänderung zur Gutscheinlösung erfolgen würde. Die Erwartung auf eine künftige (europarechtswidrige) Gesetzesänderung entbindet nicht von der Einhaltung der geltenden Rechtslage.
13Soweit anzunehmen ist, dass es an Erforderlichkeit fehlt, wenn der Schädiger seine Ersatzpflicht dem Grunde und der Höhe nach anerkannt hat und an seiner Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit keine Zweifel bestehen ( vgl. MüKoBGB/Oetker, 8. Aufl. 2019, BGB § 249 Rn. 181 mwN.), ist auch dies vorliegend nicht zu bejahen. Aus den oben genannten Gründen waren bereits Zweifel an der rechtzeitigen ordnungsgemäßen Zahlungsbereitschaft des Rückzahlungsanspruches nicht auszuschließen. Unabhängig davon gilt gleiches für die Zahlungsfähigkeit. Es war aufgrund Fälligkeit und Höhe der Rückzahlungsansprüche aller betroffenen Reisenden, deren sich die Beklagte ausgesetzt sah, und den weiteren Folgen der Covid-19 Pandemie nicht ausgeschlossen (vielmehr naheliegend), dass die Beklagte in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnte. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus der – nach deutschem Recht der Haftungshöhe nach begrenzten – Kundengeldabsicherung, wie jüngst die Insolvenz eines anderen großen Reiseveranstalters zeigte.
14Dass die Beklagte die Nichtzahlung nicht zu vertreten hatte, ist nicht (hinreichend unter geeignetem Beweisantritt) dargetan oder sonst ersichtlich.
15Die Einlassung der Beklagten boten keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
16Dass die rechtzeitige Rückerstattung unmöglich oder aufgrund eines von der Beklagten nicht zu vertretenden Umstandes erfolgte, ist nicht ersichtlich. Der allgemeine Verweis auf Mehrbelastung durch das außergewöhnlich Ereignis der Covid-19 Pandemie oder einer – unbestimmten – Zahlungsankündigung ist insoweit nicht hinreichend.
17Soweit die Beklagte nunmehr allgemein behauptet, am Tage der Stornierung die Scheckausstellung veranlasst zu haben, widerspricht dies dem konkreten Klagevortrag, fehlt es an einem geeignetem Beweisangebot, ist verspätet und dürfte zudem im Ergebnis rechtlich unerheblich sein.
18Die Entscheidung über die Zinsen folgt als Verzugsschaden aus §§ 280, 286, 288 BGB.
19Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
20II. Die Berufung war - mangels Zulassungsgrund - nicht nach § 511 ZPO zuzulassen.
21Weder ist festzustellen, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch dass das Erfordernis einer Fortbildung des Rechts vorliegt. Es ist – insbesondere unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Rechtsprechung und Literatur – nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen, unter denen vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden erstattungsfähig sind, hier weiter klärungsbedürftig wären. Dass die aufgezeigten Grundsätze aufgrund der Auswirkungen der Covid-19 Pandemie nicht anwendbar wären, ist nicht ersichtlich.
22Auch ist nicht ersichtlich, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Es ist nicht bekannt, dass andere Abteilungen des AG Kölns oder das LG Köln eine andere als die obige Auffassung vertreten. Soweit das erkennende Gericht zuvor kurzzeitig eine andere Auffassung vertreten hatte und damit ggf. eine Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung vorgelegen hat, ist diese nunmehr beseitigt. Weitergehende „diverse“ Urteile des AG Kölns sind hier nicht bekannt.
23Der Streitwert wird auf 147,56 EUR festgesetzt.
24Rechtsbehelfsbelehrung:
25A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
261. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
272. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
28Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
29Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
30Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
31Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
32B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
33Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
34Köln, 09.10.2020 Amtsgericht Richter am Amtsgericht |