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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt wegen zu vollstreckender Kosten nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Beklagten mieteten mit Mietvertrag (MV) vom 05.07.1984 (Bl. 5 ff. d.A.) eine in Köln gelegene Wohnung von der Klägerin, einer gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft.
3Das Mietverhältnis zeichnete sich zumindest in den Jahren 1997 bis 2012 durch zahlreiche zwischen den Parteien geführte Klageverfahren aus, wobei die Beklagten zu außergerichtlichen Zugeständnissen regelmäßig nicht bereit waren. Wegen der Einzelheiten wird auf die Auflistung der Klägerin im Schriftsatz vom 30.04.2013, Bl. 44 ff. d.A. Bezug genommen. Auch außergerichtlich führten die Parteien einen regen Schriftverkehr.
4Mit Schreiben vom 28.09.2012 (Bl. 19 ff. d.A.), zugestellt am selben Tag, verlangte die Klägerin die Anpassung der Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete in Höhe von EUR 383,29. Dabei richtete sich das Mieterhöhungsverlangen ausschließlich gegen die Beklagten. Alle anderen Mieter, die seit mehr als 20 Jahren in der Liegenschaft wohnen und bezogen auf den Quadratmeterpreis denselben Mietzins zahlen, haben eine solche Mieterhöhung nicht erhalten.
5Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne eine Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen. Es liege eine sachlich begründete, im Rahmen der Ermessensausübung zulässige Ungleichbehandlung vor. Dafür sei nicht notwendig, dass die Beklagten in der Vergangenheit nachweisbare Verstöße mit einem gewissen Gewicht gegen ihre mietvertraglichen Verpflichtungen begangen haben. Es genüge jeglicher in der Person des Mieters beziehungsweise von diesem gesetzter sachlicher Grund, wobei dem Vorstand der Genossenschaft ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt sei. Dieser Grund zur Differenzierung liege hier darin dass –insoweit unstreitig – der Verwaltungsaufwand, den die Beklagten durch ihr besonderes von dem Verhalten sämtlicher anderer Mieter abweichendes Verhalten auslösen, „exorbitant“ und um ein vielfaches höher sei, als der Aufwand, den die Klägerin für die durchschnittliche Betreuung ihrer Mieter hat. Verhielten sich alle Mieter wie die Beklagten, müsste die Klägerin das Personal für ihre Verwaltungstätigkeit um das drei- oder vierfache erhöhen. Der Verwaltungsaufwand sei kalkulatorischer Bestandteil der von der Klägerin verlangten Grundmieten.
6Die Klägerin beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, einer Erhöhung der Grundmiete für die von ihnen angemietete Wohnung Nr. 63… im Erdgeschoss rechts des Hauses G Straße, Köln von bisher monatlich EUR 319,41 auf EUR 383,29 ab dem 01.12.2012 zuzustimmen.
8Die Beklagten beantragen,
9die Klage abzuweisen.
10Sie sind der Ansicht, einem Mieterhöhungsverlangen stehe der genossenschaftliche Gleichbehandlungsgrundsatz und die genossenschaftliche Treuepflicht entgegen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13I.
14Die zulässige Klage ist unbegründet.
15Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anpassung der Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete gem. § 558 BGB i.H.v. EUR 383,29 gegen die Beklagten. Mit dem nur gegen die Beklagten geltend gemachten Erhöhungsverlangen verstößt die Klägerin gegen den genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
16Dieser gilt nicht nur für die sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Beziehungen zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern, sondern auch für die Rechte und Pflichten, die sich für die einzelnen Mitglieder aus der Inanspruchnahme von Genossenschaftseinrichtungen ergeben. Er fordert im genossenschaftlich geprägten Mietverhältnis eine willkürfreie, auf sachlich nachvollziehbare Kriterien gestützte Behandlung der Genossenschaftsmieter. Die Genossenschaft und ihre Organe sind daher zwar berechtigt, unterschiedlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen und zwischen den Mitgliedern nach sachlichen Kriterien in angemessener Weise zu differenzieren (BGH vom 14.10.2009, VIII ZR 159/08, Rn. 12 nach juris m.w.N.). Ohne sachliche Kriterien, bei denen der Genossenschaft ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt ist, ist die Klägerin aber nicht berechtigt, eine Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete bei nur einem Genossenschaftsmitglied zu verlangen.
17Dabei liegt ein sachlicher Grund zum Beispiel vor, wenn die Genossenschaft nur in der Wohnung eines Mieters wohnwertverbessernde Investitionen getätigt hat (Hannemann/Wiek/Emmert, Hdb. des Mietrechts, 3. A, § 33, Rn. 55) oder Unterschiede in Art oder Lage der Wohnung, im Zustand der Einrichtung oder in der Zahl der Mitbewohner bestehen (Münchner Anwaltshandbuch/Möhlenkamp, Wohnraummietrecht, § 48, Rn. 100). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt ein sachlicher Grund ebenfalls vor, wenn die Genossenschaft ein Mieterhöhungsverlangen infolge Modernisierungen der Wohnung nur an den Mieter richtet, der von seinem gesetzlichen Minderungsrecht während der mit Lärm verbundenen Modernisierungsarbeiten Gebrauch gemacht hat (BGH VIII ZR 159/08), zumal er die Wahl zwischen einer Mieterhöhung und einem Minderungsverzicht hatte. Kein sachlicher Grund sind hingegen allein in der Person des Mieters liegende Umstände.
18Kein sachlicher Grund ist darüber hinaus der von der Klägerin herangezogene erhöhte Verwaltungsaufwand, den die Beklagten bei ihr auslösen. Zum einen betrifft der Verwaltungsaufwand keine Forderungen, die unmittelbar aus dem Mietverhältnis entstehen, sondern lediglich mit diesem zusammenhängen. Er bildetet daher schon keinen tauglichen Anknüpfungspunkt für eine Differenzierung, sondern es gehört vielmehr zum allgemeinen Risiko und dem Geschäftsbetrieb eines gewerblichen Vermieters, mit Forderungen der Mieter konfrontiert zu werden.
19Soweit die Klägerin in Felde führt, der Verwaltungsaufwand sei kalkulatorischer Bestandteil der durch die Klägerin verlangten Grundmieten, lässt das in der Sache unberücksichtigt, dass die Klägerin hier eine Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB verlangt. Unterstellt, sämtliche Mieter würden einen Ähnlichen Verwaltungsaufwand auslösen, so dass die Klägerin tatsächlich das Personal vervierfachen müsste, könnte sie entgegen ihrer Ansicht keine Anpassung der Mieten verlangen. Denn nach § 558 II BGB wird die ortsübliche Vergleichsmiete aus den üblichen Entgelten gebildet, die für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart wurde oder geändert worden sind. Dabei sind die Wohnwertmerkmale abschließend. Es ist unzulässig, andere Merkmale –etwa den Verwaltungsaufwand oder in der Person der Mieters liegende Umstände- zu berücksichtigen (Schmidt/Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, § 558, Rn. 96; MüKo/Artz, BGB, § 558, Rn. 21).
20Der Verwaltungsaufwand eines Vermieters ist vielmehr sein persönliches unternehmerisches Risiko, das von anderen Faktoren, wie der Auswahl der Mieter, der Unternehmensstruktur oder dem Umgang mit Mängelanzeigen bestimmt wird. Nichts anderes gilt –wie die Klägerin im Schriftsatz vom 28.05.2013 zu Recht hervorhebt – auch für den privaten Vermieter. Gibt dieser etwa die Verwaltung aus der Hand, zahlt er hierfür auch mehr, als wenn er dies selbst machen würde, ohne dass er den Mehraufwand auf den Mieter umlegen könnte. Die Höhe des Verwaltungsaufwandes bleibt dem Mieter in der Regel verborgen. Das gilt auch, wenn die Vermieterin nicht gewinnorientiert handelt.
21Ließe man den Verwaltungsaufwand als Unterscheidungskriterium zu, bestünde die Gefahr, dass kein Mieter mehr von seinen Rechten Gebrauch machen würde, weil er fürchten müsste, bei zu häufigen Auseinandersetzungen wegen eines erhöhten Verwaltungsaufwandes zu Mieterhöhungen herangezogen zu werden, selbst wenn seine Einwände gänzlich berechtigt wären.
22Dann würde die Mieterhöhung aber eine Sanktion darstellen, die der Genossenschaft gegenüber einem Genossen, der lediglich seine gesetzlichen Rechte geltend macht, nicht zusteht (Krautschneider, WuM 2006, 184; LG Offenburg WuM 1998, 289). Zwar ist es richtig, dass bezüglich des Sanktionscharakters nicht auf das subjektive Empfinden des Einzelnen abgestellt werden darf, zumal dieser eine Ungleichbehandlung regelmäßig als Sanktion wahrnimmt und nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Ungleichbehandlung auch in den Fällen möglich ist, in denen ein Mieter berechtigt von seinen Rechten Gebrauch gemacht hat. In Abgrenzung zum vom BGH entschiedenen Fall korrelierte dort aber der Grund der Minderung mit dem Mieterhöhungsverlangen. Die Mieter haben also nicht „nur“ ihre gesetzlichen Rechte geltend gemacht, sondern sich für einen alternativen Weg entschieden. Denn dort hatte der Mieter wegen Baulärms gemindert und die Genossenschaft sodann die Miete wegen der Verbesserung des Wohnwertes infolge der Bauarbeiten angehoben. Mietminderung und Mieterhöhung standen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis dergestalt, dass die Genossenschaft auf ihr Recht zur Mieterhöhung verzichtete, wenn der Mieter seinerseits auf sein Recht zur Mietminderung während der Bauzeit verzichtete (quid pro quo).
23Hier liegt der Fall indessen so, dass die Genossenschaft eine Erhöhung der Miete verlangt, weil der Verwaltungsaufwand durch die Beklagten höher ist. Es reicht aber nicht aus, dass die Beklagten irgendwelche Rechte geltend macht, um ein sachliches Kriterium zur Unterscheidung zu schaffen.
24Der sachliche Unterschied in dem vom BGH gebilligten Fall besteht darin, dass dort beiden Seiten Rechte zustanden, auf die sie verzichteten, während der durch die Streitigkeiten entstehende Verwaltungsaufwand daraus resultiert, dass infolge eines Fehlers nur die Rechte einer Partei beschränkt werden. Soweit die Beklagten gegenüber der Klägerin im Laufe der Klageverfahren tatsächlich Rechte für sich in Anspruch genommen haben, die ihnen nicht zustehen, steht ihnen ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des Rechtsstreits zu. Hiervon umfasst sind die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
25Soweit in der Verfügung vom 08.05.2013 unter Hinweis auf Krautschneider (WuM 2006, 186) zusätzlich angeführt wurde, dass die Mieterhöhung nur so lange durchgeführt werden kann, bis die Minderungsbeträge ausgeglichen sind, hält das Gericht an dieser Rechtsauffassung nicht mehr fest.
26II.
27Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO
28Streitwert:
29EUR 766,56
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